(==> zurück zum Anfang <==) Der deutsche Faschismus war aus demokratischen Wahlen hervorgegangen, in denen die Parteien ideologische, kulturelle, politische und ökonomische Ursprungssehnsüchte bedient hatten, die meist esoterisch unterlegt waren. In diesem Konglomerat verschmolzener Abstraktionen hatte der Nationalsozialismus die höchste Popularität und kam durch den üppigen Gebrauch populistischer Propaganda an die Macht. Sie bot sich an als Wille eines besonders begabten Menschentums, das durch einen Führer des Heils einer Endlösung die schwelenden sozialen, kulturellen und ökonomischen Krisen auf den Mann brachten. Der Begriff Faschismus steht heute fälschlicherweise meist für eine Staatsgewalt, die nicht aus einer Legitimation durch einen "Willen des Volkes", sondern aus der Eigenmacht des Staates selbst begründet sei als selbständige Staatsgewalt, die selbst unmittelbar die Interessen des Kapitals und Finanzkapitals durchsetzen wolle. Diese Selbständigkeit hat der Staat aber nur, wo er sich als Kulturstaat des bereinigten Volks, als Volksseele zu repräsentieren versteht, der sich gegen seine ökonomischen und sozialen Krisen wendet. Durch eine über die Medien und ihre Prominenz popularisierte Wählermeinung entwickelt er sich inmitten einer repräsentativen Demokratie aus der Administration des Staates, der Staatsgewalt, sobald sie sich in der Repräsentanz des politischen Willen eines Volkes totalisiert. In dieser Selbständigkeit handelt ein radikaler und praktischer Nationalismus, der die Politik eines Staats und derer Mittel als Lösungsmittel seiner Krisen nutzt und sich mit züchtigender Gewalt gegen seine Bürger wendet, wenn sie nicht seinen Zielen folgen. Ökonomische Grundlage hierfür ist die Notwendigkeit einer zusätzlich zur Reproduktion und Mehrwertproduktion vom Staat erzwungenen Verwertung von Arbeitskräften, besonders im Zweck einer Negativverwertung nach anhaltenden kapitalistischen Krisen, die sich im Staatsbankrott nach unbewältigbarer Staatsverschuldung realisiert hatten (siehe Feudalkapitalismus). Wenn diese die Kapazität der Kreditierung durch das Finanzkapital überschritten hat, kann die Staatsschuld zunächst nur durch Reduktion der Sozalleistung des Staates und gleichzeitigem Druck auf die nationalen Verwertungsträger, auf die arbeitende Bevölkerung erreicht werden, bevor sie als Expansionstrieb auf das Ausland übergreift. Es entsteht ein allgemeines Verhältnis der Bedrängung, das von der Notwendigkeit des Staas bestimmt ist, der Geldentwertung, welche die Erscheinung einer Negativverwertung ist, durch Einträge von "frischem Geld" entgegenzutreten. Hierfür wird eine Elite befördert, welche sich als Agent der Bedrängung anbietet, besonders durch Wissenschaftlern und Beamten mit hohem Interesse an der Teilhabe am Wohl des Staates und von daher hoher Bereitschaft zur Disziplinierung der Bevölkerung. Ökonomisch breitet sich im Zusammenwirken aller Momente der Negativverwertung eine nationale Zwangsgesellschaft auf, die vom Diktat der Staatsschuld, das wesentlich von den Banken (Kreditwesen), und den Devisen- und Aktienmärkten getragen wird. Das Finanzierungsgebot der Staatsgläuber erscheint daher auch von selbst auf den Geldmärkten als Gebot der Geldbesicherung. Hierdurch erheischen die kapitalistischen Glücksritter eine Staatspolitik, die zugunsten der Geldbesicherung gegen die nationale wirtschaftliche Grundsicherheiten geht. Der politische Sysyphos in solcher Lage