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Wolfram Pfreundschuh (1979)

Der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft

 

Fußnoten:


↑(1) Von hier aus ist auch klar, daß Marx jede Theorie über die bestehende Gesellschaft als naturgeschichtliche Darstellung des Menschen auffasst. Es geht aber dabei nicht darum, durch Begriffe - wie sie heute gang und gäbe sind - die Natur des Menschen seiner Wirklichkeit entgegenzutragen, also durch natürlich scheinende Kategorien die bestehende Gesellschaft zu naturieren, sondern darum, die Natur des Menschen in der gegebenen Wirklichkeit zu entdecken und die gegebene Welt als Form dieser Entdeckung aufzubereiten. Hierdurch wird sich die Entdeckung dieser Natur mit dem Akt der Menschen in einem finden, in der allgemeinen menschlichen Notwendigkeit, eine Gesellschaft zu bilden, die die Natur des Menschen verkörpert. Klassenkämpfe können also kein Ziel dieser Entwicklung sein, sondern sind die gegebene Seinsweise der Menschen, welche um ihre Gesellschaft und um ihre Gesellschaftlichkeit kämpfen. Es geht in der Veränderung dieser Welt deshalb auch nicht um die Konfrontation mit den Figuren der Gegenwart als persönlich interessierte Menschen (dies ist ein sich selbst verstehendes Dasein einer feindlichen Gesellschaft), sondern um die Entwicklung des gesellschaftlichen Organismus zu einem gesellschaftlichen Menschen. So ist auch die Anmerkung von Marx im Vorwort zur ersten Auflage zu verstehen - dies sei denen, welche den Marx in zwei Typen, den Philosophen und den Ökonomen, zerteilen wollen, unter die Nase gehalten - wenn er seine Theorie vom Kapitalismus als die Entwicklung in einem naturgeschichtlichen Prozeß auffaßt:

“Zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse ein Wort: Die Gestalten von Kapitalist und Grundeigentümer zeichne ich keineswegs in rosigem Licht. Aber es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen. Weniger als jeder andere kann mein Standpunkt, der die Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformation als einen naturgeschichtlichen Prozeß auffaßt, den einzelnen verantwortlich machen, diese Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, so sehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag.“ (MEW23, S. 16).


↑(2) Die Stoffe der Natur und die Stoffe, die die Menschen produzieren, sind für den Menschen identische Stoffe, sofern und weil sie mit dem stofflichen Leben der Menschen identisch sind. Einen Stoff als Stoff gibt es nicht, denn die Menschen haben nicht mit dem Stoff an sich zu tun, sondern mit ihrer Natur, das schließt sowohl ihre organische Existenz mit ein wie auch den Organismus der Natur, dessen Wesen sie allseitig verkörpern. Auch der skurrilste Kunststoff ist letztlich ein Naturstoff, weil er Aneignung von von Naturstoffen (es liegt nicht im Kunststoff selbst, wenn er sich nicht mit der menschlichen Natur vereinbaren läßt, sondern eher an den Interessen, die ganz bestimmte Kunststoffe werden lassen). Andererseits ist ein Naturstoff, den die Menschen nicht entdeckt haben, kein Stoff menschlichen Reichtums. Erst jene Stoffe, die der Reichhaltigkeit menschlicher Beziehung innegeworden sind, sind für den Menschen der Gehalt ihres Reichtums.

Es ist an dieser Stelle vollkommen identisch von dem Stoff der Natur als Stoff für Menschen oder dem Stoff für Menschen als Produkt ihres Lebens zu reden, da nur beides in einem für den Menschen Reichtum ist (ein Magnet, der von Natur aus Eisen anzieht, ist für den Menschen kein Reichtum, wenn er nicht zum Magneten in der Handhabung für Menschen verarbeitet ist; ebensowenig ist ein Kunststoff, der nur in der Form seiner Handhabung nützlich ist, für den Menschen kein Reichtum, wenn er ihm zur Entstellung oder Krankheit seines eigenen organischen Lebenszusammenhangs wird. Wir gehen also nicht von einer äußeren Natur als Bedingung menschlicher Arbeit aus, wie wir ebensowenig davon ausgehen, daß der menschliche Reichtum nur ein Produkt des menschlichen Geistes oder seiner Phantasie sei. Geist ist ebenso menschliche Natur, wie die Natur im Menschen Geist hat. Im Reichtum ist der Naturzusammenhang des Menschen und der Zusammenhang des Menschen als natürliches Wesen in einem formuliert.


↑(3) Der Reichtum ist somit nicht einfach Gebrauchsgut, das zur Erhaltung des menschlichen Lebens nötig ist, nicht Mittel des Lebens, nicht Lebensmittel, sondern gegenständlich daseiendes Leben. Niemand ist reich, wenn er das hat, was er zu seinem gegebenen Leben braucht und verzehrt. Der Reichtum umfaßt also den ganzen Lebensprozeß der Menschen, wie er sich gegenständlich ausdrückt und in den Gütern auch über die Reproduktion der bestehenden Menschen hinaus existiert als die Gesamtmasse ihrer Rohstoffe, Produktions- und Genußmittel. Im Reichtum stellt sich der Mensch frei von seiner physischen Not dar und tritt ihm zugleich auch frei gegenüber als praktisches Erzeugnis seiner gegenständlichen Tätigkeit.

“Das praktische Erzeugen einer gegenständlichen Welt, die Bearbeitung der unorganischen Natur ist die Bewährung des Menschen als eines bewußten Gattungswesens, d.h. eines Wesens, das sich zu der Gattung als seinem eigenen Wesen oder zu sich als Gattungswesen verhält. Zwar produziert auch das Tier. Es baut sich ein Nest, Wohnungen, wie die Biene, Biber, Ameise usw. Allein es produziert nur, was es unmittelbar für sich oder sein Junges bedarf; es produziert einseitig, während der Mensch universell produziert; es produziert nur unter der Herrschaft des unmittelbaren physischen Bedürfnisses, während der Mensch selbst frei vom physischen Bedürfnis produziert und erst wahrhaft produziert in der Freiheit von demselben; es produziert nur sich selbst, während der Mensch die ganze Natur reproduziert; sein Produkt gehört unmittelbar zu seinem physischen Leib, während der Mensch frei seinem Produkt gegenübertritt. Das Tier formiert nur nach dem Maß und dem Bedürfnis der Spezies, der es angehört, während der Mensch nach dem Maß jeder Spezies zu produzieren weiß und überall das inhärente Maß dem Gegenstand anzulegen weiß; der Mensch formiert daher auch nach den Gesetzen der Schönheit.“ (ebd. S. 516 f.).

Im Reichtum stellt sich also das praktische Erzeugnis des Menschen als gegenständliche Welt dar. Die Menschen sind nicht reich an Naturstoffen, Bodenschätzen oder Lebensmitteln, - ihr Reichtum aber stellt die Aneignung von Naturstoffen, Bodenschätzen und Mitteln für das Leben der Menschen dar. Der Reichtum stellt die Aneignung des menschlichen Wesens als Aneignung der Natur, als Arbeit dar und diese hat er durch sein Leben gebildet, wie er es auch für sein Leben gegenständlich hat. Von der Natur wird kein Mensch reich, Reichtum gründet auf der Arbeit von Menschen.

Solange die Menschen für ihren unmittelbaren Stoffwechsel gearbeitet hatten, konnte es keine bürgerliche Gesellschaft geben. Diese gründet auf der Überwindung stofflicher Borniertheit und natürlicher Schranken. In einer Gesellschaft, worin nur für die natürliche Not gearbeitet wird, gibt es kein gesellschaftliches Verhältnis von Dingen und keinen Austausch von Arbeitsteilen.

“Der Mensch, für sich - im wilden, barbarischen Zustand - hat daher das Maß seiner Produktion an dem Umfang seines unmittelbaren Bedürfnisses, dessen Inhalt unmittelbar der produzierte Gegenstand selbst ist. Der Mensch produziert daher in diesem Zustand nicht mehr, als er unmittelbar bedarf. Die Grenze seines Bedürfnisses ist die Grenze seiner Produktion. Nachfrage und Zufuhr decken sich daher genau. Seine Produktion ist gemessen durch sein Bedürfnis. In diesem Fall findet kein Austausch statt, oder der Austausch reduziert sich auf den Austausch seiner Arbeit gegen das Produkt seiner Arbeit, und dieser Austausch ist der latente Keim des wirklichen Austausches. Sobald der Austausch stattfindet, findet die Mehrproduktion über die unmittelbare Grenze des Besitzes hinaus statt.“ (MEW 40, S. 459)


↑(4) Marx schreibt in einem Brief an Annenkow am 28. Dez. 1846 (zit. nach Karl Marx, Friedrich Engels, Briefe über das Kapital, hg. 1972 im Verlag Anton Hain KG, Meisenheim):

“Was ist die Gesellschaft, welches immer ihre Form sei? Das Produkt des wechselseitigen Handelns der Menschen. Steht es den Menschen frei, diese oder jene Gesellschaftsform zu wählen? Keineswegs. Setzen sie einen bestimmten Entwicklungsstand der Produktivkräfte der Menschen und wir erhalten eine entsprechende Form des Verkehrs und der Konsumtion. Setzen sie eine bestimmte Stufe der Entwicklung der Produktion, des Verkehrs und der Konsumtion, und sie erhalten eine entsprechende Form sozialer Konstitution, eine entsprechende Organisation der Familie, der Stände oder der Klassen, mit einem Wort eine entsprechende bürgerliche Gesellschaft. Setzen sie eine solche Gesellschaft, und sie erhalten einen entsprechenden politischen Zustand, der nur der offizielle Ausdruck dieser Gesellschaft ist.“


↑(5)

“Der Mensch eignet sich sein allseitiges Wesen auf eine allseitige Art an, also als ein totaler Mensch. Jedes seiner menschlichen Verhältnisse zur Welt, sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen, denken, anschauen, empfinden, wollen, tätig sein, lieben, kurz, alle Organe seiner Individualität, wie die Organe, welche unmittelbar in ihrer Form als gemeinschaftliche Organe sind, sind in ihrem gegenständlichen Verhalten oder in ihrem Verhalten zum Gegenstand die Aneignung derselben. Die Aneignung der menschlichen Wirklichkeit, ihr Verhalten zum Gegenstand, ist die Betätigung der menschlichen Wirklichkeit; menschliche Wirksamkeit und menschliches Leiden, denn das Leiden, menschlich gefaßt, ist ein Selbstgenuß des Menschen.“ (ebd., S. 539 f).


↑(6) Es gibt keinen sachlich gegebenen und durch die Sache selbst bestimmten Reichtum. Als die Menschen den Hammer erfunden hatten, war er für sie Reichtum im Unterschied zum Faustkeil, mir dem sie zuvor ihr Leben geschaffen hatten. Ihr Faustkeil war solange ihr Reichtum, wie es noch keinen Hammer gab. Ebenso ist kein Mensch mehr reich durch einen Hammer, wenn er eine Maschine an dessen Statt hat. Es läßt sich nicht sachlich definieren, was Reichtum ist, denn er ist nur für die Menschen und daher das, was die Menschen zur Reichhaltigkeit ihres Lebens haben und worin sie ihre Lebensstoffe beziehen und wechseln. Der Reichtum ist der Inhalt jeglichen Stoffwechsels, in welchem der Stoff für Menschen als menschlicher Stoff geworden, als Gegenstand des Menschen ausgedrückt, also als Veräußerung des Menschen dargestellt ist.


↑(7) “Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch ihre körperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst. Die Weise, in der die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, hängt zunächst von der Beschaffenheit der vorgefundenen und zu reproduzierenden Lebensmittel selbst ab. Diese Weise der Produktion ist nicht bloß nach der Seite hin zu betrachten, daß sie die Reproduktion der physischen Existenz der Individuen ist. Sie ist vielmehr schon eine bestimmte Art der Tätigkeit dieser Individuen, eine bestimmte Art, ihr Leben zu äußern, eine bestimmte Lebensweise derselben. Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie, Was sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren. Was die Individuen also sind, das hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion.“ (MEW 3, S. 21).


↑(8)

“Der Mensch verliert sich nur dann nicht in seinem Gegenstand, wenn dieser ihm als menschlicher Gegenstand oder gegenständlicher Mensch wird. Dies ist nur möglich, indem er ihm als gesellschaftlicher Gegenstand und er selbst sich als gesellschaftliches Wesen, wie die Gesellschaft als Wesen für ihn in diesem Gegenstand wird. Indem daher überall dem Menschen in der Gesellschaft die gegenständliche Wirklichkeit als Wirklichkeit der menschlichen Wesenskräfte, als menschliche Wirklichkeit und darum als Wirklichkeit seiner eigenen Wesenskräfte wird, werden ihm alle Gegenstände die Vergegenständlichung seiner selbst, als die seine Individualität bestätigenden und verwirklichenden Gegenstände, als seine Gegenstände, d.h. Gegenstand wird er selbst. Wie sie ihm als seine werden, das hängt von der Natur des Gegenstands und der Natur der ihr entsprechenden Wesenskraft ab; denn eben die Bestimmtheit dieses Verhältnisses bildet die besondere, wirkliche Weise der Bejahung. Dem Auge wird ein Gegenstand anders als dem Ohr, und der Gegenstand des Auges ist ein anderer als der des Ohrs. Die Eigentümlichkeit jeder Wesenskraft ist gerade ihr eigentümliches Wesen, also auch die eigentümliche Weise ihrer Vergegenständlichung, ihres gegenständlich-wirklichen, lebendigen Seins. Nicht nur im Denken, sondern mit allen Sinnen wird daher der Mensch in der gegenständlichen Welt bejaht.“ (a.a.O., S. 541).


↑(9) Es hängt “der wirkliche geistige Reichtum des Individuums ganz von dem Reichtum seiner wirklichen Beziehungen ab“ (MEW 3, S. 37), besteht also als ‘’allseitige Abhängigkeit, als naturwüchsige Form des weltgeschichtlichen Zusammenwirkens der Individuen“ (ebd.). Dieser Reichtum ist die “Grundlage aller gesellschaftlichen, politischen und intellektuellen Fortentwicklung“ (MEW 20, S. 180).

Dies ist die Grundlage des später sogenannten historischen Materialismus, der den Positivismus, Idealismus und Pragmatisrnus der bürgerlichen Wissenschaft entgegengestellt wurde. Der Reichtum, die “Summe von Produktivkräften, Kapitalien und sozialen Verkehrsformen, die jedes Individuum und jede Generation als etwas Gegebenes vorfinden, ist der reale Grund dessen, was sich die Philosophie als „Substanz“ und ‘’Wesen des Menschen“ vorstellen, was sie apotheosiert und bekämpft haben, ein realer Grund, der dadurch nicht im mindesten in seinen Wirkungen und Einflüssen auf die Entwicklung der Menschen gestört wird, daß diese Philosophen als „Selbstbewußtsein“ und „Einzige“ dagegen rebellieren“ (MEW 3, S. 38). Sofern die bürgerliche Wissenschaft überhaupt kritisch auftritt, tritt sie als Rebell gegen Wirkungen auf, die sie von sich getrennt feststellt. Indem aber im Reichtum die wirkliche Geschichte der Menschen gegenständlich gefaßt ist, gilt die Rebellion gegen die Wirklichkeit als Revolution, in welcher “die Befreiung jedes einzelnen Individuums in demselben Maße durchgesetzt wird, in dem die Geschichte sich vollständig in Weltgeschichte verwandelt.“ (MEW 3, S. 37). Die Revolution, “die bestehende soziale Umwälzung wird (den Reichtum) diesen gesellschaftlichen Produktions- und Reservefonds, das heißt die Gesamtmasse der Rohstoffe, Produktionsinstrumente und Lebensmittel, erst wirklich zu einem gesellschaftlichen machen, indem sie ihn der Verfügung der bevorzugten Klasse entzieht und ihn der ganzen Gesellschaft als Gemeingut überweist.“ (MEW 20, S. 180).


↑(10) Die entfremdete Arbeit in der Form ihre Produkts macht dem Menschen “das Gattungsleben zum Mittel des individuellen Lebens. Erstens entfremdet sie das Gattungsleben und das individuelle Leben, und zweitens macht sie das letztere in seiner Abstraktion zum Zweck des ersten, ebenfalls in seiner abstrakten und entfremdeten Form. Denn erstens erscheint den Menschen die Arbeit, die Lebenstätigkeit, das produktive Leben selbst nur als ein Mittel zur Befriedigung seines Bedürfnisses, des Bedürfnisses der Erhaltung der physischen Existenz. Das produktive Leben ist aber das Gattungsleben. Es ist das Leben erzeugende Leben. In der Art der Lebenstätigkeit liegt der ganze Charakter einer species, ihr Gattungscharakter, und die freie bewußte Tätigkeit ist der Gattungscharakter des Menschen. Das Leben selbst erscheint nur als Lebensmittel.“ (MEW 40, S. 516).


↑(11) Indem Marx mit der Ware als Elementarform beginnt, stellt er das elementare Sein dieser Gesellschaft als Gegenstand der Untersuchung vor. Marx geht in seiner Erklärung des gegenwärtigen Reichtums der Menschen von dessen empirischer Form, der Ware, aus und hat hierin erst ihren Begriff zu entdecken. Die Feststellung der Elementarform ist also eine empirische Feststellung, die allein mit der wesentlichen Aussage, daß in der Ware der Reichtum dieser Gesellschaft erscheint, verbunden ist. Diese Verbindung ist für die Untersuchung selbst nur der Ausgangspunkt, keine Behauptung und keine Definition, sondern die grundlegende Aussage, die im weiteren erst als verbundene Aussage zu beweisen ist. Diese umfängliche Entdeckung der Ware als Elementarform lag längst vor, wurde aber besonders von den Idealisten als Begriffsbestimmung abgehandelt, also als Begriff selbst vorgestellt, ohne daß darin der Begriff überhaupt erst zu entwickeln wäre. Wenn man nur in Begriffen selbst fortschreitet, so ist Begriff und Existenz eins in der Folge der einzelnen Begriffsmomente. Somit wäre der Begriff oder das Wesen der Sachen mit ihrer Erscheinung identisch gefaßt und in einer analogen Folge zur Anschaubarkeit gebracht. Wäre aber in Wirklichkeit “Wesen und Erscheinung eins, so braucht’s keine Wissenschaft“ (Marx). Ihm geht es daher hiermit auch darum, “die idealistische Manier der Darstellung zu korrigieren, die den Schein hervorbringt, als handle es sich nur um Begriffsbestimmungen und die Dialektik dieser Begriffe. Also vor allem die Phrase: das Produkt (oder die Tätigkeit) wird Ware; die Ware Tauschwert; der Tauschwert Geld.“ (Marx, Grundrisse, S. 69)


↑(12) Der Reichtum in der Form eines Gegenstands zur Befriedigung von irgendwelchen Bedürfnissen, im Dasein als Befriedigungsgegenstand, ist nicht als menschlicher Gegenstand, sondern als äußerer Gegenstand für den Menschen da. Ihm ist seine Entstehung und seine Beziehung zu den Menschen nur in der Form gewärtig, in welcher er für menschliche Bedürfnisse überhaupt existiert. Er erscheint also getrennt von aller Produziertheit als ein der Produktion gegenüber gleichgültiges Dasein von Befriedigungsgegenständen. Der Reichtum existiert nicht wirklich als Produkt, sondern als Gegenstand des Konsums. So erscheint die Konsumtion von der Produktion in der Ware von vornherein getrennt; – eben als Lebensmittel.


↑(13) Das menschliche Bedürfnis ist das dem Menschen zu eigene Verlangen innerhalb einer menschlichen Beziehung, die innere Not des Menschen, menschliche Wesensnot. Indem sich Bedürfnisse auf den Reichtum beziehen, ist überhaupt gesagt, daß der Reichtum die menschliche Totalität oder die gesellschaftliche Form menschliche Lebensäußerung ist, auf welche sich der Mensch als bedürftiger bezieht. Der Mensch, der sich in seinem Leben geäußert hat, ist seiner Lebensäußerung als bedürftiger Mensch gewahr.

“Der reiche Mensch ist zugleich der einer Totalität der menschlichen Lebensäußerung bedürftige Mensch. Der Mensch, in dem seine eigene Verwirklichung als innere Notwendigkeit, als innere Not existiert.“ (MEW 40, S.544).


↑(14) Die Tatsache, daß es Dinge für sich geben kann, unterstellt, daß es menschliche Produkte gibt, die von dem unmittelbaren Verkehr der Menschen getrennt und frei erscheinen können. Es zeigt sich somit, daß der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft in der Tat einerseits schon von der bornierten physischen Existenz der Menschen frei ist, also mehr ist, als die Menschen zur Erhaltung ihres Lebens und zur Überwindung stofflicher Lebensnöte brauchen, andererseits aber dieser Reichtum in einer für den Menschen zunächst gleichgültigen Form existiert. Dies kennzeichnet den Entwicklungsstand der menschlichen Geschichte überhaupt, der also zum einen soweit gediehen ist, daß die Gegenstände nicht aus der Beschränktheit des Verkehrs selbst in ihm eingebunden sind, weil eine Lebensnot diesen Zwang äußern würde, die Gegenstände also wirklicher Reichtum für Menschen darstellen, zum andern aber dieser Reichtum nicht als menschlicher Reichtum für die Menschen existieren kann, sondern in einer Form existiert, die für den bestimmten Inhalt des menschlichen Verkehrs gleichgültig ist. Die Menschen haben also schon eine Welt gebildet, die ihre Freiheit von der bornierten Produktion darstellt und eine Welt ist, die über das notwendige Lebensmittel hinausgeht, aber als diese Welt nicht menschlich verbunden existiert.


