(MEW 2 S. 59)
Die bürgerlichen Wissenschaften versammeln ihre Erkenntnisse in der Veralllgemeinerung der Beschreibungen ihrer Empirie als bloß verallgemeinerte Wahrnehmung ihres Gegenstands und bewahrheiten darin, was ihnen schon vor aller Erkenntnis gewiss ist, was sie von ihm schon apriorisch zu wissen glauben, was ihnen durch ihre Einsichten in seine Strukturen und Funktionen, durch ihr hermeneutisches Verständnis selbstverständlich erscheint (siehe hermeneutischer Zirkel). Denn darin verstehen und objektivieren sie das Einzelne als Grundlage ihrer Verallgemeinerungen und behaupten diese auch als reale Allgemeinheit der Einzelheiten. Sie entziehen sich auf diese Weise der Kritik an ihrem hermeneutischen Zirkel, wonach die vereinzelte Erscheinungsform eines Begriffs schon durch sich selbst verursacht und hierdurch als Grund für seine Allgemeinheit gilt. Das Einzelne kann aber nur allem gemein werden, wenn von seiner bestimmten Natur abgesehen, abstrahiert wird. Es kann nicht Grundlage einer Allgemeinheit sein, ohne sich in Allem gleich zu setzen und von daher seine Eigenschaften in einem gemeinen Anderssein einer eigenständigen Qualität seines Allgemeinseins aufzuheben. Daher muss es sein Dasein aus dem beziehen, was ihm schon im Allgemeinen abstrakt vorausgesetzt, als abstrakt allgemeines Wesen inne ist. Und nur was sich als Eigenschaften dieses abstrakt allgemeinen Wesens, wie es im Einzelnen noch abwesend ist, kann sich in seiner Verallgemeinerung bewahren und zu einer besonderen Form seiner wirklichen Verhältnisse, seiner Wirklichkeit werden, wodurch es sich notwendig verselbständigt (siehe Dialektik).
Deshalb unterscheidet sich bürgerliche Wissenschaft schon vor aller Erkenntnis durch ihr verselbständigtes Erkenntisinteresse von einer kritischen Theorie, die nach dem Grund der Verallgemeinerung im Wesen einer Abstraktion sucht, in der Substanz des Abwesenden, welche im Einzelnen als Trieb seiner Natur erscheint. Demnach geht ihre Dialektik aus der Kritik einer verkehrten Existenz hervor, die falsche Erkenntnis aus der Verkehrung einer realen Abstraktion (siehe Realabstraktion) ableitet.
Im Unterschied zur wirklichen Allgemeinheit einer Elementarform ist das Verallgemeinern eine Gedankentätigkeit, die einer Gedankenabstraktion nachgeht. Sie geht dabei vom Einzelnen aus, das sich vermengt, indem es sich in Vielem ausdrückt, seine Einzelheit allgemein, sich in allem wie ein selbständiges Wesen gemein macht und sich daher in dieser Gemeinschaft substanziell ihrer Wirklichkeit entzieht, sich hiergegen verselbständigt. Indem in dieser substanziellen Isolation von seinen besonderen Eigenschaften einfach abgesehen werden muss (siehe hierzu auch Absicht), kann das Einzelne nur in einer abstrakt Allgemeinheit zusammengeführt werden, durch die es eine gemeinsame Form im Jenseits seiner inhaltlichen Beziehungen finden muss (z.B. als Ideologie), mit der si sich ihrer Wirklichkeit entzogen hat ud dennoch auf sie bezogen bleiben kann. Diese Form bleibt hierbei als eine nur vorgestellte Allgemeinheit gültig, die an und für sich fiktiv ist. Sie verhält sich daher als eine bloß abstrakt wirkende Formation, als eine Formbestimmung des Denkens wie eine Summierung über alle Unterschiedenheiten, weil diese ihr im Grunde gleichgültig sind und doch allgemein gelten sollen. Diese Formbestimmung einer Gedankenabstraktion betreibt ihre Verallgemeinerung als Verwesentlichung einer abstrakten Allgemeinheit., die sich mit den Formationen der Realabstraktionen leicht assoziieren kann.
Wo also bei einer Verallgemeinerung die Bestimmungen ihrer Beziehungen abbrechen, sich vom Wesen eines ganzen Zusammenhangs abtrennen, weil ihnen durch ihre Bestimmtheit widersprochen wird, wo sie also in ihrer Allgemeinheit untergehen, verwirklichen sie nurmehr ihre Abwesenheit. Sie setzen sich aus dieser heraus als bloße Tatsache ihres Seins, wodurch sie zu einem eigenständigen, zu einem abstrakten Wesen, zu einer Abstraktion ihrer Substanz werden, die ohne inhaltliche Bestimmung einfach nur so da ist (siehe auch Verselbständigung). Ein Widerspruch ist die Einheit entgegensetzter Bestimmungen in einem Verhältnis, in dem jede Position wie die andere ganz gleich und doch von ihr getrennt, in der Entzweiung eins, aber gleichgültig gegen ihren Inhalt ist. Im Widerspruch sieht jede Position von sicb ab, wenn sie sich auf eine andere bezieht und sie bezieht sich auf Anderes (siehe auch Anderssein) über das, was sie außer ihr iin einem gemeinsamen Dritten st (siehe Dialektik).
