Wolfram Pfreundschuh (10.12.07)

 

Globalisierung und Verschuldungskapitalismus
- die Politik des fiktiven Kapitals

Die Vorstellungen darüber, was heute Kapitalismus ist, gehen weit auseinander. Wenn man den Vertretern der Politik glauben will, so ist das eine emsige, wenn auch problematische Gesellschaft, die vor allem Freiheit verspricht. Sie sei längst keine Klassengesellschaft mehr, denn wer darin "mitmacht", in den "Wettbewerb" einsteigt, der würde es auch zu etwas bringen. Schließlich muss man ja nur arbeiten, um gut leben zu können - sofern man eine Arbeit findet, durch die man leben kann. Diese Gesellschaftsform sei schon deshalb alternativlos, weil sie die wesentlichen Fortschritte der Menschheit gebracht habe, nämlich moderne Technologie, welche die Arbeit beschleunigt und rationalisiert - und eben jene Freiheit, die demokratisch genannt wird: die freie Wahl einer Partei oder eines Politikers zur "Volksvertretung" im Parlament, wo jeder reingucken und mithören darf, wenigstens so, wie es vielleicht auch manchmal der Staat bei ihm tut. Diese geschichtliche Glanzleistung einer "freien Gesellschaft" sei der modernen Marktwirtschaft geschuldet, dem Markt, der nach dem 2. Weltkrieg besonders durch die Politiker der CDU, z.B. durch Ludwig Ehrhard, endlich wirklich sozial ausgerichtet wurde. Nur noch die Mächte des Bösen und der Unfreiheit, der Terrorismus könnten sie bedrohen. Und der könnte "daher" auch nur dort entstehen, wo die Menschen nicht so liberal seien, wie hierzulande.

Tatsächlich war es Ludwig Erhard, der den freien Europäischen Markt angeschoben hatte. Er selbst verstand sich als Neoliberaler, der innerhalb von Europa die „Handelshindernisse“, die nationalen Grenzen beseitigt wissen wollte, damit sich der europäische Markt frei nach Preis und Nachfrage entwickeln konnte, was für eine starke Wirtschaft, und damit ist starkes Kapital gemeint, unerlässlich ist. Denn ungehinderte Märkte setzen vor allem die Konkurrenz frei, den Preisdruck auf alle, besonders auf die Arbeitskräfte. Und wo Geldbesitzer dann den Markt frei beherrschen können, da lässt sich der Markt durch Devisenpolitik auch weitaus besser kontrollieren als durch Zölle – nach dem Motto: Kaufst du heute meine Maschinen und Pharmaka, so kauf ich morgen deine Kleider und Baumwollplantagen leer; Hauptsache, ich habe meine Werte bei dir produktiv wirksam und deine Abhängigkeit, dein Geld, in meiner Tasche. Der Preis wird es erbringen, denn er drückt die Notwendigkeit des technologischen Fortschritts aus und setzt vor allem die Not der Armut um - fast um jeden Preis. Die Vereinseitigung und Abhängigkeit der Lebensverhältnisse vom internationalen Geldmarkt ist die Achse, um die sich alles weiter dreht; Ausbeutung findet "nur noch" durch die Devisenbewertung statt. Diese Marktwirtschaft ist daher weiterhin von zentraler Bedeutung und die Globalisierung ihre konsequente Weiterführung. Wenn man aber darunter nur eine Quantifizierung des Nutzens für die reichen Länder durch die Aufhebung der Handelsbeschränkungen verstehen will, so sieht man vor allem von der Substanz ihrer Wirklichkeit ab.

Natürlich gesteht man ein, dass solche Wirtschaft auch hierzulande momentan mit Nachteilen verbunden sei, besonders für den „Arbeitsmarkt“, womit der Handel um Arbeitsstellen, um die Verteilung und Anwendung der Arbeitskräfte pro Arbeitswert, gemeint ist. Diese Märkte seien nicht mehr begrenzt (als ob sie das je gewesen wären) und das Kapital sei flüchtig, würde abwandern, wenn es nicht gut behandelt wird (als ob es je schlecht behandelt worden oder jemals standhaft gewesen wäre). Auf jeden Fall seien diese „Nachteile“ durch die Vorteile des Weltmarkts ausgeglichen und seien auch nicht dem Kapitalismus geschuldet, sondern dem entfesselten Kapital, das neuerdings durch seine „Freihandelskriege“ nicht nur Reichtum bringe, sondern auch Armut, prekäre Lebenslagen. So etwas ähnliches glaubt man auch bis in weite Teile der Linken hinein. Ein bisschen mehr Beschränkung durch Zölle und Steuern, ein bisschen mehr Keynesianismus – und alles sei wieder besser auf der Welt.

Aber es war nicht der zollfreie Handel, der Freihandel, der die Arbeitsplätze abbaut, sondern der Kapitalmarkt bei zunehmendem Fortschritt der Technologie. Globalen Handel gibt es schon seit mehreren hundert Jahren; technologischen Fortschritt auch. Die Exporte von Dampflokomotiven nach China, von denen Marx schon im 19. Jahrhundert berichtet, wurden per Wechsel abgerechnet und mit Devisen bezahlt, wie heute. Nur das Kapital war noch nicht so fett. Mit der Globalisierung, von der wir heute reden, hat sich nicht einfach ein neuer Freihandel mit Waren und Arbeitskräften ausgedehnt und den Deutschen Konkurrenznachteile erbracht, die als Ungerechtigkeiten des freien Marktes an die Bevölkerung weitergegeben worden wären. Ob man Zölle verlangt oder einfach die Preise der Exporte erhöht, bleibt sich im Grunde gleich. "Ungerecht" sind Preise selten, weil sie nur Wert darstellen können, und wenn sie überwertig sind, geht das meist gegen den Hochpreis selbst. Es ist auch eher umgekehrt, nämlich dass der Euro schon zu hoch bewertet ist, so dass eine weitere Verteuerung durch Zölle oder dergleichen den Absatz empfindlich schmälern könnte. Außerdem stellen die Billiglöhner in anderen Teilen der Welt kein Problem für die deutsche Wirtschaft dar, denn sie senken ja schon durch ihre Produkte auch hier die Grundpreise für Nahrung, Technologie, Kommunikation, Sozialkosten usw. Und nicht nur das. Auch Immigranten erbingen einen beachtlichen Werteintrag in die deutsche Wirtschaft. Ohne sie sähe es hier düsterer aus und die Staats- und Sozialkasse wären beträchtlich leerer. Es hatte hierzulande nicht der zollfreie Geldverkehr oder die billige Arbeitskraft im oder aus dem Ausland die Arbeitslosigkeit, die Staatsverschuldung, die leeren Kassen usw. hervorgerufen. Würde die Arbeitslosigkeit in weniger Arbeit gewandelt, so wäre sie überhaupt nicht mehr zu bemerken. Wenn die Mindereinnahmen durch ausgefallene Zölle bei uns ein Problem darstellen würden, so müsste man ja nur die Devisengewinne aus Importen einrechnen wie Zolleinnahmen – und siehe, die wären höher denn je. Nicht ohne Grund geben wir große Teile der landwirtschaftlichen und industriellen Arbeit auf und haben uns zu einer bloßen Dienstleistungsgesellschaft gemausert, sind selbst überwiegend Bedienstete des Kapitals und seltener produktive Arbeitsleute: Schließlich leben wir ja durch die Gewinne aus Importverwertung und aus dem Export von Technologie, von Maschinen, Kommunikationstechnik, Autos und Lizenzen. Unser Reichtum wäre tatsächlich durch den technische Fortschritt, der in den letzten 20 Jahren durch die Mikrochemie, Kopiertechnik und die Computertechnologie gewaltige Ausmaße erreicht hat, vor allem zu Gunsten eigener Freizeit und Entfaltung potenziert, würde er nicht zu den Bedingungen des Kapitals vermarktet, durch Lizenz- und Besitzrechte überwertig veräußert und vor allem in den Dienst werbewirksamer und geldwerter Kommunikationstechnologie gestellt.

Auf der Ebene des Geldes sind wir allemal im Vorteil. Darüber in diesem Zusammenhang zu klagen ist Unsinn. Aber es wurde die industrielle Infrastruktur durch Spekulationen, Kapitalverkäufe, Kapitalfussionen und Liquidationen grundlegend verändert und die Lebensgrundlagen selbst, die Wohnungen und Verkehrsmittel, die Eneergieproduktion, Kultur- und Ausbildungseinrichtungen usw. auch dort kapitalisiert, wo sie noch im Besitz von Gemeinwesen waren. Als Dienstleistende des Kapitals, die auch mal ein paar "bessere Jahre" gesehen haben, wenn man an Lohn und Brot denkt, sind wir jetzt an der Reihe und werden seinem Streben nach ungezügelter Wertexpansion und –verwertung durch Verknappung unserer Subsistenz unterworfen – nicht zuletzt als Objekt seiner Krisen. Diese bewegen sich inzwischen in einem Geld höherer Ordnung, einem Kapital, das nicht nur spekuliert, sondern seine Spekulation durch Schuldverschreibungen realisiert. Der Altar des höheren Geldes, dem Kapital, das aus dem Nichts erscheint, ist aufbereitet und verlangt nun auch nach seinem Opfer, dem schlichten Staatsbürger, dessen Daseins-Vorsorge, Gesundheitswesen, Rente, Lebensarbeitszeit, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe nun einer gigantischen Staatsverschuldung auf viele Generationen unterworfen worden ist.

