Markus Hoffmann (10.01.2014)

Die verzweifelten Mühen der Soziologie um eine Gesellschaft, die für die Menschen keinen Sinn mehr hat.

Die Sozialwissenschaften wollen Gesellschaft wie eine Kulturnotwendigkeit erklären und abhandeln, wie eine Sache, die besser kultiviert werden müsse, wenn sie Probleme macht. Schon öfter waren Theorien aus der Soziologie in kulturkritischen Bewegungen aufgegangen. Heutzutage lehrt zum Beispiel Hartmut Rosa als Soziologe und Politikwissenschafter an den Universitäten in Jena und Frankfurt. Mit seiner Habilitationsschrift „Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne“ aus dem Jahr 2005 wurde er weit über sein Fach hinaus bekannt fand auch im letzten Jahr wieder mit seinem Werk „Beschleunigung und Entfremdung - Entwurf einer kritischen Theorie spätmoderner Zeitlichkeit.“ (Suhrkamp, 2013) Beachtung. Das passte auch gut zu der Décroissance-Bewegung in Frankreich und der Schweiz und den Entschleunigungs-Bewegungen in den USA, Großbritanien und Deutschland.

Doch die Analyse greift nicht nur zu kurz, sondern befördert eine in sich schon verkehrte Erklärung der Krisenphänomene mit verrückten Konsequenzen: Nicht die Wachstumszwänge des Kapitals, sondern das Fortschrittsdenken sei der Grund des Übels, dem man sich durch Enthaltsamkeit und einfaches Leben entziehen könne, um zu einem „gelungenen Leben“ zu gelangen. Durch Einstellungsveränderungen der Menschen sollte der Hektik und Hast der modernen Gesellschaft entgegengewirkt und Langsamkeit durch Faulheit und Muße wiederentdeckt werden. Dazu kann man sich dann auch viel Gutes und Schönes vorstellen. Zum letzten Jahresende rückte der Professor der Soziologe und Politologie in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (28./29.12.2013) mit der großartigen Erkenntnis heraus, dass ein gutes Leben in Resonanzverhältnissen möglich sei. Damit gemeint ist, dass man alles nur „um der Sache selbst willen“ tun solle, um durch die „Rückschwingungen“ der Sache belohnt zu werden und damit der Entfremdung des allgemeinen „Fortschrittsglaubens“ zu entgehen.

Mit Soziologie hat das freilich nur soweit zu tun, wie daran ihre Bodenlosigkeit offenbar geworden ist. Aber wie ist es möglich, dass ein anerkannter Wissenschaftler seine Wissenschaft selbst abschafft, dass sich ihr Erklärungsanspruch in buddhistisch anmutenden Glaubensssätzen aus dem 5. Jahrhundert auflösen lässt? Es hatte wohl schon damit begonnen, dass Soziologie sich als eine eigenständige Lehre des sozialen Handelns konstruktivistisch aufstellte und dieses Handeln als Frage der Kommunikation, Motivation und Handhabung in sozialen Verhältnissen anlegte, die im Grunde wie zwischenmenschliche Verhältnisse abgehandelt wurden. Und weil demnach das soziale Handeln auf individuellen Konstrukten beruhen soll, behandelt sie letztlich biologistische Glaubensfragen mit einem gesellschaftswissenschaftlichen Anspruch.

Mit den Grundlagen dieser „Wissenschaft“ hat sich Markus Hoffmann befasst und zeichnet ihre Entstehung und ihren Zweck nach. Er zeigt dabei die Sonderbarkeiten einer Wissenschaft auf, der es nicht gelingen kann, Gesellschaft zu begreifen, weil sie deren Grundlagen ignoriert und in einem aufwendigen Tanz um ihren Sinn selbst in einer Sinnkrise enden muss, einer Krise, die der gesellschaftlichen Krise gleichkommt, die sie überwinden will.

Wolfram Pfreundschuh

1 Die Effizienz als Maß aller Dinge

Je stärker der Verwertungszwang das Wirtschafswachstum antreibt, zugleich aber die Kaufkraft mindert, desto leichtfertiger setzt die Ökonomie ihre Hoffnung auf Kommunikationsformen und -strukturen, die eine Steigerung der Effizienz versprechen. Schon früher wurde die Psyche der Menschen zu einem wesentlichen Angriffspunkt bürgerlicher Wissenschaft. An ihr konnten leistungssteigernde Maßnahmen erkundet und durchgesetzt werden. Waren es zunächst nur Psychologen und Psychiater, die die verloren gegangene Leitungsbereitschaft kurieren sollten, kam in den krisengebeutelten Dreißigerjahren über den Soziologen George Elton Mayo ein neues Instrument hinzu, die Betriebssoziologie. Mayos Ziel war es, die den Produktionsprozess störende Streikbereitschaft der Lohnarbeitenden präventiv schon zu behandeln.

"The plain ans possibly uncomfortable fact is that the unions exist and are liekley to continue to do so. Their very existance modifies the organization of production, and indeed must be regarded as part of it. They represent perhaps the widest variety of specialized and more or less voluntary associations with anything like a common purpose. Failure to bring them within the purview of sociological investigation can only be attributed to a peculiar and not wholly blamemess myopia."

"Die schlichte und möglicherweise unbequeme Tatsache ist, daß Gewerkschaften existieren und auch vermutlich weiter existieren werden. Dies ändert die Organisation der Produktionsweise und muß als Teil davon angesehen werden. Gewerkschaften repräsentieren vielleicht die größte Bandbreite spezialisierter und mehr oder weniger freiwilliger Verbände mit gemeinsamer Zielrichtung. Sie nicht im Rahmen soziologischer Untersuchungen zu behandeln kann nur einer besonderen und nicht ganz unschuldigen Kurzsichtigkeit zugeschrieben werden." 1

Durch Gespräche und Interviews versuchte er, das Gemeinschaftsdenken und die Kooperationsbereitschaft innerhalb einer Firma zu stärken. Mögliche Konflikte sollten schon im Vorfeld ausgeräumt werden. Heute erlebt dieses Denken im sogenannten Change Management seine Form der Renaissance. Mediatoren und Coaches stützen sich dabei auf die gewaltfreie Kommunikation um Gewalt durchzusetzen. Einerseits wird mit Engelszungen der Gemeinschaftsgeist beschworen, andererseits mit kalter Rationalität die Kommunikationsstrukturen nach Effizienzsteigerung durchforstet.

Hierzu hat sich noch eine andere Gruppe von Anwendern sozialwissenschaftlicher Theorien in Wirtschaft und Politik festgesetzt: die Systemischen Berater und Therapeuten. Sie kümmern sich nicht mehr um die Pyche der Menschen, sondern nur um ihre Passung in Sozialstrukturen, die als gegebenen gesetzt werden. Während die systemischen Therapien die verlorene Anpassung der Menschen wiederherzustellen sucht, analysiert die systemische Beratung das Zusammenwirken bestehender Kommunikationsstrukturen. Welchem Zweck aber ein System dient, wird nicht betrachtet. Durch die Abstraktion auf den Systembegriff und dessen Bewertung nach Effizienz wird der Sinn zum Unsinn. Ein gegebenes System soll effizient wirken, dessen Zweck aber bleibt unberücksichtigt. Die Effizienz eines Systems wird zu ihrem Selbstzweck, dem sich das Leben der Menschen unterzuordnen und anzupassen habe.

Die Entstehung dieser Betrachtungsweise und der daraus abgeleiteten Zielsetzung kann mit der Geschichte der Soziologie erklärt werden, so wie es die Soziologin Juliana Lutz von der Universität Klagenfurt für den Bereich soziale Ökologie herausgearbeitet hat.

2 Die junge Geschichte der Soziologie

"Unter dem Zeichen der Aufklärung und dem wachsendem Selbstbewußtsein des Bürgertums entsteht eine Geschichtsphilosophie, die im Gegensatz zur scholastischen Geschichtsauffassung als gottbestimmte Heilsgeschichte nun den Menschen als Geschichte gestaltendes Subjekt begreift. Sie betont die Notwendigkeit der Entdeckung und Konstruktion historischer Gesetze der menschheitlichen Entwicklung. Geschichte wird als Universalgeschichte begriffen. Die Menschheitsgeschichte wird als Fortschrittsbewegung beschrieben, das Voranschreiten einer rationalen Wissenschaft und das Zurückdrängen der Geschichtstheologie gelten als Indikatoren des menschheitlichen Fortschrittes." 2

Die aufsteigende Bürgerschaft gewann mit der Industrialisierung immer größere Macht, so dass sie den Adel als staatstragende Elite ersetzen konnte. Im Gegensatz zum Adel, der seine Macht theologisch begründen konnte, hatte sich das Bürgertum der Aufklärung und dem Fortschrittsgedanken verpflichtet. Seine Macht stand im 19. Jhdt. nun vor einem massiven Legitimationsproblem, das es wissenschaftlich zu lösen versuchte. Mit dieser Aufgabe entstand aus der Geschichtsphilosophie die Soziologie mit einer klaren Zielsetzung. Die Erkenntnisse der bürgerlichen Wissenschaften sollten für die Gestaltung der Gesellschaft nutzbar gemacht werden.

