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Rubrik Psychiatrie: Tipps zum Absetzen von Psychopharmaka

von Peter Lehmann

Erschienen: 1998
Psychopharmaka, besonders Neuroleptika, dämpfen einige Auswirkungen von Erregtheitszuständen, Verfolgungsangst, Panikattacken usw.. lösen aber nicht die ihnen zugrunde liegende Problematik. Zugleich entfernen sie die Aufmerksamkeit hiervon, belassen sie als dumpfen Lebensumstand und gewöhnen den Körper an ein Leben damit. Hinzu kommt eine körperliche Veränderung durch das sogenannte Rebound-Syndrom, in welchem die Nervenerregungen und -bahnungen eine Struktur erfahren, die aus der Gewöhnung der Wahrnehmung an das Psychopharmakon resultultiert, und die zunehmend schwerer umkehrbar ist. Oft sind hierdurch Verschärfungen der Isolation der Wahrnehmung von der ausgänglichen Problematik die Folge und hieraus die Verabsolutierung von Wahrnehmungszuständen, die ihrer Grundlagen und damit ihrer Verarbeitungschance beraubt sind.
Die 'Drehtürpsychiatrie' registriert die ständige Wiederkehr ihrer 'Patienten' als Alltagsumstand ihrer Tätigkeit. Sie sieht dies als ebenso natürlich an, wie sie Psychopharmaka als natürliche 'Heilmittel' ansieht. Auch wenn dies ihre fortschrittlicheren VertreterInnen anders verstehen wollen: Innerhalb der Anstaltspsychiatrie mit der Gettostruktur seelischer Isolation erscheint ihnen der biopolitische Eingriff durch Medikation als das 'kleinste und notwendige Übel'. Psychiatrische Medikation und Psychiatriesche Anstalt sind synonym. So wird auch von dieser Seite kein wesentlich anderes Verhältnis zu den Insassen der Psychiatrie zu erwarten sein. Dies liegt vor allem an dem Grundverständnis, dass seelische Nöte als Krankheit gelten, die ins Krankenhaus gehören.
Ein anderes Verständnis solcher Not ist Voraussetzung einer anderen Begegnung damit. Zugleich muss hierfür auch die Anstalt im betroffenen Menschen, die psychopharmakologische Chemie, abgebaut werden. Wie diese Entwicklung möglich werden kann, beschreibt dieser Artikel von Peter Lehmann.

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