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321. Die Vorbilder der Bildungsbürger
(Die Verbildlichung des ästhetischen Willens)


Jedes Bild ist die Vergegenständlichung einer Vorstellung. Es erfüllt immer einen Sinn, stellt immer auch direkt oder indirekt eine Botschaft dar – und betreffe die auch nur den Sinn im Zweck einer allgemeinen Bildung oder die Schönheit ihres Gegenstands. Es hat keinen unmittelbaren Nutzen für den Betrachter, wohl aber den Sinn im Nutzen einer Selbstwahrnehmung. Bilder sind je nach Zweck und Erinnerung objektivierte Lebensäußerungen, Erinnerungsbilder ihrer Enstehungsgeschichte im Gedächtnis und Denken der Menschen. Mit der Produktion von bestimmten Bildern durch bestimmte Ereignisse, Erlebnisse und Zustände produziert und reproduziert sich das Bildungsbürgertum über die Bildung seiner Anschauungen und Vorstellungen, der Bildung ihrer politischen Kultur (siehe auch Ereignisproduktion). Bildungsbürger verständigen sich über ihre Vorstellungen vom Leben in ihrer Gemeinde (siehe auch Gemeingut), über Symbole und Bräuche aus ihren je Einzelnen Geschichten, die sich über den Imperativ ihrer Gemeinschaft vergesellschaft (siehe hierzu auch Kategorischer Imperativ). Sie beziehen sich über die Gegebenheiten ihres Verstandes, der sich über ihre Lebensumstände erhebt und diese nach den Lebenswerten ihrer Bildung zu regeln erstrebt.

Weil die zwischenmenschlichen Verhältnisse ganz allgemein in ihren wirklichen Beziehungen durch ihre allgemeine Selbstlosigkeit pervertierten und sich letztlich nur dadurch äußern können, dass sie für ihre gesellschaftliche Existenz in irgendeiner Art und Weise für einander nützlich sind. Der Nutzen der Zwischenmenschlichkeit verwirklicht aber vor allem ein allgemein veräußertes Selbstgefühl, aus dem die Menschen ihren Zusammenhang allein aus dem Glauben an einen allgemeinen Menschen ihrer Vorstellungen beziehen können. Wir sind also dahin gelangt, dass sie in ihrem versachlichten Gattungswesen, in den selbstlosen Begattungen ihrer mißglückten Kultur nun auch selbst wie nützliche Sachen nur in dem wahrhaben können, was ihre Verhältnisse pervertiert hatte. In den Verhältnissen ihrer Einverleibungen verbrauchen sie sich und können daher einander nur leiden, wo sie in ihrer Selbstlosigkeit doch wenigstens der Form nach einen Gemeinsinn finden. Sie müssen sich ansonsten ertragen, wie sie in der Ungestalt ihrer zwischenmenschlichen Gesellschaft sind und sind dennoch und vor allem auch deshalb in ihrem Mißgeschick verschmolzen, weil sie dieses im Mitmachen produzieren und sich zugleich in ihrer Wirklichkeit auch immer von sich persönlich abweisen müssen (1). Im Gemeinsinn ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse ersetzen sie daher den Sinn ihrer gesellschaftlichen Beziehungen durch Bilder, in denen sie sich gleichen und angleichen.

Denn wo Wahrnehmung nur gläubig, in Wahrheit entwirklicht ist, wo sie ihren Gegenstand verloren hat, da treten Bilder einer irgendwie adäquaten Vorstellung an seine Stelle. Die sinnliche Gewissheit geht dabei unter und verwandelt sich in eine theoretische Beziehung zu dessen Wirklichkeit. In einem theoretischen Verhältnis bekommen die Ereignisse nur den Sinn, dass sie ihre verlorene Beziehung für sich als Vorstellung bewahren, die sie zwar noch erinnern, wohl aber nicht bewahrheiten können. Die Sucht nach Vorstellungen wird zur Sucht nach Bilder, die im abgehobenen Sinn eigene Bildungen erfahren und ihre Beziehung über die Gestaltungen ihrer Wirklichkeit, über das Phänomen ihres Daseins konstruieren. Es entstehen Beziehungen im Anschein der Wirkungen und Symptome (siehe hierzu Scheinwelt), die sich über ein rein theoretisches Bewusstsein (siehe hierzu auch Phänomenologie) vermittelt und verhält, rein theoretische Verhältnisse entwickelt und eine Kultur der Bildungbürger entfaltet.

In ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen vermitteln die Menschen ihr Leben daher über eine Optimierung ihrer Selbstwahrnehmung durch die Konzentration ihrer sinnlichen Aufmerksamkeit auf die Art und den Umfang ihrer Selbstwahrnehmung. In der Ermangelung von wirklichen Beziehungen konzentriert sich die Selbstlosigkeit ihrer Selbstverwertung auf das Selbsterleben ihrer Wahrnehmungen. Darin bildet sich ein in seiner Isolation verselbständigter Selbstwert, der seine Selbstgewissheit durch das zwischenmenschliche Erleben auf seine Reflexe reduziert, sodass sich die Selbstwahrnehmung der Menschen über ihr bloß körperliches Dasein entwickelt. Ihre derart isolierte Selbstwahrnehmung wird durch eine ausschließliche Rückbeziehung ihrer Wahrnehmung auf sich selbst zu einer totalen Selbstwahrnehmung, die sich insgesamt als allgemein vorbildliche Wahrnehmung prominent macht. Über das Erleben ihrer Erinnerungen, über das Erleben ihrer vergangenen Selbstwahrnehmungen vermittelt sich, was für die Beziehungen der Menschen selbst für wahr gelten soll. Dies geht als konservatives Gleichnis der Wahrnehmung – als Verbildlichung vorbildlicher zwischenmenschlichen Kulturen – in ihre Lebensverhältnisse ein und bestimmt im selben Sinn eine Welt voller entgegenwärtigter Wahrnehmungen.

Gefühle entstehen und leben durch Empfindungen, aus denen sich die Substanz einer vorbildlichen Wahrnehmung fortbildet. In den befriedeten Beziehungen von Bildungsbürgern, die ihre Verhältnisse auf der Vergemeinschaftung ihrer Erlebnisweisen gründen, werden die Empfindungen existenziell ausgeschlossen. Die Empfindungen, aus denen sich ihre Gefühle entwickelt hatten, sind dadurch abwesend und wirken in ihrer Abwesenheit durch ihre Abstraktionskraft als Selbstgefühle verselbständigter Empfindungen, die eine ihnen selbst äußerliche, eine in sich und durch sich verkehrte Selbstvergewisserung ihrer leblos gewordenen Gefühle betreiben, indem sie von diesen nicht mehr zu unterscheiden sind (siehe auch Selbstgewissheit). Die Selbstverständlichkeit der hierdurch abgetöteten Wahrnehmungen verlangt für ihren Selbsterhalt nach einer psychischen Gemeinschaft (siehe auch Gemeinsinn), die in sich keinen Sinn finden kann und auch außer sich völlig entgegenständlicht ist.