↑(15) Die Frage der Ökonomie ist daher immer die Frage dieser Vermittlung, obwohl sich die politische Ökonomie niemals darüber klar war, daß diese Äußerlichkeit der Vermittlung unterstellt sein muß, bevor sich Menschen in der Theorie mit eigenem Willen daranmachen können, dies zu ordnen. Indem Marx sein Buch als Kritik der politischen Ökonomie auffaßt, kritisiert er den Willen, den politischen Gehalt oder die ideelle Behauptung der objektiven Notwendigkeit dieser äußeren Vermitteltheit. Ihm stellt sich diese äußere Vermittlung als wirklich menschliche Frage, und nicht als menschenleeres Faktum, das für sich gedreht und gewendet und in willkürliche je nach Lebensvorstellungen geordnete Verbindungen gebracht wird.


↑(16) Die Ware enthält als äußerer Gegenstand zugleich die Vermittlung menschlichen Lebens, ist – wenn auch äußerlich hiervon – die Beziehung von Äußerung und Aneignung des Lebens von Menschen einer gegebenen Gesellschaft. Das heißt, daß kein gegenwärtiges Leben außerhalb des Warenverhältnisses existieren kann. Die Ware ist gegenwärtige Lebensäußerung, und um dieses Leben zu ändern, um die Reichhaltigkeit des Menschen wahrzumachen, muß sie aufgehoben sein. Die Aufhebung der gegenwärtigen Gesellschaft verlangt ein Doppeltes: In der Aufhebung der Warenverhältnisse muß zugleich der gegebene Reichtum dieser Gesellschaft wirklich zum Verhältnis von Menschen werden, zur wirklichen Beziehung in einer revolutionierten Gesellschaftsform. Da die Ware zum einen Produkt des gesellschaftlichen Lebens ist, aber als Ware Voraussetzung jeglichen gesellschaftlichen Verkehrs ist, ist sie jetzt als äußeres Mittel nicht einfach menschliche Gegenständlichkeit, sondern wirklich äußerer Gegenstand von und für Menschen, so daß wir uns nun darin gegenwärtig machen, daß wir die Äußerlichkeit dieser gesellschaftlichen Vermittlung als wirklich äußeren Zusammenhang von Menschen denken werden. Der Inhalt oder Grund dieser Äußerlichkeit ist im folgenden zu erschließen und zum Gegenstand der Kritik an dieser Gesellschaft zu machen.


↑(17) Ein nützliches Ding ist außerhalb jeder Beziehung alleine in einer Eigenschaft existent, die überhaupt und allgemein da ist. Es gibt keine bestimmte Nützlichkeit, eine Nützlichkeit, die in der Beziehung eines Menschen auf ein Ding wirklich sein kann. Kein Mensch, der in einem Ding sein bestimmtes Bedürfnis geweckt findet oder ein bestimmtes Bedürfnis in einem Ding befriedigt, würde von Nutzung oder der Nützlichkeit dieses Dings reden, denn in dieser Beziehung genießt und verzehrt er seinen Gegenstand. Die Benutzung unterstellt, daß er weiter außer ihm verbliebe, denn Nutzung unterstellt ein allgemeines Sein über das bestimmte Bedürfnis hinaus. Ein Mensch, der ein Brot verzehrt, entwickelt in seinem Körper den Gehalt dessen, worin das Ding verschwunden ist. Ein gegessenes Brot ist kein Brot mehr und ein gestillter Hunger ist kein Hunger mehr. Ein Ding, welches genutzt und vernutzt wird, existiert aber über diese Beziehung des Menschen zu einer Sache hinaus, ist ein Ding, welches objektiv allein für die Menschen da ist, ohne als menschliches Ding zu sein. Die Menschen sind in diesem Ding nicht ausgedrückt, sondern beherrschen Dinge, welche sie von sich getrennt existent wissen und deshalb benutzen, “denn Herrschaft und Benutzung ist ein Begriff“ (MEW 1, S. 339).


↑(18) Die Dinge sind als Stoffe und Produkte als ganze Dingheit vorhanden. In ihrer Erzeugung oder in ihrer Stofflichkeit selbst, wie sie für den Menschen ist, gibt es also in ihren Eigenschaften vollständig gebildete und entwickelte Zusammenhänge, durch welche die Dinge als Ganzheit existieren. Ein unfertiger Schrank oder der Teil einer Maschine könnte ebenso wenig als ganzes Ding existieren, wie ein schöner Gedanke oder eine verfaulte Banane. Auch ein Magnet ist nur durch seine Eigenschaft, Eisen anzuziehen, solange ein nützliches Ding, wie diese Eigenschaft anhält und er sich vermittelst seiner Schwere weiter auf der Erde befindet. Um nützlich zu sein, muß also ein Ding oder auch die unter einem Nutzen zusammengefaßte Dingheit in einer vollständigen Beziehung der Eigenschaften als Ganzheit bestehen.

Umgekehrt aber ist die Ganzheit der Dinge im Zusammenhang ihrer Eigenschaften nicht notwendig nützlich. Ein Kunstwerk, durch welches ein Mensch zum andern spricht, hat keinen Nutzen, – es ist Mitteilung, Ausdruck, obwohl es vielerlei Eigenschaft hat und in seinen Eigenschaften verbunden als ganzes Ding existiert. Es ist nur für den Reichtum in der Form der Warensammlung zueigen, daß die Dinge als nützliche Gegenstände existieren, als Dinge, die – im Unterschied zu dem, was sie als Ganzheit für sich selbst sind – “nach verschiedenen Seiten nützlich sein“ (MEW 23, S. 49) können. Die Dinge, welche sich nicht im Produkt als menschlicher Gegenstand unzweifelhaft in der Eigenschaft verhalten, in welcher sie geschaffen oder entdeckt sind, können von der Seite genutzt werden, die irgendein Bedürfnis nach ihnen für sich entdeckt hat. Die Dinge sind also für sich ein Ganzes vieler Eigenschaften und für den Menschen nützlich und als das eine sind sie in der bürgerlichen Gesellschaft zugleich das andre. Marx spricht hiermit deutlich die Trennung aus zwischen einer Dingheit, welche als ganzer Zusammenhang existiert, und dem Nutzen, welcher eine unbestimmte Bedürftigkeit als Beziehung von Menschen auf Dinge hat: Die Dinge sind als bestimmter ganzer Organismus vorhanden, aber die Menschen haben diese allein in der Form des Nutzens, haben ihren Verkehr als Zusammenhang außerhalb der Bestimmtheit ihrer Erzeugnisse. Die Beziehung im Nutzen auf ein Ding unterstellt bereits seine wirkliche Gegenständlichkeit als ganzes Ding, hat aber den Menschen noch nicht als in den Dingen verwirklichter Zusammenhang seines Lebens hervorgebracht. Der Nutzen stellt im Unterschied zur Ganzheit der Dinge die Stufe unwirklicher Beziehungen von Menschen in der Form wirklicher Unbezogenheit dar. Objektiv stehen die Menschen als einzelne Herren über den Dingen, subjektiv aber ist ihre Beziehung auf diese Dinge in der Ohnmacht vor der Unbestimmtheit ihrer Existenz für sie. Die Arbeit hat ihre einzige Gegenständlichkeit als Nützlichkeit von Dingen, obwohl sie ganze Dinge produziert, und steht somit ohnmächtig vor der Unzweifelhaftigkeit der Nützlichkeit von Dingen für den Konsumenten.

“Nur als das, was meine Arbeit ist, kann sie in meinem Gegenstand erscheinen. Sie kann nicht als das erscheinen, was sie dem Wesen nach nicht ist. Daher erscheint sie nur noch als der gegenständliche, sinnliche, angeschaute und darum über allen Zweifel erhabene Ausdruck meines Selbstverlustes und meiner Ohnmacht.“ (MEW 40, S. 463).

Umgekehrt:

“Gesetzt, wir hätten als Menschen produziert: jeder von uns hätte in seiner Produktion sich selbst und den andern doppelt bejaht. Ich hätte erstens in meiner Produktion meine Individualität, ihre Eigentümlichkeit vergegenständlicht und daher sowohl während der Tätigkeit eine individuelle Lebensäußerung genossen, als im Anschauen des Gegenstandes die individuelle Freude, meine Persönlichkeit als gegenständliche, sinnlich anschaubare und darum über allen Zweifel erhabene Macht zu wissen. Zweitens in deinem Genuß oder deinem Gebrauch meines Produkts hätte ich unmittelbar den Genuß, sowohl des Bewußtseins, in meiner Arbeit ein menschliches Bedürfnis befriedigt, also das menschliche Wesen vergegenständlicht, und daher dem Bedürfnis eines andern menschlichen Wesens seinen entsprechenden Gegenstand verschafft zu haben, drittens für dich der Mittler zwischen dir und der Gattung gewesen zu sein, also von dir selbst als eine Ergänzung deines eigenen Wesens und als ein notwendiger Teil deiner selbst gewußt und empfunden zu werden, also sowohl in deinem Denken wie in deiner Liebe mich bestätigt zu wissen, viertens in meiner individuellen Lebensäußerung unmittelbar deine Lebensäußerung geschaffen zu haben, also in meiner individuellen Tätigkeit unmittelbar mein wahres Wesen, mein menschliches, mein Gemeinwesen bestätigt und verwirklicht zu haben.“ (MEW 40, S. 462).


↑(19) Es gibt kein Ding, welches durch seine Eigenschaften wirklich selbständig und unabhängig von den Menschen wäre, obwohl es darin nur als Gebrauchsweise entdeckt ist. Das Ding ist in seiner Eigenschaft für den Menschen, was er an ihm gebraucht. Er entdeckt den Gebrauch, während und indem ein Ding etwas Ganzes ist. Ein Ding hat überhaupt nur Eigenschaften, welche als Eigenschaft von Dingen erkannt sind – das Ding in seiner Natur an sich gibt es nicht. “Die Natur, abstrakt genommen, für sich, in der Trennung von Menschen fixiert, ist für den Menschen nichts.“ (MEW 40, S. 587). Von der Seite seiner Eigenschaften existieren also die Dinge als menschliche Gegenstände, welche zugleich die Natur als Gegenstand des Menschen darstellen. Die Eigenschaften der Dinge sind nicht Eigenschaften von Naturgegenständen, wie sie sich unmittelbar bieten, sondern Eigenschaften menschlicher Gegenstände.

“Weder sind also die menschlichen Gegenstände die Naturgegenstände, wie sie sich unmittelbar bieten, noch ist der menschliche Sinn, wie er unmittelbar ist, gegenständlich ist, menschliche Sinnlichkeit, menschliche Gegenständlichkeit. Weder die Natur – objektiv – noch die Natur subjektiv ist unmittelbar dem menschlichen Wesen adäquat vorhanden.“ (MEW 40, S. 579).

Zum andern ist die Nützlichkeit der Dinge in der Eigenschaft von Dingen entdeckt, also darin für die Menschen da. Die Dinge als menschlich erkannte Gegenstände, und die Dinge als entdeckte Nützlichkeit für die Menschen unterscheiden sich in der bürgerlichen Gesellschaft nicht, sofern Erkenntnis und Nutzen gerade in dieser Einheit den Stand ihrer Entwicklung ausmacht. Andererseits: Im Nutzen erkennt man nichts. Die Dinge existieren also nicht in einer bestätigten Form für Menschen, sondern als äußere Gegenstände, worin die Erkenntnis der Dinge zugleich in dem endet, was die Dinge als Lebensmittel sind.


↑(20) In seiner Arbeit „Zur Kritik der politischen Ökonomie“, worin Marx noch nicht vollständig an der ökonomischen Sache argumentiert wie im Kapital, schreibt er auch gleich zu Anfang:

“Die Gebrauchswerte sind unmittelbar Lebensmittel, umgekehrt aber sind diese Lebensmittel selbst Produkt des gesellschaftlichen Lebens, Resultat verausgabter menschlicher Lebenskraft, vergegenständlichte Arbeit.“ (MEW 13, S. 16).

Hier wird unmittelbar der menschliche Gehalt der Ware dargestellt, welcher im Kapital erst aus der Form der Ware erschlossen wird. So ist es zwar für die Ökonomie selber vollständig bedeutungslos, diese Erkenntnis voranzusetzen und diese hindert eher den Argumentationsgang in dem gegebenen ökonomischen Fakt und ist deshalb im Kapital nur noch mit der Bezeichnung, daß die Ware ein äußerer Gegenstand ist, aufgegriffen. Für uns ist diese Ausführung aber nötig, um das Selbstverständnis zu erläutern, das dieser Formulierung vorausgeht, und das zugleich die Kritik der bisherigen Philosophie enthält. Marx stellt in der Ökonomie die wirkliche Kritik der Philosophie dar, das heißt die Wirklichkeit dessen, was die Philosophie erst als selbständigen Schein hervorbringt, der um diese hier geschilderten Verhältnisse kreist, aber nicht ihren wirklichen Gehalt erfassen kann. Insofern ist das Kapital in der Tat die Einlösung und Offenbarung der in den Briefen an Kluge dargestellten Auffassung, daß die Philosophie aufzuheben sei, indem man sie verwirkliche, indem man ihre Wirklichkeit als Aufhebung des Philosophierens fassen muß. Denn es wird sich erst in der Wirklichkeit selbst “zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt.“ (MEW 1, S. 346). Es geht im Kapital also um die Verwirklichung menschlicher Arbeit, während es die Wirklichkeitsformen veräußerter menschlicher Gegenstände kritisiert und damit ein Bewußtsein des gegebenen Arbeitsprozesses so vorstellt, wie es sich in der Kritik an den überkommenen Formen des Arbeitsprozesses wahrmacht. Die Kritik der äußeren Lebensvermittlung schließlich kündigt eine Kritik der gegenwärtigen Geschichte an, in welcher die Entwicklung der Produktivkräfte in eine Stufe eingetreten ist, “auf welcher Produktionskräfte und Verkehrsmittel hervorgerufen werden, welche unter den bestehenden Verhältnissen nur Unheil anrichten, welche keine Produktionskräfte mehr sind, sondern Destruktionskräfte.“ (MEW 3, S. 69).


↑(21) Im Gebrauchswert ist die Objektivität des menschlichen Bedürfnisses getrennt vom Menschen formuliert. Damit ist ausgedrückt, was zuvor im Reichtum diskutiert war: Der Reichtum in der Form der Ware oder des Privateigentums stellt kein bestimmtes menschliches Bedürfnis dar, sondern das rohe Bedürfnis als Nützlichkeit von Dingen. “Das Privateigentum weiß das rohe Bedürfnis nicht zum menschlichen Bedürfnis zu machen“ (MEW 40, S. 547). Das Bedürfnis des Menschen nach dem Menschen kann überhaupt erst in der kommunistischen Gesellschaft entstehen, da in ihr der wirkliche Verkehr der Menschen als gesellschaftliche Menschen existiert. Im reichhaltigen Produktionsverhältnis selbst sind Bedürfnis und Arbeit identische Ausdrücke. Das Bedürfnis des Menschen nach dem Menschen, sein Verlangen nach dem Sein seiner im andern, ist als Produktion mittelbar auch die Konsumtion dieses Werdens eines menschlichen Verhältnisses.

“Die Produktion ist unmittelbar auch Konsumtion. Doppelte Konsumtion, subjektive und objektive: Das Individuum, das im Produzieren seine Fähigkeiten entwickelt, gibt sie auch aus, verzehrt sie im Akt der Produktion, ganz wie das natürliche Zeugen eine Konsumtion von Lebenskräften ist... Der Akt der Produktion selbst ist daher in allen seinen Momenten auch ein Akt der Konsumtion.“ (MEW 13, S. 622).

Und auch umgekehrt:

“Die Konsumtion ist unmittelbar auch Produktion, wie in der Natur die Konsumtion der Elemente und der chemischen Stoffe Produktion der Pflanze ist ... Die Produktion ist also unmittelbar Konsumtion, die Konsumtion ist unmittelbar Produktion. Jede ist unmittelbar ihr Gegenteil. Zugleich aber findet eine vermittelnde Bewegung zwischen beiden statt. Die Produktion vermittelt die Konsumtion, deren Material sie schafft, der ohne sie der Gegenstand fehlte. Aber die Konsumtion vermittelt auch die Produktion, indem sie den Produkten erst das Subjekt schafft, für das sie Produkte sind.“ (ebd., S. 622 f).

So ergibt sich unmittelbar zweierlei als identisches Verhalten dieser Prozesse: Erstens wird “in der Konsumtion das Produkt (erst) wirkliches Produkt“ (ebd., S. 623), wie auch in der “Konsumtion das Bedürfnis neue Produktion schafft, also den idealen innerlich treibenden Grund der Produktion, der ihre Voraussetzung ist. Die Konsumtion schafft den Trieb der Produktion; sie schafft auch den Gegenstand, der als zweckbestimmend in der Produktion tätig ist.“ (ebd.). So entsteht hier nicht ein Verhältnis zum Material der Bedürfnisse als leerer Stoff für Menschen, denn “die Produktion liefert den Bedürfnissen nicht nur ein Material, sondern sie liefert dem Material auch ein Bedürfnis. Wenn die Konsumtion aus ihrer ersten Naturrohheit und Unmittelbarkeit heraustritt – und das Verweilen in derselben wäre selbst noch das Resultat einer in der Naturrohheit steckenden Produktion –, so ist sie selbst als Trieb vermittelt durch den Gegenstand. Das Bedürfnis, das sie nach ihm fühlt, ist durch die Wahrnehmung derselben geschaffen. Der Kunstgegenstand – ebenso jedes andere Produkt – schafft ein kunstsinniges und schönheitsgenußfähiges Publikum. Die Produktion produziert daher nicht nur einen Gegenstand für das Subjekt, sondern auch ein Subjekt für den Gegenstand.“ (ebd., S. 624). Objektiv in der Fixierung des Reichtums zur Ware ist dies Verhältnis zur Nützlichkeit eines Dings geronnen, welches es zum Gebrauchswert macht.


↑(22) Daß die Dinge für den Bedarf da sind und von Menschen hergestellt sind, bedeutet nicht, daß die Menschen sich als ein und dasselbe Subjekt darin erzeugen. Erst in ihrer objektiven Form treten die Menschen in das gesellschaftliche Verhältnis, worin ihre Arbeit als Tätigkeit ebenso gewiß wird wie ihre Bedürftigkeit.

“Die Gesellschaft als ein einziges Subjekt betrachten, ist, sie überdem falsch betrachten – spekulativ. Bei einem Subjekt erscheinen Produktion und Konsumtion als Momente eines Aktes. Das Wichtigste ist hier nur hervorgehoben, daß, betrachte man Produktion und Konsumtion als Tätigkeiten eines Subjekts oder einzelner Individuen, sie jedenfalls als Momente eines Prozesses erscheinen, worin die Produktion der wirkliche Ausgangspunkt und darum auch das übergreifende Moment ist.“ (MEW 13, S. 625).

Wiewohl in sich identisch erscheinen Arbeit und Bedürfnis als menschliche Beziehung, als das Verhältnis verschiedener Menschen. Erst in diesem Verhältnis ist das Gattungsverhältnis von Menschen ausgesprochen, ein Verhältnis also, worin nicht Menschen als einzelne Wesen unmittelbar allgemein subjektiv sind, sondern in der wechselseitigen Abhängigkeit die jeweilige Stufe ihrer Beziehung und Verbundenheit äußern. Diese Beziehung äußert sich in dieser Gesellschaft als Trennung, als wesentlicher Unterschied von Bedürfnis und Produktion.


↑(23) Um diesen Nutzen in der Gesellschaft geht es hier als Inhalt der Gesellschaft. Die Menschen nutzen die Eigenschaften der Dinge für ihren hiervon getrennten Zweck. Dies hat schon vielerlei Kopfzerbrechen bereitet, scheint doch in dieser Formulierung die Argumentation des „jungen Marx“ aufgehoben, der – wie gezeigt – die Identität von Zweck und Mittel einer Gesellschaft als ihr Verkehrsverhältnis behauptet hatte (vgl. MEW 40, S. 542: “Wie durch die Bewegung des Privateigentums und seines Reichtums wie Elends – des materiellen und geistigen Reichtums und Elends – die werdende Gesellschaft zur Bildung (des menschlichen Gegenstands) alles Material vorfindet, so produziert die gewordene Gesellschaft den Menschen in diesem ganzen Reichtum seines Wesens, den reichen all- und tiefsinnigen Menschen als ihre stete Wirklichkeit.“). Aber er hatte dies nicht nur 1844, sondern auch als Ökonom 1858 immer noch behauptet:

“Die Produktion ist nicht nur unmittelbar Konsumtion, und die Konsumtion unmittelbar Produktion; noch ist die Produktion nur Mittel für die Konsumtion und die Konsumtion Zweck für die Produktion.“ (MEW 13, S. 625).

Umgekehrt hat er auch in den „Philosophischen Schriften“ von der Wandlung der Nützlichkeit zum menschlichen Nutzen gesprochen:

“Das Bedürfnis oder der Genuß haben (nach der Aufhebung des Privateigentums) ihre egoistische Natur und die Natur ihre bloße Nützlichkeit verloren, indem der Nutzen zum menschlichen Nutzen geworden ist.“ (MEW 40, S. 540).