vollzieht sich in der Notwendigkeit, die wirtschaftliche Lage als ganze so einzuregeln, dass die Negativverwertung aufgehoben wird. Es ist eine Illussion, die dem Geld anhaftet (siehe Kapitalfetischismus), dass durch Geldproduktion und Auspressung mehr Geld zu gewinnen ist. Aber Geld entsteht und bewährt sich immer nur im Warentausch und entsteht nur durch Arbeit, ein Mehr an Geld also auch nur in der Auspressung der Ware Arbeitskraft. Zudem erbringt es Sicherheit und Ausgleich nur, wo es sinnvoll ausgegeben werden kann, solange also Konsumbedarf herrscht. Mit der Verausgabung in Schuldentilgung reduziert es lediglich die Negativverwertung, stopft also die Löcher der Geldbewertung, indem es als Geldbesicherung und Schuldentilgung ausgegeben, also dem "fiktiven Kapital" wieder dienstbar gemacht wird, das sich damit zum Teil und im Maß der Ausbeute ihre ungedeckten Geldsummen decken lässt, während es weiterhin die Lebensgrundlagen der Menschen bedrängt. So werden zu diesem Zweck alle Formen der Staatsgewalt eingesetzt, um das Lebenselexier des Kapitals wieder zu seinem Wert zu bringen, besonders durch Krieg und Ausbeutung der Bevölkerung und mittels sozialer Bedrohung. Faschismus ist die Ideologie solcher Negativverwertung, die aus der Empfindung der gesellschaftlichen Zerstörung entspringt und die Notwendigkeit des Zwangs gegen die Bevölkerung artikuliert. In der Bevölkerung ensteht besonders unter den davon Betroffenen, die sich kein Bewusstsein über ihre Lage machen oder gemacht haben, also den Reaktionären, der Neid auf jeden Besser gestellten, der sie an der Teilhabe des Besseren, Höheren und Heilen hindert. Es entsteht eine unbewusste Teilnahme an der Gewalt gegen sich, indem sie als Gewalt gegen andere interniert wird. Sie begründet sich als bewusstloses Negativ aus dem Heil des Ganzen gegen die Partikularität einzelner Interessen und Bedürfnisse, aus der Macht totaler Staatlichkeit. Wesentlich für den Faschismus ist die totale Macht des Ganzen als Vollstrecker einer heilsnotwendigen Erlösung, der sich alles Einzelne zu unterordnen hat, um nicht als Teil eines Unheils fungieren zu können. Unheil ist dem Faschismus in doppeltem Sinn vorausgesetzt: Er gründet auf wirklichen Mängeln und Krisen innerhalb eines bestimmten Lebensraums (siehe Staatsbankrott) und ist vom ideellen her die Projektion einer zerstörten Welt und ihre Wendung zur Außenwelt. Er ist praktisch die Gewaltform einer anerkannten Notwendigkeit und zugleich die Gewaltausübung eines Glaubens an das nationale Heil, Tätigkeit einer nationalistischen Sekte gegen die wirklichen ökonomischen Gründe eines kapitalistischen Selbstzerstörungsprozesses, der im Wertwachstum des Kapitals angelegt ist. Diese Sektiererei wird allgemein, wo die allgemeine Lebenspraxis einer Nation zunächst ökonomisch und schließlich kulturell zerstört ist. Faschismus wird dann zu einem staatspolischen Verhältnis, das von den Bürgern allgemein gewollt wird, um das Zerstörte als das Böse aus einem Land zu bannen. Der moderne Faschismus ensteht innerhalb der bürgerlichen Demokratie auf der Grundlage freier Meinungsbildung als populistische Reaktion auf ökonomische und kulturelle Mängel und Krisen, die sich nicht mehr innerhalb der bürgerlichen Ökonomie und Kultur aufheben lassen (siehe Staatsbankrott). Er ist die Staatsform von bürgerlicher Kultur, die sich als allgemeine Restaurationsgewalt des bürgerlichen Staates mit Kulturmacht gegen die