Entstanden ist dies durch den Handel mit Finanzkapital, der in der Geschichte des Kapitalismus, und das ist die Geschichte der Geldverwertung, tatsächlich eine grundlegende Veränderung darstellt: Das Kapital hat sich vollständig unabhängig von der Güterproduktion etabliert und bezieht seine Werte nicht mehr nur noch aus ihr, sondern vor allem aus den Wertsubstanzen, welche sie als Infrastruktur, Kulturgüter, Lizenzrecht usw. hinterlassen hat. Es hat sich die Nationalökonomie unterworfen und einverleibt, um als Weltkapital auch über jede Staats- und Reproduktionsform hinweg absolut bestimmend zu sein. Es hat die bürgerliche Gesellschaft selbst aufgehoben, indem es ihre Reproduktion als Ganzes bestimmt, ihre Staatseinnahmen als Wert für sich vereinnahmt, als Wert, den es durch eine uneinlösbare Staatsverschuldung einfordert, ohne je an der Staatsfinanzierung angemessen beteiligt gewesen zu sein. Der Staat als "ideeller Gesamtkapitalist" hat ausgedient.

Diese Geschichte ist allerdings nicht einfach erfunden worden. Sie ist schon etwas älter.

Am Anfang war das Geld

Auf den Märkten, welche sich mit der bürgerlichen Gesellschaft ausgebildet hatten, war Geld als Zahlungsmittel für Waren nötig, nachdem immer mehr Güter auf den Markt kamen, die einen gesellschaftlichen Reichtum darstellten, der über die Notwendigkeiten des unmittelbaren Bedarfs hinausging, aber noch in keine wirkliche gesellschaftliche Beziehung gebracht wurde. Von daher stellen diese Waren gesellschaftlichen Reichtum als Wert dar, als Warensammlung, die gesellschaftlich verstanden einfach nur Wert hat. Das Geld ist nichts anderes als die Preisform ihres Werts, das allgemeine Äquivalent einer Wertform, worin die Waren das Maß ihrer Werte finden, das damit zum Maßstab ihres Austauschs, zum Maßstab ihrer Preise wurde. Bei alledem betrieb Geld allerdings die Vermittlung der Güter einer Gesellschaft, die nur als Werte gesellschaftlich existierten und die als allgemein vermittelnde gesellschaftliche Substanz für die Menschen bestimmend wurde, besonders auch zur Bestimmung des Werts der Arbeitskraft, die sie einbrachten, um ihren Lohn zu verdienen. Aber es waren Dinge des Gebrauchs, welche diese Waren darstellten, auch wenn die meisten Waren nur privat, die Arbeitskraft aber für andere, für die gesellschaftliche Produktion gebraucht wurde. Aber auch sie bekam nur den Wert, der zu ihrer privaten Reproduktion, also zur Erstehung der Lebensmittel für den Lebenserhalt der Arbeitskräfte mehr oder weniger gut hinreichte. Was sie aber herstellt, geht je nach Stand der Produktivkraft weit darüber hinaus, ist die Grundlage aller gesellschaftlichen Fortentwicklung.

Weil aber Geld sich nur in der Warenwelt bestimmt, wird es zur Produktion von Waren und für Investitionen eingesetzt, um daraus wieder Geld zu erhalten, um durch die Nutzung von Arbeitskraft und Technologie Produkte herzustellen, die zum einen der Notwendigkeit nutzen, dass sich die Menschen damit erhalten können, zum anderen erbringt sie aber auch mehr Wert, als zu ihrer Reproduktion aufgewendet werden muss. Dieser Mehrwert entspricht noch voll und ganz dem  Wert, welchen das so erzeugte Mehrprodukt hat – auch wenn dieses im Privatbesitz des Kapitals und nicht als gesellschaftliches Eigentum der Arbeit existiert. Auf dieser Stufe der einfachen Reproduktion des Kapitalverhältnisses bleibt Geld eben weiterhin an die Zirkulation von Waren und den Wert der Produktionsmittel gebunden, die entstehen und vergehen wie alles, was zum Leben gehört, auch wenn Geld in der Hand des Kapitals nur tote Arbeit verkörpert.

Die Arbeit erzeugt also Mehrwert, der ein Mehrprodukt darstellt. Wo aber soll dieses wieder gebraucht werden, wenn es nicht in des Leben der Menschen zurückkommt? Es wird erst mal für die Entwicklung des Arbeitsprozesses, der Technologie und des Handels eingesetzt. Das aber wird dem Kapital selbst schnell zum Problem, weil es solchen Mehrwert ja lediglich durch Neuinvestitionen verwenden kann, also das aufhäufen muss, was es letztlich wieder in die Produktion zurückgibt, und es wäre ohne eine verbleibende „Kapitalsicherheit“ lediglich der Investor und Arbeitgeber eines von den Menschen abhängigen – wenn auch durch das Kapital selbst kommandierten und konsumierten - Verwertungsprozesses, der das gesamte Risiko der Verwertung aus purer Selbstlosigkeit zu tragen hätte.

Wert muss auch schon deshalb wachsen, weil seine einfache Reproduktion ihn im Maß der Maschinenaufhäufung schwinden lässt, wenn er kein Mehrprodukt erzeugt. Aber Maschinen und jede Technologie, also Produktionsmitel, welche menschliche Arbeitskraft mindern, stellen im Maßstab ihrer Amortisation einen Wertverlust für das konstante Kapital dar. Sobald ihre Reproduktion finanziert ist, also die Arbeit der Maschinenhersteller als Wert in die Produkte, die damit hergestellt wurden, übertragen ist. Sie arbeiten, ohne zu leben, ohne also Produkte kaufen und konsumieren zu müssen und verschwinden daher als Reproduzent von Wert im Produkt der Maschinenanwendung. Wohl aber gewinnen sie auf der Grundlage der Wertproduktion an Wert im Mehrprodukt durch die menschliche Arbeit. Maschinenarbeit und menschliche Arbeit sind wertmäßig also gegenläufig. Mit der Technologieentwicklung wird die Arbeit immer weniger, der durch Maschinenverwertung umgesetzte Wertanteil der Produkte aber immer größer. Wenn der Mehrwert, den die Mehrproduktion enthält, nicht als Vergrößerung und Erweiterung des Technologiebesitzes, also des konstanten Kapitals, materialisiert wird, dann müssten die Menschen immer mehr Produkte abbekommen, ihr Lebensstandard stetig wachsen. Von daher wäre mit der Entwicklung der Automation die Arbeit immer weniger wert, der Kapitalismus in einer Selbstauflösung zugunsten der Menschen, die auch immer weniger arbeiten müssten. Doch das wäre zu schön um wahr zu sein, denn die Kapitalbesitzer geben ihre Verwertungsmacht nicht einfach auf.

Die politische Macht des Kapitals

Dass der Kapitalismus heute noch existiert, beruht auf keiner wirtschaftlichen Notwendigkeit, sondern lediglich auf der politischen Macht des Privateigentums, solange es über das Mehrprodukt verfügen kann. Da die Mehrproduktion aber ein immer größeres Ausmaß erreicht hat, so dass das Kapital sie nicht mehr in eigener Anwendung gebrauchen konnte, kam es zu Verwertungskrisen, meist in der Form von Absatzkrisen. Das Kapital, durch welches sich die technologische und organisatorische Ausstattung wertmäßig darstellte, das konstante Kapital, geriet in Widerspruch zu dem, was es erzeugte, weil dieses nicht vollständig abgesetzt werden konnte - eben weil hierfür die Löhne, das variable Kapital, nicht hinreichen konnten. So entstand eine Ausweitung der Beteiligung eines mehr oder weniger großen Teils der Bevölkerung am Mehrprodukt.

Zunächst wurde die Dienstleistungsklasse, das sogenannte Kleinbürgertum, an der Erhöhung des allgemeinen Lebensstandards beteiligt. Diese Klasse steht zum Kapital im Verhältnis von Dienen und Konsumieren und verdient seinen Lebensunterhalt z.B. als Staatsdiener, Rechtspfleger, Bildungsagent, Verwanter oder Kultur- und Werbeunternehmung. Sie wäre ohne anteilige Konsumtion nur eine Unkost des Kaptals. Die Beteiligung dieser Klasse an Teilen des Wertwachstums durch Erhöhung ihres Arbeitsentgelts und also ihres Konsums stabilisiert die politische Institution des Kapitals, der Verwaltung, der Administration und des Staats auf doppelte Weise: Einmal dadurch, dass deren Wohlstand mit dem des Kapitals in Relation gebracht wird, zum anderen, dass sie einen nicht unbedeutenden Anteil an der Entwicklung der Konsumtion bekam. Der Staat verfestigte sich zum Bismarckschen Dienstleistungsstaat mit hohem Staatsetat, worin die Ausgewogenheit von Kapital und Arbeit gewährt sein sollte. Später wurde daraus der sogenannte Wohlfahrtsstaat.

Aber auch Teile der Arbeiterklasse wurden am Produktenmarkt beteiligt, wodurch die Spaltung von privilegierten, gut bezahlten Arbeitskräften und unterprivilegierten, teilweise nur potenziellen Arbeitskräften (Menschen mit schlechten Jobs am Rand der Selbsterhaltung und Arbeitslose) verstärkt wurde, was natürlich die Abhängigkeit der Arbeitsleute auch kultviert hatte. Es enstand z.B. bei Siemens eine ausgereifte Arbeiterwohlfahrt, welche das Arbeiterleben in den Betrieb integrierte (z.B. Wohngenossenschaften, Kinderkrippen). Henry Ford hat die Beteiligung der Arbeitsleute an der Konsumtion als Unternehmenskonzept formuliert und "seinen" Arbeitskräften den Kauf "seiner" Autos durch entsprechenden Lohn ermöglicht. Sie sollten ja schließlich verkauft werden - aber "Autos kaufen keine Autos" (Ford). Das machte Schule und löste den "klassischen Manchesterkapitalismus" ab. Nichts befördert die politische Macht des Kapitals besser, als die Psyche der Macht, die Angst der Privilegierten vor dem Absturz in die Unterprivilegation, ins Nichts. Die Gewerkschaften waren hiervon beeindruckt und wendeten ihre Klassenkampfpolitik in eine Politik der Anteilnahme, also der Lohnkämpfe, dem reinen Feilschen um die Höhe der Wertanteile der Arbeitskräfte am Gesamtwert der Produktion. Man kämpfte also nun vor allem um Geldanteile und nannte dann das Resultat, wenn es gut aussah, Verteilungsgerechtigkeit.