Man sieht: Es handelt sich nicht um einen Unterschied von Marx contra Marx, sondern um eine Denknuß. Diese klärt sich mit Hilfe eben dieses „jungen Marx“ auf, denn er schreibt an selber Stelle auch über die menschlichen Eigenschaften:

“Die Aufhebung des Privateigentums ist...die vollständige Emanzipation aller menschlichen Sinne und Eigenschaften; aber sie ist diese Emanzipation gerade dadurch, daß diese Sinne und Eigenschaften menschlich, sowohl subjektiv als auch objektiv, geworden sind. Das Auge ist zum menschlichen Auge geworden, wie sein Gegenstand zu einem gesellschaftlichen, menschlichen, vom Menschen für den Menschen herrührenden Gegenstand geworden ist. Die Sinne sind daher unmittelbar in ihrer Praxis Theoretiker geworden. Sie verhalten sich zu der Sache um der Sache willen, aber die Sache selbst ist ein gegenständliches menschliches Verhalten zu sich selbst und zum Menschen und umgekehrt.“ (MEW 40, S. 540).

Die Eigenschaften eines Dings und sein Nutzen für den Menschen sind also nur in der bürgerlichen Gesellschaft verschieden, weil darin die Nützlichkeit eines Dings alleine als gesellschaftliche Formbestimmung existiert, als Nützlichkeit überhaupt, als gesellschaftlich anerkannter Nutzen von Dingen. Jener Nutzen, den ein Mensch an einem Ding hat, ist keine Nutzung der Dinge, sondern durch den Menschen in der Vermenschlichung der Sache emanzipierter Nutzen, menschlicher Nutzen. Nutzen ist hier allein als überkommene Form gesagt, die im menschlichen Sinn gefühlt ist, als menschlicher Nutzen existiert, nicht als Nützlichkeit eines Dings, denn es sind die “Sinne und Eigenschaften menschlich, sowohl subjektiv als objektiv, geworden“ (ebd.). Ein Sinn selbst kann nicht nützlich sein, denn ohne ihn siecht jeder Mensch oder er stirbt. Indem aber im Nutzen der Dinge bereits der Reichtum für den Menschen existiert, gesellschaftlich anerkannter, wohl aber nicht menschlich erkannter Reichtum ist, ist darin auch die Eigenschaft des Dings bereits gesellschaftlich gewärtig, wenn auch nicht als menschliche Eigenschaft eines Dings oder gegenständliche Eigenschaft eines Menschen angeeignet, denn der Geist dieser Dinge, der theoretische Sinn und ihr praktischer Gehalt sind noch nicht gegenständlich vereint. Wir haben daran zu arbeiten, und dies ist unsere Gegenwart.


↑(24) Die entdeckte Eigenschaft, welche die Waren nützlich werden läßt, ist immer die stoffliche Basis eines gesellschaftlichen Verhältnisses, was immer dessen Form sei. Als solche Basis existiert sie im Gebrauchswert.

“Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei.“ (MEW 23, S. 50).

Ein Gebrauchswert oder -gut ist durch seine Entdeckung und seinen Nutzen gesellschaftlich geworden, und es ist ihm als existierender Gebrauchswert nicht anzusehen, welche Formbestimmungen in seine Herstellung eingegangen sind. Ob der Natur entwunden oder durch Menschen verarbeitet, die Eigenschaften der Dinge gelten den Menschen so, wie sie entdeckt sind. Ob es Sklaven, Leibeigene oder freie Arbeiter waren, die ihn hergestellt hatten, ist gegenüber dem Gebrauchswert als Inhalt des menschlichen Reichtums gleichgültig.

“In der Tat aber ist der Gebrauchswert der Ware gegebene Voraussetzung –, die stoffliche Basis, woran sich ein bestimmtes ökonomisches Verhältnis darstellt. Es ist erst dies bestimmte Verhältnis, das den Gebrauchswert zur Ware stempelt. Weizen zum Beispiel besitzt denselben Gebrauchswert, ob er von Sklaven, Leibeigenen oder freien Arbeitern gebaut wurde.“ (Grundrisse, S. 763, 18).

Man sieht: Es ist nicht die Nützlichkeit, welche den Inhalt des Reichtums ausmacht, sondern das, was den Gebrauchswert als “stoffliche Basis“, also als Eigenschaften eines Dings zum stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei“ (MEW 23, S. 50) macht.


↑(25) Dies besagt nicht, daß menschliche Produkte immer als Dinge zum Gebrauch angesehen werden, in dieser Form würde gerade ihre verkörperte Beziehung von Menschen negiert. Im Gebrauch erscheint ein Ding nur als Lebensmittel für die Reproduktion von Menschen. Er enthält subjektiv eine Beziehung zum Gegenstand, in welcher der Gegenstand zum Zwecke des Gebrauchs gehabt werden muß: “Das Privateigentum hat uns so dumm und einseitig gemacht, daß ein Gegenstand erst der unsrige ist, wenn wir ihn haben, also als Kapital für uns existiert oder von uns unmittelbar besessen, gegessen, getrunken, an unsrem Leib getragen, von uns bewohnt etc., kurz, gebraucht wird. Obwohl das Privateigentum alle diese unmittelbaren Verwirklichungen des Besitzes selbst wieder nur als Lebensmittel faßt und das Leben, zu dessen Mittel sie dienen, ist das Leben des Privateigentums, Arbeit und Kapitalisierung. An die Stelle aller physischen und geistigen Sinne ist daher die einfache Entfremdung aller dieser Sinne, der Sinn des Habens getreten. Auf diese absolute Armut mußte das menschliche Wesen reduziert werden, damit es seinen inneren Reichtum aus sich herausgebäre.“ (MEW 40, S. 540). Dennoch bilden Gebrauchswerte immer den stofflichen Inhalt des Reichtums, weil sie Produktion und Konsumtion als einen Gehalt desselben wissen, gleich, in welcher Beziehung sie darin stehen. Allerdings werden die Inhalte des Reichtums innerhalb ihres Lebensprozesse nicht mehr Gebrauchswerte heißen können, weil sie sich nicht im Gebrauch als Gebrauchswerte verwirklichen, sondern ihr lebender Gehalt im arbeitenden Verhältnis von Menschen selbst ist. Die Dinge verwirklichen dann in der Konsumtion selber den Gehalt ihres Erzeugtseins und sind unmittelbarer Entwicklungsprozess der Menschen als Gattung. Wenn also die Beziehung zwischen Arbeit und Konsum menschlich existiert, so stellt sich nicht die Verwirklichung vom Gebrauchswert im Nachhinein ein, sondern ist selbst als Inhalt des Reichtums gewärtig.


↑(26) Dies ist wohl der Grund, warum das Gerede um den Gebrauchswert gerade von solchen Menschen oder Bewegungen so hochgehalten wurde, daß man sogar dazu überging, allein diesen Selbstgenuß als Inhalt einer menschlichen Gesellschaft zu sehen. Jenen, die in der Besonderheit ihrer Bedürfnisse ihr Menschsein erblickt hatten, war demnach alles weitere nur Schein. Der Restaurationsphilosoph Adorno, der für diese Auffassung der urtümlichste Sprecher war, hat seine ganze Gesellschaftslehre auf den Gebrauchswert gegründet, der sozusagen als Alternative zur Gesellschaft der Tauschwerte zu denken ist. Denn der Tauschwert gilt ihm als Nichts, als ein bloßer Gedanke, den man dadurch beiseite stellt, daß man seine spontane Subjektivität im Gebrauch von geschaffenen Dingen erobert. “Der Tauschwert, gegenüber dem Gebrauchswert, ein bloß gedachtes (!), herrscht über das menschliche Bedürfnis und an seiner Stelle kommt der Schein über die Wirklichkeit. Insofern ist die Gesellschaft der Mythos und dessen Aufklärung heute wie je geboten.“ (Adorno, in: „Soziologie und empirische Forschung, in: Horkheimer/Adorno, Sociologica II, Reden und Vorträge 1962, S. 216).

Diese Verhöhnung jeglicher gesellschaftlicher Gegenwärtigkeit führte denn auch dazu, daß die Menschen, die darin ihr Leben formuliert sahen, die also nichts mit der Gesellschaft überhaupt zu tun hatten, außer dem, daß sie ihnen Nutzen bereitet, in einen andern Menschen verwandelt hatten, der sich von dem Gedanken einer Gesellschaft nicht trügen läßt, sondern aus seinem Bauch heraus die Wahrheit weiß: Alles Abstrakte ist nur gedacht und ich bin konkret. Um dies zu leisten, muß man allerdings zuvor sich zu einer übergeschichtlichen Tatsache machen wie eben auch jeden stofflichen Gehalt einer Gesellschaft als übergeschichtliche Tatsache genießen, um seiner Gleichgültigkeit gegenüber wirklich menschlichen Beziehungen eine allgemeine und besonders auch marxistische Legitimation zu verschaffen. Marx kannte solche Gebrauchswertinterpretatoren auch aus seiner Zeit unter den Leuten, die besonders gerne sammeln und anhäufen, die aus jedem Scheißhaufen von sich ihre Welt gestaltet hatten (die sogenannten Kompilatoren):

“Dies ist der Grund, warum deutsche Kompilatoren den unter dem Namen Gut fixierten Gebrauchswert con amore (mit Lust) abhandeln.“ (MEW 13, S. 16, Fußnote).

Die Grundlage für solche Abhandlungen hat wohl hauptsächlich die Frankfurter Schule gebracht, deren jüngstes Glied seine politische Grundlage darin gesehen hatte, daß in unserer Zeit die Gebrauchswerte sterben (Krahl, in: Konstitution und Klassenkampf, 1972, S. 59). Und er hat nicht nur in diesem Schmerz gelebt, sondern vor allem auch noch den Grund für das Übel gefunden: den Tauschwert, der angeblich etwas Gedachtes sein soll. Die Stubenreinigung erfolgt also durchs Denken, und in der Sensibilität dieser Antidenker ist auch der große Scheißhaufen auf die Welt gekommen, den die Frankfurter Schule in der Studentenbewegung hinterlassen hatte: die alternative Bewegung. Solche Leute, die nichts sein müssen, weil sie sich als alles dünken, die keine Gesellschaft haben, weil sie sich selbst als gesellschaftliches Wesen erkoren haben, kümmern sich demzufolge noch bestenfalls um die Tiefenschärfe ihrer Stereoanlage oder die Selbstgenügsamkeit ihres Bauernhofes, worin sie ihre Gesellschaft als neue Erfindung gründen, um in der alten ihre Sachen loszuwerden.


↑(27) Damit der Gebrauchswert für andere existiert, ist unterstellt, daß einerseits die menschlichen Produkte frei von der menschlichen Not existieren, wie sie dem Inhalt solange gegeben ist, wie ein Mensch Stoffe für sein Leben in ganz bestimmten Zusammenhängen und in ganz bestimmter Weise braucht, andererseits aber eine Not, ein Bedürfnis an irgendwelchen anderen Stoffen besteht, die ein Mensch nicht hat, wohl aber mehr hat, als er von seinem Stoff braucht. Der Gebrauchswert für andere kennzeichnet die Form, worin Gebrauchswerte erscheinen: Privateigentum. Ein Ding wird nicht produziert, weil in diese Produktion die Beziehung des Produzenten zum andern Menschen eingeht, sondern allein, um etwas zu haben, was ein anderer Mensch zum Nutzen hat, damit ich das habe, was der andere hat.

“Wie komme ich dazu, an einen andern Menschen mein Privateigentum zu entäußern? Die Nationalökonomie antwortet richtig: Aus Not, aus Bedürfnis. Der andere Mensch ist auch Privateigentümer, aber an einer andren Sache, die ich entbehre und die ich nicht entbehren kann oder will, die mir ein Bedürfnis zur Vervollständigung meines Daseins und Verwirklichung meines Wesens scheint.“ (MEW 40, S. 452).

Hierdurch entsteht eine Beziehung, worin jeder Mensch produziert, um Macht über seine eigenen Mittel zu erhalten, Macht über sein Produkt als Lebensmittel, nicht als wechselseitiges Mittel gemeinschaftlicher Zwecke. Der Gebrauchswert für andere befriedigt nun wirklich ein Bedürfnis irgendwelcher Art und zwar überhaupt und allgemein, verwirklicht also damit die Beziehung des Menschen auf sein Produkt in der Form, in welcher jedes Bedürfnis nur sachliches Bedürfnis, eigennütziges Bedürfnis sein kann und als menschliches Bedürfnis ohnmächtiges Bedürfnis sein muß:

“Du hast allerdings als Mensch eine menschliche Beziehung zu meinem Produkt: Du hast das Bedürfnis meines Produkts. Es ist daher für dich als Gegenstand deiner Begierde und deines Willens vorhanden. Aber dein Bedürfnis, deine Begierde, dein Wollen sind ohnmächtiges Bedürfnis, Begierde, Wollen für mein Produkt. Das heißt also, dein menschliches und darum auf meine menschliche Produktion notwendig in innerlicher Beziehung stehendes Wesen, ist nicht deine Macht, dein Eigentum an dieser Produktion, denn nicht die Eigentümlichkeit, nicht die Macht des menschlichen Wesens ist anerkannt in meiner Produktion. Sie sind vielmehr das Band, welches dich mir abhängig macht, weil sie dich in eine Abhängigkeit von meinem Produkt versetzen. Weit entfernt, daß sie das Mittel wären, welches dir Macht über meine Produktion gäbe, sind sie vielmehr das Mittel, mir Macht über dich zu geben.“ (MEW 40, S. 460).

So besteht aus diesem gegensätzlichen Verhalten um mehr Produkte ein Kampf um das Produkt für sein Bedürfnis, ein wechselseitiges Bekämpfen des Gehalts der Produktion eines andern, was sich in der Form des Gebrauchswerts für andere ausdrückt, denn darin besteht die Absicht der Beziehung notwendig in der wechselseitigen Plünderung des Gehalts der Produktion, mit welchen Menschen ihre Dinge durch ihren Sinn gefüllt hatten, bevor sie darum kämpfen:

“Wenn ich mehr produziere, als ich unmittelbar selbst vor dem produzierten Gegenstand brauchen kann, so ist meine Mehrproduktion auf dein Bedürfnis berechnet, raffiniert. Ich produziere nur dem Schein nach ein Mehr von diesem Gegenstand, Ich produziere der Wahrheit nach einen andern Gegenstand, den Gegenstand deiner Produktion, den ich gegen dies Mehr auszutauschen gedenke, ein Austausch, den ich in Gedanken schon vollzogen habe. Die gesellschaftliche Beziehung, in der ich zu dir stehe, meine Arbeit für dein Bedürfnis ist daher auch ein bloßer Schein, und unsere wechselseitige Ergänzung ist ebenfalls ein bloßer Schein, dem die wechselseitige Plünderung zur Grundlage dient. Die Absicht der Plünderung, des Betrugs liegt notwendig im Hinterhalt, denn da unser Austausch ein eigennütziger ist, von deiner wie meiner Seite, da jeder Eigennutz den fremden zu überbieten sucht, so suchen wir uns notwendig zu betrügen. Das Maß der Macht, welche ich meinem Gegenstand über deinen einräume, bedarf allerdings, um zu einer wirklichen Macht zu werden, deiner Anerkennung. Unsere wechselseitige Anerkennung über die wechselseitige Macht unserer Gegenstände ist aber ein Kampf, und im Kampf siegt, wer Energie, Kraft, Einsicht und Gewandtheit besitzt. Reicht die physische Kraft hin, so plündere ich dich direkt. Ist das Reich der physischen Kraft gebrochen, so suchen wir uns wechselseitig einen Schein vorzumachen und der Gewandtetste übervorteilt den andern. Wer den andern übervorteilt, ist für das Ganze des Verhältnisses ein Zufall. Die ideelle, gemeinte Übervorteilung findet auf beiden Seiten statt, das heißt jeder der beiden hat in seinem eigenen Urteil den andern übervorteilt.“ (MEW 40, S. 460).


↑(28) Oft wurde diese Stelle so verstanden, daß es in der Beziehung der Dinge um das Verhältnis eines Arbeitsteils einer Gesellschaft zu einem andern Arbeitsteil derselben Gesellschaft gehe, die Dinge also als Teile einer ganzen Arbeit nur auf den Markt treten, als Dinge, die für die Arbeit nötig sind. Unter dieser Fassung von Arbeitsteilung wäre die Beziehung der Menschen als ein arbeitendes Subjekt gedacht, wo die einzelnen Menschen als Teile hiervon zueinander in Beziehung treten. Diese Auffassung würde jedoch der Voraussetzung widersprechen, daß die Ware ein Ding ist, ein Ganzes vieler Eigenschaften, daß die Ware also ein fertiges Arbeitsprodukt ist. Die Beziehung der Arbeit kann nicht mehr eingehen, weil sie allein aus der Notwendigkeit der Produktion und damit aus der Notwendigkeit und Abhängigkeit der Gesellschaft selbst besteht, die einen Tausch nicht zulassen könnte. In der Tat stellt sich im Tausch bereits eine hohe Stufe der Produktion dar, eine Mehrproduktion, durch welche die verschiedenen Genüsse, nicht die verschiedenen Arbeiten aufeinander bezogen werden. Daß diese Genüsse zugleich nur im Eigennutz bestehen, ändert nichts dadran, daß es zugleich schon menschliche Genüsse sind.


↑(29) Es hat sich nun die Gleichgültigkeit oder das Gleichgelten menschlicher Bedürfnisse erstmals objektiv als Alternieren des Gebrauchs dargestellt, als Gleichgültigkeit der Dinge, welche überhaupt und allgemein für den je einzelnen Bedarf existieren, denn die Dinge gelten den Menschen in ihrer Gesamtheit als Dinge gleich, welche die Bedürfnisse irgendwelcher Art auch nun für jeden einzelnen Menschen erfüllen, der als einzelner mit einem bestimmten Bedürfnis dieser allgemeinen Produziertheit der Dinge begegnet, als Mensch also nun in bestimmter Form der unbestimmten Allgemeinheit der Gebrauchswerte gegenübertritt. Somit erfüllt sich, daß die Gebrauchswerte bestimmte Bedürfnisse befriedigen, obwohl sie gesellschaftlich als Dinge existieren, welche überhaupt nützlich für den Menschen schlechthin sind. Dies reflektiert sich auch in der Vorstellung von Menschen, die an Gütern so reich sind, daß sie das Alternieren der Nützlichkeiten selbst subjektiv reflektieren. Heutzutage zeigt die Alternativbewegung in ihrem Eifer, neue, andere Nützlichkeiten herzustellen, einerseits die objektive Möglichkeit eines fortwährenden Wechsels des Lebens und seiner Geschichte am Nutzen von Dingen, an Einfällen zur Lebensänderung im Andersleben, im Absehen vom eigenen Leben, zum andern aber zeigt sich hier auch die ursprünglichste Form wieder, in welcher sich das Alternieren der Gebrauchswerte bildet. In Ermangelung eines wirklichen gesellschaftlichen Verkehrs erscheint das andere Leben immer gegen das eine erstens austauschbar, also wählbar, und zweitens als neues besser als das alte, wenngleich es in keinem genau die Bildung des Verhältnisses enthält, was den Tausch begründet, Auch in der Alternativbewegung stellen sich urwüchsig und spontan die Tauschverhältnisse wieder her, dessen Formen man entwichen zu sein glaubt. Insofern diese Bewegung ideologische Gründe hat, vertritt sie ideologisch zugleich absolut den reinen abstrakten, vom Menschen abstrahierten Nutzen eines Lebens, das zur Geschichtslosigkeit verdammt ist und wird in der Tätigkeit dieser Verdammung zum brutalen Agenten einer Warengesellschaft, die die Gleichgültigkeit menschlicher Beziehungen zum Selbstgefühl auszunutzen versteht.