Hierzu übertrug sie die Darwinschen Evolutionstheorien auf die gesellschaftliche Entwicklung und interpretierte sie dann als Fortschritt. Lutz sieht die Entstehung der Soziologie doppelt begründet:

"Die Entstehung und Entwicklung der Soziologie als Einzeldisziplin kann jedoch nicht nur wissenschaftsimmanent betrachtet werden, sie ist weiters abhängig von bestimmten realgesellschaftlichen Bedingungen. Insofern beginnt die Geschichte der Soziologie als Einzelwissenschaft mit der Trennung von Gesellschaft und Staat, die sich in Form einer relativen Verselbständigung der 'bürgerlichen Gesellschaft' gegen den absoluten Staat bei gleichzeitiger Entwicklung des staatlichen Typus zum nationalen 'politischen Staat', vollzieht." 4

Vor dem Aufstieg des Bürgertums war es die Kirche, die die Neugierde der Menschen in theologische Bahnen lenkte. Die Immanenz damaliger Wissenschaft war die Naturtheologie. Sie stand über den Naturwissenschaften und sorgte dafür, dass alle Erkenntnisse zur Beweisführung für die Existenz Gottes verwendet werden konnten. 5 Die von Lutz angesprochene Wissenschaftsimmanenz entspringt ebenfalls nicht der Neugierde des Menschen oder seinem Streben nach Erkenntnis, sondern verweist auf zwei Vorannahmen, die Auguste Comte, ein Begründer der Soziologie festlegte und sich im heutigen Selbstverständnis der Soziologie wieder finden. Comte postulierte einen gesellschaftlichen Fortschritt in drei Stadien. Ausgehend von theologisch geleiteten Gesellschaften konstituiere sich die Naturwissenschaft, welche zwar Erkenntnisse zur Natur, nicht aber zur Gesellschaft liefern könne. Erst die Entstehung der Sozialwissenschaften würde die in der Gesellschaft herrschenden Gesetzmäßigkeiten beschreiben und so zur höchsten Stufe der Erkenntnis führen. In seinem enzyklopädisches Gesetz reduzierte er dann die Einzeldisziplinen der Naturwissenschaft auf bestimmte Methoden und verdrehte deren Wissenschaftsgeschichte: während die Mathematik die Logik verwende, hätte darauf aufbauend die Physik das Experiment entwickelt. Die Chemie habe neben diesen Methoden die Klassifikation eingeführt, während die Biologie den Vergleich beigetragen habe. Die Soziologie verfüge als einzige Disziplin neben allen diese Methoden noch einen geschichtlichen Blick auf die Gegebenheiten. Dementsprechend könne die Wissenschaft als eine hierarchische Höherentwicklung von Methoden betrachtet werden an deren Spitze die Soziologie stehe. 6

Comte sah den Zweck der Soziologie darin, die Höherentwicklung der Gesellschaft seiner Vollendung entgegen zu bringen. Lutz analysierte Comtes Gesellschaftsbegriff als Übertragung einer biologischen Sichtweise.

"Gesellschaft ist für ihn [...] ein Gebilde, dessen Erscheinungsformen Ausprägungen naturgesetzlich gegebene - und damit beobachtbare und empirisch faßbare Tatsachen sind. Vor diesem Hintergrund muß auch Comtes Heranziehen biologischer Analogien gesehen werden. Gesellschaft sei ein Organismus, ein 'lebender Körper', dessen Teile organisch miteinander verbunden seien. Und so wie in der Biologie zwischen den anatomischen und physiologischen Gesichtspunkten eines Organismus unterschieden wird, so müsse auch in der Soziologie 'zwischen dem grundlegenden Studium der Existenzbedingungen der Gesellschaft und demjenigen der Gesetze ihrer beständigen Bewegung durchaus unterschieden' werden. Diese Unterscheidung faßt Comte unter den Begriffen 'soziale Statik' und 'soziale Dynamik' zusammen. Das statische Element eines sozialen Organismus, sprich der Gesellschaft, ist dessen Ordnung, das dynamische Element der soziale Fortschritt. Denn es ist klar, daß das statische Studium des sozialen Organismus im Grunde mit der positiven Theorie der Ordnung zusammenfallen muß, [...] ebenso erkennt man noch deutlicher, daß das dynamische Studium des Gemeinschaftslebens der Menschheit notwendig die positive Theorie von Fortschritt bildet. Grundlage des 'sozialen Organismus' ist die Familie, sie ist das Bindeglied zwischen Gesellschaft und Individuum. Wesentliches Merkmal des Fortschrittes ist die Entwicklung des menschlichen Geistes." 7

Comte legitimierte die bürgerliche Gesellschaft unter Bezugnahme auf die Biologie aber tautologisch, da sie nutzbare Erkenntnisse zur Ordnung und Dynamik hervorgebracht habe die dem gesellschaftlichen Fortschritt und somit der Entwicklung des Geistes dienen. Umgekehrt sei aber eben diese Gesellschaftsform, ihre Wissenschaft und letztlich der Geist der Moderne durch den Fortschritt erst entstanden. Die Soziologie war für ihn damit ein Dienstleister der Politik, so wie es die Theologie für die Kirche war. Nur die Wissenschaft könne dafür sorgen, dass die Entscheidungsträger auch die richtigen Entscheidungen träfen. Die richtige Entscheidung kann demnach nur jene sein, die einerseits den Fortschritt begünstigt und andererseits die bestehende Ordnung aufrecht erhält, indem sie das Gemeinschaftsleben fördert.

Mit dem Materialismus von Karl Marx hatte die Soziologie noch eine weitere Aufgabe zu bewältigen, da ihm nun eine bürgerliche Bildungsfront entgegen gesetzt werden musste. Diese Zielsetzung wird ganz offen in einem aktuellen Lehrbuch zur Einführung der Geschichte der Soziologie angesprochen:

"Alle Soziologen vor und nach der Jahrhundertwende mußten sich mit den theoretischen und methodologischen Vorschlägen von Karl Marx auseinandersetzen. Vereinfacht ausgedrückt waren es zwei Problemkomplexe, mit denen sie konfrontiert waren. Einmal beschäftigte sie die Suche nach anderen als den ökonomisch-materialistischen Gründen für die Veränderungen der Gesellschaften und den sozialen Ungleichheiten in ihnen. Dies war nicht nur für die soziologischen Analysen und Erklärungen der gesellschaftlichen Verhältnisse wichtig, sondern auch für die Lösung des zweiten Problems, das Marx mit seiner Behauptung, daß das Sein das Bewußtsein bestimme, den (Sozial)Wissenschaften beschert hatte. Wie konnte man eigentlich noch ideologiefrei denken, unabhängig Marx’ Wirkung von den gesellschaftlichen – im Marxschen Sinne unabhängig von den ökonomischen – Verhältnissen?" 8

Ein wesentliches Axiom der Soziologie ist es, dass die Gesellschaft unabhängig von materiellen Faktoren beschrieben werden kann. Wäre jedoch die Logik Grundlage soziologischer Methodik, müsste zuvor eigentlich die Frage geklärt werden, ob die Gesellschaft überhaupt unabhängig von materiellen Faktoren, insbesondere den ökonomischen Verhältnissen zu beschreiben ist. Sobald Materie als Träger alles Lebendigen akzeptiert wird, müssen jene materiellen Notwendigkeiten beachtet werden, die zu den ökonomischen Verhältnissen geführt haben. Die Soziologie musste sich also schon früh in ihrer Geschichte von den Notwendigkeiten des materiellen Daseins lösen. Diese Abtrennung gelang ihr über den Konstruktivismus, der seitdem das Fundament jeglicher soziologischer Theorie bildet.

Dazu musste zunächst die Beziehung von Mensch und Natur in den gesellschaftlichen Analysen entzweit werden. Das war ein erster Schritt der Entfremdung, die die gesellschaftliche Entwicklung des 19. Jahrhunderts spiegelte. Das Ausklammern der materiellen Welt in den darauf aufbauenden Theorien löste den Menschen schließlich von den notwendigen Beziehungen seines materiellen Lebens. In der akademischen Sicht auf die Gesellschaft schwebt der Mensch seither in einer anderen, geistigen Sphäre in der eigene, zumeist plurale Regeln gelten. Die Ursachen gesellschaftlicher Veränderungen werden daher ausschließlich in der gesellschaftlichen Struktur gesucht. Lutz fasst diese Sicht wie folgt zusammen:

"Nicht die materiellen oder natürlichen (im Sinne von 'materieller Natur', wie etwa die naturräumliche Umgebung einer Gesellschaft, sowie im Sinne 'immaterieller Natur', z.B. Naturgesetze) Bedingungen bestimmen Gesellschaft und den Verlauf ihrer Entwicklung, sondern die geistigen Bedingungen des Subjekts bzw. der Kultur. Es liegt somit eine eindeutige Grenzziehung vor, und zwar zwischen der sozialen oder geistigen und der materiellen Ebene einer Gesellschaft sowie zwischen einer Gesellschaft und der Natur. Wenn der 'Geist' die Gesellschaft formt, dann folgt daraus die Ausklammerung der materiellen Ebene von Gesellschaft sowie ihrer materiellen Bedingungen, die die Natur liefert." 9

Doch zeigt die Geschichte des Lebens, dass das Individuum gerade über seine materielle Bedürftigkeit Beziehungen ausgebildet hat und deshalb untrennbar mit seiner Umwelt verbunden bleibt. Auch der Mensch ist untrennbar mit seiner materiellen Umwelt und so auch mit der Gesellschaft verbunden. Die soziale und die materielle Bedürftigkeit des Menschen macht ihn existentiell von der Gesellschaft abhängig. Ihr ist daher der Zweck immanent, die Existenz ihrer Mitglieder zu ermöglichen und ihre Not zu überwinden. Die verwirklichte Ökonomieform wird diesem Zweck nicht gerecht, weil sie die Existenz der Menschen nicht sichert sondern deren Leistung misst und vergleicht. Die sich daraus ergebende Wertschätzung wird dann über das Privateigentum und Einkommen entgegen gebracht oder aber versagt. Da eine Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse diese Zweckentfremdung hervorbringen muss, betrachtet die Soziologie die Gesellschaft eben als nicht zweckgebunden. Dies gelingt ihr, indem sie deren Konstitution als evolutionäres Zufallsereignis und deren Form als Ergebnis eines evolutionären Selektionsmechanismus darstellt. Die Selektion führe dann zu einer kontinuierlichen Ausdifferenzierung und Effizienzsteigerung, welche als Fortschritt bezeichnet wird. Hierzu musste sie aber die Effizienz einer Gesellschaft im Blick behalten ohne ihren ökonomischen Zweck betrachten zu müssen. Dies gelang der Soziologie, indem sie materielle Notwendigkeiten durch eine soziale ersetzte.