Aber das Mehrprodukt wird mit fortschreitender Technologie immer mächtiger und die Bedrohung einer Kapitalentwertung daher auch immer stärker. Es drohte, dass die politische Macht des Kapitals in den Krisen der Geldwerte (Inflation) und auch in weltweite Anwendungsverlusten (Kreditcrashs und Bankensterben) schwinden könnte. Das Kapital, das ohne diese politische Verfügungsmacht über die Produktion mit fortschreitender Technologie sich selbst entwerten müsste, hat aber auch andere Möglichkeiten, sich hiergegen zu behaupten. Es konnte sich von dieser weltlichen Sphäre seines Tuns und Lassens, der gerne mit Fordismus umschrieben wird, zu einem immer größeren Teil auch wieder lösen, indem es als Geldwert aus der Geldzirkulation entnehmen konnte, was es an Produkten nicht zurückgeben musste. Das war ihm durch die Technologieentwicklung von Produktionsmittel und durch den Besitz von Rohstoffen und Kulturgütern und schließlich auch durch die Renditen des Grundbesitzes, durch Pacht, Mieten, Lizenzen, also aus allen Rechtsformen von Besitz, der nicht aus Arbeit resultiert, möglich. Wie beim Kauf jeder Ware bestimmt deren Gebrauchswert den Bedarf. Schon bei der Arbeitskraft entstand durch das zgrundeliegende Besitzverhältnis ein Machtgefälle zwischen Besitzer der Arbeitskraft und Besitzer der Produktionsmittel.

Beim Maschinenbesitz besteht dieses Machtgefälle zwischen Technologieanwender und Technologientwickler. Und schließlich besteht es auch zwischen Grundbesitzer und den Konsumenten von diesem Besitz, den Mietern, Bauern und Rohstoffproduzenten. Solcher Besitz ermöglicht es den Geldbesitzern, Geld aus der Geldzirkulation ohne einen Wertausgleich zu ziehen, indem geldwerte Schätze aus überschüssigen Maschinenlaufzeiten, Rohstoffen, Erfindungen, Mieten, Lizenzen, Zirkulationsbeschleunigungen des Kapitals usw. gehortet wurden, die sich im Geldwert über den Wert der zirkulierenden Waren hinaus darstellen ließen. Es war der Wert eines Wertüberschusses, der sich auf dem Finanzmarkt befand, ohne dass es hierfür sachlicher Äquivalente bedurfte. Was aus der Warenproduktion über den sachlichen Wert hinaus wertmäßig zu ziehen war, das versammelte sich hier als politische Geldmacht, als ein Wertquantum, das der menschlichen Lebenswelt an Arbeitszeit auch wirklich entzogen war, ohne dass es hierfür reale Produkte als Waren gab.

Aber auch dieser Entzug hat natürlich seine Grenzen. Denn holen kann man nur, wo etwas zu holen ist und Macht hat man nur, wo man Ohnmacht auch erzeugen und fixieren kann. Nur durch beständige Ausweitung der Märkte und der Produktion konnte sich diese Geldmacht erhalten, also durch Aufhäufung und Potenzierung von entzogenem Wert bei immer größerer Ausdehnung des Warenabsatzes, wie er bei gegebenen Löhnen möglich ist. Wir können - im Unterschied zu den armen Ländern - heute mit dem Durchschnittslohn tatsächlich relativ billige Produkte kaufen. Das Problem bei uns ist eher, an diesen Durchschnittslohn heranzukommen, ist darin doch die Kluft zwischen hohem und niederem Lohn, zwischen Elite und Ohnmacht, versteckt.

Der expansive Kapitalismus

Im eigenen Land konnte das Kapital mit dem Kreislauf von Kapital und Arbeit zur Produktion von Mehrwert auf Dauer nicht auskommen. Die Arbeit an den nationalen Produktionsstätten und ein entsprechender Absatzmarkt konnte irgendwann – etwa zum Ende des 19. Jahrhundert - nicht mehr weiter ausgedehnt werden und der Kapitalwert wäre am Schwinden gewesen, hätte nicht der Kolonialismus und Imperialismus der sich rasch ausdehnenden Weltmächte der Kapitalmärkte und der Kapitalnationen die Rohstoffe und Produkte der ärmeren Länder sprichwörtlich besetzt - teils mit Waffen, teils mit Geld. So konnten die Märkte erweitert werden und expandierten zu einer eigenständigen Finanzmacht des Kapitals welches schließlich die Welt beherrschte, die armen monokultivierte und hierüber, also in der Ferne, auch eine Kapitalwirtschaft unbeschränkter Naturausbeutung und -zerstörung möglich wurde. Das Kapital war schon damals grenzenlos geworden und wurde durch beständige Aneignung von Bodenschätzen, besonders Gold, Kupfer, Zinn und Erdöl, durch Rechtstitel auf Immobilien und Lizenzen und Rohstoffabbau und dergleichen, weltmächtig. Das wirkliche Leben von Mensch und Natur in der sogenannten 3. Welt war dem Weltkapital völlig gleichgültig, die Erträge daher gewaltig. Alleine in den 90ger Jahren wuchs die Ausbeutungsrate von Gold z.B. in Peru über 1.600%. Die Ölförderung wird sich von 1995 bis 2010 um 1.400 Millionen Tonnen auf 4.670 Millionen Tonnen, also um ein Drittel des Volumens gesteigert haben (siehe Statistik Ölförderung). Heute steht ein Naturraubbau in den armen Ländern durch Produktion von "Bio-Brennstoff" an (vergleiche hierzu "Die Bio-Sprit-Lüge").

Als Weltwährung galt die Währung der kapitalstärksten Nation, der Dollar, im Vertrauen darauf, dass der am sichersten bei der weltgrößten Industriemacht zu decken sei. Die USA konnten auf diese Weise sich tatsächlich auch als Weltmacht herausbilden, denn durch den Einkauf und Verkauf über den Dollar blieben die Werte in den USA, die – soweit der Dollar handelsverbindlich war - durch einen überbewerteten Dollar angeeignet wurden. Er stellte sich als das bestgeeignete Zirkulationsmittel zur Ausbeutung der ärmeren Länder heraus, die damit handeln mussten. Indem ihre Produkte durch eine Weltmachtwährung unterwertig eingekauft wurden und US-Produkte überwertig verkauft werden konnten, vollzog sich Ausbeutung zunehmend auf dem Weltmarkt. Die USA konnten ihr Kapital alleine schon dadurch expandieren, dass sich der Welthandel über ihren Dollar bewegte. Indem z.B. über einen Doller, der nur zu 50% national gedeckt war (heute ist das noch weniger), Erdöl real gekauft und verkauft wurde, erwarben die USA bei jedem Handel 50 Cent fremder Warenwerte - sie handelten mit einer Ware, die wertvoller war, als sie dem realen Dolllarzahler kostete und die in Form anderer Waren teurer verkauft wurde, als sie im realen US-Durchschnitt wert war. Allein aus dem Tausch mit unterbewerteter Währung wird ein großes Wertvolumen eingenommen - schon wenn die Produkte der Verkäufer gleichwertig weiterverkauft werden, denn gegen Dollar lassen sich nur US-Produkte realwertig eintauschen. Ein hoher Ölpreis bedeutet daher immer hohen Wertimport für die USA, auch wenn er nicht von dort geliefert, sondern nur über Dollars gerechnet wird. Aber beides wird von den USA politisch "geregelt". Von daher bekommen wir an der Tankstelle zu spüren, wenn die USA wirtschaftliche Probleme hat.

International ist Wareneinkauf und Warenverkauf in Wirklichkeit lediglich Güterverkehr von Gebrauchswerten, gleich, wo die Waren produziert werden - und man könnte meinen, dass die Produzenten bei diesem Tausch auch wirklich zu ihrem Lohn kommen. Was diese Waren aber wertmäßig gelten ist nicht mehr nur eine Frage der zu ihrer Herstellung eingebrachten Arbeitszeit, sondern auch eine Frage des politischen Machtgefälles zwischen Käufer und Verkäufer. Geld bleibt immer als Kapital bei dem hängen, der die Devisenkontrolle hat. Das ist eine der wichtigsten Grundlagen des internationalen Devisenmarktes. Die armen Länder bluten aus, weil ihre Produkte unterbewertet und der Dollar beständig überbewertet ist - eben weil der Technologievorteil politisch wertbestimmend ist. Ein Arbeiter der Dritten Welt verdient aus diesem Grund nur mal vielleicht ein Hundertstel dessen, was ein Arbeiter hierzulande verdient, und kann dennoch gerade so leben in seinem Land - allerdings auch hier am Rande des Möglichen - oder er muss verhungern, weil er auch dort unterprivilegiert ist (siehe Statistik Realwert).

Das Finanzkapital ist vorwiegend politisches Kapital. Es handelt nicht nur mit Produkten, Währungen und Produktionsbedingungen, sondern auch mit Produktionserwartungen und Produktionsbedingungen und Kultur-und Rechtsunterschieden. Gilt eine Anlage als Wachstum versprechend, so wird mit dem entsprechenden Erwartungswert bereits gehandelt, bevor überhaupt irgendeine Produktion dies abgleichen kann. Der Druck auf die Geldanlage ist daher hoch. Aber irgendwann muss das Versprechen eingelöst werden und auch eine Währung muss immer noch so bewertet sein, dass sie durch die Warenwerte „gefüttert“ werden kann, die sie auf dem Weltmarkt erheischt.