↑(30) Der Gebrauchswert für andere oder der alternierende Gebrauchswert, der allein die Nützlichkeit der Dinge selbst ausdrückt, kann diese Nützlichkeit nur in einem Verhältnis ausdrücken, worin er an dem Ding, dessen Beziehung zu den Menschen beständig wechselt, als Formwechsel des Dings erscheint. Wo das Ding einmal in der Hand des Konsumenten ist, und sich dann erst als Gebrauchswert verwirklicht, weil es seinen Gebrauchswert nur in der Konsumtion verwirklicht, ist es ein andermal in der Hand des Produzenten, und diese verschiedene Daseinweise des Dings drückt sich in der Ware nicht als identische Beziehung der Menschen auf ihre Dinge, sondern als unterschiedene Beziehung der Menschen zu den Dingen und damit als Formwechsel der Dinge selbst aus. Hierbei verändert sich nicht das Ding in seiner Eigenschaft, wohl aber in seinem Dasein als Ding im Tausch:

“Brot z.B. in dem Übergang aus der Hand des Bäckers in die Hand des Konsumenten ändert nicht sein Dasein als Brot. Umgekehrt: erst der Konsument bezieht sich auf es als Gebrauchswert, als dies bestimmte Nahrungsmittel, während es in der Hand des Bäckers Träger eines ökonomischen Verhältnisses, ein sinnlich übersinnliches Ding war. Der einzige Formwechsel, den die Waren in ihrem Werden als Gebrauchswerte eingehen, ist also die Aufhebung ihres formellen Daseins, worin sie nicht Gebrauchswerte für ihren Besitzer, Gebrauchswerte für ihren Nicht-Besitzer waren.“ (MEW 13, S.29)

Indem die Waren nicht als menschliche Gegenstände existieren, werden ihre Gebrauchswerte auch nicht gesellschaftlich wahr, sondern allein im Zustand eines Konsums, der voraussetzt, daß alle Dinge äußere Gegenstände sind, daß also die menschlichen Gegenstände sich in einer allseitigen Entäußerung befinden, als Waren existieren:

“Das Werden der Waren als Gebrauchswerte unterstellt ihre allseitige Entäußerung, ihr Eingehen in den Austauschprozeß, aber ihr Dasein für den Austausch ist ihr Dasein als Tauschwerte. Um sich daher als Gebrauchswerte zu verwirklichen, müssen sie sich als Tauschwerte verwirklichen.“ (MEW 13, S.29)

Man sieht: Marx geht ausdrücklich nicht von einer bestimmten menschlichen Beziehung im Gebrauchswert aus, sondern von einer allseitig entäußerten Beziehung, in welcher die Waren als Gebrauchswerte dann für den Menschen gelten, wenn sie – wie wir jetzt sagen können – sich bereits als Tauschwerte verwirklicht haben. Die Waren sind Tauschwerte, bevor sie ihren Gebrauchswert wahrhaben:

“Um als Gebrauchswert zu werden, muß die Ware dem besonderen Bedürfnis gegenübertreten, wofür sie Gegenstand der Befriedigung ist. Die Gebrauchswerte der Waren werden also als Gebrauchswerte, indem sie allseitig die Stellen wechseln, aus der Hand, worin sie Tauschmittel, übergehen in die Hand, worin sie Gebrauchsgegenstände. Nur durch diese allseitige Entäußerung der Waren wird die in ihnen enthaltene Arbeit nützliche Arbeit. In dieser prozessierenden Beziehung der Waren aufeinander als Gebrauchswerte erhalten sie keine neue ökonomische Formbestimmtheit.“ MEW 13, S.29)

Wie am Anfang dargestellt, existiert die Nützlichkeit als entäußerte Beziehung der Menschen oder als äußere Gegenständlichkeit von Dingen. Die Waren werden Gebrauchswerte, indem sie zu nützlichen Dingen für den Konsumenten werden, indem sie also besonderen Bedürfnissen gegenüber treten, als Gegenstände irgendeiner Befriedigung oder als Nützlichkeit für bestimmte menschliche Bedürfnisse da sind. In Konsum selber findet nie eine unbestimmte Befriedigung oder eine unbestimmte Beziehung statt, denn die menschlichen Sinne und das Ding, das als Gegenstand der Befriedigung da ist, müssen sich entsprechen, müssen ein ihrer Beziehung inhärentes Maß haben (ansonsten bekommt man Bauchweh). Aber in diesem Akt ist bereits die gesellschaftliche Beziehung, die Formbestimmtheit der Dinge als Ware verschwunden, denn die Dinge existieren nicht in dieser Bezogenheit.


↑(31) Da die Dinge zunächst quantitativ vom Menschen getrennt auftreten, wenngleich sie auch Reichtum als Warensammlung verkörpern, kann sich dieses Quantum nur im Wechsel von Zeit und Ort darstellen. Die Gebrauchswerte sind im Tausch unendlich wechselhaft, entstehen an einem Ort, vergehen am andern und bewegen sich untereinander in den verschiedensten Proportionen. Es erscheint so, als ob sie unendlich bestimmt wären, als ob ihre Bewegung selbst so unendlich wäre, wie ihre Quantität als Begriff existieren mü.te. Aber die Quantität existiert nicht als Quantität; dies zeigt der Widersinn des Begriffs Tauschwert als Inhalt der Ware selbst. Der Widersinn dieses Wortes greift den Widersinn, die unendlich Scheinhaftigkeit des Tauschverhältnisses identisch auf; er enthält sprachlich das, was gesagt wäre, wenn die Dinge selbst aus sich heraus das Interesse an ihrer Tauschbewegung hätten. So ergibt sich für sie gleichermaßen wie für das Wort die Absurdität, daß sie genauso wie es ein Verhältnis voraussetzen, das im Tauschwert verbunden und verschwunden zu sein scheint. Wer diesen Widersinn nicht verspürt, wer dem Tauschverhältnis selbst also den Begriff des Tauschwerts unbedacht zuweisen kann, der muß das, was darin verschwunden ist, für sich unbetroffen belassen und aus seinen Kategorien die Wirklichkeit entwerfen, die so absurd ist, wie sie erscheint. Tauschwert als Kategorie gedacht gäbe nämlich Grund, den Inhalt dieser Bewegung in den Dingen selbst zu suchen und somit die einfache Determination des Tauschgeschehens in jedem Ding zu sehen. In einem solchen immanenten Tauschwert verbliebe jede Wirklichkeit dieses Verhältnisses in ihrer raumzeitlichen Zufälligkeit und Relativität belassen und unkritisierbar, weil keine Substanz und kein Mensch sich dem widersetzen könnte. Aus dieser Blindheit resultieren allerdings die unendlichen Reflexionen und Messungen über die Weisen und Bedeutungen dieses Daseins bei den Positivisten. Indem sie die Dinge so nehmen, wie sie ihnen erscheinen und ihnen zudem den Begriff zuweisen, den sie als Name ihrer Erscheinung finden, vollführen sie in ihrer Theorie selbst die Unendlichkeit einer widersinnigen Welt in Kategorien, welche gleichermaßen unendlich und nur in der Quantifizierung aufgelöst werden, wie dies auch im wirklichen Verhältnis von Menschen ist. Sie unterjochen jeglichen Gehalt mit der Unendlichkeit ihrer Meßdaten und ihrer Gleichgültigkeit ihrem Gegenstand gegenüber, weil ihr Lebensglück die Fassung von unendlich vielen Namen ist. In ihrer Sprache gibt es demnach nichts, weil alles, was ist, als Kategorie selbst ist. Für Marx hat hier aber kein Begriff begonnen, sondern die Wirklichkeit sich in einem Wort selbst absurd gemacht, so daß sich diese Absurdität als Rätsel aufgegeben hat, das erst seinen Grund zur Lösung finden muß. Ihm ist also keine Positivität noch eine Identität der Dinge vorgegeben, sondern er beginnt mit einer Widersinnigkeit selbst und stellt die Frage, die er als Mensch hier entgegensetzt, sich also fragend aus der sachlich erscheinenden Unendlichkeit heraussetzt und deshalb die Analyse derselben hierdurch beginnt. Wäre der Beginn jeder Wissenschaft als eine solche Frage aus einer widersinnigen Wirklichkeit entstanden, so hätte sich keine Erkenntnistheorie bilden müssen, mit welcher die Ignoranz und Impotenz des Denkens sich seine Legitimationen in der Definition von Wahrheit verschaffen müßte.


↑(32) Die Nützlichkeit der Dinge, die sich in ihrem Gebrauchswert darstellen, verschwinden im Gebrauch. Was bisher über den Gebrauchswert gesagt wurde, geht nun schon in der Tatsache unter, daß die Waren als solche nur im Tauschverhältnis oder als Tauschwert existieren. Die einzelne Ware, welche gebraucht wird, verschwindet aus dem Dasein der Warenwelt. So verwirklicht sich in der Tat der Gebrauchswert “nur im Gebrauch oder der Konsumtion“ (MEW 23, S. 50) und fällt als solcher aus dem hier zu betrachtenden Warenverhältnis heraus, noch bevor er in es eingehen konnte. Obwohl also der Gebrauchswert der stoffliche Gehalt oder der Inhalt des Reichtums ist und insofern die Bedingung eines Daseins der Waren im Tauschverhältnis ist, hat er darin eine allseitig verschwindende Bedeutung, denn das Verhalten der Waren zueinander gründet in ihrem Tauschwert, der nur solange ist, wie sie sich als Waren zueinander, also nicht zum Menschen, verhalten. Ihre Bewegung und die Tatsache ihrer Bewegung ist durch den verschiedentlichen Gebrauch von Waren verursacht, ihr Dasein als Tauschverhältnis aber hat seinen Grund in ihnen, und diesen haben wir nun zu entdecken. Der Reichtum der bürgerlichen Gesellschaft existiert als Reichtum überhaupt nur als Tauschwert, dessen Gehalt und Bewegung ein Gebrauch verursacht, der innerhalb dieses Verhältnisses keinerlei Substanz und Gültigkeit hat. Der Gebrauchswert existiert also nur als “stofflicher Träger des Tauschwerts.“ Der wirkliche Reichtum und die Wirklichkeit der bürgerlichen Gesellschaft ist das Tauschverhältnis, und ihre erste Form ist der Tauschwert.


↑(33) „Als Gebrauchswerte sind die Waren vor allem verschiedener Qualität, als Tauschwerte können sie nur verschiedener Quantität sein, enthalten also kein Atom Gebrauchswert.“ (MEW 23, S. 52)


↑(34) Das heißt natürlich nicht, daß es die Geistestätigkeit des Abstrahierens wäre, was aus den Gebrauchswerten Wert machen würde. Es handelt sich hier um den Nachvollzug einer wirklich schon vollständig existierenden Abstraktion, die genauso wirkliches Denken erst dann erreicht, wenn es in der Lage ist, das abstrakte Dasein der Gebrauchswerte als solches und für sich zu erkennen. An dieser Stelle steigen gerade jene Sorte Sozialisten aus, die allein in und um den Gebrauchswert kämpfen, daher auch nicht ein gesellschaftliches Verhältnis menschlichen Reichtums, der auch Arbeit umschließt, vor sich haben, sondern ihren Selbstgenuß, der ihnen durch eine Abstraktion entgleitet. Sie kämpfen daher nicht um ein gesellschaftliches Verhältnis von Menschen, sondern sie kämpfen dagegen, was ihnen in ihrem Genuß widerfährt. So hat z.B. Dieter Duhm die Stelle folgendermaßen aufgefaßt:

“Hier ist Marx offensichtlich ungenau: Einerseits sagt er, daß der Gebrauchswert vorausgesetzt ist, andererseits daß von ihm augenscheinlich abstrahiert würde. Rein logisch gesehen ließe sich dieser Widerspruch dadurch lösen, daß man beim Gebrauchswert unterscheidet .... zwischen konkretem und abstraktem Gebrauchswert. Wir könnten dann sagen: beim Warenaustausch ist der abstrakte Gebrauchswert vorausgesetzt, während vom konkreten Gebrauchswert abstrahiert ist. Wenn wir aber in dieser Weise unterscheiden zwischen konkretem und abstraktem Gebrauchswert, so gibt es keinen Grund mehr, den Gebrauchswert aus der Ableitung auszuklammern. Es ist dann nicht mehr logisch zwingend, das gemeinsame Dritte der beiden Waren in der Tatsache zu sehen, daß sie beide Arbeitsprodukte sind, das Gemeinsame könnte genauso gut darin liegen, daß sie beide Nützlichkeit besitzen.“ (Dieter Duhm: Warenstruktur und zerstörte Zwischenmenschlichkeit, S.30f., Fußnote 10).

Daher weht also der Wind, wenn jemand eifrig darum bemüht ist, die Gemeinschaft der Dinge nur in dem zu suchen, was sie für ihn als Individuum ist. Hier begründet der Individualismus sowohl sein Unbehagen wie auch seinen Protest gegen die bürgerliche Gesellschaft. Da ein solcher Kerl noch gar nicht die Gesellschaftlichkeit der Dinge erreicht hat, kann er auch seine Revolution nur negativ verstehen, nur gegen das Unnützwerden von Produkten, nicht gegen die Nützlichkeit als entfremdete Gestalt menschlicher Dinge.

Mit solchen Leuten hatte Marx schon zu tun, die er deutlicherweis die Kathedersozialisten nannte, wenn er sie wie folgt zitiert:

“Auch mit dem großen Scharfsinn, wie er Marx zu Gebote steht, läßt sich die Aufgabe nicht lösen, Gebrauchswerte (das Vieh vergißt, daß von Waren die Rede ist), d.h. Träger für Genüsse usw., auf ihr Gegenteil, auf Quantitäten von Bemühungen, auf Opfer usw. zu reduzieren. (Das Vieh glaubt, daß ich in der Wertgleichung die Gebrauchswerte auf Wert reduzieren will.) Das ist Substitution von Fremdartigem, die Gleichsetzung verschiedenartiger Gebrauchswerte läßt sich nur erklären durch eine Reduktion derselben auf ein gemeinsames Gebrauchswertige.“ (Warum nicht lieber gleich auf – Gewicht?) – Dies dixit (sagt) Herr Knies, das kritische Genie der Professoralökonomie.“ (Brief an Engels vom 25.7.1877)

Man sieht, die Nützlichkeit der Dinge hat schon manchem Bauch geschmeichelt, so daß er nicht daran denken konnte, daß diese Nützlichkeit menschliche Zusammenhänge darstellt.


↑(35) Deutlicher noch als im Kapital ist diese Entwicklung in der Kritik beschrieben (MEW 13,

S. 17):

“Eine Unze Gold, l Tonne Eisen, l Quarter Weizen und 20 Ellen Seide seien gleich große Tauschwerte. Als solche Äquivalente, worin der qualitative Unterschied ihrer Gebrauchswerte ausgelöscht ist, stellen sie gleiches Volumen derselben Arbeit dar. Die Arbeit, die sich gleichmäßig in ihnen vergegenständlicht, muß selbst gleichförmige, unterschiedslose, einfache Arbeit sein, der es ebenso gleichgültig, ob sie in Gold, Eisen, Weizen, Seide erscheint, wie es dem Sauerstoff ist, ob er vorkommt im Rost des Eisens, der Atmosphäre, dem Saft der Traube oder dem Blut des Menschen. Aber Gold graben, Eisen aus dem Bergwerk fördern, Weizen bauen und Seide weben sind qualitativ voneinander verschiedene Arbeitsarten. In der Tat, was sachlich als Verschiedenheit der Gebrauchswerte, erscheint prozessierend als Verschiedenheit der die Gebrauchswerte hervorbringenden Tätigkeit. Als gleichgültig gegen den besondern Stoff der Gebrauchswerte ist die Tauschwert setzende Arbeit daher gleichgültig gegen die besondere Form der Arbeit selbst. Die verschiedenen Gebrauchswerte sind ferner Produkte der Tätigkeit verschiedener Individuen, also Resultat individuell verschiedener Arbeiten. Als Tauschwerte stellen sie aber gleiche, unterschiedslose Arbeit dar, d.h. Arbeit, worin die Individualität der Arbeitenden ausgelöscht ist. Tauschwert setzende Arbeit ist daher abstrakt allgemeine Arbeit.“


↑(36) Die Ableitung des Werts im Kapital ist überhaupt nur in dem Zusammenhang begriffen, wo das Warenverhältnis als Form des Reichtums mitgedacht wird und daher auch die Herkunft der Ware in ihrer menschlichen Substanz als bestimmte Form menschlichen Reichtums mitgedacht wird. Wer allein den Austausch selbst anstiert, wer also keinen Grund hat, das Austauschverhältnis als Ganzes zu denken, der wird sich immer schwer tun, den Wert als geschichtlichen und wirklichen Gehalt des bestehenden Reichtums zu begreifen. Meist ist dieser Kategorie das widerfahren, was die jeweiligen Löser zu ihrem eigenen Interesse verstanden haben. Da gibt es z.B. eine Gruppe, die ihre Arbeit bisher als Konferenz aufgefaßt hatte, die AK-Fraktion München und inzwischen irrtümlicherweise Marxistische Gruppe heißt. Die meint inzwischen, daß der Kapitalismus sich deshalb erhält, weil er auf einem falschen Bewußtsein gründet und man deshalb als Marxist die vornehme Aufgabe hätte, das Bewußtsein der Menschen zu ändern.

Denen erscheint das Kapital auch als eine pure Gedankenabstraktion, die sich über einen an und für sich wahren Organismus der Arbeit stülpt. Für diese Leute ist der Gebrauchswert zunächst vollständig unabhängig von den gesellschaftlichen Verhältnissen der Menschen und reduziert sich “auf die Bestimmung eines natürlichen Gegenstandes.“ (Resultate der Arbeitskonferenz 1/74, S. 54). So stellt für die AK der Gebrauchswert nicht menschlichen Reichtum, sondern “ein Verhältnis der Gesellschaft zur Natur vor, dessen Eigenarten sich nicht aus der qualitativen und quantitativen Bestimmtheit der Natur als Gegenstand menschlicher Bedürfnisse ableiten. Diese Gesellschaft unterstellt die Natur als Objekt des Nutzens, läßt sich aber von deren Beschaffenheit nicht ihre ökonomischen Gesetze vorschreiben.“ (ebenda, S. 55)

Für die MG (Marxistische Gruppe) ist der Schein des Kapitalismus von vorneherein da: Es ist die Nichtentsprechung einer Gesellschaft gegenüber den Naturgesetzen. Demnach gibt es für diese Naturhandwerker auch keine in der Gesellschaft selbst stattfindende und daher in der Gesellschaft aufzuhebende Verkehrung des menschlichen Lebens, sondern allein ein falsches Bewußtsein der Menschen, das sie davon fernhält, dem Naturgesetz zu folgen. In dieser Naturkunde haben sie den Gehalt des menschlichen Reichtums und auch die menschliche Natur selbst abgetrennt von dem Dasein der Dinge, und haben erst nach dieser Abtrennung eine objektive und jetzt erst gesellschaftliche und gegenständliche Eigenschaft an den Waren gefunden: den Wert. Dieser bedeutet ihnen, daß jetzt, nachdem die Waren als natürliche Gegenstände vom Himmel gefallen waren, sie im Wert gesellschaftsfähig geworden sind: “Die als Maß für einander fungierenden Gebrauchswerte müssen (!) neben ihren natürlichen Qualitäten, die als Grundlage für die Gleichsetzung ausscheiden (!), noch eine nichtnatürliche Eigenschaft besitzen, eine Eigenschaft, die sie zu Waren macht. Als ihre objektive Eigenschaft kommt sie den Warenkörpern als natürlich bestimmten Gegenständen zugleich nicht zu. Im Wertsein ist somit die unmittelbare Objektivität des Warenkörpers negiert; was in der Form einer gegenständlichen Eigenschaft an ihm existiert, ist seinem Inhalt nach etwas Nichtgegenständliches. Durch ihre zweite, aus dem Austauschverhältnis erschlossene Bestimmung, durch ihre Wertgegenständlichkeit charakterisiert sich die Ware als dingliches Resultat eines Prozesses (!); sie ist Resultat einer Vermittlung, in welcher natürliche und gesellschaftliche Tätigkeit in Einheit sind.“ (ebenda, S. 57) Das Problem mit der Natur liegt hier auf der Hand: die natürliche Eigenschaft und die nichtnatürliche Eigenschaft der Waren wurden flugs zu “einer Vermittlung, in welcher natürliche und gesellschaftliche Tätigkeit in Einheit sind“. Zugleich aber entstand diese Gesellschaftlichkeit allein aus dem Wertsein der Waren und so mü.te sich die AK ihres Dilemmas bewußt werden, wie sie sich gesellschaftlich überhaupt verstehen kann, wo sie sich doch dann allein in einer Abstraktion überhaupt befände. So ist die Natur als „unmittelbare Objektivität des Warenkörpers“ in einen Gegensatz zur gesellschaftlichen Objektivität geraten, daß man mit der Bekämpfung des Werts zugleich die Gesellschaftlichkeit der Menschen im gegebenen Zusammenhang als solche bekämpfen muß. Im Hintergrund steht allein die natürliche Gesellschaft oder die Gesellschaft der Natur, die Gesellschaft von Naturdeterminanten. Diese natürliche Gegenständlichkeit der Dinge auf der einen Seite und ihr Dasein als Arbeitsprodukt auf der anderen Seite, durch welches die Dinge Wertdinge überhaupt nur sein können, bringt diese Leute dazu, die Arbeit überhaupt als Mangel aufzufassen, als natürliche Not, deren Überwindung im gleichen Maß angestrebt wird wie die Überwindung des Kapitalismus.

Sie können überhaupt nur den Wert als Abstraktion ansehen, die man im Bewußtsein in dieser Gesellschaft macht, nicht als das Lebensverhältnis, wovon im Wert wirklich abstrahiert ist. So gründet sich ihr Verhalten auch nur in der Entgegensetzung zum Wert und damit in der Ausschließung wirklichen Lebens, das im Wert ebenso wirklich aufgehoben wird. Ihnen ist letztlich der Kapitalismus eine unwahre, weil abstrakte Tatsache, dessen einfachster widersprüchlicher Gehalt als Lebensprozeß der Menschen ihnen noch nicht gewahr geworden ist. Als Kritiker des Bewußtseins können sie auch keine gegenwärtigen Kämpfe als wirkliche geschichtsbildende Prozesse ansehen – weder Klassenkämpfe, wo sie auftreten, als Ausdruck einer wirklichen menschlichen Bewegung begreifen, noch, wo sie nicht auftreten, dies als Zustand einer unmenschlichen Bewegung ansehen; – es geht diesen Leuten darum, den Menschen “durch die Erklärung ihrer Lage jede Illusion auszutreiben, praktische Kritik ihres falschen Bewußtseins zu üben, ... also Agitation für den Willen zu betreiben, die Gründe ihrer Klassenmisere zu beseitigen.“ (Aus einem Flugblatt zur Galerie großer Geister). Man sieht: Wo die Natur spricht, da weiß man auch, wo das falsche Bewußtsein steht. So gehen die Leute in Betriebe mit der Absicht die Arbeiter zu kritisieren, denn diese sind deshalb Arbeiter, weil sie sich den bürgerlichen Produktionsprozeß „zu ihrem Willen gemacht haben“. Solche Vorzimmerphilosophen, die das Verhältnis der Menschen allein als Willensverhältnis sehen, also nicht als sinnlich wirkliches Verhältnis, sondern als einzig gewelltes Verhältnis,

sind immer die größten Moralisten ihrer Zeit gewesen. Unfähig, die Welt als gegenwärtigen Prozeß von Menschen zu fassen, werden die Menschen als unfähig zum philosophischen Willen gefaßt. Unfähig, die Illusionen der Menschen als Zustände zu fassen, worin sie den Menschen nötig werden, werfen sie den Menschen deren Illusionen als Willenlosigkeit zu der im Bewußtsein behaupteten Notwendigkeit der Änderung dieser Gesellschaft vor.

“Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzuheben, ist die Forderung, einen Zustand aufzuheben, der Illusionen bedarf.“ (MEW 1, S. 379)

Indem die MG diese Forderung aber als Forderung des Bewußtseins anträgt, verlangt sie, das Bestehende als willentlich überwindbar, also als in Wirklichkeit nicht Bestehendes anzusehen („Die Forderung, das Bewußtsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende anders zu interpretieren, d.h., es vermittelst einer anderen Interpretation anzuerkennen“ (MEW 3, S. 20). Was Marx gerade überwunden hatte, indem er die Philosophie kritisierte, ist in der AK von hinten her wieder entstanden. Man würde sich wundern müssen, wenn solche Leute nicht wieder auf Hegel zurückkommen, denn der hat ja wohl am besten diese Theorie ausgeführt. Wir werden darauf am Schluß dieses Textes zurückkommen. Gegen einen solchen hartnäckig funktionalistischen Verstand gegen diese Funktionäre der Wahrheit wirkt der naive Idealismus der „Projektgruppe zur Kritik der politischen Ökonomie“ wie die mittelalterliche proudhonistische Öko-Philosophie. Nachdem sie mühsam versucht haben, die Analyse des Werts aus dem Warentausch bei Marx nachzuvollziehen, kamen sie – ohne es zu merken – darauf, daß die ganze Mühe umsonst war, denn in ihrer Auffassung der Materie und des Textes können sie nur in ihrem Kopf behalten, daß die abstrakt menschliche Arbeit als Prozess (!) das “ausdrückt, was der Wert in geronnener Form enthält: allgemeine gesellschaftliche Gleichheit aller Verschiedenheiten.“ (Projektgruppe zur Kritik der politischen Ökonomie: Zur Logik des Kapitals, 2. Aufl., 1973, S. 64). So besteht für sie die Beziehung in der Warenwelt “als widersprüchliche Einheit der Momente konkreter Verschiedenheit und abstrakter Gleichheit“ (ebd.) und kommen zu dem irrsinnigen Schluß, daß “an keinem Punkt innerhalb dieser Entwicklung das Argument der Konstitution des Werts durch menschliche Arbeit notwendig“ (ebd.) ist. Für sie ergibt sich das Problem allein in der Warenwelt selber “aus dem abstrakten Formgehalt der Warenform (!).“ (ebd.). Da ihnen die Form als Form das Problem war, schließt sich ihre Erkenntnis, daß die ganze Mühe von Marx darin aufzulösen sei, daß es nur den Begriff der Ware im Wert gibt, keine Wirklichkeit also des Werts existiert. So hat also Marx die Abstraktion eingeführt, wie es ungefähr Proudhon auch getan hat, und die ganze Scheiße der bürgerlichen Welt besteht darin, daß ein Wissenschaftler von der Wirklichkeit absieht: “Die Wertqualität kommt der einzelnen Ware zu. Nur dadurch (?) ist sie überhaupt Ware, Gedoppeltes, nicht nur einfacher Gebrauchswert. Aber die Ware ist in ihrer Existenz nur an sich, nicht wirklich gedoppelt, also nur potentiell, nicht wirklich Ware. In der einfachen Existenz der konkreten Ware kommt ihre doppelte Natur nicht zum Ausdruck, denn ihr eigenes Wertsein zeigt sich nicht an ihr, sondern ist nur an sich, ihrem Begriff nach, vorhanden. Um tatsächlich als das zu existieren (!), was sie ihrer Struktur zufolge (!) ist, darf (!) sie nicht nur als konkreter Gebrauchswert erscheinen, sondern muß (!) auch ihre Wertbestimmung zum Ausdruck bringen.“ (ebd.. S. 70). Alle solche Verrücktheiten in der Marx-Interpretation, die dem Kapitalismus letztlich eine empirische Harmlosigkeit mit einer bombenhaften Begrifflichkeit zuweisen, gründen in dem Unverständnis des Daseins der Warenwelt als wirklich menschlicher Reichtum. Es wird dies auch noch im folgenden einige Entdeckungen solchen Verstands erbringen.


↑(37) Daß der Wert die Substanz eines wirklich gleichgültigen Verhältnisses von Menschen in sachlicher Gestalt ist, stellt Marx in den Auszügen aus Mills „Elements d’economie politique“ als Tauschverhältnis von Menschen dar:

“Der Austausch vermittelt sich von beiden Seiten notwendig durch den Gegenstand der wechselseitigen Produktion und des wechselseitigen Besitzes. Das ideelle Verhältnis zu den wechselseitigen Gegenständen unserer Produktion ist allerdings unser wechselseitiges Bedürfnis. Aber das reelle, sich in Wirklichkeit setzende, das wahre, sich ausführende Verhältnis ist nur der wechselseitige exklusive Besitz der wechselseitigen Produktion. Was deinem Bedürfnis zu meiner Sache ein Wert, eine Würde, einen Effekt für mich gibt, ist allein dein Gegenstand, das Äquivalent meines Gegenstandes. Unser wechselseitiges Produkt ist also das Mittel, die Vermittlung, das Instrument, die anerkannte Macht unserer wechselseitigen Bedürfnisse aufeinander. Deine Nachfrage und das Äquivalent deines Besitzes sind also gleichbedeutende, gleichgültige Termini für mich, und deine Nachfrage hat erst einen Sinn, weil eine Wirkung, wenn sie Sinn und Wirkung in Bezug auf mich hat. Als bloßer Mensch, ohne dies Instrument, ist deine Nachfrage ein unbefriedigtes Streben deinerseits, ein nichtvorhandener Einfall für mich. Du als Mensch stehst also in keinem Verhältnis zu meinem Gegenstande, weil ich selbst kein menschliches Verhältnis zu ihm habe. Aber das Mittel ist die wahre Macht über einen Gegenstand, und daher schauen wir wechselseitig unser Produkt als die Macht eines jeden über den anderen und über sich selbst an, das heißt unser eigenes Produkt hat sich auf die Hinterfü.e gegen uns gestellt, es schien unser Eigentum, in Wahrheit aber sind wir sein Eigentum. Wir selbst sind von dem wahren Eigentum ausgeschlossen, weil unser Eigentum den andern Menschen ausschließt.“ (MEW 40, S. 461).

Auf die Gemeinschaft dieses Verhältnisses weitergedacht schreibt Marx in den Grundrissen:

“Das Individuum A dient dem Bedürfnis des Individuum B vermittelst der Ware a, nur insofern und weil das Individuum B dem Bedürfnis des Individuums A vermittelst der Ware bedient und viceversa. Jedes dient dem andern, um sich selbst zu dienen; jedes bedient sich des andern wechselseitig als seines Mittels. Es ist nun beides in dem Bewußtsein der beiden Individuen vorhanden; erstens, daß jedes nur seinen Zweck erreicht, soweit es dem andern als Mittel dient; zweitens, daß jedes nur Mittel für das andere (Sein für anderes) wird als Selbstzweck (Sein für sich); drittens, daß die Wechselseitigkeit, wonach jedes zugleich Mittel und Zweck; und zwar nur seinen Zweck erreicht, insofern es Mittel wird, und nur Mittel wird, insofern es sich als Selbstzweck setzt, daß jeder sich also als Sein für andere setzt, insofern er Sein für sich und der andere als Sein für ihn, insofern er Sein für sich – daß diese Wechselseitig ein notwendiges Fakt ist, vorausgesetzt als natürliche Bedingung des Austauschs, daß sie aber als solche jedem der beiden Subjekte des Austausche gleichgültig ist, und ihm diese Wechselseitigkeit nur Interesse hat, soweit sie sein Interesse als das des anderen ausschließend, ohne Beziehung darauf, befriedigt. Das heißt, das gemeinschaftliche Interesse, was als Motiv des Gesamtakts erscheint, ist zwar als Fakt von beiden Seiten anerkannt, aber als solches ist es nicht Motiv, sondern geht sozusagen nur hinter dem Rücken der in sich selbst reflektierten Sonderinteressen, dem Einzelinteresse im Gegensatz zu dem des anderen vor.“ (Grundrisse, S. 155f.).

Summa summarum: Der Wert bildet sich aus dem arglosen Verhältnis von Menschen, welche ihren Reichtum als Waren aufeinander beziehen. Er ist der gemeinschaftlich wirkliche und wirkende Gehalt dieser Beziehung. Somit ist er auch der einzige Trieb der Entwicklung dieser Beziehung.


↑(38) Der Wert als Idee gefaßt ist keine Idee im Sinne der Philosophie, auch kein Einfall des Verstandes oder sonst etwas selbständig Geistiges. Er ist die Substanz eines Reichtums, der nur seiner Idealität nach menschlich, in seiner Wirklichkeit und Wirkung aber abstrakte Substanz ist. Der Wert als Idee formuliert den Zusammenhang von Menschen, die in der Beziehung ihrer Bedürfnisse abstrakt bleiben. Sie haben darin den ideellen Zusammenhang der Produktion und in den Dingen als Produkten menschlicher Arbeit haben sie die Idealität von Arbeit an den Dingen, sofern diese für sich gesellschaftlich existieren. Der Wert ist so eine wirkliche Idealität der Tatsache, daß Menschen gearbeitet haben und Dinge für Menschen als Produkte menschlicher Arbeit überhaupt da sind/und mit dem Begriff der abstrakt menschlichen Arbeit ist allein dieses Dasein formuliert. Es ist also eine wirkliche Abstraktion, daher eine wirkliche Idealität, die der Wert als der gesellschaftliche Gehalt des Reichtums in der bürgerlichen Gesellschaft darstellt. Für die Menschen ist er nur an den Dingen, unter den Dingen ist er aber ihr ganzer Gehalt, der Begriff ihrer Beziehungen. Zugleich drückt diese Beziehung allein die Arbeit von Menschen – wenn auch abstrakt – aus: “Der Wert als solcher hat keinen anderen Stoff als die Arbeit selbst“ (Marx in einem Brief an Engels vom 2. April 1858). Es gibt weder ihn noch die abstrakt menschliche Arbeit, es gibt nur Arbeit und Arbeitsprodukte, und die Idee umfaßt allein die Allseitigkeit ihrer Beziehungen, ist der gegenwärtige Stand der gesellschaftlichen Beziehung dieser Produkte.

Die gesellschaftliche Beziehung gibt es also nicht wirklich, sie ist aber an allem, was es gibt. Somit ist auch in der Erkenntnis des Werts als wirkliche Abstraktion der wirkliche Grund aller Abstraktionen entdeckt, die Wirklichkeit der Ideen gesagt. Was die Philosophen als Idee des Menschen in ihrem Kopf haben, reflektiert wirklich den nichtseienden Menschen in der gegebenen Gesellschaft. Aber den Philosophen erscheint diese Idee als ihr Einfall, als ihre Wesensaussage über den Menschen. Und solche Philosophen, die Idealisten, können sich den Menschen im Kopf getrennt von seiner Wirklichkeit erst deshalb vorstellen, weil die Wirklichkeit diesen Menschen nicht vorstellt, sondern allein enthält. Von dem Augenblick, wo die Arbeitsprodukte in ihrer Beziehung wirklich nicht existieren, wirklich voneinander getrennt sind, “kann sich das Bewußtsein wirklich einbilden, etwas anderes als das Bewußtsein der bestehenden Praxis zu sein, wirklich etwas vorzustellen, ohne etwas Wirkliches vorzustellen, von diesem Augenblick an ist das Bewußtsein imstande, sich von der Welt zu emanzipieren und zur Bildung der reinen Theorie, Theologie, Philosophie, Moral usw. überzugehen.“ (MEW 3, S. 31).

Die Ideen sind also nicht im Kopf erzeugt, wie es die “deutschen philosophischen Kritiker sämtlich behaupten“ (MEW 3, S. 14), sondern Inhalt der Wirklichkeit, über welche diese Leute selbst nur reflektieren, das heißt als deren Reflexe tätig sind. Der Idealist fühlt sich als Prophet der Welt, während er solcherlei Reflexionen aus seinem Kopfe zu gewinnen scheint, denn er steht vor der Welt wie vor einem Stilleben, in dem er sich weder zeugend noch Zeugnis gebend verhält, sondern alleine an ihrem Wesen und an ihrem Anderssein interessiert ist. So erscheint ihm auch die Änderung der Welt wie ein Ereignis für ein besseres Dasein aus seinem Kopf heraus, die Herstellung einer ideellen Gesellschaft, eine idyllische Gemeinschaft.

“Wie er die wirkliche Gemeinschaft in eine Gesellschaft von Ideen verwandelt, um, geführt von der eignen Idee, darin umherzuwandeln und alles bis ins einzelne betrachten zu können, soweit es seine Zeit erfordert, ebenso verwandelt er die wirkliche soziale Bewegung, die schon in allen zivilisierten Ländern sich als Vorläuferin einer furchtbaren Umwälzung der Gesellschaft ankündigt – in eine gemütliche und stille Bekehrung, in ein Stilleben, bei dem die Besitzer und Beherrscher der Welt sehr ruhig schlafen können. Ihre theoretischen Abstraktionen der wirklichen Begebenheiten, ihre ideellen Zeichen sind für die Idealisten die Wirklichkeit – die wirkliche Begebenheiten nur Zeichen, daß die alte Welt zu Grabe geht.“ (MEW 3, S. 529).

Das Entgegenhalten von Ideen an die wirkliche Welt erweist sich nun auch als wirkliche Tätigkeit einer Anpassung der Welt an die Ideen, die sie bereits längst in sich enthält und worunter die Menschen gerade wirklich die Entfremdung ihrer eigenen Tätigkeit erleiden. Während sie unter dieser Abstraktion leiden, spinnen sich freischaffende Geister neue Abstraktionen gegen alte aus. Solche Ideen, wie sie hauptsächlich eben von den Humanisten vorgebracht werden, die in ihrer Lebensidee den Menschen zu erkennen oder zu fordern haben, binden als Forderung gegen die Wirklichkeit vorgebracht den Menschen in ungeheuerlichem Maße an sein ihm so gegeben erscheinendes Dasein. Gerade wo die Entdeckung, daß die Wirklichkeit eine Idee enthält, daß das Ganze ihres Zusammenhangs abstrakt und daher die Menschen in ihrer eigenen Abstraktion leidend sind, eine ungeheure Entdeckung der Notwendigkeit der Revolutionierung dieser Welt ist, halten die Humanisten, wie sie heute besonders als alternative Vorstellung eines menschlichen Lebens auftreten, ihr im Kopf gebackenes Prinzip des idealen Menschen vor. Während für sie der Mensch anders ist, leiden wirkliche Menschen als von ihrer Wirklichkeit unterschiedene Menschen, als schon in sich selbst .nderungsbedürftige Menschen, an dem Anderssein ihrer Sachen. Die Wendung auf den Menschen ist die Brutalität der angewandten Philosophie, des praktizierenden freien Geistes, der sich als Wille gegen die erscheinende Welt herauskehrt. Die Philosophie in ihrer Anwendung ist also, weil sie den abstrakten Gehalt der wirklichen Welt nicht entdeckt und ihr Sein deshalb auch nicht untersuchen muß, immer die Beherrschung des wirklichen Menschen, dem jedwede Äußerung seiner als Mensch innerhalb seiner Wirkungen zum Prinzip verkehrt und unterjocht wird.

“Indem die Philosophie als Wille sich gegen die erscheinende Welt herauskehrt: ist das System zu einer abstrakten Totalität herabgesetzt, das heißt, es ist zu einer Seite der Welt geworden, der eine andere gegenübersteht. Sein Verhältnis zur Welt ist ein Reflexionsverhältnis. Begeistet mit dem Trieb, sich zu verwirklichen, tritt es in Spannung gegen anderes. ... So ergibt sich die Konsequenz, daß das Philosophischwerden der Welt zugleich ein Weltlichwerden der Philosophie, daß ihre Verwirklichung zugleich ihr Verlust, daß, was sie nach außen bekämpft, ihr eigener innerer Mangel ist, daß gerade im Kampfe sie selbst in die Schäden verfällt, die sie am Gegenteil als Schäden bekämpft, und daß sie diese Schäden erst aufhebt, indem sie in dieselben verfällt. Was ihr entgegentritt und was sie bekämpft, ist immer dasselbe, was sie ist, nur mit umgekehrten Faktoren.“ (MEW 40, S. 328).


↑(39) Ganz im Gegensatz zu den Idealisten drücken die Positivisten die Idealität der gegebenen Welt aus. Sie sind als Denker selbst verzaubert von der Wirklichkeit und verkörpern daher deren Idealität als ihren Denkakt. Sie setzen nicht sich gegen die Welt, sondern die Welt gegen die Menschen. Ihnen erscheint der Mensch nun mangelhaft, irrtümlich, in seiner Subjektivität verworren, weil ihnen die Welt, das Objektive, als reines Faktum eines in sich geschlossenen Verkehrs, als Wirklichkeit einer verkehrten Idee, die Gewißheit des Lebens bietet. Der Positivist erhofft sich in der Anschauung der Welt als tugendhafte Lösung der Mängel von Menschen die Aufhebung des Krieges der Irrationalität und damit die Verwirklichung des Friedens einer entfremdeten Welt.

“Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als sinnliche menschliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher die tätige Seite abstrakt im Gegensatz zu dem Materialismus und dem Idealismus – der natürlich die wirkliche sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt -entwickelt.“ (MEW 3, S. 5).

Der Positivist will die Menschen erziehen und die in der Welt selbst gesetzten Idealitäten als bloße Veränderung der Umstände der Menschen herstellen. Aber “die materialistische Lehre von der Veränderung der Umstände und der Erziehung vergißt, daß die Umstände von den Menschen verändert und der Erzieher selbst erzogen werden muß. Sie muß daher die Gesellschaft in zwei Teile – von denen der eine über ihr erhaben ist – sondieren. Das Zusammenfallen des Änderns der Umstände und der menschlichen Tätigkeit oder Selbstveränderung kann nur als revolutionäre Praxis gefaßt und rationell verstanden werden.“ (MEW 3, S.6)

Der Positivismus als dieser Materialismus ist die Seite der Philosophie, welche den Willen der Welt, den verkehrten Menschen, zur Wendung des Menschen in sich selbst bringt. In der Entgegensetzung zum Idealismus, der sich in der Liberalität des menschlichen Wesens genügt, im Insistieren des menschlichen Werdens, hat sich der Positivismus als notwendige Position vom Standpunkt menschlichen Wirkens und Tätigseins aus ergeben. So ist die Philosophie insgesamt, sofern man vom Pragmatismus absieht, eine gegenläufige Geistesbewegung um das, was die Welt wirklich verkehrt: um den Wert. Die Philosophie als abstraktes Bewußtsein stellt insgesamt somit die Nichterkenntnis dieses Werts als Bewegung um ihn und durch ihn dar. Somit erweist sich die Ökonomie als wirkliche und tatsächliche Kritik der Philosophie und wird zur wirklichen Kritik gegen jeden philosophischen und politischen Gehalt des Denkens sich wenden. Diese Doppeltheit der Philosophie und Unendlichkeit ihres Denkens hat Marx bereits in seiner Dissertation erkannt:

“Endlich tritt diese Gedoppeltheit des philosophischen Selbstbewußtseins als eine doppelte, sich auf das extremste gegenüberstehende Richtung auf, deren eine, die liberale Partei, wie wir sie im allgemeinen bezeichnen können, den Begriff und das Prinzip der Philosophie, die andere ihren Nichtbegriff, das Moment der Realität, als Hauptbestimmung festhält. Diese zweite Richtung ist die positive Philosophie. Die Tat der ersten ist die Kritik, also gerade das sich nach außen wenden der Philosophie, die Tat der zweiten der Versuch zu philosophieren, also das Insichwenden der Philosophie, indem sie den Mangel als der Philosophie immanent weiß, während die erste ihn als Mangel der Welt, die philosophisch zu machen, begreift. Jede dieser Parteien tut gut gerade das, was die andere tun will und was sie selbst nicht tun will. Die erste aber ist sich bei ihrem innern Widerspruch des Prinzips im allgemeinen bewußt und ihres Zweckes. In der zweiten erscheint die Verkehrtheit, sozusagen die Verrücktheit, als solche. Im Inhalt bringt es nur die liberale Partei, weil die Partei des Begriffes, zu realen Fortschritten, während die positive Philosophie es nur zu Forderungen und Tendenzen, deren Form ihrer Bedeutung widerspricht, zu bringen imstande ist.“ (MEW 40, S. 329f).