3 Der Identitätsstifter

Hierfür erfand die Soziologie die Identität. Nur durch diese Notwendigkeit träten die Individuen in Beziehung zu ihrer sozialen Umgebung. Demnach sei der Zweck des Daseins die Zugehörigkeit zu einem organischen Ganzen, vergleichbar der Zugehörigkeit einer Zelle zu einem Organismus. Die Gemeinschaft gebe dem Individuum über seine Identität einen Sinn und somit eine Daseinsberechtigung. Der Soziologe Ferdinand Tönnies 1887 beschrieb in seinem Werk "Gesellschaft und Gemeinschaft - Eine Abhandlung des Communismus und Socialismus als Empirischer Culturformen" die Gemeinschaft als ursprüngliche Sozialform und pries sie als bejahende Form des Zusammenlebens.

"Alles vertraute, heimliche, ausschließliche Zusammenleben (so finden wir) wird als Leben in Gemeinschaft verstanden. Gesellschaft ist die Oeffentlichkeit, ist die Welt. In Gemeinschaft mit den Seinen befindet man sich, von der Geburt an, mit allem Wohl und Wehe daran gebunden. Man geht in die Gesellschaft wie in eine Fremde. Der Jüngling wird gewarnt vor schlechter Gesellschaft; aber schlechte Gemeinschaft ist dem Sprachsinne zuwider. [...] Gemeinschaft ist das dauernde und echte Zusammenleben, Gesellschaft nur ein vorübergehendes und scheinbares. Und dem ist es gemäß, daß Gemeinschaft selber als ein lebendiger Organismus, Gesellschaft als ein mechanisches Aggregat und Artefakt verstanden werden soll." 10

Tönnies grenzt die Gemeinschaft von der Gesellschaft ab. Für ihn ist die Gemeinschaft die natürliche Einheit, die als sozialer Organismus die Identität gewährleistet. Ihre Mannigfaltigkeit ergibt sich nicht aus den verschiedenen Lebensbedingungen sondern aus den sozialen Verhältnissen in die der Einzelne hineingeboren wird. Die ursprüngliche Gemeinschaft sei die Familie gewesen. Die zeitlichen Grenzen dieser Gemeinschaft seien aber bald mit der Bildung der Dorfgemeinschaften und auch mit den Städten in räumliche übergegangen.

"Gemeinsam ist Dörfern und Städten das räumliche Princip des Zusammenlebens anstatt des zeitlichen der Familie (des Stammes des Volkes). Denn diese hat ihre Wurzeln als unsichtbare, metaphysische, gleichsam unter der Erde, indem sie von gemeinsamen Vorfahren sich herleitet. Die Lebenden verbindet das Nacheinander der gewesenen und der werdenden Generationen, Vergangenheit und Zukunft. Dort hingegen ist die physische wirkliche Erde, der bleibende Ort, das sichtbare Land, wodurch die stärksten Beziehungen und Verhältnisse nothwendig werden. Während des gemein-schaftlichen Zeitalters bleibt aber dieses räumliche, jüngere Princip gebunden durch das zeitliche, ältere." 11

Die ursprüngliche "Gemeinschaft des Blutes" entwickle sich räumlich zu einem gemeinschaftlichen System des Ortes, das im Zusammenwohnen ihren unmittelbaren Ausdruck habe und dadurch über die Familie hinaus in eine Gemeinschaft des Geistes münde. 12 Aus der "Gemeinschaft des Blutes als Einheit des Wesens" erwachse ein Wille, den Tönnies "Wesenwille" nennt. Nicht die Bedürftigkeit sei es demnach, die die Menschen zueinander in Beziehung setze, sondern die gemeinsame Zielsetzung des Wesenwillens.

"Die Theorie der Gemeinschaft geht solchen Bestimmungen gemäss von der vollkommenen Einheit menschlicher Willen als einem ursprünglichen oder natürlichen Zustande aus, welcher trotz der empirischen Trennung und durch dieselbe hindurch, sich erhalte, je nach der nothwendigen und gegebenen Beschaffenheit der Verhältnisse zwischen verschieden bedingten Individuen mannigfach gestaltet. Die allgemeine Wurzel dieser Verhältnisse ist der Zusammenhang des vegetativen Lebens durch die Geburt; die Tatsache, daß menschliche Willen, insofern als jeder einer leiblichen Konstitution entspricht, durch Abstammung und Geschlecht miteinander verbunden sind und bleiben, oder nothwendigerweise werden." 13

Die Bildung der Gesellschaft löse nun das räumliche Prinzip der Gemeinschaft am Orte vom zeitlichen der Familie heraus. Entsprechend dieser Emanzipation sieht er in der Gesellschaft eine Willkür am Werke, den "Kürwillen" des Individuums. Auch diese speist sich bei Tönnies nicht aus den Notwendigkeiten, sondern aus dem Streben nach Identität in einer Gesellschaft, die nur Individualität zulasse.

„Die Theorie der Gesellschaft konstruiert einen Kreis von Menschen, welche, wie in Gemeinschaft, auf friedliche Art nebeneinander leben und wohnen, aber nicht wesentlich verbunden, sondern wesentlich getrennt sind, und während dort verbunden bleibend trotz aller Trennungen, hier getrennt bleiben trotz aller Verbundenheiten. Folglich finden hier keine Tätigkeiten statt, welche aus einer a priori und notwendigerweise vorhandenen Einheit abgeleitet werden können, welche daher auch insofern, als sie durch das Individuum geschehen, den Willen und Geist dieser Einheit in ihm ausdrücken, mithin so sehr für die mit ihm Verbundenen als für es selber erfolgen. Sondern hier ist ein jeder für sich allein, und im Zustande der Spannung gegen alle übrigen." 14

Tönnies sieht im Verfall der Gemeinschaft eine gesetzmäßige Folge des Fortschrittes hin zu einer zivilisierten Gesellschaft. Der Verfall werde aber auch auf der Ebene des Individuums erzeugt. Im gleichberechtigten Zusammenwirken der Gemeinschaft habe sich eine soziale Ungleichheit durch Religion oder Standeswesen gebildet. Das Individuum war bei der Konstitution dieser Verhältnisse nicht beteiligt. Das Denken des Einzelnen strebe somit nach einer Befreiung aus dem Joch des Wesenwillens der Gemeinschaft um selbst Gebieter des Willens zu werden. Das Denken sei dann nicht mehr im Willen sondern umgekehrt der Wille im Denken enthalten. Diese Umkehr erfordere eine Individualisierung und somit eine Emanzipation von den Wurzeln des eigenen Werdens. Tönnies betreibt damit eine Verklärung der Aufklärung. Die Ablösung des Standeswesens durch die bürgerliche Gesellschaft verlagert er in die Psyche des Menschen und sieht darin eine notwendige Befreiung.

Durch die Ausbildung des Kürwillens stehe aber nun das Individuum den anderen feindlich gegenüber. Die Familie sei die letzte gemeinschaftliche Verbindung, die jedoch durch die Industrialisierung gefährdet ist, da nun das räumliche Prinzip nicht mehr an das zeitliche gebunden bleibt.

„...wir verstehen ein Zusammenleben und einen socialen Zustand, in welchem die Individuen wider einander in derselben Isolation und verhüllten Feindseligkeit verharren, so daß sie nur aus Furcht oder aus Klugheit sich der Angriffe gegen einander enthalten, und mithin auch die wirklichen friedlich-freundlichen Beziehungen und Wirkungen als auf dem Grunde dieses Kriegszustandes beruhend gedacht werden müssen." 15

Der drohende Terror sei aber durch die Bildung der bürgerlichen Gesellschaft abgewendet worden, da Interessensüberschneidungen des Kürwillens nun vertraglich geregelt werden können. Gesellschaftliche Beziehungen sind demnach Vertragsbeziehungen.

„Keiner wird für den andern etwas thun und leisten, Keiner dem Andern etwas gönnen und geben wollen, es sei denn um einer Gegenleistung oder Gegengabe willen, welche er seinem Gegebenen wenigstens gleich achtet. Es ist sogar nothwendig, dass sie ihm willkommener sei, als was er hätte behalten können, denn nur die Erlangung eines Besser-Scheinenden wird ihn bewegen, ein Gutes von sich zu lösen." 16

Die gesellschaftliche Beziehung verwirkliche sich somit im öffentlich Tauschgeschäft. Die Gesellschaft bilde mit ihren Rechtsnormen über das Vertragswesen und das Geld den nötigen Rahmen. Übereinkünfte sind dann nicht mehr gemeinschaftlich sondern in ihrer Zwischenmenschlichkeit rational begründet.

