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Rubrik Zwischenmenschl.: Im Schatten der Selbstlosigkeit – Macht und Gewalt des Glaubens

von W. Pfreundschuh

Erschienen: 09.04.2010
Weil die katholische Kirche immer noch einer von irdischer “Verführung“ gereinigten Sexualität den Altar bereiten muss, also ihre Funktion als Agent einer unterworfenen Sexualität nicht aufgeben kann oder will, kann sie nicht auf den Zölibat verzichten. Das mutet heute zwar etwas seltsam an und wird von “aufgeklärten Katholiken“ sicher weit von sich gewiesen. Aber gerade durch diesen Mantel der Aufklärung und der gleichzeitigen zolibatären Selbstverleugnung ihrer Geistlichkeiten passt sie wieder als Sexualmoral in eine hoch sexualisierte Reizkultur, die an ihrer eigenen Sinnhaftigkeit zweifeln muss. Es ist die Chance des reaktionären Bewusstseins, in derselben Bigotterie wieder Fuß zu fassen, die den autoritären Charakter bestärkt - längst vergessen, aber gerade mal wieder gefragt.
Seine Grundlage ist nicht die sexuelle Zwangsmoral selbst, als ob die von außen aufgezwungen wäre, sondern abgetötete zwischenmenschliche Beziehung, wie sie in sozialen und kulturellen Krisenzeiten massenhaft vorkommen. Hiergegen werden gereinigte Gefühle, also abstrakte Gefühlsidentitäten gehalten, wie sie im Muttergotteskult ... und der Knabenliebe gepflegt werden. Die Unzucht mit der Unschuld entspricht der Aufzucht solch geheiligter Selbstgefühle. Von daher besteht eine gewisse Logik, warum die katholische Geistlichkeit sich darin erdet. Aber ähnlich ergeht es auch Kindern in den Familien und Verwandschaften - hier allerdings wohl am häufigsten den Mädchen. Ihre Unschuld wird sexualisiert, wo Geschlechtsempfindungen in den Lebensstrukturen der Kleinfamilien, Schlafzimmerbetten und ehelichen Zwängen deformiert werden. Die Ehe und Elternschaft wird immer noch als Lebensbergung in einer gleichgültigen Beziehungswelt der bürgerliche Kultur angesehen. Die Ent-Täuschung solcher Erwartungen ist aber nicht ohne Weiteres zu überwinden, sowohl nicht existenziell, als auch gefühlsmäßig, besonders wenn Kinder da sind. So werden sie leicht Gegenstand entgeistigter Liebesbeziehungen und von daher reines Körpermaterial pervertierter Lebensverhältnisse. Darin ist eine Analogie bürgerlichen Lebensalltags mit dem kirchlichen auszumachen.

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