↑(40) Einigen sozialistischen Theoretikern schien es möglich, das Rätsel dieser gegenläufigen Beziehung dadurch aufzuheben, daß sie Variation und Durchschnitt in einem vorwegnehmen wollten, indem sie die Arbeitszeit absolut gemacht hatten und Arbeitszettel als Verkehrsmedium ausgeben wollten. Das heißt, sie wollten durch die Erfindung eines festen Arbeitsgeldes die Waren „korrekt“ tauschen, indem sie die je unterschiedlichen Arbeitszeiten auf einen Zettel als Geld nominieren wollten und somit die Durchschnittsarbeitszeit sich aus den nominierten einzelnen Arbeitszeiten zusammensetzen sollte zu dem „echten“ Quantum der Arbeitszeit. Hiermit wollten sie umgehen, daß sich aus dem Vergleich der Waren selbst erst der Durchschnitt bildete, und es durch die Arbeitszettel nicht mehr auf den Durchschnitt selbst ankommen mußte (vgl. hierzu die Diskussion in Fußnote 50 auf S. 109). Marx stellt in den Grundrissen (von S. 55-59) das Unding dieser nominal verwirklichten Abstraktion dar:

“Der Stundenzettel, der die Durchschnittsarbeitszeit repräsentiert, würde nie der wirklichen Arbeitszeit entsprechen und nie gegen sie konvertibel (austauschbar)sein; das heißt die in einer Ware vergegenständlichte Arbeitszeit würde nie eine sich gleiche Quantität Arbeitsgeld kommandieren und umgekehrt, sondern mehr oder weniger, wie jetzt jede Oszilation des Marktwerts in einem Steigen oder Fallen ihrer Gold- und Silberpreise sich ausdrückt.“ Gerade weil sich die Ware in ihrem Dasein als Produkt der Arbeit als etwas quantitativ Anderes erweist, als in ihrem ungleichen Dasein als Ware, im einen also zum Durchschnittsquantum reduziert, im andern zum bestimmten Quantum variiert dargestellt ist, benötigt sie auch unterschiedlich gestellte Waren, worin sich dieses Verhältnis darstellt. Es gibt also nicht die Ware als Ware, sondern auch in ihrem quantitativen Dasein unterschiedlich bestimmte Waren:

“Der Unterschied zwischen Preis und Wert, zwischen der Ware, gemessen durch die Arbeitszeit, deren Produkt sie ist, und dem Produkt der Arbeitszeit, gegen die sie sich austauscht, dieser Unterschied erheischt eine dritte Ware als Maß, worin sich der wirkliche Tauschwert der Waren ausdrückt. Weil der Preis nicht gleich dem Wert ist, kann das wertbestimmende Element – die Arbeitszeit – nicht das Element sein, worin die Preise ausgedrückt werden, weil die Arbeitszeit sich zugleich als das Bestimmende und das Nichtbestimmende, als das Gleiche und Ungleich ihrer selbst auszudrücken hätte.“ (Grundrisse, S. 58).

Dies also ist das wirkliche Geheimnis des Austausches, welches erst Marx entdeckt hatte. Und das Gleichsein der Waren und ihr Ungleichsein, das Durchschnittliche und das Variante, muß sich als unterschiedene Stellung der Waren im Tausch verkörpern. Wir haben es von hier mit dem Tausch zu tun und haben deshalb im folgenden seinen wirklichen Gehalt zu untersuchen.


↑(41) In der Marx-Rezeption wird – wenn auch nicht ausgesprochen – gerade dies meist übersehen oder übergangen, was das wichtigste der Ökonomie überhaupt darstellt: Der Unterschied von nützlicher Arbeit und ihrem Dasein als gesellschaftliche Arbeit resultiert erst aus dem Warenverhältnis. Dieser Unterschied ist Produkt einer bestimmten gesellschaftlichen Form, in welcher die Menschen verkehren. Wer diese Form nicht erkennt, schaut sie immer vom Standpunkt seiner Wahrnehmung aus an und ordnet die Nützlichkeit der Ware seiner Individualität unbenommen als Gebrauchswert auf der einen Seite zu, in welchem ihm kein Deut fremd erscheint, und er beliebt es, die Gesellschaftlichkeit der Ware als ihm Fremdes, als Tauschwert zu denunzieren. Die Erkenntnis, daß der Gebrauchswert die Form des Tauschwerts hat, also mit ihm wesentlich identisch ist und lediglich die individuelle Seite dieser Gesellschaftsform darstellt, verbirgt ihm den Blick für die objektive Getrenntheit einer Gesellschaft als Verkehrsverhältnis und befriedigt sein bequemes Bedürfnis, sich im Gegensatz zur Gesellschaft zu bewahren. Die meisten Rezeptionen dieses Kapitels beginnen daher mit der Unterstellung eines natürlichen Gebrauchswerts, der als Träger des Tauschwerts verfälscht wird, bzw. zum objektiven Problem oder Zwang einer Vermittlung wird. So, als hätte Marx in seiner Formulierung, daß es immer nützliche Arbeit gibt und immer nützliche Gegenstände, daher auch Gebrauchswerte immer stofflicher Inhalt des Reichtums sind, gesagt, daß der Gebrauchswert in dieser übergeschichtlichen Tatsache getrennt von der Form dieser Gesellschaft existiert. Wie schon in einer Fußnote zuvor erwähnt, hat die AK (heute: Marxistische Gruppen) dadurch, daß sie die Trennung von nützlicher Arbeit und gesellschaftlicher Arbeit bereits als Form dem Buch vorausgesetzt unterstellt, auch die gigantische Einsicht gewonnen, daß erst im Wert die Arbeit gesellschaftlich existiert. Für sie ist der Gebrauchswert eine Naturtatsache, die lediglich an der Ware klebt: “Objektiv, unabhängig von ihrer Beziehung auf das menschliche Bedürfnis, reduziert sich der erste Faktor der Ware (der Gebrauchswert) auf die Bestimmung eines natürlichen Gegenstands. Damit ist auch klargestellt, daß Gebrauchswert zu sein, kein Spezifikum der kapitalistischen Ökonomie darstellt.“ (Resultate der Arbeitskonferenz Nr. 1/74, S. 54). Dieser Trennung folgt sie in der ganzen Rezeption des Kapitals, so daß sie erstens drauf kommt, daß die Natur wie auch die Naturwissenschaft unbenommen für sich existiert, in der bürgerlichen Gesellschaft also selbst keinen bürgerlichen Gehalt hat und zweitens allein die Fortpflanzung des Werts als Form ohne jeglichen wirklichen Gehalt zum Kapital bringt. Objektiv ist also für die AK ein natürlicher Gegenstand, d.h. keine Verobjektivierung des Menschen, keine menschliche Objektivität. Objektiv ist das allseitige Gleichbleiben, das übergeschichtliche Wesen einer dargestellten Geschichte außerhalb von Menschen. Wem dies objektiv ist, der hat keine menschliche Objektivität und kann deshalb auch kein Subjekt darin erkennen. Er kann nur Objektivität selbst sagen als von ihm Getrenntes und muß das Subjekt letztlich in seiner Irrtümlichkeit als Mensch kritisieren.

So entlarvt sich eine solche Objektivität im Aufklärungsinteresse der AK über die Welt, zu der sie keinen Menschen weiß, sondern umgekehrt die Menschen zu einem Willen agitieren will, der sich gegen diese Welt stellt wie ein Philosoph gegen die Wirklichkeit. ( Inzwischen formuliert die MG selbst, daß sie es als die “einzige Aufgabe marxistischer Theorie“ hält, bei den Lohnarbeitern „Agitation für den Willen zu betreiben, die Gründe ihrer Klassenmisere zu beseitigen.“ (Flugblatt zur Galerie großer Geister). Es geht also nicht um die Entwicklung des Klassenkampfs zur Aufhebung der Klassenkämpfe, sondern um einen Willen, gegen die Klassenmisere anzutreten, weil offensichtlich diese Misere selbst keinen Grund zur Änderung der Gesellschaft enthält!).

So wie für diese Leute die Gegenstände als natürliche Dinge da sind und erst der Wert eine Gesellschaftlichkeit erzeugt ( die Gleichheit der Waren “als Werte kennzeichnet sie als Produkte“ – ebenda S. 58) haben sie in diesem fundamentalen Mißverständnis der Marxschen Theorie den Kapitalismus auch nur als überkommenes Bewußtsein zu beseitigen. Für diese Leute ist die Form dieser Gesellschaft ein falscher Gedanke, der durch den Willen aufgehoben wird, die Welt zu ändern. Dem hatte bereits Marx 1844 entgegengehalten:

“Um den Gedanken des Privateigentums aufzuheben, dazu reicht der gedachte Kommunismus vollständig aus.“(MEW 40, S. 553).

Aber gerade von daher, daß die MG den Kapitalismus als ein Problem des Geistes ansieht, hat sie auf die „frühen Werke“ von Marx verzichten müssen, denn dort wird die bürgerliche Gesellschaft ausdrücklich als Sinnesform und Zustand von Menschen gesehen. Da das Kapital aber die objektive Ausführung dieses Selbstverständnisses ist, hätte die MG aber Probleme mit ihrem Verhältnis zu Marx bekommen müssen. Um also nicht ihren Verstand ändern zu müssen, haben sie eine Trennung des jungen und des alten Marx dadurch erzeugt, daß sie dem „Jungen“ philosophistischen Unverstand unterschoben: “ Dieser hatte, als er noch der junge Marx war, die Verwirklichung der Philosophie als sein Anliegen formuliert und später, als er sich des philosophischen Weitblicks entledigt hatte und von einem unhaltbaren ökonomischen Standpunkt aus die Welt in Grund und Boden verdammte, (das soll ein Witz sein !) die These vom Ende der Philosophie aufgestellt.“ (Aus einem Flugblatt der MSZ an der Uni München). Wir werden gerade an dieser Stelle zeigen, wie elementar das Naturverständnis von Marx in die Kritik der politischen Ökonomie eingeht, wie er das in den „Frühschriften“ dargestellte Naturverständnis im Kapital verwirklicht, indem er den Doppelcharakter der Arbeit wirklich und tatsächlich als Doppelcharakter der Ware selbst beweist und diesen “Springpunkt ... im Verständnis der politischen Ökonomie“ als Triebkraft der Entwicklung des Kapitalismus und damit als Dasein wirklich gegenwärtiger Naturgeschichte des Menschen, also wirkliches Dasein der Natur in den Verhältnissen, welche Menschen ökonomisch eingehen, beweist. Gerade deshalb kommt er in diesem Punkt auf das Dasein nützlicher Arbeit als Gehalt der gesellschaftlichen Arbeit, wenn sie auch am Individuum selbst verbleibt. Ihm ging es niemals um die Konfrontation des Individuums als Individuum zur Gesellschaft, sondern um die Darstellung der Gesellschaft, wie sie im Individuum und im Verkehr zugleich erscheint: Der geschichtliche Stand des Menschen als Individuum und Gesellschaft in einem.

“Es ist vor allem zu vermeiden, die Gesellschaft wieder als Abstraktion dem Individuum gegenüber zu fixieren. Das Individuum ist das gesellschaftliche Wesen. Seine Lebensäußerung – erscheine sie auch nicht in der unmittelbaren Form einer gemeinschaftlichen, mit andern zugleich vollbrachten Lebensäußerung – ist daher eine Äußerung und Bestätigung des gesellschaftlichen Lebens. Das individuelle und das Gattungsleben des Menschen sind nicht verschieden, so sehr auch – und dies notwendig – die Daseinsweise des individuellen Lebens eine mehr besondere oder mehr allgemeine Weise des Gattungslebens ist, oder je mehr das Gattungsleben ein mehr besonderes oder allgemeines individuelles Leben ist.“ (MEW 40, S. 538f)

So kommt an dieser Stelle über die nützliche Arbeit als Gehalt der Ware wiederum der Hinweis auf den besonderen geschichtlichen, bei Marx: naturgeschichtlichen, Gehalt des gesellschaftlichen Lebens vor.

“Das Dasein von Rock, Leinwand, jedem nicht von Natur vorhandenen Element des stofflichen Reichtums, mußte immer vermittelt sein durch eine spezielle, zweckmäßig produktive Tätigkeit, die besondere Naturstoffe besonderen menschlichen Bedürfnissen assimiliert. Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit, ist die Arbeit daher eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also menschliches Leben zu vermitteln. Die Gebrauchswerte Rock, Leinwand usw., kurz die Warenkörper, sind Verbindungen von zwei Elementen, Naturstoff und Arbeit. Zieht man die Gesamtsumme aller verschiedenen nützlichen Arbeiten ab, die in Rock, Leinwand usw. stecken, so bleibt stets ein materielles Substrat zurück, das ohne Zutun des Menschen von Natur vorhanden ist. Der Mensch kann in seiner Produktion nur verfahren, wie die Natur selbst, das heißt nur die Formen der Stoffe ändern. Noch mehr. In dieser Arbeit der Formung selbst wird er beständig unterstützt von Naturkräften. Arbeit ist also nicht die einzige Quelle der von ihr produzierten Gebrauchswerte, des stofflichen Reichtums. Die Arbeit ist sein Vater, wie William Petty sagt, und die Erde seine Mutter.“ (MEW 23, S. 57f).

In der nützlichen Arbeit stellt sich der Mensch als Naturerzeugung und -erzeuger dar. Dies ist keine anthropologische Aussage, sondern menschliches Selbstverständnis. Gleiches hat Marx in all seinen Schriften betont und dargelegt. So z.B. in den Pariser Manuskripten“: “Die Universalität des Menschen erscheint praktisch eben in der Universalität, die die ganze Natur zu seinem unorganischen Körper macht, sowohl insofern sie erstens ein unmittelbares Lebensmittel, als inwiefern sie zweitens die Materie, der Gegenstand und das Werkzeug seiner Lebenstätigkeit ist. Die Natur ist der unorganische Leib des Menschen, nämlich die Natur, soweit sie nicht selbst menschlicher Körper ist. Der Mensch lebt von der Natur, heißt: die Natur ist sein Leib, mit dem er im beständigen Prozeß bleiben muß, um nicht zu sterben. Daß das physische und geistige Leben des Menschen mit der Natur zusammenhängt, hat keinen ändern Sinn, als daß die Natur mit sich selbst zusammenhängt, denn der Mensch ist ein Teil der Natur.“ (MEW 40, S. 515f). So ist für Marx die Gesellschaft das natürliche Dasein des Menschen und die Verwirklichung der menschlichen Natur:

„Das menschliche Wesen der Natur ist erst da für den gesellschaftlichen Menschen; denn erst hier ist sie für ihn da als Band mit dem Menschen, als Dasein seiner für den ändern und des ändern für ihn, wie als Lebenselement der menschlichen Wirklichkeit, erst hier ist sie da als Grundlage seines eigenen menschlichen Daseins. Erst hier ist ihm sein natürliches Dasein sein menschliches Dasein und die Natur für ihm zum Menschen geworden. Also die Gesellschaft ist die vollendete Wesenseinheit des Menschen mit der Natur, die wahre Resurrektion der Natur, der durchgeführte Naturalismus des Menschen und der durchgeführte Humanismus der Natur.“ (ebd., S. 538).

Es kann für Marx daher auch nur in der Wissenschaft selbst die Entwicklung des Menschen als Naturwesen in der Form gestaltet und dargestellt auftreten, wie sie gegenwärtig ist, denn ihm ist “die Geschichte selbst ein wirklicher Teil der Naturgeschichte, des Werdens der Natur zum Menschen.“ (ebd., S. 544). So ist ihm die wirkliche und vollendete Naturwissenschaft eben die wirklich und vollendete Gesellschaftswissenschaft, Selbsterkenntnis des Menschen.

“Der erste Gegenstand des Menschen – der Mensch – ist Natur, Sinnlichkeit, und die besonderen menschlichen sinnlichen Wesenskräfte, wie sie nur in natürlichen Gegenständen ihre gegenständliche Verwirklichung, können nur in der Wissenschaft des Naturwesens überhaupt ihre Selbsterkenntnis finden.“ (ebd., S. 544). So gilt ihm auch das Kapital als Naturwissenschaft, als Feststellung des gegebenen Stands des menschlichen Wesens in seiner Sinnlichkeit, in seinem allgemeinen sinnlichen und unmittelbaren Verkehr. Nur dies und ausschließlich dies sagt er mit der Aussage über die “unabhängige Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit“ (MEW 23, S. 57).

Niemals kann es ihm zueigen gewesen sein, die Naturgeschichte der Menschen der bürgerlichen Gesellschaft gegenüber zu stellen, denn er hat die bürgerliche Gesellschaft selbst als Stand dieser Geschichte aufgefaßt. Ihm ging, es darum, den in ihr enthaltenen allseitigen und dem Wesen nach bereits wirklichen Gehalt des Menschen als Grundlage der Entwicklung des Kapitals darzustellen. In der Gegenüberstellung von der bürgerlichen Gesellschaft als von der Natur getrennte Lebensform würde die Überwindung dieser Form entweder unmöglich oder unnötig machen: unmöglich, weil die individuelle Erscheinung des Menschen in der Überwindung der bürgerlichen Gesellschaft formlos würde, also der wirklich gesellschaftslose Mensch erzeugt würde, – er sich so auch nur in seinen Leib verstricken könnte, zu dem Tier erst würde, als welches er nur in der bürgerlichen Gesellschaft gesetzt ist; unnötig, wenn der Mensch bereits in seiner natürlichen Entfaltung mit all seinen nützlichen Gegenständen bereits individuell und gesellschaftlich wirklich existieren könnte, die bürgerliche Gesellschaft also lediglich eine unnötige Form ist, die keine Selbstveränderung des Menschen verlangen muß, sondern den Abbau oder die Ermordung einzelner Formen und Personen, der Krieg gegen die Form oder besser gesagt die Maschinenstürmerei mit der Revolutionierung des Menschen identisch wäre. Aber gerade diesem widerspricht Marx ausdrücklich im Vorwort zur ersten Auflage des Kapitals. Ihm geht es eben nicht um die Konfrontation von personifizierten Gewalten und menschlichen Individuen, sondern um den Entwicklungsstand des Menschen und den darin und zu dessen Überwindung und Entwicklung nötigen Klassenkampf als wirklichen Selbstveränderungsprozeß des Menschen, wenn er schreibt:

“Zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse ein Wort. Die Gestalten von Kapitalist und Grundeigentümer zeichne ich keineswegs in rosigem Licht. Aber es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen. Weniger als jeder andere kann mein Standpunkt, der die Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformation als einen naturgeschichtlichen Prozeß auffaßt, den einzelnen verantwortlich machen für Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, sosehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag.“ (MEW 23, S. 16).


↑(42) Die Nützlichkeit der Arbeit stellt sich direkt am Menschen dar, gleichgültig, in welcher gesellschaftlichen Vermittlung diese Arbeit gestanden war:

“Dem Rock ist es übrigens gleichgültig, ob er vom Schneider oder vom Kunden des Schneiders getragen wird. In beiden Fällen wirkt er als Gebrauchswert. Ebensowenig ist das Verhältnis zwischen dem Rock und der ihn produzierenden Arbeit an und für sich dadurch verändert, daß die Schneiderei besondere Profession wird, selbständiges Glied der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit. Wo ihn das Kleidungsbedürfnis zwang, hat der Mensch jahrtausendelang geschneidert, bevor aus einem Menschen ein Schneider ward. Aber das Dasein von Rock, Leinwand, jedem nicht von Natur vorhandenen Element des stofflichen Reichtums, mußte immer vermittelt sein durch eine spezielle, zweckmäßige produktive Tätigkeit, die besondere Naturstoffe besonderen menschlichen Bedürfnissen assimiliert.“ (MEW 23, S. 57).

So ist nützliche Arbeit in den Dingen da, wenn sie gebraucht werden. Solche Arbeit ist weder Grund für ein Warenverhältnis noch für den Bezug von Dingen unter Menschen überhaupt. Dennoch ist nicht damit gesagt, daß dies gesellschaftslose Arbeit ist, denn auch wenn der Schneider sich mit seinem von ihm selbst erzeugten Rock anzieht, so ist das Herstellen und Anziehen des Rocks ein gesellschaftlicher Akt, insofern in der Kleidung überhaupt die Gesellschaft gegenwärtig ist. Für die Gesellschaftlichkeit der Arbeit ist es vollständig gleichgültig, ob ihre äußere Form als Produkt sich faktisch anderen Menschen vermittelt. Arbeit ist die stoffliche Darstellung menschlicher Natur und mag sich auch so verkörpern, daß diese Natur nur an und in einem Menschen stattfindet.

„Die gesellschaftliche Tätigkeit und der gesellschaftliche Genuß existieren keineswegs allein in der Form einer unmittelbar gemeinschaftlichen Tätigkeit und unmittelbar gemeinschaftlichen Genusses, obgleich die gemeinschaftliche Tätigkeit und der gemeinschaftliche Genuß, das heißt die Tätigkeit und der Genuß, die unmittelbar in wirklicher Gesellschaft mit ändern Menschen sich äußert und bestätigt, überall da stattfinden werden, wo jener unmittelbare Ausdruck der Gesellschaftlichkeit im Wesen ihres Inhalts begründet und seiner Natur angemessen ist. Allein auch wenn ich wissenschaftlich etc. tätig bin, eine Tätigkeit, die ich selten in unmittelbarer Gemeinschaft mit ändern ausführen kann, so bin ich gesellschaftlich, weil als Mensch tätig, Nicht nur das Material meiner Tätigkeit ist mir – wie selbst die Sprache, in der der Denker tätig ist – als gesellschaftliches Produkt gegeben, mein eigenes Dasein ist gesellschaftliche Tätigkeit; darum das, was ich aus mir mache ich aus mir für die Gesellschaft mache und mit dem Bewußtsein meiner als eines gesellschaftlichen Wesens.“ (MEW 40, S. 538).