Für Tönnies streben die Menschen in der Gesellschaft nach individueller Freiheit, die auf die Maximierung der Lebenslust ausgerichtet ist. In ihrer gesellschaftlichen Form zeige sich diese als Eigentum. Der Profit sei deshalb eine Notwendigkeit des lustvollen Lebens. Die Maximierung des Profits ermöglicht demnach eine Steigerung der Lust. Die Freiheit des Individuums bestehe nun darin, am Profit teilzuhaben. Tönnies stimmt mit Marx überein, dass die zum Profit erforderlichen Produktionsmittel ungleich verteilt sind und die Mehrheit ihre Arbeitskraft zu verkaufen habe. Anders als Marx sieht er aber in der Entlohnung keine Ausbeutung sondern eine Beteiligung am Profit.

Der Handel und das Kreditwesen hätten aber eine Ungleichheit erzeugt in denen der Arbeiter halb-frei und ohne Willen sei. Tönnies kritisiert deshalb die Gesellschaftsstruktur im Hinblick auf die ungleiche Verteilung von Möglichkeiten und sieht ein erneutes Aufleben von frei gewählten Gemeinschaften als Folge dieser Entwicklung.

4 Bindung in Freiheit: die Zwischenmenschlichkeit

Ähnlich wie Tönnies beschrieb der Soziologe Georg Simmel 1900 in seinem Werk "Philosophie des Geldes" die Bildung der Gesellschaft ebenfalls als logische Entwicklung auf den zwei Ebenen der Größenzunahme einer Gesellschaft und der Individualisierung.

"Zu den wenigen Regeln nämlich, die man mit annähernder Allgemeinheit für die Form der sozialen Entwicklung aufstellen kann, gehört wohl diese: dass die Erweiterung einer Gruppe Hand in Hand geht mit der Individualisierung und Verselbständigung ihrer einzelnen Mitglieder.

Die Evolution der Gesellschaften pflegt mit einer relativ kleinen Gruppe zu beginnen, welche ihre Elemente in strenger Bindung und Gleichartigkeit hält, und zu einer relativ großen vorzuschreiten, die ihren Elementen Freiheit, Fürsichsein, gegenseitige Differenzierung gewährt.

Die Geschichte der Familienformen wie die der Religionsgemeinden, die Entwicklung der Wirtschaftsgenossenschaften wie die der politischen Parteien zeigt allenthalben diesen Typus." 17

Beide Entwicklungen betrachtet er als notwendige Fortschritte in der Evolution, die nur über das Geld möglich waren.

"Indem das Geld als ein abstraktes Gebilde sich aus den wirtschaftlichen Wechselwirkungen eines relativ großen Kreises herstellt, indem es andrerseits durch seinen bloßen Quantitätscharakter den genauesten mechanischen Ausdruck jedes Sonderanspruchs, jedes Wertes individueller Leistung, jeder personalen Tendenz gestattet, vollendet es im Wirtschaftlichen erst jene allgemeine soziologische Korrelation zwischen der Ausdehnung der Gruppe und der Ausbildung der Individualität." 18

Simmel geht von der Vorannahme aus, dass die Menschen von Natur aus allem einen Wert beimessen. Der Wert ist für ihn keine Eigenschaft der Dinge, sondern stehe ihrem wirklichen Dasein gegenüber, da die Bewertung eine subjektive Unterscheidung in Objekt und Subjekt erzeuge.

"Die Wertung, als ein wirklicher psychologischer Vorgang ist ein Stück der natürlichen Welt; das aber, was wir mit ihr meinen, ihr begrifflicher Sinn, ist etwas dieser Welt unabhängig Gegenüberstehendes, und so wenig ein Stück ihrer, dass es vielmehr die ganze Welt ist, von einem besonderen Gesichtspunkt angesehen.

Man macht sich selten klar, dass unser ganzes Leben, seiner Bewusstseinsseite nach, in Wertgefühlen und Wertabwägungen verläuft und überhaupt nur dadurch Sinn und Bedeutung bekommt, dass die mechanisch abrollenden Elemente der Wirklichkeit über ihren Sachgehalt hinaus unendlich mannigfaltige Maße und Arten von Wert für uns besitzen. In jedem Augenblick, in dem unsere Seele kein bloßer interesseloser Spiegel der Wirklichkeit ist - was sie vielleicht niemals ist, da selbst das objektive Erkennen nur aus einer Wertung seiner hervorgehen kann -lebt sie in der Welt der Werte, die die Inhalte der Wirklichkeit in eine völlig autonome Ordnung fasst. Damit bildet der Wert gewissermaßen das Gegenstück zu dem Sein und ist nun gerade als umfassende Form und Kategorie des Weltbildes mit ihm vielfach vergleichbar." 19

Obwohl die Wertung also der Natur des Menschen entspringe, erzeuge sie Objekte, die ihr entgegen stehen, da sich der beigemessene Wert reziprok zur Verfügbarkeit verhalte. Simmel nutzt hierfür die Begriffe Distanz und Opfer. Je größer die Distanz ist umso größere Opfer müssen erbracht werden, um das Objekt zu erhalten.

"So ist es nicht deshalb schwierig, die Dinge zu erlangen, weil sie wertvoll sind, sondern wir nennen diejenigen wertvoll, die unserer Begehrung, sie zu erlangen, Hemmnisse entgegensetzen." 20

Der Besitz schaffe zwar Freiheit, verknüpfe aber das Ich an seinen Besitz als ob es in einem metaphysischen Sinn Eins mit dem Individuum wird.

Wenn also Freiheit den Sinn hat, Sein und Haben voneinander unabhängig zu machen, [...] so steht dem ein anderer und positiverer Begriff der Freiheit gegenüber, der das Sein und das Haben auf einer anderen Stufe wiederum enger verbindet, darum aber nicht weniger am Geld seine energischste Verwirklichung findet.

Ich knüpfe an die obige Bestimmung an, dass der Besitz nicht, wie es oberflächlich scheint, ein passives Aufnehmen von Objekten ist, sondern ein Tun an und mit ihnen.

Nichts anderes kann der Besitz, auch der umfassendste und unbeschränkteste, mit den Dingen tun, als den Willen des Ich an ihnen ausprägen: denn das eben heisst eine Sache besitzen, dass sie meinem Willen keinen Widerstand entgegensetzt, dass er sich ihr gegenüber durchsetzen kann: und wenn ich von einem Menschen sage, dass ich ihn »besitze«, so bedeutet dies, dass er meinem Willen nachgibt, dass natürliche Harmonie oder suggestive Vergewaltigung mein Sein und Wollen sich gleichsam an ihm fortsetzen lassen.

Wie mein Körper deshalb mein ist und in höherem Masse »mein« als jedes andere Objekt, weil er unmittelbarer und vollständiger als jedes andere meinen psychischen Impulsen gehorcht, und diese sich relativ vollständig in ihm ausdrücken: so ist jedes Ding in demselben Masse mein, in dem dies von ihm gilt." 21

Das einverleibte Objekt werde zu einem Teil des Selbst. Aus dieser Verschmelzung enstehe nun etwas neues, sinnhaftes, weil sich nun das Selbst über den Besitz ausdrücken vermag. Die Ausgestaltung des Ich wird demnach über den jeweiligen Besitz sichtbar und dadurch öffentlich.

"So wird das Ich von seinem gesamten »Besitz« wie von einem Bereich umgeben, in dem seine Tendenzen und Charakterzüge sichtbare Wirklichkeit gewinnen, erbildet eine Erweiterung des Ich, das nur das Zentrum ist, von dem aus Fulgurationen [Eigenschaft aus emergenter Wirkung des Aneignens] in die Dinge hineingehen; und die Dinge sind eben mein, wenn sie sich dem Recht und der Kraft meines Ich ergeben, sie nach seinem Willen zu gestalten.

Diese enge Beziehung zum Ich, die den Besitz gleichsam als dessen Sphäre und Ausdruck erscheinen lässt, knüpft sich keineswegs nur an ihn, soweit er dauert und behalten wird. Es stimmt vielmehr mit unserer Vorstellung vom Besitz als einer Summe von Aktionen durchaus überein, dass gerade das Fortgeben von Werten, sei es im Tausch, sei es als Geschenk, eine gewisse Steigerung des Persönlichkeitsgefühls mit sich führen kann - den Reiz, der mit der Selbstentäusserung, Selbstopferung verbunden ist und der auf dem Umwege über eine Verminderung eine Erhöhung des Selbst bedeutet."

Simmel transformiert über den Besitz alle materielle Notwendigkeiten des Lebendigen in eine metaphysischen Notwendigkeit der Identität. Der Besitz erhält eine identitätsstiftende Funktion, die bei Tönnies noch in der Gemeinschaft des Blutes und des Bodens zu finden war. Doch nicht nur die Identität, auch seine Relationen im sozialen Gefüge werden demnach über den Besitz spürbar.