Aktien sind Wertpapiere, die an der Börse gehandelt werden.  Die Börse ist eine Institution, in welcher der Handel mit Geld und Wertpapieren mehr oder weniger kontrolliert vonstatten ging. Sie ist weit älter als die Aktie. Im 14. Jahrhundert berichtet die Geschichte bereits von einem ausgeprägtem Börsenwesen in Pisa, Venedig, Florenz oder Genua. Im Jahr 1409 entstand der erste nordeuropäische Handelsplatz in Brügge. Auf diesen Handelsplatz soll auch der Name "Börse" zurückgehen, da sich der Ort des Zusammentreffens der Händler nach der Überlieferung in der Nähe des Hauses der Patrizierfamilie "van der Beurse" befand. Um das Jahr 1500 enstanden dann in Augsburg und Nürnberg die ersten deutschen Börsen. Weitere in Köln, Hamburg und Frankfurt folgten einige Jahrzehnte später.

Die Aktie ist eine Urkunde für Besitzanteile an einem Unternehmen.  Bereits im Jahr 1407 wurde die genuesische Staatsbank Casa di San Giorgo als Aktiengesellschaft erwähnt. Insbesondere von den Unternehmen, die aufgrund des hohen Investitionsbedarfs nur schwer durch wenige Betreiber finanziert werden konnten - wie Banken, Bergwerke, Reedereien oder Mühlen - wurden in den folgenden Jahrhunderten vermehrt Anteilsscheine herausgegeben.  Bei Rückkauf der Anteilscheine durch das ausgebende Unternehmen bekam der Eigentümer der Aktie den Anteilsbetrag am Betriebsvermögen, den er finanziert hatte – jetzt aber anteilig an allen Wertsteigerungen, die das Unternehmen in dieser Zeit erlangt hatte.

Wie so vieles wurde der Aktienhandel aber erst so richtig zum Zweck der Kriegsführung staatlich aufgerollt, erstmals von Kaiserin Maria Theresia in Wien nach dem Siebenjährigen Krieg 1761 und dann auch von Napoleon in Paris. Nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges befand sich die österreichische Monarchie in einer wirtschaftlichen Krise. Um den stark gestiegenen Finanzbedarf zu decken, wurden vom Staat Anleihen, also Kreditgesuche, ausgegeben. Im Zuge ihrer Finanzreformpläne beschloss dann die Kaiserin 1761 auch die Errichtung einer Wertpapierbörse in Wien.

Gegenstand des Börsenverkehrs waren Anleihen, Wechsel, Valuten und Devisen. Nach Tagesabschluss setzten die Börsenadvokate, die Sensale, unter Aufsicht des Börsekommissärs die Tagesmittelkursejener Börsewerte fest, in denen Abschlüsse zustande gekommen waren. Die Geschäftsabschlüsse wurden von den Sensalen in ihre Journale eingetragen. Am darauf folgenden Tag wurden sämtliche Kurse auf einem Kurszettel vor dem Börselokal angeschlagen.

Wer mit Aktien handelt, der glaubt an einen Wert, den die Risiken des Geldmarktes hervorbringen. Und der Sachverstand des Käufers erscheint als die Grundlage, das Wagnis zu mindern und also den eigentlichen Wertgewinn zu begründen. Also sieht jeder Aktionär seinen Verstand als seine Geschäftsgrundlage für einen Gewinn, der ohne sonstiges Zutun entsteht – oder auch nicht. Sicher weiß er auch, dass der Wert irgendwie aus der Produktion kommt, aber der Gewinn selbst erscheint nur durch geschicktes Positionieren von Geld auf dem Geldmarkt „verdient“ zu werden. Und tatsächlich gelingt das auch noch. Die Geldelite selbst kann auf die für Geld arbeitenden Menschen locker herabschauen, solange der Geldmarkt den Mehrwert abschöpft, den sie dann in ihren Papieren stehen haben. Aber der Aktienwert, wie er gehandelt wird, ist zugleich noch etwas ganz anderes, nämlich eine reine Erwartung, eine Spekulation auf einen Wert, der noch gar nicht besteht, auf Wertwachstum.

Darauf gründet der Aktienhandel. Die Aktionäre erwerben ihre Papiere zu einem Anteilspreis, und verkaufen sie, wenn ihnen jemand mehr als diesen bietet und sich auch mehr Gewinn davon verspricht, als es der bisherige Eigner dies noch erwartet. Sie handeln also mit Wechsel und Anteilscheinen wie mit Waren, die für den einen brauchbar, für den anderen unbrauchbar sind, eben so wie beide unterschiedlicher Auffassung von der Wertentwicklung der Aktie sich im Handel konfrontieren. Der effektive Besitzanteil an einem Betrieb war zwar die Grundlage dieses Handels, aber der Handel mit den Papieren beruht allein darauf, dass sie eine bestimmte Verwertungsperspektive bieten. Das ausgebende Unternehmen hatte ursprünglich eine feste Summe ihres Kreditbedarfs verlangt, die auf entsprechend vielen Anteilsscheine  verteilt war. Beim Handel mit diesen Scheinen steht aber nicht der reale Anteilswert, sondern die Begierde auf die Kursentwicklung im Zentrum der Aufmerksamkeit, die ihrerWertschätzung entspricht.

Aus dem Verhältnis dieser Einschätzungen  ergibt sich nach vollzogenem Handel der neue Spekulationswert der Aktie, nämlich ihr letzter Einkaufspreis. Dieser Börsenwert  geht durch die inzwischen eingebrachten Gewinne des ausgebenden Unternehmens meist weit über den Ausgabewert hinaus -  das war ja schließlich der Zweck des Handels. Aber er beruht nicht unbedingt auf  realen Werten, sondern mehr oder weniger auf der Selbsteinschätzung der Handelspartner - wie sicher sie sich also in ihren Zukunftsprognosen sind. Das hat einen eigen Dienstleistungsmarkt im Aktienhandel hervorgebracht, das Angebot von Fachwissen durch Broker, die entweder für Banken oder auch selbständig arbeiten oder auch eigene Fonds gründen. Die meisten Aktionäre  überlassen daher die Markteinschätzungen den Fonds oder den Banken und erhofften sich Sondereinnahmen oder einen Grundkapitalausgleich  für alle Fälle, wo ein Rückhalt gegen die Unsicherheiten der eigenen Existenz benötigt wird. Diese Sicherheit gründet paradoxerweise gerade nur auf diesem Spekulationswert.

Wer mit Aktien Geld gewinnen will, muss sich eigentlich auf seine Risikoeinschätzung verlassen können. Aber immer größere Geldsummen wurden aufgrund von erwarteten Kurssteigerungen bewegt, je weniger Mehrwert unmittelbar durch Investitionen zu erzielen war. Der Aktienhandel wurde zu einer Existenzgrundlage für Geldbesitzer, eine Art Grundsicherung, ein Rückhalt für unsichere Zeiten – auch wenn er selbst nicht unbedingt sicherer war, als es die Realwirtschaft insgesamt sein konnte. Aber man konnte darin gegenläufige Wertbewegungen und Verwertungbedingungen der Wirtschaft auffangen und ausgleichen – z.B. die Erträge aus dem Devisenhandel in Relation zum Maschinenexport oder Immobilienwerte bringen usw., wodurch das Gesamtrisiko sich auf den Märkten verteilen und ausgleichen konnte.

Bald waren Banken und Broker die Hauptakteure auf "dem Parkett", über dem ein Aktienauktionar tronte. Auch der Werthintergrund der Banken bestand von daher nicht mehr nur aus Immobilien oder Goldschätzen oder dergleichen, sondern zunehmend auch aus solchen Wertpapieren, die aber - von ihrem realen Anteilswert abgesehen - rein fiktives Kapital darstellen. Immer größere Geldsummen wurden aufgrund von erwarteten Kurssteigerungen bewegt, je weniger die Einzelunternehmen sich über ihre Einzelerträge sicher waren.  Sie benutzten die Aktien als Deckung ihrer eigenen Verwertungsgrundlagen.

Aber der Welthandel bewegt sich nicht immer so, wie zu erwarten ist und vor allem nicht die Verwertungslage an den Produktionsstätten. Hoch bewertete Aktion fallen daher doppelt, wenn die Kapitalverwertung durch Produktion und Handel nicht gut läuft: Ihr Eigentumsanteil stelt weniger dar und gehandelt werden sie auch nur mit Verlust. Die Finanzbewegung kehrt sich dann um: Viele wollen ihre Papiere auch unter ihrem eingezahlten Wert loswerden und von den Aktiengesellschaften wird Rückzahlung der Beteiligung gefordert, wenn sich kein Aktienkäufer mehr findet. Der Niedergang von Aktienkapital und Betrieben geht rasant. Die erste Weltwirtschaftskrise geschah auf der Basis einer Aktieneuphorie und war ein Schock für den ganzen Weltmarkt, der Anpassung und Wertkorrektur verlangte. Die Krise der deutschen Wirtschaft und daraufhin auch der Hitlerfaschismus  war eine Folge hiervon. Ernüchtert wollte man 1945 durch die Verträge von Bretton-Woods eine Devisensicherheit herstellen, die durch Gold gedeckt war.

 

Das Ende des „Realsozialismus“

Doch eine internationale Währungsdeckung ist eine Illussion oder vielleicht war es auch schlichter Betrug. Gold selbst ist kein absoluter Wert und hat ja auch nur den Wert, den es realisieren kann. Und zudem steht diese „Golddeckung“ der Kapitalentwicklung, die auf zukünftiges Vermögen spekuliert, im Weg. Kapital muss schon allein deshalb wachsen, dass es seinen Wert gegen die Fortschritte der Technologie und Arbeit erhalten kann. Und es wächst wiederum nur, wenn es sich beständig ausdehnt und die Kapitalanwendung auf hohem Niveau verdurchschnittlicht, also sein Risiko weit streut und die Produktion potenziert - nicht weil es der Produkte unbedingt bedarf, sondern weil der Warenumsatz erhöht werden muss, um das Wertwachstum zu sichern. Die Wertmasse des Kapitals ist daher in Dimensionen gewachsen, die sich längst nicht mehr wirklich decken lassen und bewegt Waren, die längst keine mehr oder noch keine sind (z.B. Aktien und Kredite).