Krisenmechanismen der kapitalistischen Ökonomie in der bürgerlichen Gesellschaft stellt. Faschismus ist von daher nicht einfach eine Ideologie oder Anwendung eines "falschen Bewusstseins", sondern knallharte Konsequenz aus den ökonomischen Zwängen (Staatsverschuldung) und den kulturellen Zerwürfnissen, die sich in den Krisen der bürgerlichen Gesellschaft herausstellen. Subjektiv verarbeitet Faschismus diese Notwendigkeit mit der Ursprungssehnsucht der Menschen, wie sie den Krisenerscheinungen als Behauptung einer allgemeinen menschlichen Wesenhaftigkeit entgegengehalten wird (vergl. hierzu Archetypus), die eine kulturelle Identität eines Volkes verspricht (siehe Volksseele). Darauf gründet Nationalismus und Rassismus, der die Basis eines Heilsversprechens ist, welches als Erlösungsglaube an die menschliche Natur religiösen Charakter bekommt. Es ist dies eigentlich ein Glaube an die Abslosolutheit des Zwischenmenschen, der als Erscheinung persönlicher Allgemeinheit Vertrauen erfährt und als Scheinwelt von Persönlichkeit und Handlungsfähigkeit in die Allgemeinheit des Staatswesens eingebracht wird und dessen Mechanismen beflügelt. Diese bestehen aus der Durchsetzung allgemeiner Notwendigkeiten gegenüber der Partikularität und Partialisierung der Einzelinteressen und ihres privaten Nutzens. In diesem Sinn bindet sich auch das gewöhnliche Bewusstsein von gesellschaftlicher Ganzheit subjektiv an die objektiven Funktionen des bürgerlichen Staates. Daher entwickelt sich Faschismus nicht nur als administrative Politik, sondern zugleich auch als Wählermeinung in der bürgerlichen Demokratie und gewinnt die Akzeptanz der Bürger aus den reaktionären Kräften der bürgerlichen Kultur, aus der Gewalt des Gemeinen, des Gemeinwesens, das sich selbst auf die Beine stellen will, um als Gesellschaft zu überleben. Kultur enthält das Gedächtnis aus der Vergangenheit der Gesellschaft, die so zum Zuchtmeister für die Zukunft gerät. Es selbst wird zum Maßstab der Reaktion auf gesellschaftliche Krisen, welche ihren Ursprung zur Gewalt von Sittlichkeit verkehrt haben. Diese wird als ethische Kraft des Ganzen gegen die in der Einzelheit begriffenen Zerstörung gewendet. Ethik wird so zu einer staatsnotwendigen völkischen Gesinnung. Im Gemeinwesen von gleicher Gesinnung wird diese Gewalt nur durch die Bildung von Masse erzielt, gezüchtet, bestärkt und gesichert. Auch die theoretischen Organe bürgerlichen Verstandes (siehe auch bürgerliche Wissenschaft) und besonders ihre Vernunft beugen sich der Macht des Faktischen in objektiv begründeter Subjektivität. Das macht die Faszination einer neugewonnenen Selbstverwirklichung aus, die "Kraft durch Freude", die auch im Sophismus intellektueller Interpretationen des Zeitgeistes aufgeht. Die Irritationen des gewohnten Wissens und Bewusstseins streben darin zu einer Identifizierung einer allgemeingültigen Wahrheit, zu einer Ontologie der Wahrheit, die den Bemühungen reaktionärer GeisteswissenschafterInnen ebenso nahe kommt wie auch esoterische Heilspropheten (vergl. z.B. Hellinger). Dort fügt sich die Heilserwartung in eine archetypische Weltanschauung, aus welcher sich allgemeingültige Lebensbestimmungen (Ordnungen der Natur, Ordnungen der Liebe) zu willkürlicher Anwendung ableiten lassen (s.a. Naturbestimmung). Die elementare Aussage besteht aus der Diskrimination von Wirklichkeit (vergl. z.B. Spenglers "Untergang des Abendlandes" oder Heideggers Kritik an der Seinsvergessenheit). Im