"Oft empfindet man erst im Fortgeben den Besitz, ganz wie man ein Körperelement am energischsten im Moment der Exstirpation fühlt. 22

Das Geben und Nehmen der Objekte ist für Simmel ein Geben und Nehmen des Selbst. Er sieht die Beziehungen der Menschen als einen Austausch von Werten und gibt dem Selbst auch einen Wert, der aber noch subjektiv bleibt. Das Geld hebe diesen Austausch nun auf eine höhere Stufe, da mit ihm nun alles auf einen allgemein gültigen Wert abstrahiert werden kann.

"Das Geld, als das rein arithmetische Zusammen von Werteinheiten, kann als absolut formlos bezeichnet werden.

Formlosigkeit und reiner Quantitätscharakter sind eines und dasselbe; insofern Dinge nur auf ihre Quantität angesehen werden, wird von ihrer Form abgesehen -was am deutlichsten geschieht, wenn man sie wägt. Deshalb ist das Geld als solches der fürchterlichste Formzerstörer...

Sobald das Interesse auf den Geldwert der Dinge reduziert ist, wird ihre Form, so sehr sie diesen Wert veranlasst haben mag, so gleichgültig, wie sie es für ihr Gewicht ist." 23

Erst mit dem Geld sei nun jegliche Existenz messbar geworden. Die Abstraktion auf einen Wert sieht er als bedeutenden Schritt im Fortschritt. Es bewirke eine Intellektualisierung der Menschen, da die Wertschöpfung über den Handel und das intellektuelle Schaffen möglich sei. Die Intellektualisierung mache die bloße Aneignung durch Raub überwindbar.

Es ist wohl von tieferer Bedeutung, daß eben dasselbe, was den Menschen rein tatsächlich-psychologisch von der niederen Tierreihe scheidet: die Fähigkeit der objektiven Betrachtung, des Absehens vom Ich mit seinen Impulsen und Zuständen zugunsten der reinen Sachlichkeit - daß eben dies dem geschichtlichen Prozeß zu seinem vielleicht edelsten, veredelndsten Ergebnis verhilft, zu dem Aufbau einer Welt, die ohne Streit und gegenseitige Verdrängung aneigenbar ist, zu Werten, deren Erwerb und Genuß seitens des einen den anderen nicht ausschließt, sondern tausendmal dem anderen den Weg zu dem gleichen öffnet." 24

Die moderne Gesellschaft verändert demnach nicht nur die Form des Tausches sondern auch die Psyche und die Beziehungen der Menschen. Zwischen die Beziehung der Subjekte tritt nun der Wert der Objekte. Die Beziehungen der Subjekte werden damit messbar und lösen sich von den Subjekten ab, da sie nun ersetzbar sind. Hieraus bildet sich nun ein Gegensatz. Auf der einen Seite stehen die persönlichen Beziehungen und Abhängigkeiten, auf der anderen Seite das Individuum und seine Notwendigkeiten.

"Welche Schwierigkeiten auch die Metaphysik in dem Verhältnis zwischen der objektiven Bestimmtheit der Dinge und der subjektiven Freiheit des Individuums finde: als Kulturinhalte gehen ihre Ausbildungen einander parallel und die Vertiefungen des einen scheinen, um das Gleichgewicht des inneren Lebens zu retten, die des anderen zu fordern. [...]

Auch die Wirtschaft beginnt mit einer Ungeschiedenheit der personalen und der sachlichen Seite der Leistung.

Die Indifferenz spaltet sich erst allmählich zum Gegensatz, aus der Produktion, dem Produkte, dem Umsatz tritt das personale Element mehr und mehr zurück. Dieser Prozeß aber entbindet die individuelle Freiheit.

Wie wir eben sahen, daß diese sich in dem Maße entfaltet, in dem die Natur für uns objektiver, sachlicher, eigengesetzmäßiger wird - so steigert sie sich mit der Objektivierung und Entpersonalisierung des wirtschaftlichen Kosmos." 25

Aus diesem Gegensatz erwächst in der entpersonalisierten Gesellschaft der Moderne mit dem Geld die zwischenmenschliche Beziehung. Ihre Form ermögliche eine individuelle Freiheit die es in der Gemeinschaft nicht gebe. In der Gemeinschaft bleibt das Individuum abhängig von seinen sozialen Beziehungen, alleine kann es jedoch nicht für seine Subsistenz sorgen.

"So wenig in der wirtschaftlichen Einsamkeit einer unsozialen Existenz das positive Gefühl der individuellen Unabhängigkeit erwächst, so wenig in einem Weltbild, das von der Gesetzmäßigkeit und der strengen Objektivität der Natur noch nichts weiß; erst an diesem Gegensatz kommt, wie an jenem, das Gefühl einer eigentümlichen Kraft und eines eigentümlichen Wer tes des Fürsichseins zustande. [...]" 26

Sowohl in der wirtschaftlichen Unabhängigkeit, als auch im Schutz der Gemeinschaft erfahre das Individuum nicht die Notwendigkeit ökonomischer Beziehungen. Das soziales Bewusstsein entwickle sich erst aus der Erfahrung eines Gegensatzes von individueller Freiheit und ökonomischer Abhängigkeit.

"Erst indem die Wirtschaft sich zu ihrer vollen Ausdehnung, Komplikation, innerlichen Wechselwirksamkeiten entwickelt, entsteht jene Abhängigkeit der Menschen untereinander, die durch die Ausschaltung des persönlichen Elementes den Einzelnen stärker auf sich zurückweist und seine Freiheit zu positiverem Bewußtsein bringt, als die gänzliche Beziehungslosigkeit es vermöchte." 27

Indem sich die Wirtschaft gänzlich entfaltet und jegliche Subsistenz zerstört, entstehe im Individuum ein Bewusstsein für soziales Handeln. Demgegenüber sieht er im Sozialismus ein bewusstloses, funktionales Dasein in Einsamkeit. In Wahrheit erzeuge aber nur die ökonomische Abhängigkeit einerseits und die Individualisierung andererseits erzeuge soziale Bindungen in Freiheit. Die Verwirklichung dieser zwischenmenschlichen Beziehung benötige eben das Geld.

"Das Geld ist der absolut geeignete Träger eines derartigen Verhältnisses; denn es schafft zwar Beziehungen zwischen Menschen, aber es läßt die Menschen außerhalb derselben, es ist das genaue Äquivalent für sachliche Leistungen; aber ein sehr inadäquates für das Individuelle und Personale an ihnen: die Enge der sachlichen Abhängigkeiten, die es stiftet, ist für das unterschiedsempfindliche Bewußtsein der Hintergrund, von dem sich die aus ihnen herausdifferenzierte Persönlichkeit und ihre Freiheit erst deutlich abhebt." 28

5 Die Folgen des identitären Intellekts

Sowohl Tönnies als auch Simmel haben von den Auswirkungen der ökonomischen Verhältnisse nur Teile die betrachtet ohne auf die materiellen Notwendigkeiten einzugehen. Bei Tönnies war es die Emanzipation des Denkens vom Willen die zu den ökonomischen Verhältnissen geführt hat. Ihre Schattenseiten bedauerte er als "Tragödie der Kultur". Bei Simmel war es der Gegensatz von Sein und Haben, von Objekt und Subjekt, das im Geld seine Auflösung findet und individuelle Freiheit trotz ökonomischer Bindung ermöglicht. Materielle Notwendigkeiten betrachtet er nur als Faktor zur Entstehung der modernen Gesellschaft in der der Intellekt wertschöpfend wirke. Dass hierfür die materielle Not einer unteren Schicht notwendig ist, betrachtete er nicht. Angeregt durch die Arbeiten des Botanikers Carl Correns und des Zoologen Ernst Haeckels entstehen bei ihm Klassenunterschiede aus der Vererbung unterschiedlicher Begabungen. Correns hatte maßgeblich an der Wiederentdeckung und Etablierung der Mendelschen Vererbungslehre mitgewirkt, während Haeckel diese mit dem Sozialdarwinismus verband und die so entstandene Eugenik propagierte. 29 Für Simmel zeigt sich die Veredelung durch Vererbung im Genie oder im Meister, ihre Begabung als Kondensat der Arbeit von Generationen. In diesem biologischen Unsinn wäre eine Kultur, die solcherart Zucht betreibt als besonders effizient anzusehen. Eine fortschrittliche Kultur wäre demnach jene, die über sexuell wirkende Klassengrenzen die Effizienz ihrer Arbeitsleistung steigert.

"Der besonders »begabte« Mensch wäre demnach derjenige, in dem ein Maximum von Arbeit seiner Vorfahren in latenter und zur Weiterverwertung disponierter Form aufgehäuft ist; so daß der höhere Wert, den die Arbeit eines solchen durch ihre Qualität besitzt, im letzten Grunde auch auf ein quantitatives Mehr von Arbeit zurückgeht, das er freilich nicht persönlich zu leisten brauchte, sondern dem er nur durch die Eigenart seiner Organisation das Weiterwirken ermöglicht.

Die Leistung wäre dann, die gleiche aktuelle Arbeitsmühe der Subjekte vorausgesetzt, in dem Maße eine verschieden hohe, in dem die Struktur ihres psychisch-physischen Systems eine verschieden große und mit verschiedener Leichtigkeit wirkende Summe erarbeiteter Erfahrungen und Geschicklichkeiten der Vorfahren in sich birgt." 30

Nach Simmel lässt sich in der modernen Gesellschaft durch intellektuelles Schaffen und den daraus gebildeten Selbstwert materielle Not überwinden. Die Identität ergibt sich somit aus der intellektuellen Bestimmung und dem daraus gebildeten Selbstwert. Hatte Tönnies mit dem Identitätsbegriff die materielle Notwendigkeit ersetzt, so gelang es Simmel die Zerstörung der Subsistenz und die Entpersonalisierung durch das Geld als soziale Notwendigkeit des Fortschrittes darzustellen, die den Intellekt auf eine höhere Stufe bringe.