Dass die Weltwährung gar nicht zu decken ist, wurde schließlich durch Frankreich in den 70ger Jahren offensichtlich gemacht, indem es von den USA einen Eintausch seiner Währung in Gold verlangte. Das ging natürlich nicht und die Fantasie von Bretton-Woods war geplatzt. Präsident Nixon kündigte die Verträge 1976 und erwarb hierdurch eine Menge Goldwert, den er in die Zirkulation einbrachte, um den Vietnam-Krieg zu finanzieren und zugleich damit den Goldpreis nieder zu machen. Damit war die russische Währung auf dem Weltmarkt zerstört, die auf den eigenen Goldreserven gründete. Der Realsozialismus war weltpolitisch besiegt. Der Kapitalismus blieb als das herrschende ökonomische Weltsystem übrig.

Die Globalisierung, wie wir sie heute kennen, entwickelte sich auf dieser Grundlage. Das Sowjetsystem war nämlich nicht nur politisch ein ernst zu nehmender Gegner gewesen, sondern vor allem wirtschaftlich völlig anders begründet. Es konnte auf Realbasis Kredite vergeben und viele Länder unterstützen, die sich auf diese Weise zunehmend der Ausbeutung durch den Dollar entziehen konnten. Von daher war sie der USA weit mehr ein Dorn im Auge, als durch ihre Militärmacht. Durch die wertmäßige Zerstörung der Goldreserven war ihre Wirtschaft nun unmittelbar zahlungsunfähig geworden. Die Rohstoffe und Vorräte (z.B. Weizen), welche die Sowjets auf dem kapitalistischen Weltmarkt nach einer schlechten Ernte einkaufen mussten, konnte es nicht mehr bezahlen und die sowjetische Infrastruktur war auch ohnedies durch innenpolitische Kämpfe am Ende. Im Angesicht der Konsumexpansion der Westmärkte ließ sich die Planwirtschaft nicht mehr halten. Und die Waffenindustrie konnte sich unter realwirtschaftlichen Bedingungen - im Unterschied zu den USA - nicht rentieren.

Der globale Kapitalismus konnte nun richtig aufblühn, schließlich waren seine Bedingungen und Preise außer Konkurrenz. Die Weltmärkte wurden nun restlos kapitalisiert, die Maschinen- und Waffenexporte mit Kapital geradezu überfüttert und die billige Zulieferung von Konsumgütern von allen Seiten her möglich. Es entwickelte sich ein Glauben an den Markt, der alles freie Geld aufsog, um es in die erhoffte Wertexpansion zu stecken. Die Beteiligung der Menschen am Finanzkapital wurde zu einer Art Volkssport – zumindest bei denen, die noch überflüssig Geld hatten. Und das war hier nicht selten, waren doch die westlichen Länder gerade durch die Weltmärkte und den Verfall der UDSSR ziemlich reich geworden.

Doch Wert stellt nach wie vor nur die im Produkt veräußerten durchschnittlichen menschlichen Arbeitskraft dar, gleich, ob die schon z.B. in Maschinen oder Häusern oder Lebensmitteln oder Dienstleistungen eingebracht ist oder deren Anwendung noch erwartet wird. Wert hat letztlich nur, was die arbeitenden Menschen früher oder später auch wirklich kaufen oder mieten, weil sie es zum Leben brauchen. Der Wert stellt also immer ein wirkliches Vermögen in wirklichen Lebensverhältnissen dar. Er ist nur Wert in wirklichen Produkte oder Verkehrsmittel, Produktionsanlagen. Er beruht also auf wirklicher  menschlicher Arbeit , der Anwendung von  Arbeitskraft und dem Verkauf von Produkten als Waren, mit welchen sich arbeitende Menschen ernähren müssen, weil und solange sie keine  andere gesellschaftliche Beziehungsform haben. Nur soweit Geldbesitzer solchen Produkten Wert entziehen und auch im Entzug realisieren können, funktioniert Finanzkapital. Dessen Wert schatzt sich zwar auf, wenn er kurzzeitig oder auch dauerhaft als politische Verfügungsmacht selbst wertbestimmend wird. Aber wenn Menschen ihre Mieten nicht mehr bezahlen, ihre Autos nicht mehr mit Benzin befüllen, ihre Energiekosten nicht mehr tragen können usw., hört jedes Kapital auf, Wert darzustellen.

Die Krisen der kapitalistischen Länder entstehen daher zunächst erst  mal als Absatzkrisen, weil die Wert-Produktion einen Absatzbedarf hat, den die Löhne nicht finanzieren können. Wenn das variable Kapital, das sie auszahlt, stockt, gibt es eine Kettenreaktion: Der Warenumsatz schwidet und stockender Absatz wird bald zur Krise des Geldes, weil es nicht hinreichend zirkulieren kann. Und Krisen der Geldwerte entstehen, wenn Geld schließlich nicht mehr hinreichend gedeckt ist, weil zu viele Werte und Realisierungsversprechen zerstört wurden. Dann werden auch die politischen Verwertungsmöglichkeiten des fiktiven Kapitals knapp , auch wenn der Finanzmarkt des erst an letzter Stelle zu spüren bekommt.

Gegen die Krise verhält sich das Kapital durch Bemühung um verstärkten Absatz, durch Werbung und Marktausdehnung oder auch durch Einsatz neuer, also hochwertiger Technologie. Auch der Staat beschäftigt sich damit, denn ohne Kapital scheint ihm kein Weg aus der Krise möglich, die ja schnell auch zu einer sozialen Krise wird. Geldkrisen werden erst mal von der Zinspolitik der nationalen Währung abgefangen, indem Geld billiger gemacht wird (Niedriger Leitzins). Hinzu kommt eine Steuerpolitik, die dem Kapital Steuern erleichtert und ihm damit einen Teil seiner Reproduktionsbedingungen, eine funktionale Infrastruktur, schenkt und dieses Geschenk als gesellschaftlichen Wertentzug an die übrigen Steuerzahler weitergibt oder Staatsschulden macht (was letztlich dasselbe ist). Es wird alles getan, damit sich das Kapital in seinen Krisen wieder fängt, und irgendwie gelingt das oft auch. Aber die Krisen der Kapitalwerte insgesamt haben einen finalen Charakter: Sie müssten sich immer weiter vermehren, doch die reale Masse des Marktes reicht irgendwann nicht mehr aus, um die Masse der kapitalnotwendigen Überproduktion zu kompensieren, um also auch die Schatzbildungen des Finanzkapitals noch wertmäßig zu erhalten.

Verwertungskrise und Staatsverschuldung

Das Kapitalismus wäre bald ohne Investoren, wäre das Besitzrecht nicht selbst Wert tragend. Der Besitz an den Einrichtungen der Energieversorgung, an Grundstücken, Häusern, Lizenzen, Kulturgütern, Medien, Gesundheits- und Altervorsorge, Versicherungen, Sportarenen und der gesamten gesellschaftlichen Lebensgrundlagen ermöglich es immer, dass Menschen Geld ausgeben müssen um existieren zu können. Wer dies besitzt, hat damit die Grundlagen menschlicher Existenz in der Hand. Die Arbeit, welche diese Besitztümer erzeugt hat ist längst amortisiert und was noch an Arbeit zu ihrem Erhalt nötig ist, kann man ruhig abziehen, es bleibt eine Verfügungsmacht, die sich nicht aus mehr aus Arbeit begründet. Jenseits der Arbeit, der Dienstleistungen und Lebensmittel- und Existenzmittelproduktion ist das Leben der Menschen durch eine Macht beschlagnahmt, die nur rein rechtlich, und von daher auch nur politisch begründet ist. Und mit diesem Recht und der Gesetzgebung eilt  der Staat dem Kapital immer wieder zu Hilfe. Besorgt um das Gesamtsystem der Verwertungslage reagiert er zunächst mit den ökonomischen Werkzeugen des Steuerrechts, den Mitteln der Daseins-Vorsorge (Sozialkasse) und der Beschäftigungspolitik (Kündigungsrecht und -schutz, Ausländerpolitik, lohnpolitische Gesetze). Er selbst ist interessiert, die Löhne soweit unten zu halten, wie es geht, damit das Kapital "wieder zum Laufen" kommt. Denn darin sieht der Staat zwangläufig die Sicherheit für "den Wirtschaftsaufschwung", der ihm als Grundlage gesellschaftlicher Wohlfahrt gilt. Deshalb reduziert er ja auch die Kapitalsteuer und belastet mit dem Steuerausfall die Bevölkerung, die ihm als Faustpfand der allgemeinen Werterhaltung dient. Indem die Gesetze dahin entwickelt werden, dass Menschen wieder mehr arbeiten müssen, weniger Lohn erhalten oder auch in den Sozialleistungen beschnitten werden, versucht der Staat nicht nur Werte rückzusichern (siehe Negativverwertung), sondern auch Druck auf die Bevölkerung zu machen, damit sie sich im Zweck der gesamten Wertproduktion einordnet und dienstbar hält.