↑(43) Daß sich aus diesem Entwicklungsstand ein Verhältnis ergeben kann, das sich den Menschen gegenüber verselbständigt darstellt, ja – wie wir später sehen werden – zu einer eigenen Macht über das Leben von Menschen werden kann, ist das Problem der Fixierung von Menschen an ihre Produkte und damit an die Verhältnisse, die sich selbst gegen sie entwickeln. Die Teilung der Arbeit wirft unmittelbar die Frage der Form der Verteilung der Arbeitsprodukte auf und ist die Antwort auf die Möglichkeit einer selbständigen Entwicklung dieser Form:

“Die Individuen sind immer von sich aus gegangen, gehen immer von sich aus. Ihre Verhältnisse sind Verhältnisse ihres wirklichen Lebensprozesses. Woher kömmt es, daß ihre Verhältnisse sich gegen sie verselbständigen? Daß die Mächte ihres eigenen Lebens überm.chtig gegen sie werden? Mit einem Wort: Die Teilung der Arbeit, deren Stufe von der jedesmal entwickelten Produktivkraft abhängt.“ (MEW 3, S. 540)

In welcher Form das Produkt der Arbeit für den Menschen ist, so ist auch seine Arbeit für das Produkt. Obwohl die Produktion ganze Dinge herstellt, damit organisch einen ganzen Zusammenhang der Menschen äußert, existiert dieser Zusammenhang nur als Teil, nicht als gesellschaftliches Arbeitsprodukt. So wie diese Arbeitsteilung in jedem Menschen als geteilter Mensch gewärtig ist, so ist auch der Stand der menschlichen Entwicklung:

“Wie weit die Produktionskräfte einer Nation entwickelt sind, zeigt am augenscheinlichsten der Grad, bis zu dem die Teilung der Arbeit entwickelt ist. Jede neue Produktivkraft, sofern sie nicht bloß eine quantitative Ausdehnung der bisher schon bekannten Produktivkräfte ist, hat eine neue Ausbildung der Teilung der Arbeit zur Folge „ (MEW 3, S. 22)

Die Entwicklung der Arbeit innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft kann also nur eine Entwicklung der Arbeitsteilung sein, die sich in dem Prinzip, in welchem die Teile verbunden sind, zur allgemeinen Macht über die Menschen erhebt: im Wert. Darin ist der Entwicklungsstand der Menschen in ihrer Produktion allgemein zusammengeschlossen zu einer gesellschaftlichen Ganzheit, die alle Teile bezieht, ohne die Beziehung der Teile zu formulieren. Im Wert ist die Arbeitsteilung unmittelbar als doppeltes Verhältnis der Menschen zueinander ausgedrückt, in welchem die Produkte gleichermaßen wie die Tätigkeiten sind und sich nur im Zustand ihrer Entäußerung, für den Menschen fremd, zur gesellschaftlichen Macht erheben. Das Dasein der Ware als Privateigentum von Menschen, als Produkt “selbständiger und voneinander unabhängiger Privatarbeit“ (MEW 23, S. 57), ist die Arbeit selbst identisch in ihrem Zusammenhang als geteilte Arbeit dargestellt;

“Mit der Teilung der Arbeit, ... welche ihrerseits wieder auf der naturwüchsigen Teilung der Arbeit in der Familie und der Trennung der Gesellschaft in einzelne, einander entgegengesetzte Familien beruht, ist zu gleicher Zeit auch die Verteilung, und zwar die ungleiche, sowohl quantitative wie qualitative Verteilung der Arbeit und ihrer Produkte gegeben ... Übrigens sind Teilung der Arbeit und Privateigentum identische Ausdrücke – in dem einen wird in Beziehung auf die Tätigkeit dasselbe ausgesagt, was in dem ändern in Bezug auf das Produkt der Tätigkeit ausgesagt wird.“ (ebd., S. 32).

So ist es letztlich die Teilung der Arbeit, die eine Abstraktion produziert, welche als gesellschaftliche Macht, weil als einziges Dasein der Individuen in Gesellschaft auftritt, als gemeinschaftliches Nichts der doch vielseitig vorhandenen individuellen Arbeitsprodukte. Dieses Nichts oder die Abstraktion von allem, die wirklich die einzige Form der Gesellschaft in einer abstrakt geteilten Arbeit sein kann, dieser Wert als Gehalt der bürgerlichen Gesellschaft, wird die Entscheidung der Geschichte selbst auch stellen, in wieweit er die Macht über die Menschen oder die Menschen die Freiheit von dem Joch dieser Abstraktion finden.

“Ferner ist mit der Teilung der Arbeit zugleich der Widerspruch zwischen dem Interesse des einzelnen Individuums ... und dem gemeinschaftlichen Interesse aller Individuen, die miteinander verkehren, gegeben; und zwar existiert dies gemeinschaftliche Interesse nicht bloß in der Vorstellung, als Allgemeines, sondern zuerst in der Wirklichkeit als gegenseitige Abhängigkeit der Individuen, unter denen die Arbeit geteilt ist. Und endlich bietet uns die Teilung der Arbeit gleich das erste Beispiel davon dar, daß, solange die Menschen sich in der naturwüchsigen Gesellschaft befinden, solange also die Spaltung zwischen dem besonderen und gemeinsamen Interesse existiert, solange die Tätigkeit also nicht freiwillig, sondern naturwüchsig geteilt ist, die eigne Tat des Menschen ihm zu einer fremden, gegenüberstehenden Macht wird, wie die, die ihn unterjocht, statt daß er sie beherrscht. Sowie nämlich die Arbeit verteilt zu werden anfängt, hat jeder einen bestimmten ausschließlichen Kreis der Tätigkeit, der ihm aufgedrängt wird, aus dem er nicht herauskann; er ist Jäger, Fischer, oder Hirt oder kritischer Kritiker und muß es bleiben, wenn er nicht die Mittel zum Leben verlieren will – während in der kommunistischen Gesellschaft, wo jeder nicht einen ausschließlichen Kreis der Tätigkeit hat, sondern sich in jedem beliebigen Zweige ausbilden kann, die Gesellschaft die allgemeine Produktion regelt.“ (ebd., S. 32f.)


↑(44)

“Ein größeres Quantum Gebrauchswert bildet an und für sich größeren stofflichen Reichtum, zwei Röcke mehr als einer. Mit 2 Röcken kann man 2 Menschen kleiden, mit einem Rock nur einen Menschen usw. Dennoch kann der steigenden Masse des stofflichen Reichtums ein gleichzeitiger Fall seiner Wertgröße entsprechen. Diese gegensätzlich Bewegung entspringt aus dem zwieschlächtigen Charakter der Arbeit. Produktivkraft ist natürlich stets Produktivkraft nützlicher, konkreter Arbeit und bestimmt in der Tat nur den Wirkungsgrad zweckmäßiger produktiver Tätigkeit im gegebenen Zeitraum. Die nützliche Arbeit wird daher reichere oder dürftigere Produktenquelle im direkten Verhältnis zum Steigen oder Fallen ihrer Produktivkraft. Dagegen trifft ein Wechsel der Produktivkraft die im Wert dargestellte Arbeit an und für sich gar nicht. Da die Produktivkraft der konkreten nützlichen Form der Arbeit angehört, kann sie natürlich die Arbeit nicht mehr berühren, sobald von ihrer konkreten nützlichen Form abstrahiert wird. Dieselbe Arbeit ergibt daher in denselben Zeiträumen stets dieselbe Wertgröße, wie immer die Produktivkraft wechsle. Aber sie liefert in demselben Zeitraum verschiedene Quanta Gebrauchswerte, mehr, wenn die Produktivkraft steigt, weniger, wenn sie sinkt. Derselbe Wechsel der Produktivkraft, der die Fruchtbarkeit der Arbeit und daher die Masse der von ihr gelieferten Gebrauchswerte vermehrt, vermindert also die Wertgröße dieser vermehrten Gesamtmasse, wenn er die Summe der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit abkürzt. Ebenso umgekehrt.“ (MEW 23, S. 60f.).

Marx stellt hier dar, daß es kein Wachstum der Wertgröße als Wachstum des Werts gibt. Wachstum der Wertgröße kann sich nur im Tausch selbst entwickeln, nicht im Verhältnis zur Produktivität, denn die Produktivität stellt sich nur als Vermehrung der Gebrauchswerte dar. Was das Wertwachstum also ausmacht, ist nicht das Wachstum der Produktivität. Umgekehrt, das Verhältnis der Waren auf dem Markt verbleibt umso mehr unter sich, das heißt wird umso mehr zum einfachen Gegenstand des Konsums, den die Warenwelt in jeder einzelnen Ware bietet, je geringer die Steigerung der Produktivität der Arbeit ist, je weniger Gebrauchswerte also in die Arbeit wieder zurückgehen als Arbeitsmittel. Die Heftigkeit und Hektik im Austausch, ihr beständiger Vergleich im Aufgehen und Verschwinden einzelner Produkte, wird umso rasender, je geringer das Wachstum der Produktivkraft in Wirklichkeit ist, und sofern sie ganz stagniert, sofern es keine Entwicklung der Produktivität der Arbeit mehr gibt, stülpt sich die Warenwelt als fortkehrende Wiederholung gegebener Gebrauchswerte zu einer unendlichen Masse von Werten auf, deren Gebrauch, deren Nützlichkeit sich auf die Reproduktion der physischen Subsistenz der Menschen beschränken muß. In solchen Krisen wird sich immer die Umkehrung des Daseins der Arbeitsprodukte als Waren zur Aneignung als Produkte von bestimmten Menschen ergeben. Im Wert erscheint also nicht der Reichtum an Stoffen, sondern die Armut menschlicher Arbeit in der Reduktion auf ihr physiologisches Sein.

Andererseits kann sich die bürgerliche Gesellschaft eben nur in diesem Verhältnis entwickeln, soweit sich dieses Verhältnis nicht gegen ihre eigene Entwicklung verkehrt. Im ersten Band des Kapitals haben wir es mit dieser einfachen Entwicklung zu tun, in welcher alle Waren als Gebrauchswerte von Menschen wirklich existieren und zugleich in dieser Existenz sich nur als Wert darstellen, also als Gebrauchswert Wert verwirklichen. So stehen die Waren immer in zweckbestimmter Form zugleich gleichgültig zueinander und bilden in dieser Begegnung und Bewegung das unmittelbare Kapitalverhältnis. Das Warenverhältnis stellt sich also in dieser Bewegung dar und entwickelt aus diesem Grunde den Gegensatz von Gebrauch und Wert:

“Alle Arbeit ist einerseits Verausgabung menschlicher Arbeitskraft im physiologischen Sinne, und in dieser Eigenschaft gleicher menschlicher oder abstrakt menschlicher Arbeit bildet sie den Warenwert. Alle Arbeit ist andererseits Verausgabung menschlicher Arbeitskraft in besonderer zweckbestimmter Form, und in dieser Eigenschaft konkreter nützlicher Arbeit produziert sie Gebrauchswerte.“ (MEW 23, S. 61).

In der Fußnote 16 im Anschluß an diesen Text kritisiert Marx deshalb gerade solche Theorien, deren Entwicklung auf den Begriff des Werts an sich beruhen, und die deshalb die Quantität der Arbeit mit dem Wertquantum verwechseln. Im Kapitalismus eben ist das Arbeitsquantum nicht als Wertquantum dargestellt, sondern als Quantum der in den vorhandenen Produkten verdurchschnittlichten Arbeitszeit, deren Durchschnitt sich nur dadurch bilden kann, daß die im einzelnen Produkt jeweils bestimmte Arbeitszeit, also die insgesamt variierenden bestimmten Arbeitszeiten, auf ihr gemeinsames Sein als Wertquantum oder Wertgröße reduziert worden sind. Nur aus diesem Grund ergibt sich die eigentümlich Bewegung der bürgerlichen Gesellschaft und eine Theorie hierüber nicht allein die Aufzählung der darin vorkommenden Faktizitäten (wie z.B. Preis, Arbeitslohn, Investition usw.), sondern ist die Entdeckung eines gesellschaftlich gebotenen Widerspruchs, der zur Aufhebung durch Menschen ansteht.


↑(45) Indem die Idealisten für sich selbst das wirkliche Verhältnis in der Welt leugnen, also

keine wirkliche Beziehung der Waren von Produktion und Konsumtion haben, („Für einen Hegelianer ist nichts einfacher, als Produktion und Konsumtion identisch zu setzen“ – MEW 13, S. 625)

endet ihre Analyse überhaupt in der trivialen Feststellung, daß der Wert als allgemeines Sichgleichbleiben der Waren existiert, was ihnen niemals die Frage abverlangt, wie dieses in Wirklichkeit sein kann, wo doch keine wirkliche Geschichte diese unendliche Gleichheit dulden kann. Hegel erfaßt den “Wert als das innere Gleiche von Sachen, die in ihrer Existenz spezifisch ganz verschieden sind“ (Hegel, Rechtsphilosophie, § 101, HW 7, S. 194), als Allgemeines“mit Gleichgültigkeit seiner spezifischen Beschaffenheit“ (ebd., § 53, S. 118). Nach ihm sind die Waren als Werte „bei aller qualitativer äußeren Verschiedenheit der Sachen einander gleich“ (ebd., § 77, S. 160) und erscheinen somit wirklich und ohne irgendwelche Umstände in der Unabänderlichkeit des Gelds, worin sich lediglich das Leben der Menschen “als existierender allgemeiner Wert der Dinge und der Leistungen“ (ebd., § 299, S. 466) ausdrückt. Die Hegelsche Manier, die Menschen an ihrer Entfremdung dadurch zu binden, daß er diese nur als Geistesakt auffaßt, und daher auch zu keiner wirklichen Kritik dieses Verhältnisses, geschweige denn des Geldes in der Lage ist, sieht im Geldausdruck der Ware die Verwirklichung ihres Werts und damit die Verwirklichung von Leistungen der Menschen und auf ihre Bedürfnisse überhaupt bezogen (ebd., § 63, S. 135). In seinem Kapitalbegriff wird diese verrückte Fortbestimmung des Begriffs bis hin zu seiner Erscheinung vollständig sinnfällig, wenn er nämlich das Kapital als Form des Vermögens der Arbeit im System der Bedürfnisse einführt:

“Die Möglichkeit der Teilnahme an dem allgemeinen Vermögen, das besondere Vermögen, ist aber bedingt, teils durch eine unmittelbar eigne Grundlage (Kapital), teils durch die Geschicklichkeit, welche ihrerseits wieder selbst durch jenes, dann aber durch die zufälligen Umstände bedingt ist, deren Mannigfaltigkeit die Verschiedenheit in der Entwicklung der schon für sich ungleichen natürlichen körperlichen und geistigen Anlagen hervorbringt.“ (ebd., § 200).

So ist ihm, der im Allgemeinen seinen Frieden und seine Befriedigung findet, das Kapital das wirklich “allgemeine, bleibende Vermögen“ (ebd., § 199, ebenso § 170) geworden und praktisch allein die Form menschlicher Geschicklichkeit, in welcher die Bedürfnisse aus der Art ihrer Befriedigung und ihrer Arbeit ihr allseitiges Vermögen finden. Es ist ihm allein das „feste Eigentum“, wie es jedes und immerda überhaupt seiendes Eigentumsverhältnis aufbringt.


↑(46) Die Feststellung, daß “das Äquivalent in der Wertgleichung stets nur die Form eines einfachen Quantums einer Sache, eines Gebrauchswerts“ (MEW 23, S. 70) nicht sein kann, hat für die folgenden Ableitungen ungeheure Bedeutung, besonders in der Geldtheorie. Wäre die Äquivalentform, oder später das Geld, einfacher Ausdruck des Wertquantums, einfacher Wertausdruck, so wäre es nur Zeichen und Handhabe für den Austausch. Wesentlich gegen diese Zeichentheorie wehrt sich Marx hier wie auch vor allem gegen deren Folgen (vgl. Grundrisse, S. 71 ff), denn die Äquivalentform als Wertausdruck würde heißen, daß die Ware in dieser Form nicht als wirklich sinnlich gegenwärtige Ware am Wertausdruck teilnimmt; sie wäre zum Zeichensein verurteilt und würde aus dem ganzen Prozeß herausfallen, da sie ja als Zeichen nur zeichenhaft figurieren kann. Sie aber figuriert wirklich als „bestimmtes Quantum einer Sache“. Im Wertausdruck stellt sich das quantitative Verhältnis des Werts als Quantum einer Sache wirklich dar, und somit drückt das Quantum dieser Sache in Äquivalentform, wenngleich sie nicht unmittelbar bestimmt ist, den Wert der Sachen aus und ist als wirkliches Produkt von Menschen auf die eine Seite gestellt, der andere Produkte von Menschen gegenüber sich messend verhalten. Marx wendet sich hier vor allem gegen Bailey und seine Schüler, die sich vollständig positivistisch mit der Tatsache der Äquivalentform in dem zufriedengeben, daß sie eben Wertausdruck ist und insofern ein „quantitatives Verhältnis“ der Waren lediglich zeichenhaft darstellt. Hierdurch wird die Wirklichkeit der Entfremdung des Menschen im Geld dadurch aufgehoben, daß das Geld als natürliches Gebrauchsgut des Austausches erscheint und hierdurch nicht eine wirkliche Ware zur Erscheinungsform des Wertseins anderer Waren herabgesetzt wird.


↑(47) In seiner Darstellung des aristotelischen Wertbegriffs im Kapital (MEW 23, S. 73f.) stellt Marx selbst dar, daß der Entwicklungsstand einer Arbeit überhaupt vorausgesetzt sein muß, bevor dieser Entwicklungsstand in der Gesellschaftsform entdeckt werden kann. Dass in der bürgerlichen Gesellschaft abstrakt menschliche Arbeit den Entwicklungsstand der Arbeit überhaupt und damit das System der Arbeitsteilung selbst ausdrückt, beweist Aristoteles, der, ohne diesen Stand gesellschaftlich vorzufinden, nicht von der Gleichheit der Dinge auf ihr Dasein als abstrakt menschliche Arbeit schließen konnte. In der Zeit der Sklavenarbeit gab es keine gleiche menschliche Arbeit, da diese “die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arbeitskräfte zur Naturbasis hatte.“ (MEW 23, S. 74) Die Gleichheit der Waren mit der gleichen Gültigkeit aller Arbeiten in einem zu erkennen, ist erst möglich “in einer Gesellschaft, worin die Warenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts, also auch das Verhältnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhältnis ist.“ (MEW 23, S. 74).


↑(48)

“Wenn es im Eingang dieses Kapitels in der gang und gäben Manier hieß: die Ware ist Gebrauchswert und Tauschwert, so war dies, genau gesprochen, falsch. Die Ware ist Gebrauchswert oder Gebrauchsgegenstand und Wert. Sie stellt sich dar als dies Doppelte, was sie ist, sobald ihr Wert seine eigne, von ihrer Naturalform verschiedene Erscheinungsform besitzt, die des Tauschwerts, und sie besitzt diese Form niemals isoliert betrachtet, sondern stets nur im Wertoder Austauschverhältnis zu einer zweiten, verschiedenartigen Ware. Weiß man dies jedoch einmal, so tut jene Sprechweise keinen Harm, sondern dient zur Abkürzung.“ (MEW 23, S. 75)


↑(50) Vgl. hierzu die Gedanken, welche Marx in Skizzen über den Ideologen hinterlassen hat, der sich selbst als Arbeitsteil versteht:

“Es gibt keine Geschichte der Politik, des Rechts, der Wissenschaft etc., der Kunst, der Religion etc. Warum die Ideologen alles auf den Kopf stellen. Religiösen, Juristen, Politiker. Juristen, Politiker (Staatsleute überhaupt), Moralisten, Religiöse. Für diese ideologische Unterabteilung in einer Klasse, erstens Verselbständigung des Geschäfts durch die Teilung der Arbeit; jeder hält sein Handwerk für das Wahre. Über den Zusammenhang, worin ihr Handwerk mit der Wirklichkeit steht, machen sie sich umso notwendiger Illusionen, da dies schon durch die Natur des Handwerks selbst bedingt wird. Die Verhältnisse werden in der Jurisprudenz, Politik etc. – im Bewußtsein zu Begriffen; da sie nicht über diese Verhältnisse hinaus sind, sind auch die Begriffe derselben in ihrem Kopf fixe Begriffe; der Richter zum Beispiel wendet den Code an, ihm gilt daher die Gesetzgebung für den wahren aktiven Treiber. Respekt vor ihrer Ware; da ihr Geschäft es mit Allgemeinem zu tun hat. Idee des Rechts. Idee des Staats. Im gewöhnlichen Bewußtsein ist die Sache auf den Kopf gestellt. Religion ist von vornherein das Bewußtsein der Transzendenz, das hervorgeht aus dem wirklichen Müssen.“ (MEW 3, S. 539f.).


↑(51) Manchem freischaffenden Geist wurde hier das Rätsel aufgegeben wie man denn behaupten könnte, daß es gesellschaftlich notwendige Bewußtseins formen gäbe, während man selber im Begriffe einer Kritik dieses Bewußtseins sich befindet, also dieser Notwendigkeit nicht als einzelner Mensch folgen muß. Dieses Problem kann aber nur dem entstehen, dem die Notwendigkeit seines Denkens nicht als eigene Tätigkeit gegeben ist, sondern als Nachvollzug des Gegebenen selbst, denn er hat nichts zu erschließen und hat nichts im Denken wirklich zu entwickeln. Er kann sich nochmal vorstellen, wie das ist, wenn etwas gesetzt ist, wie ihm zugleich seine Kategorie als Zwang dieser Vorstellung verewigt ist: Ich kann nur denken, was ich denken muß. Gerade die Kritik der Bewußtseinsform ist, wie auch die Kritik der bürgerlichen Gesellschaft überhaupt, aber nichts anderes als menschliche Selbsterzeugung im durchaus historisch gegebenen Bedürfnis nach einer anderen Gesellschaft, Kritik als Erkenntnis des bedingten Lebens und bedingungslose Äußerung über die Geschichte, die hierdurch zur Vergangenheit herabgesetzt wird. Würde man aus der Immanenz dieser Geschichte die Notwendigkeit einer Änderung als solche erklären, so sähe man von der wirklichen Not der Menschen bereits ab und erklärt ihnen das, was der Kopf als Grund einer Notwendung weiß. Gerade die Entdeckung des wirklichen Verlangens einer Änderung dieser Gesellschaft umschließt, daß diese Gesellschaft dieses Verlangen selbst enthält und die Arbeit des Kopfes alleine ist, dieses Verlangen als allgemein menschliches Verlangen aufzudecken. Die bürgerliche Ideologie ist gerade darin zu kritisieren, daß sie eine Denkform ist, die das gegenständliche Leben von Menschen zur Vorstellung zudeckt und so muß sich auch der, welcher die Änderung einer Gesellschaft aus der Immanenz des Gegebenen heraus als Verlangen der Gegebenheit ausdrückt, den Vorwurf gefallen lassen, daß er seine kritische Denkleistung als Wille gegen die bestehenden Verhältnisse ihnen zufügt, weil er in den bestehenden Verhältnissen keinen menschlichen Grund weiß. Ihm gilt er als Aufklärer, als Ideolog des Andersseins, als alternativer Ideologe, die Menschheit beherrscht von falschen Vorstellungen oder Begriffen, welche er durch seine Aufklärung und seinen Denkakt abschafft und die Menschen von ihren fixen Gedanken befreit.