"Man kann nämlich die Arbeitsleistungen höherer Kulturen in eine Stufenreihe von dem Gesichtspunkt aus einstellen, welches Quantum Arbeit bereits in den objektiven, technischen Vorbedingungen aufgehäuft ist, auf Grund deren die einzelne Arbeit überhaupt möglich ist. [...] was wir als die höheren Leistungen schätzen, nur nach der Kategorie des Berufes und ohne daß personale Momente ihre Höhe bewirkten, das sind diejenigen, die in dem Aufbau der Kultur die relativ abschließenden, am meisten von langer Hand vorbereiteten sind, die ein Maximum von Arbeit Vor- und Mitlebender als ihre technische Bedingung in sich aufnehmen - so ungerecht es auch sei, aus diesem, durch ganz überpersönliche Ursachen entstandenen Wert der objektiven Arbeitsleistung eine besonders hohe Entlohnung oder Schätzung für den zufälligen Träger derselben herzuleiten." 31

Wie die weitere Geschichte zeigt, führte die "Höherentwicklung der Gesellschaft" in einen nationalen Fanatismus der den Intellekt in die Abgründe des technisierten und rationalisierten Tötens zweier Weltkriege stürzte. Sowohl die Soziologie als auch ein verselbstständigter Materialismus konnte diese gesellschaftlichen Entwicklungen nicht erklären. Um zu beschreiben, wie sich dennoch eine völlig irrational begründete politische Klasse herausbilden und durchsetzen konnte, mussten andere Denkansätze hinzugenommen werden. Die Soziologie befand sich daher nach zwei Weltkriegen in einer Krise, die sich auch mit der reflexiven Fusion psychoanalytischer und ökonomistischer Ansätze nicht überwinden ließ.

6 Die sinnentleerte Topographie der Systeme

In den USA hatte der Soziologe Talcott Parsons einen anderen Denkansatz verfolgt. Sein Ziel war es nicht, die Ursachen und Folgen des Nationalismus und Faschismus aufzuarbeiten. Er wollte die Stabilität aller denkbaren Gesellschaftsformen ahistorisch und mit den gleichen Prinzipien beschreiben um schließlich die Stabilität der Demokratien zu sichern und die Soziologie als verbindende und dennoch eigenständige Disziplin neben der Ökonomie und der Psychologie zu verankern. 32

Natürlich sind Werte dem Wandel unterworfen, unabhängig jedoch ob empirisch die Tendenz zur Stabilität geht oder nicht, sind die Möglichkeiten der Auflösung hier sehr groß und es ist wichtig nach Möglichkeiten zu suchen, die ihrer Tendenz nach die Ordnung schützen. 33

Parsons betrachtete die Gesellschaften hierfür als Systeme, die sich topographisch anhand ihres Verhältnisses zum Individuum einordnen lassen. Er griff dabei auf die Arbeiten der Sozialanthropologen Bronislaw Malinowski und Alfred Radcliffe-Brown zurück, die Kultur ebenfalls ahistorisch betrachteten. Für sie war die Gesellschaft ein Organismus in denen die Individuen als funktionale Einheiten anzusehen sind, deren Bestimmung es sei, zum Erhalt des Gesamtsystems beizutragen.34 Insofern verdrehten sie den gesellschaftlichen Sinn in eine funktionale Bestimmung. Der Zweck der Gesellschaft besteht demnach nicht darin, die Existenz der Individuen zu ermöglichen, sondern umgekehrt sei es deren Bestimmung die Struktur der Gesellschaft zu erhalten. In diesem Sinn beschreibt Parsons nicht die Geschichte einer Gesellschaft sondern die formellen Prozesse eines Systems. Dabei seien alle Prozesse auf den Erhalt der Struktur ausgerichtet, weshalb das System einen Gleichgewichtszustand anstrebe. Da Parsons seine Systemtheorie unabhängig von Zeit und Raum bildet, entleert er sie zugleich von jeglichem Sinn.

Die soziologische Notwendigkeit der Identität musste er deshalb auch anders als das historisierende Konzept identitätsstiftender Gemeinschaften in die Gesellschaft integrieren. In jeder Gesellschaft sei nun das Individuum Teil verschiedener Gruppierungen mit denen es sich zu identifizieren habe. War es bei Tönnies und Simmel noch der Gegensatz von individuellen und gesellschaftlichen Zielen, die sich über das Geld vermitteln lassen, verhält sich das Individuum bei Parsons durch seine Wertorientierung und sozialen Druck im Sinne der Stabilisierung des systemischen Gleichgewichts und des Erhalts der Struktur.

"Soziale Systeme werden gebildet von Zuständen und Prozessen sozialer Interaktion zwischen handelnden Einheiten. Wenn die Interaktionseigenschaften sich von den Eigenschaften der handelnden Einheiten ableiten ließen, wären soziale Einheiten bloße Begleiterscheinungen, wie es die 'individualistische' Gesellschaftstheorie nicht selten behauptet hat. unsere in scharfem Gegensatz dazu stehende Position lässt sich weitgehend auf die Feststellung [...] zurückführen, die Gesellschaft sei ebenso wie andere soziale Systeme eine 'Realität eigener Art'." 35

Da die Harmonie der Rollenkonformität Parsons an der Realität der gesellschaftlichen Verhältnisse scheiterte, entwarf der Soziologe Robert K. Merton die Anomietheorie.

7 Der systemisch bedingt sozial schwache Sinn

Er erweiterte die Systemtheorie Parsons, indem er nun die Subsysteme als Konkurrenten ansah. Da jedes Individuum in mehrerer Subsysteme integriert ist, ergäben sich Rollenkonflikte aus den unterschiedlichen Anforderungen. Jede Gruppe versuche schließlich die gesellschaftliche Strukturen für sich zu nutzen oder in ihrem Sinn zu verändern. Gesellschaftliche Gruppen können somit als konkurrierende Akteure betrachtet werden, deren Streben es ist, sich die Gesellschaft zu Eigen zu machen. Merton ersetzte also die Notwendigkeiten gesellschaftlichen Lebens durch die pluralen Ziele von Gruppierungen. Die Anomie erfolge nun, wenn es dem Individuum in seiner Sozialisation nicht gelungen sei, die Anpassung aufrecht zu erhalten.

"Als Anomie wird schließlich der Zusammenbruch der kulturellen Struktur bezeichnet, der besonders dort erfolgt, wo eine scharfe Diskrepanz besteht zwischen kulturellen Normen und Zielen einerseits und den sozialstrukturierten Möglichkeiten in Übereinstimmung hiermit zu handeln andererseits" 36

Die Gesellschaft wurde denn auch als eine Kampfarena um die Vorherrschaft verschiedener Akteure dargestellt. Die Soziologie untersuchte somit nicht mehr gesellschaftliche Strukturen der Ökonomie sondern der Kommunikation. Spätere Theorien des Poststrukturalismus abstrahierten diesen Aspekt, indem sie die Notwendigkeit der Identifikation in in die Sprache verlagerten und mit dem Diskursbegriff die Akteure nur noch als Träger von Kommunikation ansahen. Für sie waren es die Diskurse selbst, die um die gesellschaftliche Vorherrschaft konkurrieren.

Durch ihre eigene Theoriebildung hatte die Soziologie mit der Systemtheorie und den Poststrukturalisten die Frage nach der Legitimation von Gesellschaft wieder aufgetan, da nun eine Willkür der Macht behauptet wurde. Bei dieser Willkür setzte die Theoriebildung des Soziologen Niklas Luhmann an.

8 Die Notwendigkeit im Zufall

In den frühen 70er Jahren sah er die Gesellschaftsform als ein Produkt zufälliger Ereignisse, die auch hätten anders ablaufen und gänzlich andere Ergebnissen liefern hätten können. Hierfür erdachte er den soziologischen Begriff der Kontingenz.

„Kontingent ist etwas, was weder notwendig ist noch unmöglich ist; was also so, wie es ist (war, sein wird), sein kann, aber auch anders möglich ist. Der Begriff bezeichnet mithin Gegebenes (zu Erfahrendes, Erwartetes, Gedachtes, Phantasiertes) im Hinblick auf mögliches Anderssein; er bezeichnet Gegenstände im Horizont möglicher Abwandlungen.“

Luhmann plädierte dafür soziologische Theorien auf einer abstrakten Ebene zu bilden, wie es schon in der Rechtstheorie gelungen sei. Nur durch Abstraktion könne die Sozialwissenschaft einerseits die Fortschrittsgeschichte der Gesellschaft wert- und zweckfrei beschreiben und andererseits der Politik Entscheidungshilfen geben.

"Der Systembegriff scheint gerade die Verbindbarkeit beider Ebenen, nämlich die Abstrahierbarkeit der Realität auszudrücken [...]. Der Grund für diese Notwendigkeit des Abstrahierens ist, daß man sich [...] in einer übermäßig komplexen Welt nicht zurecht finden kann. Und demgegenüber bleibt die Frage sekundär in welcher Richtung, unter welchen Gesichtspunkten und im Sinne welcher Interessen Systeme zur Erfassung und Reduktion von Komplexität gebildet werden. Die Gegenüberstellung von konkreten und analytischen Systemen gibt nur den Unterschied einer primär lebensweltlichen oder primär wissenschaftlichen Erfüllung dieser Funktion wieder. [...]