Faschismus ist Wille und Macht abstrakte Allgemeinheit, Substanzen einer abstrakt menschlichen Gesellschaft geworden, die sich gegen ihre Voraussetung im einzelnen Bedürfen und Tun kehrt. Darin sind die Menschen mit ihren Bedürfnissen und Einfällen, in ihrem sinnlich sein und tätig sein, also in ihrem Leiden absolut aufgehoben. Faschismus ist die objektive Subjektivität des bürgerlichen Staates, wenn und wie sie aus den Krisen der Ökonomie und Kultur herrausbricht und sich ihnen entgegenhält. Funktional ist Faschismus eine Krisenreaktion, die aber substanziell nur durch die Kräfte der Kultur sich bestimmt. Er ist sozusagen die Staatsform von Kulturgewalt, Macht, die durch die Gewalten der Kultur ausgeübt wird, die sich aus dem nährt, was bürgerliche Kultur selbst an Machtmittel bereitstellt (z.B. Wille, Sitte, Gesinnung, Ästhetik, Familie, Gemeinsinn, Brauchtum, Massenwahn, Rassismus usw.). Faschismus entsteht mitten in einer bürgerlichen Demokratie, in welcher einerseits von den politischen Parteien keine Lösung der zur sozialen Frage eskalierten Krise zu erwarten sind (z.B. mangels Konzepte oder Möglichkeiten) und zugleich andererseits die daraufhin folgenden kulturellen Auflösungserscheinungen (Dekandenzen) grassieren. Vom Standpunkt eines Geweimwesens, das sich aus einem heilen Menschsein begründet sieht, werden disziplinarische Interessen der Bürger geweckt und verabsolutiert. Die disziplinarischen Interessen stehen in der bürgerlichen Kultur immer schon lantent bereit und werden unter dem Eindruck eines sozialen Masssenproblems zu einem Phänomen der seelischen Aufheizung von Massenmenschen, die in faschistischen Idealen ihre so gewonnen Anschauungen als Weltanschauung wiederfinden. Diese drücken sich daher auch in der Wahlentscheidung der Bürger in den bürgerlichen demokratischen Wahlen aus. Geschichtlich ist der Faschismus also eine Reaktion auf den Zusammenbruch der bürgerlichen Gesellschaft im Verlauf einer finalen kapitalistischen Krise, welche die Grundfunktionen und Substanzen der Ökonomie und der Kultur aufzehrt und die wirtschaflichen, sozialen und politischen Kompensationsfähigkeiten des bürgerlichen Staates aufbraucht (Staatsbankrott). In solchen Epochen wird die ökonomische Existenz subjektiv als Negation des bestehenden Lebens empfunden, so sich die Menschen kein Bewusstsein über dessen politische und ökonomische Grundlagen bilden, gebildet haben oder bilden können. Es machen sich auf dieser Basis Untergangstheorien breit und es ensteht eine tiefgreifende und allgemeine Ursprungssehnsucht. Solche Sehnsüchte aktivieren die Fragestellungen der subjektiven Philosophie, die sich alltagspraktisch als Antworten auf eine zerstörerischen Faktizität interpretieren lassen, besonders als selbstreflektierende Werte (vergl. Nietzsche und Heidegger), die sich wie Zielausrichtungen über die Endichkeit des Lebens, wie ein Telos des Handelns als Inbegriff seines Untergangs und in die Verwahrlosung der Lebensauffassungen einspeisen. Diese Werte entspringen keinem Bewusstsein, und auch keiner Ideologie, sie sind praktisch für die Regelungen einer aufgelösten gesellschaftlichen Existenz im Sinne einer Neubestimmung (nicht einer ideelen Reflexion) scheinbar faktisch notwendig und werden von reaktionären Politikern, Pädagogen, Psychologen (s.a. Psychofaschismus) und Philosophen propagiert und zur Umwertung des Alltags, zur realen Subsumtion der Kultur unter die Politik als "Maßstab