Dichtung und Wahrheit stehen keinesweg im Gegensatz; Dichtung ist oft nur verdichtete Wahrheit, konkretes Gewahrsein, Sinnbildung eines wahren Gehalts, eines Hintersinnes, der für sich nicht zur Erkenntnis gelangen würde, unerkennbar wäre. Von daher ist Dichtung die wesentliche Arbeit jenes Denkens, das Substanz erkennen muss, wo kein Inhalt gewiss ist, weil die Dichte der Form bestimmend ist. Dichtung ist ein in seiner Substanz konzentrierter Gedanke, dem allerdings auch alle Vermittlung genommen ist - es ist ein ermittelter, kein analytischer Gedanke, der Kern einer Wahrheit jenseits aller Wirklichkeit. Dieser kann für die Erkenntnis gefährlich werden, wenn er nicht rückvermittelbar ist, wenn er sich zu einer Selbsterkenntnis verdichtet, die keine Welt mehr hat. Dann ist der Gedanke so verdichtet, dass ein Mensch damit nicht leben kann, weil er Form für sich wird, sich nur jenseits aller Beziehungen erkennt und seine Isolation als einen ungeheuerlichen Schmerz im Brennpunkt seiner Seele leiden muss. Gedanken werden so zu Ereignissen, Reflexion und Wirklichkeit ununterscheidbar. Die tief vermittelte Erkenntnis zu einer Pfütze der Selbstwahrnehmung, zum Produkt einer Selbstabstraktion. |