Wolfram Pfreundschuh (2003)

Ein Flugblatt zum Kongreß (SPOG) der "Antideutschen" in München

Paranoia, über alles! Über alles in der Welt!

Gibt es einen "Weltkrieg gegen die Juden“ (BAHAMAS)?

Die Deutschen sind gefährlich. Das weiß man, seit sie die Weltkriege angezettelt und den Holocaust "durchgezogen“ haben. Ja, "die Deutschen“ haben "eine große Schuld“ auf sich geladen. Niemand wusste das bisher besser politisch zu verwerten, als die deutschen Nachkriegspolitiker der großen deutschen Koalition, die Kooperation der Deutschen beim Wiederaufbau des deutschen Kapitalismus, der als Gewähr gegen den deutschen Faschismus, als Re-Demokratisierungskampagne vorgestellt wurde. Heute trägt diese Vorstellung endlich auch "in der Linken“ Früchte, wenn es raunt, dass sich ein Antiamerikanismus breitmache, und zwar unter der Linken! Oh Gott! Haben wir unsere "Beschützer“ verärgert?

Aber wie das? Die Deutschen stehen schon seit 50 Jahren geschlossen "auf der Seite Amerikas“. Weder Fischer, noch Schröder sind antiamerikanisch, auch wenn sie bei der Schlacht um das Diktat der Ölpreise nicht mitmachen wollen. Es widerspricht einfach den deutschen Wirtschaftsinteressen und dem "freien Markt“ und vor allem der Stabilität des Euro. Die deutsche Politik ist durch und durch "proamerikanisch“ – wie auch der größte Teil der deutschen Bevölkerung. Was nehmen die "Antideutschen“ auf ihrem gemeinsamen Kongress mit vier politischen Kleinverlagen wahr, wenn sie eine Bestärkung des deutschen Nationalismus durch einen linken Antiamerikanismus wittern? Wo sieht der "kommunistische“ Journalist Gremliza eine "Rückkehr zu Heimat und Staat“, wenn sich die Linke gegen die Ausplünderung der Welt durch das Kapital ausspricht? Mit seinem Anti-Anti-Kapitalismus-Redeschwall breitet er so viel Nichts aus, dass nichts mehr dazu zu sagen ist. Er sorgt sich angeblich um eine Linke, die nationalkonservativ sei, wenn sie gegen Globalisierung demonstriert und die sich freuen würde, wenn Terroristen Amerika angreifen. Klar, dass man dagegen was sagen muss!

Für einen politischen Menschen seines Formats ist allerdings seltsam, dass er nicht seine "internationalistischen Gedanken“ dagegen setzt! Stattdessen offenbart er ein tumbes Gehäme und einen in sich reflektierten, politisch unfähig gewordenen Verstand, der sich nicht mehr kritisch auseinandersetzen kann oder will. Was ist da los? Die bürgerliche Antiglobalisierungsbewegung soll das Hauptproblem sein, die Linke sprachlos? Nein. Es ist was neues geschehen: Es geht um die Bestände. Die Behauptung, dass der Faschismus Sadam Husseins mit dem Krieg aus der Welt sei, verlangt unendlich viele Kriege. Das ist schlimm für die Kritik, erscheint aber gut für die eigene Sicherheit: Die Waffen der Westmächte werden plötzlich wieder als Schutz vor dem antikapitalistischen "Terror der Dritten Welt“ empfunden.

Man muss jetzt was tun. Schluß mit dem Menschlichkeitsgetue! Nachdem wieder eifrig die deutschen Philosophen Nietzsche und Heidegger studiert worden sind und der deutsche "Westentaschenphilosoph Sloterdijk“ (Detlef Hartmann) die Offensive zur nietzscheanischen Legitimation der kommenden Weltordnungskriege gestartet hat – ganz analog und zeitgleich zum amerikanischen Leo-Strauss-Schüler Samuel P. Huntington – klappt alles vorzüglich. Der "politische Verstand“ hatte noch nicht begriffen, was die Kritik der politischen Ökonomie überhaupt heißt, da hat er auch schon die Politik selbst zum Gegner. Er ist Antideutsch. Das ist der Begriff für alles und für nichts. Begründung? Klar doch: Judenverfolgung. Wieder mal sollen sie zur innerdeutschen Konfliktlösung herhalten wie eine allzeit bereite Metapher. Das allumfassende kulturpsychologische Freund/Feindschema zusammen mit der Wortverbindung von "Anti“ und "deutsch“ ist ungemein praktisch und kann jederzeit mundtot machen. Dermaßen abstrakt ist der Gegner schlciht "das Deutsche“. Aber niemand ist deutscher als die Antideutschen, die sich entschlossen und mit aller Härte, "kompromißlos und zerstörerisch, rücksichtslos und ohne Scheu vor dem eigenen Resultat“ für einen weltmächtigen, gut bewehrten "Liberalismus“ einsetzen wollen. Dehalb schreiben Leute aus der ehemals linken Journaille BAHAMAS: "Antikapitalismus ist ein national-sozialistisches Programm, ... seinem Wesen nach gegen die Befreiung der Einzelnen und für den Triumph des völkischen Prinzips, also immer auch gegen den Kommunismus. ... An dem nationalsozialistischen Unheil, das der globalisierungskritische Antikapitalismus für die Liberalen und die Amerikaner, für die Schwulen und die Juden bringen würde, wenn ihm nicht von der US-Army Grenzen gesetzt werden, ist innerhalb der Reihen der Pace-Meute keine ‘emanzipatorische’ Kritik denkbar.“

Da ist die Lüge: ihnen geht es nun wirklich nicht mehr um Kritik. Sie müssten sie wollen und äußern. Stattdessen wird betreiben sie pure Sprachzertrümmerung. Was da herauskommt: Antikapitalismus sei Nationalsozialismus, Kommunismus die "Befreiung der Einzelnen“ und die Weltordnungskriege "in Wirklichkeit ... Weltkrieg gegen die Juden“. Dazu fällt einem nun wirklich nichts mehr ein. Und das soll auch so sein: Die Offensive der Leute, die sich hier aufbauen, wollen sich eben mal hintenrum mit dem Hirn der Kapitalisten und Imperialisten ausstatten, die ihnen als die einzigen Garanten ihrer Zukunft gelten. Sie haben ob der Weltlage das Muffensaußen vor ihrer Kritik bekommen. Aber das nur heimlich. Warum sonst reden sie da so viel drum rum und auch noch über Marx und Kommunismus? Da geht es um etwas, was sich hinter einer absurd gewordenen Egozentrik, die sich als aparte Intelligenz gibt, versteckt: Verdummung! Marxismus ist das Gegenteil: Das Denken muss sich in der Welt verwirklichen, wenn die Welt intelligent werden soll! Die Verwirklichung der Intelligenz muss sie er- und begreifen. Daher: Kampf gegen das Verwertungsprinzip! Nationale und internationale Bekämpfung ökonomischer und kultureller Verarmung.

Die Linke hat ihren Verstand verloren!

Das ist nicht schlecht, wenn sie jetzt daran arbeitet, ihr Bewusstsein zu finden!

 

Eine offene Diskussion im Internet bietet die beste Möglichkeit, Information, Wissen und Bewusstsein zu schaffen. Internationalisierung des Bewusstseins hier und jetzt!

Das Forum der Kulturkritik: http://kulturkritik.net

und die kulturkritische Suchmaschine http://kultursuche.net (auch kurz http://such.li)