des Geistes", als Gesinnung eingesetzt - lange, bevor Faschismus als Staatsganzes wirksam wird (vergl. Peter Sloterdijk). Subjektiv speisen sie sich aus der Ethik einer Not, die ohne lebendigen Bezug und in der zunehmenden Undurchsichtigkeit der gesellschaftlichen Beziehungen allgemein und abstrakt sich nicht mehr sachlich wenden kann. Aufgehobene Notwendigkeiten verbleiben als Grauen vor der Zukunft, welche als einzigen Hoffnungsträger die Gewalt gegen das Unheil hat. Kultur wird hierfür dadurch zum Mittel der Machbarkeit des Heils, dass sie als Maßstab des Gesunden, des Artigen und von da her zur Definition des Kranken und Abartigen hergenommen wird. Die traditionellen Werte, welche Sitte und Ideologie des Bürgertums oder auch verbürgerlichte Begriffe der Wissenschaft tragen, werden ihrer gesellschaftlichen Grundlage, ihrer tradierten Lebenspraxis enthoben und gegen die Grausamkeiten der Krisen im sozialen Lebensalltag (Arbeitslosigkeit, Geldwertzerstörung, wirtschaftliche, soziale und psychische Verwahrlosung) gewendet, indem sie als Brauchtum gegen die Unsitte gehalten werden. Ihre Interpretationsmacht gewinnen sie so aus den Abstraktion der zwischenmenschlichen Beziehungen (siehe auch Seele), die wie objektive Funktionalitäten angewandt werden. Bloße begriffliche Reflektionen von Subjektivität (Wille, Geist, Körper, Natur, Familie usw.) werden somit zu absoluten Werten einer abverlangten Selbstreflexion, die sich in der Lebenspraxis objektiv allgemein und politisch in Beurteilungen geltend machen sollen, die nicht nur Lebensbewertungen, sondern vor allem seelische Absichten ansprechen. Hierdurch alleine greift faschistische Propaganda in die Kultur und wird zum psychologischen Massenphänomen. Dies geht schleichend vor sich und misst sich an der realen Notwendigkeit einer "Wende", die als Kulturwende zum Ziel einer "Gesundung" propagandistisch verkehrt wird: Zu einer Heilsrealisierung und einem Erlösungsglauben. Hierfür werden alle realen Mittel der Kommunikation der Mernschen untereinander politisch umbestimmt zu sublimen Kontrollwerkzeugen, die sich am Selbsterleben und in der Selbstwahrnehmung der Menschen festmachen und darin auch als Selbststeuerung und Selbstkontrolle funktionieren. Außer den technischen Medien wird auch die Semantik der Sprache selbst ihrer kommunikativen Potenzen enthoben und mit Begriffen der Selbsterbauung vereinseitigt. In der Sprache steckt die wichtigste, weil allgemeinste und tiefste Kulturpräsenz des Faschismus (Kienzle-Werbung "Eine deutsche Uhr in deutschem Geist"). Sie wird ihrer Geschichte und ihres geistigen Zusammenhangs beraubt, um Faschismus in einen alltäglichen Erlebenswert umzusetzen. Ihre Kunstform, die Literatur wird selbst zum Werkzeug eines faschistischen Faktenglaubens. "Umwertung der Werte" war der Kampfruf Göbbels, mit dem er die Bücherverbrennung begründete. Er zielte dabei besonders auf die Literatur, welche Lebenshintergründe in ihren Zusammenhängen aufhellte und auf ihren Sinn für das Leben befragte . Auch wenn solche Bücher für viele höchst unpolitisch galten, waren sie für Faschisten bedrohlich, denn Faschismus begründet sich theoretisch nicht aus der Notwendigkeit von Politik, sondern aus Kulturnotwendigkeiten, die in der Herrschaft über die Freiheit des Geistes umgesetzt werden. Theoretisch geschieht dies durch eine Umkehrung der Begriffsbildung. Ursprüngliche Klassifikationen und Verallgemeinerungen (wie