Daß normative Theorien nicht ohne Rücksicht auf faktische Durchführbarkeit entworfen werden können ist kaum zu bestreiten, aber auch deskriptive oder erklärende Theorien setzen eine Übernahme von Werten, Zwecken und Normen des Handelns als Prämissen in die Theorie voraus, weil sonst das Feld der Möglichkeiten gänzlich offen und unbestimmbar bliebe." 38

Für Luhmann wirkt die Sinnfrage sowohl bei der Setzung von Normen als auch bei der Beschreibung gesellschaftlicher Prozesse störend, da sie die Entscheidungsmöglichkeiten bis hin zur Dichotomie einschränke. Da die Evolution von Kontingenz durchdrungen sei, könne dieser Sinnfreiheit nur durch Abstraktion begegnet werden. Bei aller Zweckentleerung in der Systemtheorie behauptet Luhmann dennoch eine Höherentwicklung der Gesellschaft durch Selektionsprozesse wie sie von Darwin beschrieben worden sind.

"Man kann die soziokulturelle Evolution beschreiben als zunehmende Differenzierung von Ebenen auf denen sich Interaktionssysteme, Organisationssysteme und Gesellschaftssysteme bilden." 39

Allerdings wirken in Luhmanns Übertragung des Darwinismus verschiedene Teilaspekte eines Mechanismus als für sich stehende 'Funktionen' die zudem noch auf mehreren gesellschaftlichen Ebenen wirken. Hierzu musste Luhmann einzelne Aspekte der Darwinschen Theorien umgruppieren.

„Angesichts der Systemgrundlagen aller Evolution, angesichts des unauflösbaren Zusammenhangs von elementaren Operationen, Strukturbildungen und operativer Schließung des nach außen sich abgrenzenden Systems kann Differenzierung der evolutionären Funktionen nicht heißen, daß es zu einer kausalen Separierung käme. Gemeint ist allerdings, daß die Funktionen der Variation, der Selektion und der Restabilisierung durch das evoluierende System nicht koordiniert, nicht aufeinander abgestimmt werden können; denn das würde ja heißen, daß von vornherein nur so viel variiert wird, wie als Beitrag zur ‚Systemerhaltung‘ seligiert [ausgewählt] werden kann.

Verzicht auf diese Art zweckmäßiger Koordination besagt, daß es vom System aus gesehen Zufall ist, wenn Variationen zu positiven bzw. negativen Selektionen führen, und daß es weiterhin Zufall ist, ob und wie diese Selektionen, die sich eigener Kriterien bedienen, im System stabilisiert werden können. Mit ‚Zufall‘ ist dann auch gesagt, daß das evoluierende System an diesen inneren Grenzen unkontrolliert umweltempfindlich ist. Hier können zufällig vorhandene, eventuell vorübergehende Umweltbedingungen einwirken, und auf diese Weise kann das System, ohne dies zu planen, Gelegenheiten nutzen, um Strukturänderungen kommunikativ plausibel durchführen zu können, die in anderen historischen Situationen unmöglich wären." 40

Demnach können "Selektionen, die sich eigener Kriterien bedienen" zwar kausal verbunden, jedoch ohne Abstimmung von der Umwelt betrachtet werden. Sowohl die Konstitution als auch die Selektion eines Sozialsystems, werde durch dieses selbst vollzogen. Luhmanns Darstellung unterscheidet sich darin völlig von den Evolutionstheorien auf die er sich bezieht. In diesen kann erst die gemeinsame Interaktion aller Teilaspekte eine Wirkung hervorrufen. 41

Anders als in der Evolutionsbiologie sieht Luhmann nicht das Zusammenwirken von Faktoren, die dann Wirkungen hervorrufen welche Charles Darwins als natural selection bezeichnete. Er sieht drei selbstständige Mechanismen am Wirken, die voneinander unabhängig ausdifferenziert werden können. Der Evolutionsbiologe Ernst Mayr analysierte die von Darwin aufgestellte Theorievariante der natürlichen Selektion als ein Erklärungsmodell, das aus fünf durch Beobachtung gewonnene Annahmen und drei Schlussfolgerungen besteht: 42

1. Überproduktion an Nachkommen (Annahme von Thomas Malthus)

2. Konstanz der Populationsgrößen (Beobachtungen)

3. Ressourcenknappheit (Annahme von Thomas Malthus, Beobachtungen)

4. Konkurrenzkampf (Schlussfolgerung 1 nach Malthus)

5. Variabilität (Beobachtungen)

6. Unterschiedliche Überlebenswahrscheinlichkeit (Schlussfolgerung 2)

7. Erblichkeit der variablen Merkmale (Tierzucht)

8. Veränderung durch Selektion über viele Generationen (Schlussfolgerung 3)

Die Evolutionstheorien beziehen sich bei der Betrachtung der Selektion also auf veränderliche Umweltbedingungen, die sich energetisch auf die materiellen Notwendigkeiten der Lebewesen und ihrer Nachkommenschaft auswirken. Die Sichtweise Luhmanns folgt hingegen dem soziologischen Paradigma, gesellschaftliche Veränderungen ohne die materiellen und energetischen Grundlagen des Lebens erklären zu wollen. Die Beziehungen, die alle Lebewesen und so auch die Menschen zueinander aufbauen, können mit Luhmanns Ansatz nicht erklärt werden.

Der Soziologe Klaus Gilgenmann untersuchte 2012 den Einfluss der Evolutionstheorien auf das Werk von Niklas Luhmann. Darin kritisiert er den fehlenden Bezug auf materielle Notwendigkeiten. 43

"Natürliche Organismen (einschließlich ihrer psychischen Ausstattung für Sozialisationsprozesse) und technische Artefakte (einschließlich ihrer Verwendung für erweiterte Formen menschlicher Sozialsysteme) kommen darin nur als Objekte der Beobachtung und Beschreibung, nicht aber als kausal wirksame Elemente der menschlichen Sozialität vor. Stattdessen werden Sozialsystemen eigendynamische Steuerungsfähigkeiten zugeschrieben, die herkömmlich lebendigen Individuen (oder Göttern) vorbehalten waren. Die natürliche und dingliche Umwelt kommt als Ursache von Wirkungen nur vor, soweit sie in der Kommunikation wahrgenommen wird. Als kausal wirksam gilt primär die Differenz zwischen System und Umwelt. " 44

Ein Axiom der modernen Soziologie, dem sich auch Luhmann beugte, ist die Differenz zwischen Kultur und Natur. Gilgenmann plädiert dafür, die verloren gegangene Verbindung wieder herzustellen, um auch der materiellen und somit physischen Ebene politischer Entscheidungen eine Legitimation verschaffen zu können.

"Das in evolutionstheoretischer Perspektive gravierendste Folgeproblem dieser Beschränkung ist der Umstand, dass Konkurrenzkonflikte mit physischer Gewalt als auslösende Ursachen sozialer Ordnungsbildung nicht angemessen thematisiert werden können." 45

Gilgenmann sieht schließlich jede menschliche Gesellschaftsform, unabhängig von ihrer Geschichte, im beständigen Kriegszustand:

"Das große schmutzige Geheimnis, dass alle historisch vorgefundenen Formen friedlicher Kooperation auf der Externalisierung des Konfliktpotentials beruhen (oder zumindest damit einhergehen), wird aus dem kulturellen Gedächtnis verdrängt. Man kann nicht mehr verstehen, wie jemals der 'Krieg als Vater aller Dinge' bezeichnet werden konnte." 46

Die Persistenz von Darwins metaphorischer Ausgestaltung ließe sich auch auf die Vorannahmen der Psychologie zurück führen. Gilgenmann jedenfalls beruft sich auf den Evolutionspsychologen Pinker und stellt dessen Thesen zur Gewalt des Menschen als abgesicherte wissenschaftliche Erkenntnis dar. Er bedauert deshalb die verloren gegangene Verbindung der Soziologie zum Darwinismus.

"Wiederzuentdecken wäre dabei das von Spencer, Simmel, Durkheim, Max Weber, Elias, Parsons u.a. noch präsente Größenwachstumsproblem menschlicher Sozialsysteme." 47

Schließlich solle die Soziologie sich ihrer ursprünglichen Aufgabe gewahr werden und die Ursachen gesellschaftlicher Spannungen untersuchen. Ganz im Sinne von Auguste Comte kann die Soziologie eine quantitative Sensorik zur Stabilisierung bestehender Strukturen beitragen.

"Die in evolutionärer Perspektive höchst unwahrscheinliche Größe menschlicher Sozialsysteme wird wie selbstverständlich vorausgesetzt und nicht als Ursache sozialer Konflikte, sondern nur als methodologisches Problem der Beschreibung von Übergängen zwischen Mikro- und Makrophänomenen der menschlichen Sozialität reflektiert.