Als letztes Mittel der Kapitalförderung bleibt allerdings nur die Staatsverschuldung. Das heißt: Der Staat entlastet das Kapital weitgehend von seinen nationalen Pflichten, sich am Erhalt der Reproduktionsbedingungen und des Sozialwesens entsprechend zu beteiligen, auch um es im Land zu halten. Die Geldpolitik richtet sich ganz auf den Weltmarkt aus und überträgt eigene Wertverluste durch das Drucken von Geldmengen, die erst noch durch Arbeitsprodukte zu decken sind. Schließlich nimmt der Staat Geld auch durch Kredite beim Kapital auf, wenn sich die Staats- und Landesbanken nicht anders halten können. Auch sie sind je an den anderen Banken beteiligt . So hat z.B. die Bundesbank, die an der IKB-Bank beteiligt ist, den Verlustausgleich in Folge der amerikanischen Hypothekenkrise auch aus eigenem Interesse zu tragen. Wie auch immer, das Kapital ist sein wichtigster Gläubiger, soweit der Staat nicht selbst als Finanzkapital fungiert. Denn er ist in vielen Wirtschaftsbereichen ein Großaktionär und vertraut sehr wohl dem Finanzmarkt. Die Steuergelder werden immer einseitiger von den Lohnempfängern einbezahlt und dienen unter anderem sowohl  dem Werteintrag zur Minderung der Staatsverschuldung und werden zugleich auf dem Finanzmarkt eingesetzt, um damit große Finanzsummen zu bewegen. Doch beides ist eigentlich identisch: Der Schatzbildung des Finanzkapitals steht eine Staatsverschuldung als Verpflichtung gegenüber, die einzulösen identisch ist mit einer erfolglosen Finanzmarktspekulation. Bleibt also auch für den Staat nur Positives, wenn er spekuliert und wenn er sich auf diese Weise vom Kapital noch einen Ausgleich durch bessere Entwicklungen erhofft. Das hat er ja schließlich auch von seinen Bürgern verlangt, als er ihnen die Riesterrente als Rentenausgleich empfahl, eine Rente, die mit der Entwicklung des Finanzmarktes korreliert. Der Staat handelt also von vielen Seiten her selbst wie ein Großanleger und ist dies natürlich auch.

Und so ist er auch als Ganzes mit dem Kapital verschworen. Nicht durch die handelnden Personen, sondern durch die Geldinstitute selbst, die Notenbank, Landesbanken und Bundesbank und andere Beteiligungen. Er muss schon von daher das Kapital im Land halten. Um weiterreichende Krisen zu bekämpfen wird er daher auch zu Mitteln und Methoden greifen, die der Bevölkerung nicht ganz geheuer sind und die sie nur durch absonderlichste Begründungen akzeptieren können. Der Staat muss sich zum einen den Weltmärkten unterwerfen, und beteiligt sich von daher konjunkturpolitisch an der Preispolitik der nationalen Kapitale, z.B. durch Produktionskostensenkung und Steuergeschenke. Aber er holt sich auch Devisenwerte durch die Währungspolitik der Nationalbank, d.h. er importiert Wert durch Ausplünderung der Märkte der Schwächeren und ist daran interessiert, sich dort auch selbst einzumischen und Preise zu bestimmen. Er muss daher also auch seine außenpolitische Macht verstärken und kriegsbedrohlich sein, um sich in die Politik ganzer Regionen einzumischen, wodurch Druck auf die Rohstoffpreise anderer Länder möglich ist. Und ein großer Absatzmarkt für die Waffenproduktion wird hierbei so ganz nebenbei auch wieder erweitert und die nationale Waffenindustrie gefördert.

Das war bisher alles, was Kapitalismus ausmachte. Die Schatzbildung des Kapitals hat sich aber inzwischen in ungeheuere Summen aufgebläht und stellt nun schon weit  über 95% der aufgehäuften Wertmasse dar, die nicht mehr in die Warenzirkulation zurückkommen kann. Es ist zum größten Teil Kapital in der Form von Krediten  aber vor allem  eine Masse rein fiktives Kapital, das sich nurmehr zwischen der Kreditwirtschaft im Aktienhandel und Geldverwertungsgeschäften auf dem Weltmarkt bewegt.  Geldverwertungsgeschäfte realisieren ihre Gewinne sowohl aus Wertsteigerungen durch die Produkt- und Technologiemärkte  wie auch aus dem Niedergang von Wert in Betrieben und Produktionsanlagen, die verdrängt werden.  Geld ist im Grunde  mit allem zu machen, solange die Geldbesitzer einen braven Staat als Rückhalt haben. Wer ganze Betriebe und Anlagen zu einem Schleuderpreis einkauft, der kann  damit an einer anderen Ecke des Weltmarkts durch deren Verkauf Wert allein schon über die Devisenverhältnisse einbringen und macht wohl auch mit dem Schrott der Supermächte noch mächtig Gewinn. Wesentlich aber ist nicht der momenthafte Gewinn oder Verlust, sondern das allgemeine Bewegen von Werten. Das fiktive Kapital zehrt allein von dieser Bewegung, denn es steht als Wertmasse in relativer Erwartung zu Aufgang oder Niedergang von Wirklichkeiten, woraus es aus dem Wechsel selbst nur sich Wertschöpfung verspricht. Kredite und Aktienfonds stellen diese Bewegung auf dem Finanzmarkt dar.

Wenn das Wirtschaftswachstum  das angelegte Kapital  belohnt, dann realisiert es in gleicher Weise Mehrwert, wie wenn wirtschaftlichem Niedergang durch Aktienverkäufe  vorausgeeilt und „bessere Aktien“ erworben werden. Wenn die Wirtschaft niedergeht und Infrastrukturen, Technologie und Staatseigentum unter Wert gehandelt werden, dann blüht der Finanzmarkt auf. Grundlage hierfür ist ein Wertverhältnis, das selbst nur durch Wechsel, also durch Schuldverschreibungen und Kredite zirkuliert. Und dieses Verhältnis hat ein hohes Niveau der Wertzirkulation überhaupt zur Grundlage. Entsprechend dieser Höhe ist auch schon wieder die Angst vor dem Totalabsturz - einer Weltmarktkrise. Doch diese Angst konzentriert sich  im Wesentlichen auf den Staat. Dort findet sich beides zusammen: Wachstum und Niedergang. Und er muss auch den Rückhalt für beides liefern. Sein Rückhalt ist alleine die Arbeitsfähigkeit seiner Bevölkerung.

Erst wenn er gar nichts mehr ausgleichen kann, weil auch aus der Bevölkerung nichts mehr zu holen ist, ist die totale Krise da. Diese ist keine Absatzkrise mehr, sondern ein Zusammenbruch der Geldwerte, welche ins Unendliche spekuliert hatten und Kredite evozierten, die völlig deckungslos geworden sind, deren Geldwert also nicht einlösbar ist. Wenn das zirkulierende Kapital keinen Kreditrückfluss hat, weil das spekulative Kapital seinen kreditierten Wert in großem Ausmaß nicht einbringen kann, so verliert es seinen Wert überhaupt und muss die Deckungslosigkeit seines  Geldes offenbaren. In solchen Zeiten greifen die Insolvenzen durch. Und das ist dann ein Sturz ins Bodenlose, wie die Weltwirtschaftskrise von 1929 mit dem anschließenden Bankencrash eindrücklich gezeigt hat, weil sich der Geldfluss schlagartig umkehrt und die verbleibenden Kreditgeber, die Aktionäre, so schnell wie möglich ihr noch verbliebenes Kapital abziehen. Die ganze Wirtschaft ist dann ohne Geldfluss. Geldwerte sind praktisch beliebig. Die Inflation steigt ins Absurde.

Das Verschuldungsprinzip des fiktiven Kapitals

Die Finanzmärkte haben inzwischen aufgrund der beständigen Krisenhaftigkeit der realen Verwertungslage eine prinzipiell neue Chance wahrgenommen: Sie bestimmen sich selbst durch Verschuldungspolitik und durch einen systematisierten Risikoabgleich im Aktiengeschäft - zwischen Kapitalgewinn aus Wertwachstum und Kapitalgewinn durch Wertveräußerung. Vorausgesetzt ist eine prinzipielle Ablösung von den realen Wertverhältnissen und den Problemen mit ihrer Realisierung. Dabei nutzen sie die Kapitalabhängigkeit der Nationalstaaten aus, die ihnen ihre Bevölkerung als Bürgschaft, als Faustpfand ihrer Verschuldung, als Material einer Negativverwertung zur Verfügung stellen, die letztlich für die Risiken des fiktiven Kapitals gerade stehen müssen. Sie betreiben eine Wertproduktion mit ihrer Kapitalfiktion auf Pump in hochriskanten Aktienkäufen und vertrauen auf die Kapitalmacht, die sie für jede wirtschaftliche Situation durch ihre politische Gegenwart in der Politik besitzen. Konsequenzen aus den Risiken gibt es für sie nicht wirklich - sogar völlig "erfolglose Manager" erhalten zu ihrer Ablösung gerade nochmal 50 Millionen Euro. Nicht reales Vermögen muss jetzt das Kapital darstellen, nicht einmal entzogenes Geld aus dem Finanzmarkt, sondern die reine Fiktion über Verwertungsperspektiven, über potenziell verwertbares Kapital, das es noch gar nicht gibt. Der Geldeinsatz hat nichts mehr mit realer Produktion zu tun, denn deren Beweglichkeit schwindet mit zunehmender Verwertungskrise. Er kommt daher einer Wette auf die Zukunft gleich und wird auch ganz offen so gehandelt.

Einzelne Aktiengesellschaften mit unterschiedlichsten Marktausrichtungen bleiben hierfür zwar weiterhin die Grundlage, deren Aktienwerte werden nun von Aktienhändlern und Banken in Aktien-Fonds eingebracht, die selbst wiederum Firmen sind, die Aktien aus gegensätzlichen Marktausrichtungen kaufen, in ihrem Risiko gegeneinander abwägen und durch stabilere Risikoerwartung mit der gesamten hieraus erzielten Kurswertsteigerung selbst wieder Geschäfte zu machen. Außerdem wurde der Devisenhandel als ein Hebel zur Vervielfachung der Rendite entdeckt, wenn hierüber die Kredite bewegt werden, die vielen Spekulationen zugrunde liegen. Der Aktienhandel hat sich also entsprechend umgestaltet und das Finanzkapital hat Formen angenommen, welche das Bankenwesen zu einer staatlich gestützten Gläubigermacht eines de facto unbegrenzten Kreditwesens funktionalisiert, das wiederum einen Boom des Aktienhandels bewirkt. Das fiktive Kapital gibt sich darin selbst die Hand.