Diese "vorbildlich" gewordene Kultur lebt durch ihre Bilder und erfährt darin eigenständige Wirkungen, die gesellschaftlich und also politisch – durch ihren ästhetischen Willenentwickelt. Je ohnmächtiger, nichtiger, leerer und langeweiliger ihre wirkliche Welt wird, desto inniger bestimmt die Selbstoptimierung die verselbständigte Welt ihrer Bilder und Bildungen ihrer kulturellen Lebenszusammenhänge – und so bilden sie selbst eine Scheinwelt bedeutsamer Beziehungen und werden zu einem hohen Prinzip in den Lebensverhältnissen ihrer Scheinwelten. In eigener Wirklichkeit und Beziehung entsteht durch die Zwischenmenschlichkeit ihrer zwischenmenschlichen Beziehungen eine geschlossene zwischenmenschliche Kultur und vermittelt sich durch das, woraus sie entstanden ist: Durch das Bild ihrer Beziehungen, die die Menschen von sich darin nicht nur wahrhaben, sondern auch wahrmachen. Sie werden durch ihre vorbildlichen und also verbindlichen Verbildlichungen zu Bildungsbürger ihrer Kultur, worin sich ihre Scheinwelt auch getrost in einer scheinbaren Wirklichkeit, in einer wesentlich unwirklichen, einer abwesenden Wirklichkeit, aufheben lässt.

Ein Bild ist daher nicht einfach eine Vorstellung aus der Erinnerung von Erlebnissen und Ereignissen, wie sie über die Organe oder Medien der Erfahrung wie ein Abzug aus irgendeiner Objektvität darstellbar gemacht werden. Doch in der Trennung von ihrer Wirklichkeit ist es immer eine objektive Mitteilung, die zwar Sinn zu vermitteln mag, meist aber lediglich eine dargestellte Vorstellung als Gleichnis im Zweck einer Versöhnung mit dem, was abwesend ist - ganz gleich ob es subjektiv einem Informationsbedürfnis, einer Sehnsucht oder auch nur einer wie immer gearteten Behauptung entstammt. Sie tritt an die Stelle, wo Wahrnehmung entwirklicht ist und dadurch zugleich rückbezüglich – also doppelt – entwirklicht wird, dass sie an Wirkung verliert, dass ihr die Abwesenheit ihres wahren Gegenstands, der wirklich andere Mensch ihrer Zwischenmenschlichkeit, das menschliche Anderssein ihrer Selbstwahrnehmung entzieht.

Was ihr an Gewissheit der Wahrnehmung anderer Menschen oder Ereignissen ihrer Geschichte in ihrer Selbstwahrnehmung verstellt und entgegenwärtigt ist, wird in ihren Verhältnissen durch fremde Kräfte der Vorstellung zu einer eigentümlichen Gegenwärtigkeit (siehe Abstraktionskraft). Und was sie für sich im allgemeinen Dazwischensein unter Menschen verloren haben (siehe auch Selbstverlust), befolgen sie nun in ihrer individuelle Selbstwahrnehmung und so werden wie von selbst durch den Sinn einer abstrakten gesellschaftlichen Persönlichkeit getrieben. Und so treiben sie aus ihrem Tun und Lassen selbst zur Verwirklichung ihrer gebildeten Selbstwahrnehmung an.

Wo Wahrnehmung entgegenständlicht ist, wo sie ihren Gegenstand verloren hat, da treten Bilder an seine Stelle. Die sinnliche Gewissheit geht dabei unter und verwandelt sich in eine theoretische Beziehung zu dessen Wirklichkeit. In einem theoretischen Verhältnis bekommen die Ereignisse nur den Sinn, dass sie ihre verlorene Beziehung für sich als Vorstellung bewahren, die sie zwar noch erinnern, wohl aber nicht bewahrheiten können. Die Sucht nach Vorstellungen wird zur Sucht nach Bilder, die im abgehobenen Sinn eigene Bildungen erfahren und ihre Beziehung über die Gestaltungen ihrer Wirklichkeit, über das Phänomen ihres Daseins konstruieren. Es entstehen Beziehungen im Anschein der Wirkungen und Symptome (siehe hierzu Scheinwelt), die sich über ein rein theoretisches Bewusstsein (siehe hierzu auch Phänomenologie) vermittelt und verhält, rein theoretische Verhältnisse entwickelt und eine Kultur der Bildungbürger entfaltet.

In Bildern lässt sich Leben so repräsentieren, wie es erlebt wurde und also ebenso nachzuvollziehen ist. Sie werden durch Vorstellungen in den Medien symbolisiert, durch Darstellungen oder Texte oder Sprache oder Musik usw. aus Gefühlen im Jenseits ihrer Empfindungen vermittelt. Das sind nicht einfach nur Verblldlichungen von Wahrnehmungen äußerlicher Tatsachen einer an und für sich fremd begründeten Wahrheit. Es sind auch nicht einfache Reflexe von Kognitionen einer durch ihre Objekte bestimmte Sinnbildung aus dem, was sie objektiv wahrhaben; sie sind Gestaltungen, Form einer Schöpfung als Bildnisse oder Gleichnisse, die aus den durch ihre Geschichte bezogenen Erkenntnisse wahr gemacht, im Ereignis ihrer sozialen Beziehungen wirken und Eindruck machen, sich in ihren Gedanken aus ihrem Gedächtnis vergegenwärtigen lassen. Als bloßes Bild wird auf diese Weise ihre Bildung so wahr, wie sie für sich als Erinnerung dastehen mag, – dennoch beliebig nachvollziehbar, weil sie lediglich die Form einer Erzählung gebildeter Inhalte gewonnen hat und darin mit vielen anderen ihr zugewandten Erzählungen einen anschaulich gemachten Zusammenhang gewinnen kann. Und ihre Wahrnehmung selbst kann durch Vorführungen und Veranstaltungen erzeugt und weiter repräsentiert werden. So wird die Ereignisproduktion zu einer selbständigen Lebenswelt, durch die Vermittlung ihrer Veranstaltung in den Medien zugleich für ihre Lebenszusammenhänge nützlich, kopierbar soweit das Material ihrer Darstellungen als unbestimmte Form ihrer Inhalte zu beschaffen ist.

In einer quantifizierten Form werden die Inhalte solcher Bilder gegen sich gleichgültig prominent und durch sich und für sich selbst quantifiziert. Auf sich bezogen, als bloßes Bild von sich wäre damit ein Bild ledigich objektive Selbstwahrnehmung und von daher reaktionär. Aber Menschen machen Bilder und Bilder machen Menschen, indem sie ihnen Sinn geben und sich durch sie mitteilen und gesellschaftlich vermitteln. Darin vereinen sie ihre Subjektivität als Anschauung und Sehnsucht, als eine Lebenswelt ihrer Gefühle, ganz gleich wie deren Lebensverhältnisse in Wirklichkeit sind. Sie verschaffen sich dadurch eine Welt in sich selbst, die vielerlei Bezüge enthält und leicht aus ihrer Wirklichkeit entspringt und in Wahrheit zergeht, um diese neu zu gestalten. Ihre Beziehungen sind daher Sinnbilder einer ungegenwärtigen Welt, die wie Ikonen oder Symbole darstellen, was nicht wirklich wahr ist, oder auch nicht wirklich wahr sein kann - z.B. als Ahnung von zukünftigen oder als Erinnerung an vergangene Zuständen. Von daher sind Bilder ein Entwurf. Aus ihrer Vergangenheit formulieren sie eine Geschichte, für ihre Zukunft die Utopie einer Zivilisation. In jeder Hinsicht bestimmen sie die Bildung von Fähigkeiten und Eigenschaften (siehe auch Sinnbildung), die sich zur Fortbildung ihrer Kultur wahrmachen lassen soll. Man könnte auch sagen, dass diese aus ihren Bildern erspielt wird, bevor sie sich durch Arbeit verwirklichen lässt. Allein die Bildungsbürger umgehen diesen Prozess und bestimmen ihre fantastischen Reflexionen unmittelbar aus ihren Bildern von sich, von Gott und der Welt. Jenseits der nötigen Arbeit verdoppeln sie aber lediglich ein abstraktes Denken, um damit damit ihr Dasein durch ihre Einfalt zu kultivieren.