z.B. Volk, Rasse, Familie, Menschheit) bekommen dadurch subjektive Substanz, dass sie als Ausdruck verallgemeinerter Einzelheiten ihren Zusammenhang zerstören, indem sie ihren Einzelphänomen allgemeinen Sinn stiften (z.B. Wille, Männlichkeit, Weiblichkeit, Geist, Körper usw.). Faschistischer Verstand ist prinzipiell nominalistisch, also antidialektisch (siehe Dialektik) und setzt verallgemeinerte Subjektivität als objektiven Begriff (vergl. z.B. die Archetypen von C.G.Jung, Schopenhauers Wille und Vorstellung und Nietzsches Übermensch, Herrenrasse und Meute), der als Grundlage einer vom praktischen Leben abgelösten, aber hierauf gezielt wirkenden Symbolordnung dient. Symbole, Metaphysik, Religion und Archetypen (auch unwirkliche Urzeichen wie Runen, Stammesbegriffe usw.) dienen der Verklärung von unmittelbaren Machtinteressen zu objektiven Naturnotwendigkeiten. Die praktische Grundlage eines faschistischen Massenbewusstseins ist die Identitätslosigkeit von Menschen, die sich einer Lebensverbindlichkeit überlassen, in der ihnen die Notwendigkeit des menschlichen Zusammenstehens durch Werte Halt und Verhalten stiftet. Solche Werte erscheinen konkret, weil sie sich persönlich in Lebensverhältnissen vermitteln, in denen sich die Menschen auch nur noch als Personen gelten, die Kraft ihrer Gesinnung zueinander stehen. Durch diese bestimmen sie sich als gemeinschaftliche Position gegen alle negativen Phänomene ihrer Alltagswelt und bilden eine Gemeinschaftsseele (siehe Volksseele), die für sich keinen Sinn mehr haben kann. Vereine, Lebensbünde, Kameradschaften, Kirchen und Sekten, lassen sich in diesem Sinne leicht ausrichten und sammeln. Die Logik ihrer Verbindung folgt der Identitätsstiftung durch Ansammlung und Masse und erzeugt ein Gemeinwesen der Menschenmasse , die sich von einer Gruppe bis zum Staatswesen fortsetzt und darin die entsprechenden politischen Werte des Volkskörpers entfaltet. Darin wirken die Massenmechanismen von Kulturveranstaltungen und bestimmen Kultur zum Kult (s.a. Fan-Kult). Allgemeine Lebensinhalte (Liebe, Menschlichkeit, Vertrauen, Freundschaft usw.) werden so zu übermenschlichen Lebenswerten mystifiziert und bilden die Grundlage faschistischer Lebenswerte, die als Fetisch des Gemeinschaftskultes angewandt werden. Damit erhalten die Rituale des Faschismus eine Macht zur Ausrichtung des Handelns, das besonders auch denen eingängig wird, denen ihre ursächliche gesellschaftliche Lebenszusammenhänge unzugänglich oder nicht bewusst waren (vergleichbar der Rekrutierung zu Sekten, aber in einer allgemein scheinenden Notwendigkeit). Ganze Gruppierungen entwurzelter Menschen finden daher in solcher Kultur ihre seelische Heimat. So werden fantastische Zusammenhänge, wie sie bisher nur in Religionen und Sekten verwendet wurden, unter Berufung auf ihre "allgemeingültige Wahrheit" der Politik zu einem Heil der Menscheit erklärt und das Unheil gegen einen fiktiven Sündenbock gekehrt: das Böse, das für den Untergang oder die Zersetzung Schuldige. Die absolute Verschuldungstheorie, die sich meist gängiger Schuldgefühle bedient, wird zum Antrieb einer "Gerechtigkeitslehre", eine Theorie vom guten Menschen, die sich unter der Bevölkerung verbreiten lässt und die auch freiwillig im Prinzip einer Hoffnung auf die Wahrmachung einer Heilsbotschaft, von der sie implizit kündet, verbreitet wird. Hieraus bezieht die Werte- und Sprachkontrolle die Legitimation von Gewalteinsatz. Zu einer gesellschaftlichen