„Die deutschen philosophischen Kritiker behaupten sämtlich, daß Ideen, Vorstellungen, Begriffe bisher den wirklichen Menschen beherrscht und bestimmt haben, daß die wirkliche Welt ein Produkt der ideellen Welt ist. Das findet bis auf diesen Augenblick statt, das soll aber anders werden. Sie unterscheiden sich in der Art, wie sie die nach ihrer Ansicht so unter der Macht ihrer eigenen fixen Gedanken seufzende Menschenwelt erlösen wollen; sie unterscheiden sich in dem, was sie für fixe Gedanken erklären; sie stimmen überein in dem Glauben dieser Gedankenherrschaft, sie stimmen überein in dem Glauben, daß ihr kritischer Denkakt den Untergang des Bestehenden herbeiführen müsse, sei es nun, daß sie ihre isolierte Denktätigkeit für zureichender halten oder das allgemeine Bewußtsein erobern wollen.“ (MEW 3, S. 14).

So ist die Erkenntnis des abstrakten Menschen in der Sache wie auch in seinen Vorstellungen nicht die Kritik des gegebenen Menschseins, sondern die Kritik der Abstraktion, welche einen – wenn auch noch nicht verwirklichten – Zusammenhang der Menschen unterstellt, wie er in all ihr sinnliches Leben bereits eingeht, ohne zum Gehalt des Kopfes zu werden, daher als Naturgesetz den Menschen solange vor Augen steht, wie sie kein Bewußtsein ihres eigenen Lebens hierzu gebildet haben. Der Denkakt, welcher die Kritik solcher Ideen und solcher Verhältnisse geschaffen hat, ist damit menschliche Tätigkeit, Bewußtsein des bestehenden Lebens, dem nichts hinzugefügt wird außer, daß sein wesentlicher Gehalt entblößt und damit auch die Verbindung der Form bloßgelegt ist. Die gegebene Welt hat ihre Macht nur dadurch, daß sie den Menschen wie ein Naturgesetz erscheint, “das auf der Bewußtlosigkeit der Beteiligten beruht“ (MEW 23, S. 89, Fußnote 28). Somit ist das Bewußtsein dieser Welt (nicht zu verwechseln mit der im linken Slogan so verbreiteten „Bewußtmachung“) eine ebenso unleugbare Macht gegen die Fixiertheit der bestehenden Welt, wie das Insistieren auf den natürlichen Schein des Gegebenen die Menschen zur Ohnmacht zwingt.


↑(52) Der Individualist ist der Romantiker per se, der seine Gesellschaft als seine Melancholie hat, die allerorts verschiedene Verwirklichung findet. Und gerade dort, wo sich Individualisten verwirklichen, widerfährt ihnen die Notwendigkeit ihrer eigenen Idee als Zwang ihrer Verhältnisse, weil es den wirklichen gleichen Menschen (Gott sei es gedankt) nicht gibt. Ebensosehr, wie ihm seine Güter seine allseitige Beziehung darstellen, ist ihm sein Herz zur Allmacht des Menschen geworden. In der Allseitigkeit seiner Beziehung schließt er gerade jeden von sich aus, weil er sich zum Allgemeinsein seiner Individualität entschlossen hatte, und ist zugleich von jeder seiner Beziehungen umso abhängiger, je heftiger der Eigendünkel seines Gemüts ihn überkommt. Er hat seine Geschichte allein als Status seiner Beziehungen und von daher muß er sich ohnmächtig zu jeder Geschichte verhalten. Was hier immer übersehen wird, ist die wirkliche Geschichte und Entwicklung der Menschen, die im Individualismus zu einem Status fixiert, zu „dem Menschen“ erhoben und daher zur Macht über jede Entwicklung werden muß. Nebenbei gesagt gründet solche verwirklichte Individualität immer schon auf den Möglichkeiten, die diese Gesellschaft als Voraussetzung zur Verfügung stellt: eine Menge Geld.


↑(53) Marx gibt an dieser Stelle eine Vorstellung der kommunistischen Gesellschaft, welche er “einen Verein freier Menschen“ nennt.

“Stellen wir uns endlich, zur Abwechslung, einen Verein freier Menschen vor, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmitteln arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte selbstbewußt als eine gesellschaftliche Arbeitskraft verausgaben. Alle Bestimmungen von Robinsons Arbeit wiederholen sich hier, nur gesellschaftlich statt individuell. Alle Produkte Robinsons waren sein ausschließlich persönliches Produkt und daher unmittelbar Gebrauchsgegenstände für ihn. Das Gesamtprodukt des Vereins ist ein gesellschaftliches Produkt. Ein Teil dieses Produktes dient wieder als Produktionsmittel. Er bleibt gesellschaftlich. Aber ein anderer Teil wird als Lebensmittel von den Vereinsgliedern verzehrt. Er muß daher unter sie verteilt werden. Die Art dieser Verteilung wird wechseln mit der besondren Art des gesellschaftlichen Produktionsorganismus selbst und der entsprechenden geschichtlichen Entwicklungshöhe der Produzenten. Nur zur Parallele mit der Warenproduktion setzen wir voraus, der Anteil jedes Produzenten an den Lebensmitteln sei bestimmt durch seine Arbeitszeit, Die Arbeitszeit würde also eine doppelte Rolle spielen. Ihre gesellschaftlich planmäßige Verteilung regelt die richtige Proportion der verschiedenen Arbeitsfunktionen zu den verschiedenen Bedürfnissen. Andererseits dient die Arbeitszeit zugleich als Maß des individuellen Anteils des Produzenten an der gemeinen Arbeit und daher auch an dem individuell verzehrbaren Teil des Gemeinprodukts. Die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen zu ihren Arbeiten und zu ihren Arbeitsprodukten bleiben hier durchsichtig einfach in der Produktion sowohl als in der Distribution.“ S. 92f.).


↑(54) Wie das Geld der wirkliche Mittler des Menschen als Individuum zum Menschen als Gesellschaftswesen ist, so ist die Religion die geistige Vermittlung des Menschen im vorgestellten Menschen. Wie der Gott der Religion das Band der Seele, so ist das Geld des Bürgers das Band seiner Macht:

„Christus repräsentiert ursprünglich 1. den Menschen vor Gott; 2. Gott für die Menschen; 3. die Menschen dem Menschen. So repräsentiert das Geld ursprünglich seinem Begriff nach:

1. das Privateigentum für das Privateigentum;

2. die Gesellschaft für das Privateigentum;

3. das Privateigentum für die Gesellschaft.

Aber Christus ist der entäußerte Gott

und der entäußerte Mensch. Gott hat nur mehr Wert, sofern er Christus, der Mensch nur mehr Wert, sofern er Christus repräsentiert. Ebenso mit dem Geld.“ (MEW 40, S. 446)


↑(55) Die Religion als abstraktes Selbstbewußtsein des Menschen kann nicht kritisiert werden, ohne daß der Mensch erkannt wird. Das Selbstbewußtsein des Ideologen beruht auf einer Gedankenabstraktion, auf einem abstrakten Setzen des Menschen, auf einem abstrakten Grund seines Denkens selbst. Eine Kritik der Ideologie wie auch der Religion überhaupt kann daher nur die tätige Zerstörung des Glaubens sein, die Darstellung des wirklichen Menschen. Insofern ist jede Ideologiekritik als Kritik der Ideologie alleine die Forderung, das Bewußtsein zu verändern, aber ein verändertes Bewußtsein ist immer noch Bewußtsein für sich.

“Die Forderung, das Bewußtsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende anders zu interpretieren, das heißt, es vermittelst einer andern Interpretation anzuerkennen.“ (MEW 3, S. 20).

Die Erkenntnis der Ideologie als abstraktes Bewußtsein des abstrakten Menschen zwingt zur Erkenntnis der wirklichen Abstraktion dieser Welt, dem darin absolut und wirklich negierten und daher auch gegen diese Welt negativ gesetzten Menschen, bis er als Gründer wirklich menschlichen Lebens erkannt ist. Die bürgerliche Gesellschaft ist die Existenzform des abstrakten Menschen und damit in ihrer Logik tatsächlich zur Beherrschung des Menschen durch sein eigenes Produkt bestimmt. Die Logik der Ware ist die Stringenz sachlicher Ideologie, der herrschende Zwang zur Beherrschung des organischen Lebens, sowohl des gesellschaftlichen wie auch des individuellen. Sie enthält die Notwendigkeit zur Zerstückelung allen menschlichen Lebens überhaupt, damit die Herabsetzung des Menschen zum Tier, die Stringenz zum Untergang des Menschen in der absoluten Wirklichkeit der Sache. So kann auch die Erkenntnis dieses Prozesses, die Durcharbeitung des Kapitals, nicht negativ, nicht negative Erkenntnis dieser Welt sein (negative, also in sich sinnlose Erkenntnis, kann es gar nicht – außer bei Adorno – geben). Die Erkenntnis der Ware und schließlich der Logik des ganzen Kapitalismus ist die Erkenntnis des in seiner Entäußerung beherrschten Menschen und damit selbst menschliche Erkenntnis, Entdeckung des Kampfes der Menschen gegen ihre Vernichtung.

So ist die Kritik der Ideologie immer Entdeckung des darin verborgenen und untergegangenen Kampfs der Menschen um ihr Leben im Dasein ihres Lebens.

Diese Kritik kann allerdings zur Vorbereitung immer auch die Zerstörung des Glaubens, sofern er sich in der Erhabenheit eines immanenten Systems ausdrückt, nötig machen. Allein – die immanente Zerstörung des Glaubens wird zum Selbstverlust des Menschen, wenn er den Grund seines Glaubens nicht begreift. Es ist daher auch die Aufgabe der Philosophie, sofern sie sich als Philosophie kritisiert, die heiligen Gestalten der Gedanken zu entlarven und das wirkliche Leben der Menschen hervorzuheben.

“Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nachdem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren. Es ist zunächst die Aufgabe der Philosophie, die im Dienste der Geschichte steht, nachdem die Heiligengestalt der menschlichen Selbstentfremdung entlarvt ist, die Selbstentfremdung in ihren unheiligen Gestalten zu entlarven. Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik.“ (MEW 1, S. 379).


↑(56)

“Feuerbach durchbrach das System und warf es einfach beiseite. Aber man wird nicht mit der Philosophie fertig dadurch, daß man sie einfach für falsch erklärt, und so ein gewaltiges Werk wie die Hegeische Philosophie, die einen so ungeheuren Einfluß auf die geistige Entwicklung der Nation gehabt, lief sie nicht dadurch beseitigen, daß man sie kurzerhand ignorierte. Sie mußte in ihrem eigenen Sinn „aufgehoben“ werden, d.h. in dem Sinn, daß ihre Form kritisch vernichtet, der durch sie gewonnene neue Inhalt aber gerettet würde.“ (Engels, MEW 21, S. 273)


↑(57) Es ist heute besonders in linken Kreisen üblich geworden, Vorstellungen, welche aus der Welt geboren werden, ihr entgegenzuhalten. So, als ob es darum ginge, ihr Dasein zu bedauern, ihre Vergangenheit über die Gegenwart zu heben und ihre Zukunft einzuklagen, wird das Glück des Menschen gegen sein Unglück entwickelt, in der Tat also die Vorstellung einzelner Menschen gegen die Gesellschaftlichkeit ihres Daseins gehalten. Diese Sorte von Sozialisten sind nicht neu, sie sind älter als Marx:

“Gegenüber der jetzigen, ‘auf äußerm Zwang beruhenden’ Gesellschaft stellt der Sozialist das Ideal der wahren Gesellschaft auf, die auf dem ‘Bewußtsein der innern menschlichen Natur, d.h. der Vernunft’ beruht. Also auf dem Bewußtsein des Bewußtseins, dem Denken des Denkens. Der wahre Sozialist unterscheidet sich nicht einmal im Ausdruck mehr von den Philosophen. Er vergißt, daß sowohl die ‘innere Natur’ der Menschen wie ihr ‘Bewußtsein’ darüber, d.h. ihre ‘Vernunft’, zu allen Zeiten ein historisches Produkt war, und daß, selbst wenn ihre Gesellschaft, wie er meint, ‘auf äußerm Zwang’ beruhte, ihre ‘innere Natur’ diesem ‘äußern Zwang’ entsprach.“(MEW 3, S. 468).

Gerade weil das gegenwärtige Leben überhaupt auch die Gegenwart des Menschen ist, seine „innere Natur“ veräußert ist zu Dingen, welche er produziert hat und die äußere Natur ihm gleichzeitig als Zwang deshalb begegnet, weil er zugleich seine innere Natur nicht in seinen Dingen verlassen hat und sie dort genießt, sondern gegen diese Dinge bewahrt, weil er also Dinge produziert, ohne gesellschaftlich zu produzieren, weil er seine Natur bei sich beläßt und seine Produktion außer sich hat, kann überhaupt nur die Aufhebung der in dieser Welt bestehenden und diese Welt affirmierenden Selbstbezogenheit die Erkenntnis seiner selbst als wirklich gesellschaftlich doppelter Mensch sein.

Allein diese Erkenntnis, das in sich selbst Doppeltsein, der gebrochene Mensch als menschliches Verlangen, als Verlangen nach einer anderen Gesellschaft gefaßt, birgt die einzig wirkliche Sprengkraft der Veränderung dieser Welt. Die Forderungen und Alternativen, die Verfeinerungen dieses Lebens, haben den einen Sinn, die bestehende Gesellschaft in der Form anzuerkennen, wie man sie ertragen kann, wie man also sich selbst darin zu erhalten versteht, ohne ihre Ganzheit als Ganzheit der Menschen und als eigenes Produkt aufzufassen.


↑(58) Die sog. Marxistischen Gruppen (ehemals AK-Fraktion) haben die Philosophie gerade in der Weise ad acta gelegt, wie die von Marx kritisierte “Praktische Politische Partei in Deutschland“ (MEW 1, S. 384), welche die Negation der Philosophie fordert. Schnell stellt sie fest, daß die Frühschriften von Marx ein idealistisches Gefasel seien (in einem Flugblatt: “In seinen Frühschriften wollte Marx noch die Philosophie verwirklichen“) und es ihm als Fehler anrechnen, daß er aus der Philosophie heraus zur Theorie über das bestehende Leben gekommen ist. Seine Vergangenheit ist sein Fehler, seine Gegenwart wird in der Weise genutzt, wie ihn die AK (MG) im Kapital begreift; und da begreift sie nicht viel.

Wir haben bewiesen, daß sie gerade in der Denunzierung der Marxschen Philosophiekritik und in der Denunzierung seines Anliegens, aus der Philosophie heraus die Waffe der Kritik zu schmieden, notwendig die im Kapital dargestellten Kategorien falsch und, wie wir später noch zeigen werden, absurd begreifen: Gesellschaft fängt für sie an, wo Objektivität beginnt, wo also die Subjekte schon tatsächlich verschwunden sind. Gesellschaft ist für die AK nichts Subjektives, kann also auch kein Subjektwerden des Menschen heißen, sondern nur die Vernichtung der objektiven Falschheit dieser Welt bedeuten. Für sie ist „die Wahrheit das Mittel des Kommunisten“, und so handwerkt sie an der bestehenden Gesellschaft nach ihren eigenen Vorstellungen herum. Sie sieht nicht die Kraft der Änderung dieser Welt in dieser Welt, sondern nur in ihren Parolen, in ihren Wahrheiten:

“Wer ausspricht, die Wirklichkeit der kapitalistischen Ausbeutung, nicht die wissenschaftliche Analyse begründet die politische Praxis, setzt die Realität in Gegensatz zu ihrer wissenschaftlichen Erkenntnis, was nur heißen kann, daß sich solche Praxis von den unbegriffenen Resultaten kapitalistischer Praxis leiten läßt. Wenn die wirkliche gesellschaftliche Bewegung die Grundlage von Politik ist, dann als erkannte, nicht in der Weise, wie sie der unmittelbaren Erfahrung erscheint.“ (Resultate der Arbeitskonferenz Nr. 1/74, S. 6).

Welch ein Widersinn! Die AK produzierte einen Gegensatz von Wirklichkeit und wissenschaftlicher Analyse, und wirft diesen Gegensatz ihren Gegnern vor, welche, wenn sie von der Realität ausgehen, folgerichtig unbegriffen handeln müssen (weil wohl die Realität keinen Begriff hat!?). So kokettieren sie in diesem Vorwurf gegenüber Menschen, welche in der kapitalistischen Ausbeutung ihren Widerstand begründen, zum Gegensatz ihres (der MG) Ausgangspunktes: “Kommunistische Politik ist Resultat wissenschaftlicher Einsicht in das Kapitalverhältnis.“ (ebd.). Weil sich die AK als Politik der Welt entgegensetzt, greift sie den an, der seine politische Praxis auf der „Wirklichkeit der kapitalistischen Ausbeutung“ gründet, weil sie diese Praxis selbst von sich ausgestoßen hat. Demnach geht es der AK um „die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft“, nicht aus praktischen Gründen, nicht aus der wirklichen Negation des Menschen (das war ja Philosophie), sondern als eine Zielsetzung, welche angeblich “Marx aus der wissenschaftlichen Erkenntnis des Kapitalismus, mithin aus dem Charakter (!) dieser Gesellschaft selbst begründet.“ (ebd.). So macht die AK gerade nur Politik, weil sie die Politik zur Realität erhebt und wirft andern, welche in der Realität ihr Leben begreifen müssen, “die Konstruktion des Gegensatzes von Wissenschaft und Wirklichkeit“ vor. Diese wird zum Verräter an Marx, denn sie “verrät...die Marxsche Einsicht in die Differenz von Erscheinung und Wesen, durch die die Wirklichkeit charakterisiert ist, und propagiert darüber hinaus noch eine Handlungsweise, welche nach Marx einem Zustand angehört, in der die Menschen ihre Geschichte ohne Bewußtsein machen.“ (ebd.). Ei der daus! Wer keine Politik macht, wer also nicht von seinem wirklichen Leben absieht, in welchem die Anlagen jeglicher Veränderung stecken, der ist ein Bürger. Das Bürgerliche der MG steckt aber gerade darin, daß sie nicht die wirklichen Gehalte diskutieren, welche die bestehende Geschichte ausmachen, sondern sich mit ihrer Wissenschaft darüber erheben zu einer Forderung des Bewußtseins, zur Aufklärung der Menschen über ihre Dummheit und zum moralischen Aufschwung zu einem überparteilichen Standpunkt (“Parteilichkeit, die nicht aus wissenschaftlicher Einsicht resultiert, ist nur dumm und moralisch, nicht aber revolutionär.“ – ebd., S. 7).

Man muß der AK dasselbe wie der politischen Partei vorhalten:

“Sie glaubt, jene Negation (der Philosophie) dadurch zu vollbringen, daß sie der Philosophie den Rücken kehrt und abgewandten Hauptes – einige ärgerliche und banale Phrasen über sie hermurmelt. Die Beschränktheit ihres Gesichtskreises zählt die Philosophie nicht ebenfalls in den Bering (Umkreis – Verf.) der deutschen Wirklichkeit oder wähnt sie gar unter der deutschen Praxis und den ihr dienenden Theorien.“ (MEW 1, S. 384).

Wir werden die philosophische Entwicklung der MG weiter verfolgen, denn sie hat keine andere Zukunft als das, was sie leugnet: Absolute Philosophie. Da sie keine wirkliche Kritik an der bestehenden Gesellschaft hat, kann sie sich nur moralisch fordernd gegen die Menschen dieser Welt und gegen die Welt verhalten; sie wird gezwungen sein,

Gegentheorien zu entwickeln, wie dies seit einigen hundert Jahren die Philosophen immer getan haben. Sie wird aber keinen wirklichen Kampf in dieser Welt aufzugreifen verstehen, weil sie ihn gar nicht begreifen kann. Ihr werden dafür umso mehr theoretische Kämpfe blühen und sie wird sich in der Unendlichkeit dieser Kämpfe wohl noch ein langes Leben versprechen können. Da sie nicht an ihrem Untergang als politische Gruppe dieser Welt interessiert sein kann, wird sie dem Kapitalismus dankbar sein für die vielen Kämpfe, welche ihr immer wieder ihre Selbstbestätigung als wissenschaftliches Haupt möglich machen. Sie werden sicherlich noch ein langes Leben als Pfaffen des Marxismus zu führen verstehen.


↑(59)

„Die Scham ist schon eine Revolution...Scham ist eine Art Zorn, der in sich gekehrte. Und wenn eine ganze Nation sich wirklich schämte, so wäre sie der Löwe, der sich zum Sprunge in sich zurückzieht.“ (MEW 1, S. 337).