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Rubrik Ökonomie: Kritik an der Kapitalrezeption von Michael Heinrich anhand des ersten Kapitels im Kapital

von Jimmy Boyle

Erschienen: 15.09.2010
Michael Heinrich hat drei Bücher zum Kapital vorgelegt, die in breiten Kreisen gelesen werden. Mit seiner Dissertation „Die Wissenschaft vom Wert“ (im Folgenden WW) hat er in den 90ern für Furore im marxologischen Wissenschaftsbetrieb und der intellektuellen Linken gesorgt. Seine „Einführung“ (im Folgenden „Einf“) wird in linken Kreisen viel gelesen, teils als Ersatz, teils als Unterstützung zur Kapitallektüre. Neu auf dem Markt ist ein Kapitalkommentar, der allerdings in diesem Text (noch) nicht berücksichtigt ist. Dieser Text kritisiert zentrale Überlegungen und Interpretationen von Heinrich entlang des ersten Kapitels im Band 1 des Kapitals von Marx. Es wird dargelegt, dass Heinrich so mit dem Nachweis beschäftigt ist, dass der Wert gesellschaftlicher Natur ist, dass er darüber den Inhalt der gesellschaftlichen Natur vergisst, ignoriert oder wenig spannend findet. Entsprechend begegnet man Rezipienten dieser Lektüre, die in kritischer Absicht mit Verve darauf hinweisen, dass der Wert gesellschaftlicher Natur ist, ohne eine Kritik am Inhalt dieser gesellschaftlichen Natur ausführen zu können. Aber warum sollte etwas schlecht sein, nur weil es gesellschaftlich ist? Man muss schon das Vorurteil mitbringen, dass der Kapitalismus im Ganzen abzulehnen ist, um darin dann eine Kritik zu entdecken. Mit einem Vorurteil lässt sich natürlich schlecht andere Menschen von der Schädlichkeit des hiesigen gesellschaftlichen Verhältnisses überzeugen. Auch ist das bloße Wissen um die gesellschaftliche Natur des Wertes kein Hindernis, ggf. dieselben Fehler in der Praxis zu machen wie es die Realsozialisten in ihrer kreativen Anwendung des Wertgesetzes vorgemacht haben. Denn, wenn man in diesem nichts kritikables entdeckt, sondern nur eine ungeheure Koordinierungsleistung, dann wird man das Wertgesetz eben anwenden wollen, egal ob man nun begriffen hat, dass dies eine gesellschaftliche Tat wäre.

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