Eine Allgemeinheit kann in Wahrheit nur das sein, was allem wesentlich gemein ist, das damit auch wirklich gemeint wird, was seine Beziehungen substanziell ausmacht - nicht als Summe und nicht als Vorstellung oder Glaube, sondern im wirklich Seienden, im sinnlichen Dasein als sinnliches Wesen, als substanzielles Sein dessen, was Sinn hat und Sinn macht. Es erweist sich als Allgemeines erst, wo es schon ist, wo es gemein geworden ist und dieses auch beweist, indem es eine Kraft und Fähigkeit aufweist, die mehr als eine Summe ist, die durch ein Ganzes bestärkt ist (siehe Synergie), das auch das abwesende Einzelne kennt und birgt, es in sich hat. Von daher lässt sich das Allgemeine nicht durch Einzelheiten belegen und nachweisen, sondern verlangt nach der Erkenntnis seines Wesens, nach Wissenschaft, welche die Wirkung seiner Kraft als substanziell begründet erkennen kann.
Wo vom Nachweis des Allgemeinen abgesehen wird, wo nur Absichten herrschen, betreibt schon das Verallgemeinern eine Reduktion der vielfältigen Bezogenheiten, eine Absehung von ihrem Gehalt, eine Abstraktion und verfolgt von daher auch ihre Absicht. Deren Verallgemeinerung ist eine Idealisierung, das gemein machen von einer Vorstellung, die Hervorkehrung eines Besonderen als Allgemeinheit, die Heraussetzung eines Einzelwesen zur Prominenz eines Allgemeinwesens. Und doch ist es die Grundlage der moderenen Demokratie, der Meinungsbildung, wie sie seit der Zeit der Aufklärung mit dem Kategorischen Imperativ Immanuel Kants formuliert worden war. Es betreibt ihre wesentliche Ideologie, die als repräsentative Demokratie funktionieren soll. Deren Ende offenbart daher auch ihr Dilemma: Das Gemeinte, das zur Wahl steht, kann nur einen abstrakten Willen, den politischen Willen des abstrakt Allgemeinen begründen, endet daher im Prozess ihrer Abstraktion im Populismus, der ihr die Freiheit der Meinungsbildung nimmt, durch die sie sich begründet versteht.
Solche Verallgemeinerung gibt es aber auch in Wissenschaften, die sich lediglich informell, also nur umfangslogisch auf ihre empirischen Grundlagen beziehen (siehe Positivismus), deren Faktizität also nur im Umfang ihres Daseins bestätigen und ihre Funktionalität bestärken wollen (siehe hierzu auch Systemtheorien). Sie entscheiden nicht, weil sie nichts wesentlich unterscheiden, sondern bestärken die reine Menge als informelle Masse, als Masse in der Form, wie sie existiert. Sie folgen keiner kritische Fragestellung, sondern wollen lediglich die funktionellen Beziehungen optimieren, beschreiben zwar Verhältnisse zwischen Ursache und Wirkung, ohne aus deren Analyse einen Grund herauszuarbeiten, der widersinnige Beziehungen erklären könnte. Von daher abstrahieren sie schon in ihrem Tun von widersprüchlichen Wahrnehmungen und können daher auch leicht widerspruchsfrei auf der Grundlage einer impliziten Ontologie argumentieren. Mehr oder weniger bewusst verfolgt ihre Argumentation der schon vorgefassten Abstraktion, die als Informatik lediglich algorithmische Beziehungen darstellt, Prinzipien, nach denen sie das Dasein ordnen und Zufall ausgrenzen und beherrschen, - damit natürlich auch die Freiheit der Kritik, die Möglichkeit einer Veränderung der gegebenen Formbestimmungen ausschalten. Die einzelnen Inhalte werden hierfür von ihrem Sinn her auf rein objektive Funktionalität abstrahiert und für diese besondert, von ihrem Sinn von und für Menschen, von ihrer Kultur entzogen und für das bestehende System prominent gemacht.
Sobald eine Allgemeinheit abstrakt von allen Einzelheiten ist und sich nur in Besonderheiten, in isolierten Einzelheiten, wahr hat, wird sie für sich gleichgültig und unbestimmt, leere Form. Hierin entspricht die Abstraktion selbst schon den abstrakten Bestimmungen der Formbeziehungen, wird selbst zu einer Bestätigung der allgemeinen Formbestimmung, deren Substanz die Absehung von aller Bestimmtheit der Einzelheit ist. Solche abstrakte Allgemeinheit kehrt die Form gegen ihre vielfältigen Inhalte, ist durch sich selbst schon verkehrt bestimmt, indem sie sich eine Substanz gibt, die sie durch ihr Absehen von konkreten Bestimmungen je nach der Art ihrer Hypothesen füllt. Eine abstrakte Allgemeinheit bestimmt sich also als reine Form, als Quantum, als Häufigkeit des Auftretens von dem, was sie für Besonderheiten ist (z.B. Wert als Quantum abstrakt menschlicher Arbeit, in denen sich die Gebrauchsgüter in der Warenform bemessen).
Abstrakte Allgemeinheiten wirken auch gedanklich als Prinzipien, durch welche sie sich des Konkreten mit einem abstrakten Sinn bemächtigen, z.B. Prinzipien der Vernunft (Moral) oder der sachlichen Lebensverhältnisse. Marx hat bewiesen, dass der Kapitalismus sich aus der abstrakten Allgemeinheit des Wertbegriffs erklärt, der keine konkrete Verallgemeinerung möglich macht. Somit erklärt sich der Widerspruch des bürgerlichen Produktionsverhältnisses daraus, dass sich alles Konkrete seiner abstrakt allgemeinen Bestimmung im Wert als Form überlassen muss, solange es sich nicht selbst auch in seiner Form verallgemeinert, hier: vergesellschaften kann - anders ausgedrückt: solange der Widerspruch von konkret nützlicher und abstrakt gesellschaftlicher Arbeit besteht. Dies erfordert, dass der Widerspruch von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung aufgehoben wird.