Macht wird sie in der Masse einer Bewegung, in der sich Menschen gegen die einfache Negation der Bedrohung, gegen das Böse versammeln. So entsteht die Allgemeinheit als die rechte Gesinnung vor allem und zuerst subjektiv als Bedarf der Angleichung, wie sie dann ebenso subjektiv auch von der Seite des Staates gegen seine Bürger als Gleichschaltung durchgesetzt wird. Hierfür müssen dessen theoretische Legitimation und Machtmittel z.B. als Staatstheorie des richtigen Lebens - meist unterstützt durch rechte Philosophie - publik sein. Es entstehen dabei oft absurde Begriffe, die zugleich Begriffe der gesellschaftlichen Absurdität eines zum Seelenwesen gewordenen Verhältnisses unter den Menschen sind: Volkskörper, Volksseele, Gesundheit des Geistes. Sie bezwecken eine wesentliche Gleichsetzung der Menschen als Maßstab ihrer instrumentalisierten Verbundenheit, objektive Gleichheit des subjektiven Menschen, also angeglichene Subjektivität. Die Gerechtigkeitslehre muss für ihren Zweck finale Gründe setzen, aus der sie ihre Kraft beziehen kann. Sie wird von da her meist zu einer Art Rassenlehre, die sich als Naturnotwendigkeit vorstellt, als natürliche Wesensbehautung für wesentliche Eingriffe in das menschliche Leben, als Naturgewalt (z.B. Sozialdarwinismus), deren Überwindung menschliche Gesellschaft doch eigentlich auszumachen hätte. So wird eine fiktive Gesellschaft unter der Zielsetzung des guten Allgemeinen gegen die Besonderheiten der bösen Existenz gesetzt, die sich notwendig als Erlösungsgedanke vorstellt und auch wissenschaftlich unterlegt, betrieben und fortbetrieben wird (vergleiche hierzu die derzeitigen Betätigungen von Horst Mahler im Internet). In solcher Naturgestalt wird ein manifest gewordenes gesellschaftliches Manko in der Verkenntnis seiner Begründung, also bodenlos subjektiviert zu einer Welt des Grauens, mit welchem die Krisenhaftigkeit der bürgerlichen Wirklichkeit einem monströsen Naturwesen menschlicher Ineffizienz gleichgestellt wird (z.B. Nietzsche, Sloterdijk), dem sich nur übermenschliche Kräfte, Übermenschen, Herrenmenschen und Führer entgegenstellen können. Sie legitimieren sich aus der Konfrontation des Bösen und müssen es daher abwenden, indem sie zur Ausrottung des gesellschaftlich Schädlichen übergehen, die sie als eine fremde Ganzheit des Schädlings, als die in ihm fokussierte Unmenschlichkeit festmachen. Dieser wird durch irgendwelche Eigenschaften, die seiner Natur zugesprochen werden, zum Inbegriff des Menschenfeindes oder (gleichbedeutend) Volksfeindes und als unwertes Leben abgehandelt und behandelt. Subjektiv ist Faschismus eine Religion, die sich als weltlicher Verstand gibt, der auch philosophische Adäquanz haben muss, um anerkannt zu sein. Seine Gründe reichen daher auch tief in die Subjektivität des Menschen und geben sich letztlich als philosophische Psychologie, die sich gegen menschliche Dekadenz wehren will, indem sie ursprüngliche Wesenheiten zum Begriff notwendigen Handelns macht. Die Wissenschaftstheorie, die hier greift, ist von einem nominalistischen Idealismus. Sie führt Begriffe ein, um zu ordnen, aufzuklären und sich darin als Not wendend zu verstehen, dass sie ihre Begriffe nach einer Idee bestimmt, deren Entfaltung sie durch Bewertung ihres Gegenstands zu erreichen sucht. Diese Tautologie von Idee und Wert ist absolute Moral. Sie bringt jeden Begriff zur Selbstzerstörung, kehrt das hervor, was er zugleich abwertet: Den