Bildungsbürger wollen die Welt nach ihrem Bild von sich bilden, sich nach den Vorstellungen ihrer Lebenswelten durch Forderungen ausrichten, die den ihnen vorausgesetzten Lebensbedingungen entsprechen. Auch wenn sie sich in ihren Vorstellungen nur repräsentieren und beliebigen Interpretationen (siehe hierzu auch Psychologie) überlassen verstehen sie sich unmittelbar als persönliche Subjekte der Welt, als Weltbürger, welche die Mittel allen Lebens besitzen und besetzen und daran die Ereignisse ihres Lebens bemessen und produzieren können (siehe Ereignisproduktion), wie es ihnen beliebt. Die Beliebigkeit ihrer Beziehungen auf andere bestimmt sich daher vorzugsweise aus dem bloßen Verallgemeinern der eigenen Bildung und suchen die Lebenswirklichkeit der Menschen überhaupt ihren Vorstellungen zu unterwerfen, wie es ihnen beliebt. Die Beliebigkeit ihrer Beziehungen auf andere bestimmt sich daher vorzugsweise aus dem bloßen Verallgemeinern der eigenen Bildung und suchen die Lebenswirklichkeit der Menschen überhaupt ihren Vorstellungen zu unterwerfen. Von daher treten sie gerne pädagogisch auf und suchen fremde Sinnbildungen an ihren Bewertungen auszurichten, ihre eigenen Werte als ein politisches Maß ihrer weltweiten Vermittlungen, also aller Mittel ihrer Beziehungen in ihnen fremden Verhältnisse zu installieren, um damit ihrer allgemeinen Selbstgerechtigkeit gerecht zum Spießer gegen den Rest der Wellt zu werden.

Jeder Spießbürger muss sich hierfür einem Anderssein seiner selbst, dem Sein einer entäußerten Selbstbehauptung unterwerfen, die sich durch ihre Urteile ihrer Wahrheit zu entziehen sucht, sich als ein besseres Urteil über eine an und für sich ungewisse und also gewissenlose Selbstbeziehung ermächtigt und verselbständigtEr oder sie entgegenwärtigt ihren Sinn durch die Selbstbehauptungen, indem sie in ihrer Substanzlosigkeit unendlich beliebig werden. Solche Selbstbeziehung betreibt ein Urteilsvermögen, das ein Vorurteil über sich selbst als absolutes Urteil zu bewähren sucht. Die darin gewöhnlichen, durch ihre psychischen Absichten abgetöteten Wahrnehmungen (siehe hierzu auch tote Wahrnehmung), haben sie in ihren Selbstwahrnehmungen zur Selbstgerechtigkeit einer höheren Bewandnis der Vergemeinschaftung edelmütiger Persönlichkeiten verselbständigt (siehe hierzu auch narzisstische Persönlichkeit). Weil jeder Mensch dadurch verurteilt ist, dem anderen Recht zu geben, wo er selbst Recht haben will, können sich die Spießer selbst nur aushalten, wo ihnen die Dienstleister ihrer Behaglichkeit, die Ereignisproduzenten einer an und für sich selbstlos gewordenen Kultur ihrer Zwischenmenschlichkeit verfügbar sind und der Leere und Langeweile ihrer Selbstgefühle einen mehr oder weniger beliebigen Sinn vermitteln (siehe hierzu Kulturbürger).

Die bildunsgbürgerlichen Stimmungen ergeben sich in der Übereinkunft ihrer Bildung, eben daraus, wo sie für ihre Gemeinschaft stimmig ist. Aber Stimmungen sind angestimmte Gefühle, die sich in einem Gemenge von Selbstwahrnehmungen einstellen, wenn diese sich gegen ihre Existenz verselbständigt haben. Wo die Selbstgefühle in ihrer langeweiligen Einsamkeit ihre Lebensinhalte zu ihrer Lebensform verkehren, suchen sie nach zwischenmenschlichen Verbundenheiten, in denen sie durch die Anwesenheit objektivierter Selbstgefühle sich wechselseitig zustimmen, anstimmen und im Kollektiv verdichten können. Was in der Gefühlswelt der Einzelnen von Bedeutung ist, verallgemeinert sich in einer gemeinschaftliche Bildung zu deren offenen oder heimlichen Gemeinsinn. Jeder Mensch, der diesen als Inhalt seiner Meinung und Bedeutung gut vorstellen und darstellen kann wird darin prominent und tritt von daher vielleicht auch irgendwann medial oder politisch auf. So erzeugt er in verallgemeinerten Ereignissen kulturelle Verbindungen - oder auch nur Vorbilder - die durch Vorstellungen bildhaft bestätigt werden, durch die darin gewonnenen allgemeine Wertschätzungen auch fortbestimmt werden (siehe hierzu auch Rassismus).

Wesentlich für ein Bild ist, dass es von der Zeit seiner Bildung absehen, dass es also in einer bloßen Fläche Raum und Zeit zusammenführen muss, indem es deren Zeit im Raum einer bloßen Fläche abstrakt mitteilt, als räumliches Gleichnis vermittelt. Es kann seine Wirklichkeit daher nur in seinem zweidiemsionalen Verstand interpretieren, Bilder nur in der Flache, nur flach vermitteln, nur durch Mittel mitteilen, die solche Beziehungen in ihrer reinen Form in der Fläche darzustellen vermögen. Um ihnen gerecht zu werden, ihre Wirklichkeit nicht preis zu geben, müssen sie ihre Wahrheit darstellen, sie vergegenwärtigen, ohne sie inhaltlich aufzuheben. In Wahrheit kann eine Fläche aber nur das Flache abbilden. Es muss seine Tiefe aus einer Interpretation beziehen.

Ob als Vorstellung oder als Idee oder Gemälde oder Kult: es kann ein Bild über alle sinnlichen Inhalte als Form für sich und durch sich bewahren, seine Entstehungsgeschichte außer sich bewahrheiten oder über seinen wirklichen Inhalt hinwegtäuschen. Es kann die in seiner bloßen Existenzform als Film oder Leinwand oder Kult oder Literatur oder Ritual versinnlichte Gestalt verewigen. Von daher sind Bilder die Träger der Dimensionen von Wahrnehmungen einer für sich genommenen Wahrheit in einer Kultur über ihre Zeiten und Räume hinweg, Abbilder ihrer Entstehungsgeschichte.

