Kulturkritik-Sendung vom 09. 11. 2007 auf Radio Lora


Widerstandskultur 5:
- Kann Geld gerecht sein?

Zeitdauer: 58 Minuten - Datenumfang ca. 50 MB

Der Inhalt der Sendung ist oft eine Kürzung des entsprechenden Artikels (siehe unten).
Dort sind zudem auch die verwendeten Begriffe nachzuschlagen.


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Themenkatalog der gesamten Sendungsreihe:

http://kulturkritik.net/was_tun/rundtisch/index.html

Anmoderation:

Geld ist längst der Brenn- und Scheitelpunkt unserer Existenz: Ohne Geld bist Du nichts und mit Geld kannst Du Dir alles erlauben. Nichts scheint mehr unmöglich durch Geld. Für die, die es haben, vermehrt es sich auf wundersame Weise. Für die Besitzlosen ist es das bloße Überlebensmittel für eine Existenz am Rande einer Gesellschaft, in der die obere Hälfte über 96 % des deutschen Vermögens besitzen und Zweidrittel der Bevölkerung so gut wie nichts hat außer ihre Arbeitskraft. 20% der deutschen Bevölkerung fällt inzwischen wieder unter die Armutsgrenze. Weltweit besitzen das obere Fünftel der Weltbevölkerung das 78fache des unteren Fünftels. Lapidar wird dies damit konstatiert, dass die Welt eben ungerecht sei. Doch ist das wirklich alles – brauchen wir lediglich eine gerechtere Verteilung von Geld und guten Mut, und schon würden wir in einer gerechteren Welt leben? Kann es sein, dass man diese vielen unverschämten Geldbesitzer, diese Dagoberts aufstöbern und ihnen das Geld aus ihren Geldbunkern einfach nehmen und neu verteilen müsste, und schon ginge es allen besser?

Wer nur hat diesen ominösen Geldschatz wirklich zu Hause? Nun ja: Immerhin besitzt 1 % der deutschen Bevölkerung über 2,5 Billionen Euro und nur die Hälfte davon zahlt überhaupt Steuern. Mit diesem Betrag wären die Staatsschulden leicht zu finanzieren und ein deutscherJahreshaushalt noch obendrauf. Aber dann wäre es auch schon wieder aus mit der Geldverteilung vorbei, und die alte Leier ging von vorne los. Wir müssen die Frage grundsätzlicher stellen: Wie nur kann jemand überhaupt zu einem solchen Vermögen kommen?

Irgend etwas kann da nicht stimmen. Während die Geldmärkte im letzten Jahrzehnt um ein Vielfaches expandiert sind und täglich über 30 Billionen Dollar transferieren, die Profite trotz immer größerer Konflikte und Krisen immer noch – oder gerade auch deswegen – wachsen, klagen Länder und Kommunen und Arbeitsleute über die Verknappung ihrer Mittel und Einnahmen. Die Staatsverschuldung hat Dimensionen erreicht, womit noch mindestens 4 Generationen beschäftigt wären, wenn der Staat jährlich zu ihrer Lebenszeit 14,8 Milliarden Euro zuzüglich Neuverzinsung zurückzahlen könnte. Derzeit gibt man sich aber schon zufrieden, wenn auch nur die Neuverschuldung unter 2% liegt. Von Rückzahlung kann da keine Rede sein. Die müsste wohl in der wundersamen Zukunft einer Geldwirtschaft liegen, von der wir einfach noch nichts ahnen können – wir, das sind eben die Dummen in jeder Hinsicht.

Derweil kämpfen die Gewerkschaften um eine Begrenzung der Billiglöhne und um Tariflöhne und Einzeltarife überhaupt, um Tropfen auf einen längst überhitzten Stein. Die Arbeitslosigkeit und die Perspektive einer hochgradigen Automatisierung der Arbeit hat sie das Fürchten gelehrt. Niemand kann sich mehr freuen, dass alles eigentlich auch mit weniger Arbeit gehen könnte. Durch die Verknappung der Staatseinnahmen und durch die Staatsverschulung ist auch der Bevölkerung klar geworden, dass der allgemeine Wohlstand und die „blühenden Landschaften“ nicht mehr möglich sein werden. Und die Politik, die das einst vorgestellt und versprochen hatte, scheint nur noch die Forderungen ihrer Gläubiger zu kennen. Alles, was geschieht, steht unter dem Damoklesschwert der Verschuldung eines Staaates, der nach den Regeln der Betriebswirtschaft längst bankrott wäre. Die Konzerne und großen Unternehmen drohen, dass es mit allem nur abwärts gehen wird, wenn sie das sogenannte Wirtschaftswachstum nicht mehr voranbringen könnten. Und die deutsche Politik plappert es ihnen nach. Wie gut oder wie schlecht geht es uns wirklich? Die Reallöhne sinken stetig, die Angebote für Bildung, Gesunderhaltung, Alterssicherung usw. gehen in den Keller.

Die meisten linken Positionen beschäftigen sich mit der Verknappung der Geldmittel und fordern hiergegen mehr Geld für den Fortschritt, für Bildung, für die Sozialvorsorge und für die Verbesserung des durchschnittlichen Lebensstandards. Das klingt gut und ist auch nicht falsch – aber ist es darum auch schon richtig? Unbestritten ist, dass die Forderung nach mehr Geld nötig ist. Bringt solches Fordern wirklich das, was damit erhofft wird: Eine grundlegende Verbesserung der eigenen Lage, eine besseres Leben mit Existenzsicherheit und Wohlstand.

Es soll heute um ein politisches Verständnis von Geldforderungen gehen, die in Lohnauseinandersetzungen und in Sorge um angemessene Renten und Sozialleistungen nötig sind. Was ist dieses Geld wirklich, wenn es immer wieder neu gefordert werden muss und doch nur das erbringt, was längst überfällig ist. Was bringen Lohnerhöhungen, wenn zugleich die Mieten steigen und der Geldwert sinkt?

Es ist ein eigenartiges Spielchen, zu dem man da gezwungen ist. Während der Geforderte schon als Förderer erscheinen darf, wenn er auch nur teilweise darauf eingeht, geht man vor allem an dem Grund vorbei, warum sie gestellt werden müssen: Die Macht der Wertproduktion gründet ja gerade darauf, dass Geld wie die Grundlage aller Existenz erscheint und dass Geldmangel zur Arbeit antreibt. Nicht nur der Staat, auch die Menschen selbst sehen darin ihr ausschließliches Existenz- und Lebensmittel, das wie die Naturgewalt eines Sachzwangs erscheint, dem Folge zu leisten ist, damit man existieren kann. Kann man diese Gesellschaft, die Arbeitsprobleme und die Verknappung der Lebensmöglichkeiten in ihr, damit bekämpfen, dass man in finaler Konsequenz Geld fordert und Geld zur Verbesserung des Lebensstandards einsetzt? Gibt es ein Geld, das für die Bedürfnisse der Menschen auch auf Dauer wirklich tauglich ist?

Die Frage heißt daher erst mal ganz allgemein: „Kann Durch eine gerechtere Geldverteilung eine gerechte, eine richtige Gesellschaft entstehen? Kann Geld gerecht sein?



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