Menschen, den Körper, den Geist, das Volk, die Rasse, das Gute und das Schöne und alles, was zum Archetypus taugt (vergl. z.B. C.G.Jung). So hat solche Wissenschaft in der Bekämpfung der Dekandenz zwangsläufig übersehen, dass der Faschismus, dem sie sich andiente, gerade selbst die Macht der Dekandenz über die Menschen war. Der Faschismus ist nur in seiner Rechtfertigung eine Weltanschauung. Praktisch ist er das politische Konzept einer "neuen Ordnung" (z.B. des Marktes oder als neue Weltordnung), mit der die Krisen einer "bestehenden Ordnung" mitsamt dieser abgeräumt werden sollen. Hierin steckt die Notwendigkeit der Überwindung des Kapitalismus gleichermaßen, wie seine Restauration als Absolutismus des Kapitals, das Ende der bürgerlichen Demokratie. Dieses wird von den Bürgern wählbar, weil es als Jungbrunnen der bürgerlichen Gesellschaft erscheint und zugleich als Gegenbewegung zu den kapitalistischen Krisenerscheinungen auftritt. Hierdurch ist Faschismus eine Ideologie des Selbstschutzes eines radikalen Nationalismus, der sich mit der Kraft der Gesinnung in der Macht des Willens als faschistischer Staat umsetzt. Eine deutsche Besonderheit des Faschismus ist der Nationalsozialismus, welcher vor allem aus der Ideologie einer nationalkulturellen Identität zu einer kulturellen Totalität (Volksseele, Gesinnung und Volkskörper in einer Volksgemeinschaft) bestand. Hierfür war die massenhafte Entwicklung reaktionärer Seelen vorausgesetzt. Ästhetik ist im Faschismus von hoher Bedeutung, weil sie in der Hochkultur ihren Willen und ihre Agitationsbasis hat. Diese besteht vorwiegend in der suggestiven Kraft verselbständigter Wahrnehmung in der Ästhetik (s.a. ästhetischer Wille) gegen die kulturellen Bestrebungen der Menschen (z.B. in der Kunst). Diese Bestrebungen werden von solcher Ästhetik als Subkultur ausgegrenzt und als Abart gegen die ästhetisch definierte Volksart ausgeschlossen (siehe auch Rassismus). Durch die Globalisierung wird sich entweder ein nationaler Faschismus als geschichtliche Rückbeziehung auf nationale Gemeinswesen ausbilden oder als ein internationaler Faschismus auf der Basis einer Weltethik oder einer Weltreligion. letzterer unterscheidet sich besonders darin, dass er seinen Körper nicht mehr in der Nation als Volkskörper sucht, sondern prinzipiell gewalttätig gegen Nationen auftritt, die sich in der Weltwitschaft und Weltkultur disfunktional zeigen. Die Knechtung dieser Nationen ist nicht mehr unbedingt oder ausschließlich ökonomisch begründet, sondern als Kultureinsatz zur Disziplinierung (Kulturkampf), Abschreckung und Abstumpfung der betroffenen Völker und somit Abstumpfung gegenüber der Wirklichkeit eigener Kultur im Sinne einer Autarkie des Stoffwechsels. Das Ziel eines Kulturkampfes kann nur eine Überkultur oder Kunstkultur sein, die nicht unbedingt explitzit gegen Menschen auftritt, aber implizit jede Möglichkeit der sozialen Selbstbestimmung und Autarkie zersetzt ("großer Bruder" als internationales Kulturverständnis). Praktisch entsteht Faschismus in einer Situation, wo Politiker als Heilsversprecher auftreten können, weil sie ein politisches Programm haben, das den Staatsbankrott zum Anlass ihrer Politik macht. Diese besteht daraus, Kredite aufzunehmen, die nur noch durch militärisch erzwingbare Marktpolitik (erzwungene Preisbildung, Inbesitznahme von Bodenschätzen) gedeckt sind. Das kann dann allerdings nur Kriegspolitik sein. (==> zurück zum Anfang <==) |