Ein Bild kann interpretieren; aber vor allem transportiert es den Verstand von einen Sinn, wie er sich in Gefühlen reflektiert (siehe hierzu auch objektives Gefühl). Diese Reflexion verdoppelt ihren Verstand aus einer Nachempfindung von Erinnerungen ursprünglicher Empfindungen und bestärkt dadurch die Interpretation von starken Vorstellungen und ihren Fortbestand. Im Bild selbst ist aber die Gegenwärtigkeit ihrer Gewissheit aufgehoben und ihre Wahrheit von daher einem Urteil hierüber überlassen, das sich aus Erfahrungen mit seinem Objekt speist. Von da Her ist es vor allem der Standort und die Gegenwart seines Betrachters, was die Bewahrheitung seiner Übermittlung - und den Inhalt seiner Wahrnehmung - bestimmt. Von daher vermitteln Bilder der Form nach Geschichten oder Erzählungen ihres Herstellers oder Präsentanten (siehe auch Repräsentation), die je nach Dasein und Bewusstsein der Interpreten Eindruck auf ihren Betrachter machen und also auch Gefühle bestärken, so dass die neue Beziehungen zu seinen Empfindungen eingehen. Wieweit die dann dessen Wahrnehmungsidentität - die Eigenschaften und Fähigkeiten seiner Wahrheitsfindung - beeinflussen oder sogar vollständig bestimmen (siehe auch Hörigkeit), hängt von dessen Enttäuschungen und also von den Bedürfnissen nach Täuschung ab (siehe auch Gefühlsurteil).

Bilder können daher eine ganze Welt jenseits ihrer Wirklichkeit begeistern und damit den Geist vermitteln, der in ihre Entstehung einegangen war. Hierdurch machen Bilder Wahrnehmungen prominent, indem sie einfach genommene Wahrheit vervielfältigen und vielfältig vermitteln und von daher im Jenseits ihrer Gegenwärtigkeit ihre darin abwesenden Beziehungen vervielfachen. So können sie nicht reflektieren, was sie in Wirklichkeit bzw. zum Zeitpunkt ihrer Entstehung wahr hatten, sind für sich nur Interpretationen von Wahrnehmungen, bewusste oder nur erinnerte oder verdrängte Inhalte, die sich im Wachen oder in Träumen vergegenwärtigen oder einfach nur bewusst sind. Mit Bildern werden Gefühle und Anschauungen zu Zeichen und werden als diese transportiert und zur Vorsteltung gebracht, ihr zugeordnet. Vorsteltungen sind Grund und Folge ihrer Verbildlichung, die ihren Inhalt vorstellen, vertiefen und vermitteln. Ein Bild drückt aus, was seinem Bildner Eindruck gemacht hat und was er oder sie daraus durch ihre Wahrnehmungen zwar nicht unbedingt vertieft, wohl aber bereichert.

Jedes Bild ist von daher eine Identifikation von subjektivem und objektivem seiner Wahrnehmung, daher zunächst so subjektives wie objektives Dasein einer subjektiven Objektivität, wo und wie sie zur objektiven Subjekltivität benötigt wird (siehe hierzu Fundamentalontologie). Indem ein Bild beides vorstellet, verbindet es die unterschiedlichsten Sinne außer sich und ist von daher eine in sich gekehrte Vorstellung eines Gegenstands, der darin zugleich entgegenständlicht, zu einem fixen Ereignis sowohl der Wahrnehmung als auch der Selbstwahrnehmung erinnert und für das Gedächtnis fest gemacht worden ist - sei es als Fotografie, Grafik, darstellenden Kunst, Musik, Literatur oder der Bildung überhaupt. Von daher ist es auch wie von selbst das Medium einer jeden Ereignisproduktion und ihrer Kulte (siehe hierzu auch Medien).

Ein Bild zu verstehen setzt aber auch schon vor seiner Entstehung Bildung des Verstandes voraus, vor allem Sprache und Empathie, also Gefühle für den Gegenstand, den ein Bild vermittelt. Denn es kann nur ermitteln und mitteilen, was es erkundet hat, was in einer Abbildung erkennbar werden, also Gegenstand der Erkenntnis sein kann. Ohne diese bleibt ein Bild eine ungeheuerliche Abstraktion, durch die bloße Anschaulichkeit nur doppelt nominiert (siehe Nominalismus) wird, auf eine vordergründige, vom Augenblick bestimmte Wahrnehmung reduziert und totalisiert wird, was der Produzent des Bildes darstellen will (siehe auch ästhetischer Wille). Damit wird nicht nur das Besprechen, die Sprache auf einen abstrakten Sinn und Zweck reduziert, und Erkenntnis durch die platten Tatsachen irgenwelcher Ereignisse und Verhältnisse übertölpt, tote Wahrnehmung veröffentlicht.

In ihren Bildern und Symbolen versammelt sich ein Kult solcher Vorbilder und die werden daher schließlich auch durch ihre Versammlungen als zwischenmenschliche Erfahrung vertieft, erneuert und produziert. Hierdurch entsteht ein kulturelles Kollektiv, das sich seine Religion und Sitte nun durch die Macht der zwischenmenschlichen Verdichtung selbst praktisch fortbildet und eine Lebenswelt eröffnet, die durch entsprechende Ereignisproduktion die bornierten Verhältnisse der selbstlosen Gemeinsinnigkeit der gewöhnlich spießbürgerlichen Existenzen verlassen kann. Gut gestimmt kann jeder Mensch zum Held werden und klingt er im Gemüt an, so wird die Welt auch dem entsprechend gemütlich und bequem und durch ihre Gesinnungen sinnlich. So kultivieren die bildhaftfamiliären Lebensburgen kollektiven im Heil dieser Vorstellungen eine Welt, die nicht wirklich existiert, die aber durch sie allein schon als heile Welt gut sein kann. Ihre Heilserwartungen formatisieren daher nun einen ästhetischen Willen, der sich durch die bloße Gemeinsamkeiten und Gemeinheiten der Gemüter vor allem selbst genügt und daher zu einer Welt der Selbstgenügsamkeit in der einfachen Selbstverständlichkeit einer totalitären Selbstgerechtigkeit wird (siehe hierzu auch autoritärer Charakter).

Es waren zunächst die ungewissen Beziehungen in zwischenmenschlichen Verhältnissen wodurch ihre Stimmungen vorherrschten und einen Selbstwert ihrer Gefühle durch relativ beliebige Interpretationen - nach Interpretationen die man liebt - bildhaft vermittelten. Für ihre zwischenmenschliche Beziehungen wird ihr Scheitern durch die darin gewonnene Dichte der Anwesenden und ihrer gegenseitigen Wertschätzungen auf einander bezogen, um sich durch einanander aus ihrer öden Lebenswirklichkeit herauszuziehen. In solchen erzieherischen Beziehungen stellt sich daher darin auch schon die Ausschließlichkeit ihrer zwischenmenschlichen Macht dar, die vor allem die Inhalte der Ohnmacht der Abhängigen, ihre besondere Aufmerksamkeit bestimmt (siehe hierzu auch Hörigkeit).