Das hat für die Spekulanten einen großen Vorteil: Ihr eingebrachtes Geld kann relativ gering sein, aber es rechnet sich hoch. Ihr Gewinn resultiert aus einer Kette von Verwertungsgeschäften, die so ziemlich alle Möglichkeiten der Wertabschöpfung nuzen. Das sind dann die "modernen Finanzierungsmodellen", von denen zwei besonders aktuell sind: Private-Equity-Fonds und Hedge-Fonds. Auch kleine Privatbanken sind inzwischen in das große Geschäft mit der Veraasung der Wertbestände eingestiegen.

Bei ersterem Finanzierungsmodell wird praktisch überhaupt kein Kapital mehr wirklich eingesetzt oder nur wenig. Es besteht vorwiegend aus Krediten mit überdurchschnittlich hohen Zinsen und Managern mit überdurchschnittlich hohem Einkommen, die Angestellte einer Firma und zugleich gewinnbeteiligt sind. In irgendeinem Land, z. B. in einer Steueroase (75 % auf den Cayman Islands) oder in einem Land mit günstigen Bedingungen für Schuldabschreibungen hat das kreditnehmende Unternehmen einen Briefkasten oder auch ein Verwaltungsgebäude. Meist wird diese Firma als eine reine Finanzgesellschaft und eine zweite oder auch mehrere Firmen als Personengesellschaften des bürgerlichen Rechts (GBR) oder als GmbH gegründet, welche als produktive Firma im Herstellerland mit hoher Schuldabschreibung bei der Mutterfirma belastet ist. So sind in ihrer Bilanz alle Gewinne neutralisiert und schon von da her ohne Steuerbelastung. Die Kredite, mit denen hier gemarktet wird, beruhen nicht oder nur teilweise auf Bürgschaften oder anderem Vermögen - daher eine hohe Verzinsung. Sie beruhen nur noch auf der Verpflichtung, Kapital zu bilden, das noch nicht vorhanden ist und das zur Erzeugung und Realisation von einer Bank hochbezinzt (ungefähr mit 18 %) vorgestreckt wird. Risiko und Druck auf die Verwertung sind entsprechend hoch und so auch der Druck auf die Liquidität, auf die Technik, auf die Verwaltungsrationalität und auf die Beschäftigten. Es ist ja ein lineares Wertwachsum von weit über 18 % erforderlich, um das in Gang zu halten.

Das Kapital ist auf einer sehr hinterhältigen Ebene hierdurch wieder personalisiert, ohne dass die handelnden Personen wirklich auftreten müssen. Die Manager tragen – wie man so schön sagt – „hohe Verantwortung“ und setzten hohen Druck auf alle Beteiligten. Sie müssen lediglich hinreichen durchsetzungsstark sein, um ihre Gewalt gegen die ökonomischen Verhältnisse der beteiligten Menschen und Gewerkschaften kühl durchzubringen. So erklären sich Managergehälter zwischen 4 und 400 Millionen Euro bzw. Dollar im Jahr, die vor allem dazu da sind, diese Personen von den gewöhnlichen Verhältnissen und Interessen abzuschotten.

Das andere Fond-Modell, die Hedgefonds, beruhen auf einer Mischung aus Devisengeschäften, Krediten und Aktienderrivaten, also z.B. Wetten auf Aktienkursbewertungen. Hierbei werden Kredite in Ländern aufgenommen, von deren Währung ein Wertschwund zu erwarten ist. Diese Finanzmittel werden verwendet, um Aktienfonds in Ländern aufzubauen, die mehr oder weniger der Grund für den Schwund jener Landeswährungen darstellen, und also auch hohes Wertwachstum haben müssten oder dies auch aus anderen Gründen versprechen. Nach dem ganzen Procedere werden sowohl Kredite von minderem Wert zurückbezahlt und Aktien von höherem Wert ausbezahlt. Der Aktionär gewinnt am Verlust von Devisenwert und zugleich am Handelswert hoch bewerteter Aktien. George Soros hatte es als einzelner Investor geschafft, die englische und später auch die thailändische Währung in den Keller zu stürzen, um damit seine Kreditschulden, die er in dem Land selbst gemacht hatte, hochgradig zu entwerten und also Gewinne durch Wertverlust zu machen (in Thailand waren es über 70% Entwertung des Devisenkurses). Hedgefonds sind seit 2004 auch in Deutschland zugelassen.

Aber woher kommt der Gewinn aus Wetten, die auf Wertverlust setzen? Ganz einfach: Durch Leerverkäufe (short selling). Ein Short-Seller setzt auf Aktien, die er für überbewertet hält und die noch gar nicht in seinem Besitz und erst zu einem bestimmten Termin übernommen werden, zu welchem das Papier dann gesunken sein soll. Als Wert löst er andere Papiere zum Zeitpunkt des neuen Vertrags ein. Der Differenzbetrag, der sich aus dem höheren Kurs und dem niedrigeren Kurs ergibt, ist der Gewinn des Short-Sellers. Dies geht seit kurzem auch in Deutschland. Und außerdem gibt es die Spekulation auf Aktienwerte, welche reziprok zu einer Verlustaktie steigen. Es ist lediglich eine umgewandelte Form der Spekulation auf Zukunft, wobei es gleich ist, ob man auf eine gute oder schlechte setzt. Gewinn bringt sie auf einer Seite immer - und sei es bei einer Totengräber-AG. Auf selbe Weise tragen auch Liquidationen zum Anwachsen von Aktienkursen bei. Ist eine Liquidation abzusehen oder auch gewollt, so tritt eine Wertsteigerung bei den Aktien ein, welche die meist unterwertig verhandelte liquidierte Sache weiterverarbeiten. So kann die Aktie des liqidierten Betriebs aus dieser Spekulation und zugleich durch Short auf diese doppelt Gewinn bringen. Zudem bleiben zum Wertwachstum jetzt auch die Wertabgleichungen durch Verwertung des Bestands an noch verwertbaren Gütern zu einem minderen Wert, z.B. Betriebe, Immobilien, Staatsbetriebe. Verluste werden zu Gewinnen, wenn nur das Geld entsprechend beweglich ist. Sie sind auf solchem Aktienmarkt kompensiert und eine Kokurrenz kann es für dort angelegtes Kapital eigentlich nicht mehr geben. Sie sind meist selbst zum Teil Kapitaleigner des "Konkurrenzbetriebs".

Die Banken machen letztlich das Geschäft, kassieren hohe Zinsen und sind mit allem zufrieden, ob es Gewinn bringt oder auch wenn es kaputt geht. Die Wertverhältnisse stehen daher in gegensätzlicher Position ständig zur Disposition: Entweder wird hohe Redite rausgeholt oder frühzeitig liquidiert und eine unterbewertete Wertmasse zum Grundstock einer weiteren Firma genommen, die damit Wert erheischt. Im Prinzip kann eine Liquidierung auch einfach durch überzogene Bilanzen evoziert werden, wenn die Marktsituation für Entwertungsgeschäfte günstig ist. Dann werden Betriebe auch mal durch die eigene Betriebsleitung förmlich abgewirtschaftet - die heimlich vielleicht schon Aktien für die Aasverwertung besitzt.

Solche Fonds sind allesamt eigentlich nur die Bewegungsformen von fiktivem Kapital, Vorstellungen und Wetten auf eine Zukunft, die tatsächlich aber von Wertrealisation abhängig ist. Gigantische Beträge haben sich hierdurch schon aufgehäuft. Nach der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die es eigentlich wissen müsste, lag der Wert der zum Ende 2006 ausstehenden Derivativ-Verträge bei 415 Billionen Dollar (http://kulturkritik.net/stat.php?statex=aktienhandel). Das ist eine unvorstellbare Summe, die man als tatsächlichen Betrag des fiktiven Kapitals verstehe kann. Nur solange alle stillhalten und mitmachen, solange die Manager und Anleger also daran glauben, kommt sie nicht zum Platzen. Der Faden des ganzen Wertverhältnisses hängt an einem psychologischen Phänomen.

Der Finanzmarkt schwenkt immer mehr auf solchen Derivatenhandel, weil dieser zumindest dem Kapitalgeber hohe Gewinne verspricht, indem durch entsprechende Fondmischung das Risiko minimiert werden kann. So werden gigantisch Geldmengen bewegt, welche schon durch die Schleuderwirkung, welche die Verluste, die damit auch bewegt werden, ganze Länder ruinieren. Der Banker Thomas Fischer, der als Leiter des Handels bei der Deutschen Bank und selbst schon jahrelang Finanzspekulant ist, sieht das als den wesentlichen Fortschritt der Globalisierung an. Mit dem Derivatgeschäft habe sich "die Finanzwelt von der Realsphäre emanzipiert", meinte er. Aber oft agiert man inzwischen nicht mehr nur durch Verwertungsversprechen, sondern auch direkt durch Ausplünderung von Infrastrukturen und Staatsvermögen. Die Staasausgeben werden immer weniger von den Steuereinnahmen gedeckt und zwingen den Staat immer weiter in die Spirale der Staatsverschuldung. Doch auch Staatsschulden stellen potenziellen Gewinn dar. Immerhin lassen sich damit ganze Bevölkerungen über Generationen hinaus erpressen. Von daher wird der Staat hierfür auch immer genügend Mittel parat haben, auch wenn er immer größere Schulden macht.

 

Der Feudalkapitalismus

 

Unter der Hand hat sich die Welt verändert. Aus dem Verwertungskapitalismus ist ein Verschuldungskapitalismus, eine Verwertung von Darlehen geworden, also im eigentlichen Wortsinn ein Feudalkapitalismus (lat. feudum = Verliehenes, Darlehen). Die Nationalstaaten wurden zu Bediensteten des Finanzmarktes, verzichten zu einem großen Anteil auf Einnahmen und machen vor allem Druck auf die Bevölkerung.

