Kynismus bedeutet als Begrifff so etwas wie "Hundigkeit" (kyon „der Hund“) und meint die "Bissigkeit" des Bedürfnislosen, die das "Glück der inneren Freiheit" zu verteidigen hat. In diesem Begriff wird eine Zusammmenführung der Kulturverachtung des Zynismus mit einer hedonistischen Überhebung gegen die Mächte der Welt vorgestellt. Als sein Gründer gilt der griechische Philosoph Antishenes (444 - 368 v.Chr) und als sein Prototyp gilt Diogenes, der seine einfache Genügsamkeit als seinen Lebensreichtums aufführen konnte. Seine Antwort auf Alexander den Großen ("Geh mir aus der Sonne") will die Macht eines inneren Reichtums der individuellen Wahrnehmung gegen die Mächte der Welt zeigen, welche eine unmittelbare Beziehung zu Leben und Natur haben soll. Kynismus ist im Grunde die radikale Ideologie des herausgetretenen und sich selbst gegen jede Gesellschaftsform ermächtigenden Idividuums zum Menschen schlechthin, das jede Lebensbedingung unnötig dadurch machen will, dass es alles Leben aus sich selbst schöpft (siehe hierzu auch Autopoiesis). Den Reichtum, den es hat und von dem es lebt, sieht es aus sich selbst gewonnen und so ist die darin hervorgekehrt Weltverneinung vor allem ein Zynismus gegend die Armut, die lediglich als Wahrnehmungsproblem behandelt wird, praktisch als Unfähigkeit zum Widerspruch, nicht als wirklich enteigentes Leben begriffen werden soll. Kynismus ist inzwischen eine weit verbreitete Lebenssicht des intellektuellen Individualismus, der seinen individualisierten Reichtum als Produkt seiner Geisteskräfte herauskehren will. Er ist die Ideologie einer Selbstbehauptung geistiger Eliten gegen alles Weltliche und bestärkt eine Schicht, welche den Reichtum einer Gesellschaft als selbstverständliche Lebensgrundlage hat, sich also keiner Not wirklich stellen muss und diese in die subjektive Unfähigkeit unmündiger Menschen verweist. Heute wird Kynismus hauptsächlich von Peter Sloterdijk vertreten, der aus der kulturkritischen Position der Frankfurter Schule im Verbund mit der Weltsicht des indischen Guru Baghwan eine Verknüpfung von Kulturverneinung und Lebenskunst sucht. |