In den durch ihre Selbstlosigkeit praktisch übersinnlich gewordenen zwischenmenschlichen Verhältnissen ist den Menschen Hören und Sehen vergangen. Es sind lediglich die Bilder ihrer Lebenszusammenhänge verblieben, die nun mit Leben gefüllt werden müssen, mit dem Leben im Nachhinein einer verselbständigten Sinnbildung, die keinen Sinn mehr hat außer der Sinnfälligkeit der nötigen Gewohnheiten ihrer Bildung, der gewöhnlichen Unendlichkeit ihrer Selbstveredelung. Und die kann nur noch durch selbstlos gewordene Menschen sich vollziehen, sich in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen ereignen, um hierdurch ihre persönlichen Eigenschaften in den Bildern von sich zu einem kulturellen Verhältnis ihrer Wertschätzungen zu bringen. Das Bild mag aus wirklichen Erinnerungen entstanden sein. Durch seinen objektiven Nutzen für den kulturellen Selbsterhalt zwischenmenschlicher Selbstbezogenheiten werden sie nun aber zur bloßen, also leeren Form vergangener Lebenswirklichkeit. Darin bedeuten sich die Zwischenmenschen das, was sie als Persönlichkeiten ihrer Kultur, als Bildungsbürger vorstellen und im Kult produzierter Selbstwahrnehmungen verwirklichen.

Jedes ästhetische Verhältnis wird hierdurch im Allgemeinen zum Verhältnis von Bildungsbürger, die ihre zwischenmenschlichen Beziehungen durch ihren ästhetischen Willen verwirklichen. Der beabsichtigt daher jetzt vor allem die Erzeugung von Ereignissen (siehe Ereignisproduktion), die Menschen zueinander in ein zwischenmenschliches Verhältnis versetzen. durch ihr darin totalisiertes Geltungsstreben verhelfen sie ihrer Selbswahrnehmungen zu einem gemeinen Selbstwert über einen Kult ihrer Gemeinschaftlichkeit, durch den sie ihre Empfindungen sinnlich gleichschalten können (siehe hierzu auch Gesinnung). Ihre wechselseitige Beziehung wird hierdurch ästhetisiert und ihre Selbstachtung in dem Maß aufgehoben, wie sie ihr zwischenmenschliches Verhältnis zum Zweck der Veredelung ihrer Selbstwahrnehmungen kulturalisieren können (siehe auch tote Wahrnehmung). Sie verhalten sich hierin ästhetisch zu ihren Gefühlen und bilden in diesem Verhältnis nurmehr objektive Gefühle., Gefühle, in denen sie sich als Objekte und daher auch nur obektiv finden und empfinden, weil sie sich nur in den Gefühlen außer sich finden und empfinden können, wie sie es gewohnt sind. Eine Gewohnheit beruht auf einem akkumulierten Selbstgefühl, durch das sich die Selbstwahrnehmung bestärkt und verselbständigt und von da her blindlings einem ästhetischen Willen folgt, den ihre Gewohnheiten betreiben und aus ihren Ressentiments ästhetische Urteile bilden. Dies setzt aber voraus, dass alle Momente einer Kultur abgeschlossen sind und zur Einverleibung im praktischen Lebensalltag für die Menschen verfügbar sind, weil sie darin zugleich ihre persönliche Selbstverwirklichung vergeseellschaftet finden und ihre Selbstgefühle durch den Rückbezog auf ihre Empfindungen erneuert, totalisiert und eingeschlossen haben. Erst durch ihren allgemeinen gewordenen Kulturkonsum können sie sich daher als vollständig verwirklichte Bürger einer feudalkapitalistischen Gesellschaft verstehen und sich vollständig und ausschließlich zwischenmenschlich auf einander beziehen.

Ein Bildungsbürger ist Konsument von Kultur (siehe Kulturkonsum), der sich durch die ihm verfügbaren Kulturgüter über die allgemeinen gesellschaftlichen Nöte und Konflikte erhaben wissen will, der also Kultur als Prothese seiner spießig gewordenen Selbstwahrnehmung nützt (siehe Spießbürger) und sich darin seine Selbstbezogenheit veredelt (siehe Selbstveredelung), Kultur als gesellschaftliche Seinsweise menschlicher Sinnbildungen für sich vernutzt, um seiner persönlichen Zwischenmenschlichkeit den Schein einer gesellschaftlichen Substanz seiner privaten Persönlichkeit zu verleihen. Jede solche Personifikation dient ihm vor allem zur Entwicklung und Bestärkung seiner narzisstische Persönlichkeit, der Selbstveredelung seines narzisstischen Charakters.

Kulturkonsum betreibt die Einverleibung einer Kultur von Wahrnehmungen, durch das erleben oder vorstellen (siehe auch Sehnsucht) über hierfür produzierte Ereignisse (siehe auch Ereignisproduktion, Eventkultur), worin Lebenszusammenhänge als Kulturprodukte erlebt und über die darauf gründenden zwischenmenschlichen Erlebnissen als objektive Gefühle angeeignet werden. An diesen können sich Empfindungen treffen und versammeln, die als deren Material in einem allgemeinen Kult verfestigt, zum Status eines gesellschaftlichen Erlebens fixiert werden, um ihre Individualisierung durch dessen Prominenz die Gebrochenheit (siehe Schmerz) ihrer Selbstwahrnehmung an einem gesellschaftlichen Ort aufheben, der zum Kult einer kulturellen Überformung geworden sind. Von daher bietet sich Kulturkonsum als Überlebensmittel in abgetöteten Lebensverhältnissen (siehe tote Arbeit, tote Wahrnehmung) an. Die wichtigsten Instrumente ihrer Vermittlung sind nicht mehr die Veranstaltungen für "Gott und Vaterland" und auch nicht der Zusammenschluss in der Gemeinschaft einer "Kraft durch Freude". Es sind inzwischen die Produktionsmittel einer Kommunikationsindustrie der Selbstwahrnehmung, die Medien und Bildgebungen (siehe Bild), die Objektive der Kameras, die Linsen und Lizenzen einer "künstlichen Intelligenz". Kulturkonsum nimmt von daher das Format einer Ersatzreligion (siehe Religion) durch die gesellschaftlich veröffentlichte Repräsentanz von einem geglückten Leben ein und ist von daher für vereinzelte von einander isolierte Individuen eine allgemein unbewusste Messlatte für ihr individuelles Glücks (siehe hierzu auch Individualismus).

Mehr oder weniger unbewusst ist das Erste der Wahrnehmung ihre gesellschaftliche Voraussetzung und Bedingtheit, das objektiv Allgemeine der persönlichen Erfahrung. Durch die Objektivierung lebendiger Beziehungen als Überlebensmittel einer abstrakten Gesellschaftlichkeit geht der Kultur der Sinn ihrer Inhalte verloren und sie wird zum Zauber einer Scheinwelt, einer unendlichen Vielfalt von Gefühlen, die zur Formation ihrer Selbstgefühl wird, indem sie objektiv geboten und nurmehr in ihren Absichten abstrakt verwirklicht werden. Davon werden die Menschen abhängig, weil sie sich nur hierüber gesellschaftlich einfinden und empfinden können (siehe auch Selbstempfindung). Wie bei jedem Selbstverlust macht die Kultur einer Ereignisproduktion schon durch ihre Veräußerung süchtig, denn sie kann nicht anders, als einer verlorenen Wahrnehmungsidentität abstrakte Vorbilder zu übereignen, das Tote zu beleben, um durch eine hierdurch verallgemeinerten Selbstlosigkeit gesellschaftliche Macht eines allgemeinen veräußerten und von daher entäußerten Lebens zu erleben.