Was dies für die Zukunft bedeutet, haben inzwischen auch einige Politiker selbst bemerkt. Sie plädieren für Offenlegung der Einnahmen und überlegen, ob man die Hedgefonds nicht verbieten könne. Aber diese sind ja lediglich Bilanzierungsformen von internationalen Darlehen und von daher kaum justiziabel. Und sie würden sich auch ohne dies schwer tun, die Wirtschaft überhaupt zu erhalten: Wertmäßig haben die Nationalstaaten sich im Lauf der Jahre durch ihre Steuerpolitik längst verspielt und dem Kapital übereignet. Eine Staatsverschuldung vom 1,48 Billionen Euro kann der deutsche Staat auch in 100 Jahren (bei jährlich 14,8 Milliarden Rückzahlung zuzügl Zins) nicht zurückzahlen, wo er ja noch nicht mal aus der Neuverschuldung herausgekommen ist. Erstmals in der deutschen Geschichte überhaupt wurde darauf verzichtet, reale Rückzahlungspläne zu machen – ein wirtschaftliches Unding.

Das heißt: Der deutsche Staat hat sich de facto wirtschaftlich aufgegeben. Er ist nicht mehr der „ideelle Gesamt-Kapitalist“, sondern er vermarktet längst schon wie ein Feudalherr seine Bürger und deren nachfolgende Generationen in unbeschränkter Folge zum Schleuderpreis – ein anderer Preis ist einem Schuldner schließlich nicht möglich. Künftige Generationen sollen den Wert erwirtschaften, der dem Staat vom Kapital entzogen wurde. Er wird es durch seine Steuer- und Sozialpolitik bringen müssen. Die Bürger werden "ihren Staat" nicht mehr wiedererkennen. Aber er wird immer Gründe angeben können, warum er diese oder jene Bedrängung einsetzen muss, dieser oder jener Verzicht sein muss. Die Medien und die Kultur werden für deren Befriedung einiges zu tun haben und die Bürger werden sich dann vielleicht daran gewöhnen - wenn sie ihm und seinen Schulden noch glauben. Aber gauben muss man nicht.

In dieser Perspektive steht der deutsche Staat nicht allein: Alle europäischen Staaten stehen in einer unauflösbaren Verschuldung. Ebenso die USA mit 7,2 Billionen Dollar und Japan mit 7,1 Billionen Dollar. Es geht nur noch darum, wie man für deren Finanzierung die Bevölkerung, die Kommunen und Länder am besten verdingt. Die Beschlagnahme von öffentlichen Einrichtungen, den Verkehrs- und Kommunikationsnetzen, Immobilien und Kulturgüter durch das Kapital wird Tür und Tor offen sein.

Es läuft das Spiel. Nichts geht mehr. Der Widerstand hiergegen kann nur noch von den Objekten des ganzen Betriebs kommen: Der Bevölkerung, den Gewerkschaften und den Kommunen, die um ihr kulturelle und wirtschaftliche Lebensgrundlagen beraubt werden. Die Beschlagnahme ihrer Häuser, Produktionsstätten und Verkehrswege durch das Kapital muss unbedingt und möglichst bald gestoppt werden. Bedingung dafür ist, dass der Glaube an die große Pflicht und Schuld grundsätzlich erschüttert ist und dass die Menschen ihr gesellschaftliches Leben selbst in die Hand nehmen. Mittel gibt es - noch - zur Genüge und die Automation ließe auch schon zu, dass die Reproduktion der Grunderhaltung schon mit kommunaler Industrie und Landwirtschaft auf Landesebene und durch Vertragswirtschaft zu bewältigen ist. Das Mehrprodukt ließe sich demnach durchaus auch durch Vertragsbeziehungen herstellen (wie das bei großen Erzeugnissen ja auch längst schon der Fall ist).

Sind die Menschen in ihrer Existenz nicht mehr absolut vom Kapital abhängig, so relativiert sich desen Macht sukzessive und relativ schnell. Es wird sich wohl oder übel auf eine Mehrproduktion einlassen müssen, die auch wirklich an die Gesellschaft zurückgeht. Allerdings wird es keine Kapitalgeber mehr haben. Aus dem Kapital würde unter dieser Bedingung zwangsläufig das werden, was zu sein es beständig vorgibt: Ein bloßer Organisator einer hochindustrialisierten Produktion in den Kommunen und Ländern, die in Aufwand und Nutzen von den Menschen bestimmt wird.

 

Wolfram Pfreundschuh

 

Begriffserklärungen aus Wikipedia:

 

Hedge-Fonds (von engl. to hedge, „absichern“, engl. hedge fund; selten SAIV - sophisticated alternative investment vehicle, engl. etwa für ausgefeiltes/anspruchsvolles alternatives Investitionsvehikel) sind eine spezielle Art von Investmentfonds, die durch eine spekulative Anlagestrategie gekennzeichnet sind. Hedge-Fonds bieten dadurch die Chance auf sehr hohe Renditen, sind aber dementsprechend auch mit hohen Risiken behaftet.

Typisch für Hedge-Fonds sind der Einsatz von Derivaten und Leerverkäufen. Hierher rührt auch der irreführende Name, da diese Instrumente außer zur Spekulation auch zur Absicherung (Hedging) verwendet werden können. Außerdem versuchen Hedge-Fonds über Fremdfinanzierung eine höhere Eigenkapitalrendite zu erwirtschaften (Hebeleffekt oder Leverage).

Die meisten Hedge-Fonds haben ihren Sitz in Offshore-Zentren. Bekannte Hedge-Fonds sind die Quantum Funds des Investmentbankers George Soros und der Fonds Long-Term Capital Management, der 1998 zusammenbrach. Zum Jahresende 2006 hatten Hedge-Fonds weltweit ein Volumen von rund 1,6 Billionen US-Dollar.

 

Derivate sind gegenseitige Verträge, deren Preisbildung im Allgemeinen auf einer marktabhängigen Bezugsgröße (Basiswert oder Underlying) basiert. Solche Basiswerte können andere Wertpapiere (z.B. Aktien, Anleihen), marktbezogene Referenzgrößen (Zinssätze, Indices) oder andere Handelsgegenstände (Rohstoffe, Devisen) sein. Derivate können auch Basiswert von anderen Derivaten (2. Grades) sein. Grundsätzlich kommen als Basiswert oder Underlying Asset auch nicht-ökonomische Größen, wie etwa das Wetter, das dann genau zu definieren ist, in Frage.

Der Handel mit derivativen Finanzinstrumenten hat seit 1986 stark zugenommen. Nachdem er sich anfangs auf vergleichsweise einfache Marktrisiken wie Aktien- und Rohstoffpreise bezog, wurden die dort erprobten Konzepte auch auf Zinsänderungsrisiken und Wechselkursrisiken angewendet. Zu den verhältnismäßig jungen Risikoarten, die gleichfalls durch derivative Finanzinstrumente abgesichert werden können, gehört das Kreditrisiko sowie Wetterrisiko.

 

Ein Leerverkauf (englisch short selling) ist eine Form der Börsenspekulation. Von einem Leerverkauf erhofft sich der Verkäufer, von einem erwarteten Kursverfall eines Wertpapiers zu profitieren. Er verkauft jetzt Papiere und hofft, diese in der Zukunft billiger zurückkaufen zu können.

Dies funktioniert aufgrund des Sachverhalts, dass an der Börse die zeitliche Reihenfolge selbst, in der Käufe und Verkäufe stattfinden, für die Höhe des erzielten Reinertrags keine Rolle spielt. Es wird hierbei ein Vertrag geschlossen (dies ist der tatsächliche Börsenhandel), der den Verkäufer verpflichtet, die Effekten in einigen Tagen zu liefern. Je nach Börse kann dies drei Tage (Frankfurter Wertpapierbörse) bis fünf Tage (London Stock Exchange) dauern, bis nach einem Börsenhandel die Papiere verpflichtungsgemäß geliefert werden müssen. Bei effektiven Stücken (auf Papier gedruckt, die man noch anfassen kann), kann dies noch länger dauern. Jedoch existieren die meisten Wertpapiere heute nur noch digital auf Konten. Der Aussteller besitzt eine einzige Urkunde für alle Effekten – sogenannte Globalurkunde.

 

Fremdfinanzierung bezeichnet die Beschaffung von Geld- und Sachkapital zur Deckung des Finanzbedarfs eines Unternehmens oder Haushalts aus Gläubigerkrediten, von Banken oder auf Finanzmärkten.

Man nennt sie auch Kreditfinanzierung.

Fremdfinanzierung lässt sich weiter unterteilen in
langfristige Kreditfinanzierung
kurzfristige Kreditfinanzierung und in
Kreditsubstitute

Feudalismus als Lehnswesen: Man versteht unter Lehen (ausleihen, Lehnrecht, lat. Feudum, Feodum, Beneficium) das ausgedehnteste Nutzungsrecht an einer fremden Sache, das sich auf eine Verleihung seitens des Eigentümers gründet, die zugleich zwischen diesem und dem Berechtigten das Verhältnis wechselseitiger Treue hervorruft.
Lehen (Lehnsgut) wird auch diese Sache selbst, zumeist ein Grundstück oder ein Komplex von Grundstücken, genannt. Der betreffende Eigentümer ist der Lehnsherr (Lehnsgeber, dominus feudi, senior), der Berechtigte der Vasall (Lehnsmann, vassus, vasallus=der Knecht, auch einfach als Lehensempfänger oder Lehensträger bezeichnet), beide schwören einen Lehnseid.
Sprachlich hängt der Ausdruck „Lehen“ mit leihen zusammen, bedeutet also so viel wie geliehenes Gut (vgl. heute „Darlehen“), während das Wort „Feudum“ nach Ansicht einiger Etymologen vom lat. fides (Treue), richtiger aber wohl vom altdeutschen feo (das heißt Vieh, dann überhaupt „Gut“) abzuleiten ist.
Den Gegensatz zum Lehen bildet das freie Eigentum, Allod oder Allodium.