Deutlich anders angelegt war der wissenschaftliche Umgang mit Ebenenunterscheidungen in den Anfängen der Soziologie. Hier ist noch erkennbar, dass Differenzierung eng mit Problemen sozialer Ordnung verknüpft ist. Soziale Systembildung wird als Ordnungsleistung wahrgenommen, die durch Wachstum (Bevölkerungsvermehrung, äußere Ausdehnung und innere Verdichtung der Sozialsysteme) gefährdet ist und zu (internen und externen) Anpassungsprozessen gezwungen wird." 48

Dagegen hatte Luhmann später mit seiner "Autopoietischen Wendung" die physischen Grundlagen von der Gesellschaft entkoppelt und betrachtete nurmehr die Komplexitätszunahme der Gesellschaft durch Ausdifferenzierung in soziale Ebenen. 49

„In ihrer abstrakten Form genommen, sind Mehrebenen-Erklärungen evolutionärer Prozesse nichts Neues. Sie haben generell die Ein-Faktor-Erklärungen abgelöst. Das gilt sowohl für strukturalistische Spätauffassungen der Marx'schen Theorie als auch für Soziologen..." 50

Er sieht die sozialen Systeme isoliert von den Individuen, deren Handlungen die Gesellschaft bilden und gestalten. Die gegenseitige Wahrnehmung innerhalb eines Systems schließt die Kommunikation mit anderen Systemen aus. Eingehende Informationen würden gefiltert und nach den Gesetzen der inneren Dynamik eingeordnet und verarbeitet. Eine Notwendigkeit der Ausdifferenzierung sei das Auftreten sozialer Schichtung. Der Größenzuwachs sozialer Kommunikation erfordere einen Druck, dem das System durch Exklusionsprozesse ausweicht. Jedoch könne dadurch das Gesamtsystem, die gesellschaftliche Ordnung, aufrecht erhalten bleiben.

"Stratification is a result of growth in size and complexity of the social system" 51

"Stratifizierung ist ein Ergebnis des Wachstums an Größe und Komplexität des sozialen Systems"

In der Soziologie wurde mit dem Begriff der Stratifizierung ein aus der Geologie entlehnter zynischer Euphemismus entwickelt. Stratifizierung beschreibt die Ablagerung von Schichten und auf eben diesen menschlichen Sedimenten errichten die Soziologen ihre Theoriegebäude. Die Stratifizierung sei eine Folge der Komplexitätszunahme in der Gesellschaft. Dabei ist es die rohe Gewaltanwendung, die zusammenhält, was sonst auseinander fallen würde. Damit die Last der gedanklichen Türme in diesem Morast nicht versinkt, konstruieren Soziologen den Druck auf den Bodensatz menschlicher Existenz beständig als Notwendigkeit. Der Druck ist jedoch materieller Natur und entsteht aus den Entscheidungen der Machthabenden, nicht jedoch aus einem evolutinären Prozess vermeintlicher Höherentwicklung der Gesellschaft.

Gilgenmann sieht darin jedoch eine Parallelität zu 'modernen' Theorien in der Biologie, welche Gene, Organismen, die Arten und Populationen als Wirkort der Selektion ansähen. Zudem sei die Unterscheidung mehrerer Ebenen eine Folge von Differenzierungsprozessen, in denen die kulturelle Evolution in die natürliche Evolution eingebettet sei. 52 Deshalb könne man die Ursachen politische Entscheidungen in natürlichen Tatsachen finden:

„'Die Differenz von Gesellschaft und Interaktion transformiert Bindung in Freiheit'. In dieser Aussage sind zwei evolutionstheoretische Prämissen enthalten, die im Folgenden entfaltet werden sollen: (1.) Alle Formen sozialer Differenzierung dienen der Verarbeitung von Konkurrenzkonflikten durch deren Externalisierung und (2.) die kulturelle Evolution sozialer Differenzierungsformen geht mit zunehmender Ebenendifferenzierung einher, die mehr Freiheiten für interne Konfliktverarbeitung eröffnet." 53

In der biologische Forschung besteht jedoch inzwischen Einigkeit darüber, dass die Selektion weder auf der Ebene der Population, noch der Gene oder gar der Art ansetzt. Der Evolutionsbiologe Ernst Mayr hat bereits im Jahr 2001 Suche nach dem Angriffspunkt der Selektion als abgeschlossen beschrieben:

"...die genetischen Verhältnisse eines ganzen Individuums lassen sich mathematisch nicht handhaben, und deshalb entschieden sich die meisten mathematisch orientierten Populationsgenetiker für das Gen als eigentliche 'Einheit der Selektion'. Einige Autoren schlugen noch mutmaßliche andere Ziele der Selektion vor, beispielsweise Gruppen von Individuen oder ganze Arten. Manche Verhaltensforscher und Ökologen glaubten, die Selektion habe eine 'Verbesserung der Spezies' zur Folge. Und bis 1970 waren einige Genetiker noch der Ansicht, nicht nur Gene, sondern auch Populationen seien Einheiten der Selektion. Erst um 1980 war man sich einigermaßen einig, dass das Individuum den wichtigsten Angriffspunkt für die Selektion darstellt." 54

Das Überleben und die Fortpflanzung sind Ereignisse der Lebensgeschichte jedes einzelnen Lebewesens. Die Selektion wird erst sekundär auf der statistischen Ebene der Population sichtbar, wenn sich mit der Zeit die prozentualen Anteile verschiedener Merkmalsträger ändern. Die Art ist hingegen ein Konstrukt, das aus dem Verlangen entsteht eine veränderliche Natur in feste Kategorien zu pressen. Da die Art als solche nicht existiert, kann sie auch nicht selektiert sondern nur gezüchtet werden. Das Gen schließlich ist ebenfalls keine selektierbare Einheit, da es nicht singulär Wirkungen erzeugt sondern in seiner Wirksamkeit von Regulatoren abhängig ist. Alle Gene bilden zusammen ein regulatorisches Netzwerk.55 Rekombinations- und Mutationsereignisse werden somit nur in jenen Bereichen wirksam, in denen ein Lebewesen mit seiner Umwelt interagiert. Varianten können deshalb nur über die spezifische ontogenetische und phylogenetische Entwicklung eines jeden Lebewesen erklärt werden. Doch gerade diese Ebene beachtet Luhmann nicht, da für ihn jede geschichtliche Entwicklung kontingent entstanden ist.

Die Soziologie kann somit weder unter Bezugnahme auf die Biologie, noch durch deren Abkoppelung gesellschaftliche Entwicklungen beschreiben oder gar bestehende Strukturen legitimieren. Die Geschichte der Soziologie ist ein Tanz um die Ursachen der gesellschaftlichen Verhältnisse herum. Das Zentrum ihres Interesses kann sie nicht benennen, da sie sich nicht aus Neugierde oder dem Streben nach Erkenntnis konstitutiert hat. Dennoch ist die Aufklärung der gesellschaftlichen Sinnkrise notwendig, da sie sich im einzelnen wie auch gesellschaftlich allgemein verheerend entwickeln kann. Dazu bedarf es nicht nur ein Theoriengebäude, sondern eine Betrachtung des wirklich stattfindenden gesellschaftlichen Lebens der Menschen. Indem die Kritik der politischen Ökonomie mit einer Kritik der politischen Kultur vereint wird stellt sich eine Gedankenwelt heraus, wie sie inzwischen als Kulturkritik auftritt.

 

Fußnoten:

1 Mayo 2004, S. 191

2 Lutz 1998, S. 16.

3 Lutz 1998, S. 17.

4 Lutz 1998, S. 16.

5 Vgl. Junker 2004, S. 360-361.

6 Vgl. Korte, S. 34-39.

7 Lutz, S. 17.

8 Korte 2006, S. 55.

9 Lutz 1998, S. 35.

10 Tönnies 1887, S. 40.

11 Tönnies 1887, S. 290-291.

12 Tönnies 1887, S. 52.

13 Tönnies 1887, S. 45.

14 Tönnies 1887, S. 46.

15 Tönnies 1887, S. 279.

16 Tönnies 1887, S. 83.

17 Simmel, 1900, S. 376.

18 Simmel, 1900, S. 382.

19 Simmel 1900, S. 5.

20 Simmel 1900, S. 13.

21 Simmel 1900, S. 344-345.

22 Simmel 1900, S. 344-345.

23 Simmel 1900, S. 285.

24 Simmel 1900, S. 306.

25 Simmel 1900, S. 320-321.

26 Simmel 1900, S. 321.

27 Simmel 1900, S. 321.

28 Simmel 1900, S. 321.

29 Vgl. Hennig 1998, S. 704-708; vgl. Junker, Paul 1999; vgl. Schulz 2004, S. 548-556.

30 Simmel 1900, S. 463.

31 Simmel 1900, S. 465.

32 Vgl. Korte 2005, S. 173.

33 Parsons 1976, S. 173.

34 Vgl. Korte 2005, S. 173.

35 Parsons 1985, S. 15.

36 Merton 1968, S. 292

37 Luhmann 1984, S. 152.

38 Luhmann (1971) 2013, S. 16-17.

39 Luhmann 1975, S. 13; vgl. Gilgenmann 2012, S. 1.

40 Luhmann 1997, 501.

41 Vgl. Luhmann 1975, S. 10.

42 Vgl. Mayr 2005, S. 147-148.

43 Vgl. Gilgenmann 2012, S. 5

44 Vgl. Gilgenmann 2012, S. 5-6.

45 Gilgenmann 2012, S.5.

46 Gilgenmann 2012, S. 8.

47 Vgl. Gilgenmann 2012, S. 3.

48 Gilgenmann 2012, S.2.

49 Vgl. Gilgenmann 2012, S. 3.

50 Luhmann 1975, S.

51 Luhmann 1977, S. 33.

52 Vgl. Gilgenmann 2012, S. 9.

53 Gilgenmann 2012, S. 2.

54 Mayr 2001, S. 160.

 

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