Kultur entsteht in den einzelnen Momenten der Auseinandersetzung über den Sinn und Zweck einer bestimmten Lebensproduktion. Wer darin schon materiell begütert ist, hat in der Regel ein hohes, oft auch überhöhtes Interesse, das System seiner heilen Welt zu veredeln. Es ist daher vor allem auch eine Kulturelite, die über deren Ereignisproduktion bestimmt und sich die Selbstwahrnehmungen der Menschen aneignet und über eine kulturpolitische Programmatik verfügt, um damit deren Lebenszusammenhänge zu bestimmen (siehe Formbestimmung), in denen Kultur entsteht und sich mitteilt, Ziele nach den Zwecken ihrer Kulturvermittlung durch ästhetisches Verhalten gesteckt und befolgt werden (siehe auch Medien).

Als erstes werden hierdurch ihre Sitten und Gebräuche zu Symbolen ihrer Vorbilder, die ihre übersinnliche Herkunft selbst durch die Prominenz ihrer Selbstdarstellungen zu einer Welt für sich zusammenschließen, einer Welt, die überhaupt nur noch durch die dem entsprechende Ereignisproduktion der Bildungsbürger existiert. Was bisher noch als Sitte und Moral durch ihre übermenschliche Vernunft verbindlich war, wird nun zu dem, worin sich die Selbstwahrnehmungen zu einer abgehobebeb Selbstgerechtigkeit verallgemeinern und durch ihre kulturelle Allgemeinheit mächtig wird.

Die strukturierte Sittlichkeit einer objektiven Vernunft kann aber nur durch die Sinnstiftung objektiver Persönlichkeiten eine Subjektform finden (siehe 313. Die Sitte). Durch ihre Selbstlosigkeit hatten die Subjekte des gewöhnlichen, weil gewohnten Menschseins ihre Wahrnehmungen durch Selbstwahrnehmungen abgetötet (siehe tote Wahrnehmung), ihren Sinn für sich aufgegeben und dem Zufall der Ereignsse außer sich übereignet, sodass sie nurmehr von einem Übermenschen (siehe Gott) gegeben erscheinen können, als selbstverständliche Gegebenheiten ihrer Kultur für die Bedürfnisse eines wuchernden Kulturkonsums verstanden werden.

Wo eine Kultur keinen Sinn für die Menschen macht, weil sie die Sinne entgeistert, ihre Wahrnehmung entleert hat, müssen sie sich als Persönlichkeiten einer abstrakten Gemeinschaft der Zwischenmenschlichkeit beleben, einander "anmachen" und nicht nur nutzen, sondern sich jetzt auch kulturell vergeselschaften, eine verallgemeinerte abstrakte kulturelle Identität ihres abstrakt menschlichen Sinns beschaffen (siehe hierzu Kritik der politischen Kultur). Sie suchen in ihren Verhältnissen und Gruppierungen nach Erlebnissen durch Ereignisse, die ihre tote Wahrnehmung beleben, die verbinden und durch die sie sich verbunden fühlen können und aus denen sie die Bewertung ihres Lebens ableiten. Hierfür müssen sie aus ihren Gewohnheiten Rituale ihrer Gemeinschaft, ihrer Kultur als Kult ihrer Verhältnisse nutzen, um sich in idealisierten Persönlichkeiten ihrer selbst zu vergewissern, ihre Selbstgefühle in ihren Idolen wahrmachen., um sich selbst darin zu vergegenwärtigen.

Jeder der so entstandenen Kulturwerte ist der Wert von Ereignissen nach dem Maß, wie sie der herrschenden Kutur für das Leben in einer abstrakt menschlichen Gesellschaft zuträglich sind. Sie zeigen sich im Kult ihrer Rituale, im Körperfetischismus ihrer Moden und Veranstaltungen un erzeugen durch ihre Ereignisproduktion eine Kulturgemeinschaft, in der sie sich auf das verlassen, durch das sie in sich in den allgemeinen Verhältnissen ihrer Kultur verlassen fühlen. Weil aber in ihren zwischenmenschlichen Verhältniessen keine Gegenwärtigkeit der Menschen mehr erkennbar, der Wahrnehmung in ihrm Allgemeingefühl gleichgültig geworden ist, wird das Leben selbst zu einer allgemeinen Vorstellung, zu einer heilen Welt, in der die Vorstellung einer Verallgemeinerung ihres persönlichen Lebens verfügt wird. Nun können sich die Zwischenmenschen einbilden und auch wirklich erleben, das zu sein, als was sie durch sich selbst sich schon fühlen. Ihre Selbstgefühle treten daher vollständig aus dem heraus, was sie für sich finden können; ihre Wahrnehmung entwickelt ihre Vorstellung gegen das, was sie wahrhat und sie nimmt von daher die Bedeutungen her, die für sie das sind, was sie nicht mehr empfinden können. Ihre kulturellen Verhältnisse haben sich von da her von ihrer sinnlichen Substanz abgehoben und verselbständigt, beleben ihre Vorstellungen durch die hieraus ergehenden Ereignisse, die eine gänzlich mediale Welt beibrigen kann.

Wer in den Widersprüchen der Welt nur ein Unheil für sein Selbstgefühl erkennen kann, wird sein Heil in einer anderen, einer heilen Welt suchen. Und wo ein Unheil droht, wird das Heile umsorgt und geschützt und zum Heil einer ganzen Gesellschaft verklärt und das Unheil in eine Vorstellung einer anderen, der Form einer veränderten Gesllschaft verkehrt. Doch die darin veräußerte Güte gegen die böse Welt erzeugt im Inneren einer hiergegen alternativ begriffenen Gemeinschaft vor allem die Banalität des Bösen (Hannah Ahrendt), die das im Heil gegen ein personifizierten Unheils immer unkenntlicher wird und vor allem die Gesellschaft spaltet, indem sie kulturelle Positionen als gegensinnige Gesinnungen totalisiert und fanatisiert. Darin kann sich dann zwar keine wirkliche Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse begründen, wohl aber ein politischer Wille gesellschaftlicher Sehnsüchte, zur Vorstellung einer Ideologie der Alternativlosigkeit der jeweils eigenen Gesinnung des politischen Dogmas (siehe hierzu auch politischer Nominalismus) einer absoluten gesellschaftlichen Struktur entwickeln (siehe Strukturalismus).

In einer heilen Welt wird ein furchtloses Anderssein gegen die Angst vor Unheimlichem (siehe Lebensangst) betrieben, das schon durch sich selbst, durch die in ihrer Selbstwahrnehmung verselbständigte Selbstbeziehung verdoppelt und dadurch eine bodenlose Fürsorge begründet. Es ist die Gefallsucht der Angst, die zur Falle einer Regression , zu einer durch ihre Verheimlichung vertieften Lebensangst wird. Die ist dann nicht mehr ohne wirkliche Angst durch ein Bewusstsein der Gefälligkeiten zu überwinden. Sie schließt die darin eingeschlossenen Menschen zusammmen, schwört sie auf ihre persönlichen Nöte ein, sodass sie in einer Gemeinschaft der getrennten Welten wie ihre verallgemeinerte Persönlichkeit wirkt und in der Verschwörung der Guten wie die Bösen alles heilsam erscheint, zu einer absolut zerterennten anderen Ganzheit der durch sich selbst versammelten Individuen wird. Durch die im Heil ihrer Welt aufgelöste gesellschaftlichen Isolation wird alles in den jeweils zwischenmenschlichen Positionen versöhnt, was in sich gebrochen ist und durch sich eine ihnen äußere Größe und Macht ihrer Selbstgefühle nötig hat, um für sich ganz und ganz für sich zu sein (siehe Totalitarismus).

Im Abseits der zersplitterten Verhältnissen einer verwahrlosten Gesellschaft (siehe Dekadenz) finden sich die jeweils durch ihre jeweilige Gesinnung eingeschworenen Menschen durch die mehr oder weniger offen formulierte Heilserwartung ihrer Gemeinschaft zusammen, um für sich heil im Sinne von sauber (siehe auch Reinheit), ehrlich und gesund zu bleiben. So können sowouhl in der heilen Welt wie auch gegen sie Gemeingefühle schon unmittelbar allgemein zu objektiven Gefühlen werden, an denen die Menschen ihre zwischenmenschlichen Beziehungen ausrichten. Darin herrschen diese Gefühle schon ausschließlich als objektive Selbstgefühle und schließen durch ihre Selbstgerechtigkeit einer nur vorgstellten gesellschaftlichen Wirklichkeit schließlich gegenständliche Gefühle in dem Maße aus, wie sie darin den Bestand ihres gesellschaftlichen Vermögens (z.B. Geldbesitz, Szene, Familie, Kulturgüter) sichern und sich zu einer selbständigen Gefühlsmasse narzisstischer Persönlichkeiten ausweiten.

Von daher ist eine Heile Welt das Resultat der Verselbständigung einer gemeinschaftlichen Selbstfindung edelmütiger Charaktere, die sich aus Protest gegen eine böse Welt in die Banalität einer Gemeinschaft von Kleinbürgern gestellt haben, die sich auf die Seite des Spießertums und sich für eine Formation der Selbstbefriedung und Selbstzufriedenheit entschieden haben. Sie grenzen sich damit von allem, was ihnen als fremd und störend erscheint ab und beschränken ihr Erleben und Erfahren über die Eingeschlossenheit ihrer Vorurteile und Ressentiments. Diese verstärken sich wie in einem Echoraum ihrer Selbstgefühle, die von bewusstlosen Heilserwartungen durchtränkt und von daher zur Eigenwelt einer psychischen Gemeinschaft einer eigenständigen Psychokratie werden, in der die Einzelnen sich über die Heilsamkeit ihrer Gruppe beziehen und behaupten und darin symbiotisch verschmolzen sind (siehe auch symbiotische Selbstbehauptung).

Der in einer psychischen Gemeinschaft akkumulierte Selbstwert ist nicht mehr relativ zum Selbsterleben, sondern absolut durch dessen Vergemeinschaftung bestimmt. Von daher ist die Selbstbehauptung jetzt in ihrem Geltungsstreben auch dazu bestimmt, eine absolute Selbstgerechtigkeit gegen andere, besonders gegen Fremde, zu verwirklichen. Der persönliche Mangel, die Minderwertigkeitsgefühle des Selbsterlebens, finden in der Abgrenzung des Fremden vom Eigenem ihre Hochform in der Vergemeinschaftung ihres unterschieldich bestimten Edelmuts. zu einer überdimensionierten Größe. Sie dadurch veredele Selbstbehauptungveredelt nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Gemeinschaft. Wer das Gemeine sucht, der meidet das Fremde. Fremdenfeindlichkeit entsteht aus der hohen Gemeinschaft der Selbstbezogenheiten, die an sich selbst gescheitert sind und auch in Gemeinschaft scheitern würden, wenn sie nicht durch fremde Feinde verbunden werden und in der Ausgrenzung von diesen anwachsen, woraus sich ein ausschließliches allgemeines Selbstgefühl zu einem Gemeinsinn entwickelt, der den isolierten Lebenszusammenhang ihrer Selbstwahrnehmung bestärkt. Das Fremde ist hiergegen schlicht eine Störung ihres ästhetischen Willens.

Ein Wille bezieht sich nicht auf wirklich herstellbare Beziehungen, sondern nur auf das, was Menschen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen finden, das sie zu einem Selbstgefühl machen können, sich also in dem empfinden, was sie für sich gefunden haben. Indem sie über ein objektiviertes Gefühl ästhetischen Eindruck machen, durch den sie auch selbst zu beindrucken sind, verwirklichen sie Gefühle für sich, Selbstgefhle, die sie nur außer sich gewinnen und haben können. Indem sich die Selbstwahrnehmung darin verselbständigt wird sie über die Selbstgerechtigkeiten ihrer ästhetischen Urteile schließlich zu einem kulturpolitischen Maßstab.

Das setzt voraus, dass alle wirklichen Beziehungen der Menschen undurchdringlich und widersinnig erscheinen, wie ein Überbau von Mythologisierungen der gesellschaftlichen Verhältnisse auf den Menschen lastet und dass sie sich in ihren zwischenmenschlichen Erfahrungen inhaltich entleert haben, sich überhaupt nur noch in und durch ihre Veräußerlichungen in einer dem entsprechenden Scheinwelt erkennen können. Ihre Empathie schwindet, weil sie dabei das Material ihrer Beziehungen verloren haben und ihren Körper nicht mehr geistig als Lebensform ihrer Zwischenmenschlichkeit verstehen können und ihre Wahrnehmung durch ihre Selbstwahrnehmung beherrscht und versachlicht ist (sieh hierzu tote Wahrnehmung). Weil sie ihn also selbst als das bloße Material ihres Lebens wahrnehmen, das in der Lage ist, fremde wie eigene Bestimmungen zu verwirklichen, erscheint er ihnen wie eine Sache, ihr Leben trägt und ertragen muss und nur in der Art wahr sein kann, die in ihrer Selbstwahrnehmung auch funktional ist, die ihre Selbstgefühle als Empfindungen ihrer Lebenswirlklichkeit wahrmachen und diese dem entsprechend auch beeindrucken muss.

Das Geltungsstreben des ästhetischen Willens, das in zwischenmenschlichen Verhältnissen deren Wirklichkeit ausmacht und bestimmt, wurde mit der Abtötung der Empfindungen abwesend, (siehe tote Wahrnehmung), hat sich somit zwar entwirklicht, sich aber durch ihre Vernutzung nicht wirklich aufgehoben, weil in zwischenmenschlichen Beziehungen ohne eine Selbstvergegenwärtigung der Menschen nicht möglich sind. Jeder Selbstwert muss in Beziehungen ohne Wert verkümmern, jedes Selbstgefühl vertrocknen. Mit der Aufhebung der persönlichen Beziehungen, mit der Vernutzung ihrer sinnlichen Substanzen objektiviert sich daher eine innere Notwendigkeit ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse durch das Erleben von Eindrücken und Reizen bestimmter Ereignisse, durch die sich eine objektivierte Selbstwahrnehmung wahrnehmbar macht und subjektiv wahrnehmen lässt, denn ihre einzige Wahrheit ist jetzt, was die Menschen von sich durch ihr Selbsterleben wahrhaben und wahrmachen können.

Die Ereignisse, mit denen sie nun ihre Selbstgefühle auf die Altäre ihrer Kultur erheben und dort finden und von daher auch tatsächlich empfinden können, werden im Allgemeinen medial vermitttelt, zu institutionalisierten Erlebnissen der Selbstwahrnehmung und ihrer Selbstgefühle. Ein solches allgemeines Wahrnehmungsverhältnis, wie es durch die Zwischenmenschlichkeit einer entwickelten Eventkultur geboten werden kann, befriedet endlich auch den ästhetischen Willen der selbstveredelten und von da her um so schlichtere Privatpersönlichkeit der narzisstischen Bildungsbürger, die nun ihren geballten Lebensmut gegen ihre reale Ohnmächtigkeit vergesellschaften können, gegen eine Welt, die sie bisher selbstlos und also ohne Sinn für sich erfahren mussten. Ihre kulturelle Lebenserfahrung wird in der Masse ihres Kulturkonsums zu einem Teil ihrer selbst, zu einer übermenschlichen Persönlichkeit, die in den Kulturereignissen alle Selbstentfremdungen mächtig macht, indem sie ihnen ihre Angst nimmt, indem sie ihnen also auch nur ein abstrakt allgemeines Gefühl ihrer selbst belebt, im Kulturerlebnis eine allgemeine Lebensgrundlage nun auch in den wirklichen Verhältnisse ihrer nichtig gewordenen Selbstbeziehung, in der Wirklichkeit ihres abstrakt menschlichen Sinnes höchstselbst verschafft.

Wo Gewohnheiten das Leben dadurch beherrschen, dass sie es unentwegt befrieden, Auseinandersetzungen durch Einverleibung und Verleiblichung nichtig machen, da gilt jeder Abweichung eine besondere Aufmerksamkeit. Alles Fremde steht darin unmitttelbar unter dem Zwang, Vertrauen zu erheischen, sich gemein zu machen, um den Frieden der Befriedeten nicht zu stören. Dadurch wird Entfremdung selbst vertraut, weil das Vetraute schon von vorne herein entfremdet ist. Es ist die Gewohnheit der Entfremdung, die hier herrscht und als persönliche Macht in zwischenmenschlichen Lebensverhältnissen als wirklich mächtige Selbstentfremdung auftritt.

Von daher ist der Eindruck, den etwas oder jemand macht, immer prominenter als das, was darin zum Ausduck kommt, obwohl die Wahrnehmung von dem lebendigen Leiden bestimmt wird, das sich darin überträgt. Die sinnliche Form der Leidenschaft, die sich wahrnehmbar ausdrückt unterscheidet sich wesentlich von den Inhalten, die Eindruck machen können. Jede Botschaft konzentriert isch in ihrer Wirkung auf die Wahrnehmung, während das wirkliche Leben, das sie darstellt lediglich als ihr Hintergrund existiert und gänzlich außer acht geraten und jede Aufmerksamkeit verlieren kann (siehe hierzu auch Medien).

Der Ausdruck (oder die Expression) unterscheidet sich von dem, was darin ausgedrückt wird, schon durch die besondere Leidenschaft, die er enthält, also durch die besondere Beziehung auf den Menschen in seinem Leiden, das in seinem Gegenstand nicht aufgehen kann, also durch die nicht gegenständlich verwirklichte Tätigkeit des Menschen, die im Ausdruck jedoch sich als Sinn ohne Gegenstand gestaltet hat, ausdrücklicher Sinn ist. Von daher ist die Beachtung der Ausdrücklichkeit ein Ereignis der Kultur, die darin ihre Abwesenheit so verkörpert, wie die Sehnsucht der Kunst nach der Wirklichkeit menschlicher Gegenstände, menschliche Schönheit (Ästhetik) selbst ausdrückt und somit dieser eigenes Sein verleiht und darin ausdrückliche Verhältnisse stiftet, in denen Menschen sich als das geben, für das sie Sinn haben.

Sie erzeugen sich als Form ihrer gewollten Sinnlichkeit und begründen darin einen ästhetischen Willen, der außerhalb ihres wirklich gegenständlichen Seins ist: Der Wille der entäußerter Zwischenmenschlichkeit. Dies macht es möglich, dass Ausdruck dort, wo er Eindruck macht, vielerlei Täuschung dienen kann, wenn er sich an der Äußerlichkeit eines Eindrucks, z.B. eines Reizes, misst (s.a. Design). Im Eindruck existiert jeder Ausdruck sowohl in seiner sinnnlichen Form als Reiz für die Wahrnehmung, wie auch als sinnlicher Gehalt dessen, was sie ihre Erinnerung bestätigt und bestärkt. Im Eindruck auf die Wahrnehmung kommt jeder Lebensausdruck doppelt vor und verschafft sich eine Prominenz, die aus der Abwesenheit ihres Gehalts, aus seiner Abstraktion zehrt, der sich durch seine Erinnerung vergegenwärtigt und zugleich sich seiner Regung so vergewissert, dass er sich darin als bloße Erregung verselbständigen und durchaus gesellschaftlich mächtig werden kann. Die allgemeinste Verwirklichung kultureller Inhalte macht daher Inhalte prominent, die nurmehr als erregte Erinnerung zur Wirkung kommen und über Wirklichkeit zu herrschen in der Lage sind.

Der Ausdruck wird zur Substanz eines jeden ästhetischen Verhältnisses, wenn er darin durch seine Seele sich Eindruck verschafft. Der ästhetische Wille wird so erst zum wirklichen Ausdruck ihrer Absicht und will so ausgedrückt sein, wie er Eindruck machen soll. Er entspringt einem Sollen, das von der Abwesenheit, also in der vollständigen Trennung von den leiblichen Substanzen der Wahrnehmung ausgeht. Es ist eine haptische Notwendigkeit, das Entzogene, das aus dem Verhältnis der Einverleibung (siehe auch Kulturkonsum) Entgangene, äußerlich anwesend zu machen, ihm in der Existenzform und der Art und Weise seines Daseins eine sinnliche Gegenwart dessen zu entnehmen, zu vergegenwärtigen, was nicht wirklich da sein kann. Darin betätigt sich der ästhetische Schmerz, der Bruch der Wahrnehmung mit der Wirklichkeit dessen, was sie - ohne Wahrheit auch wirklich zu nehmen - längst wahr hat. Das erscheint als eine notwendige Forderung an die zwischenmenschliche Existenz, an die Ästhetik, wie sie zwischen den Menschen und unter ihnen sein soll, im Gegensatz zur Wahrnehmung, wie sie ist. Es ist die Grundlage für die hartnäckigen Erfordernisse einer an und für sich heil sein sollenden Welt, also der Boden, worauf eine heile Welt zu errichten sein wird.

Die aufgrund ihrer Selbstlosigkeit subjektiv entgeisterte Kultur hatte in der Religiosität ihrer Sittlichkeit ein höheres Wesen geschaffen, in welchem das Leben selbst allgemein veredelt erscheint. Dieses Wesen mag auch rein ideell schon - also als Ideologie - für die Menschen Geltung gehabt haben, in der kulturellen Wirklickeit wirkt es zugleich aber auch praktisch - weil eindrücklich - auf die Sinne der Menschen zurück. Wesentlich kann diese Erscheinung daher nur durch ein objektiv bestimmtes kulturelles Leben sein, durch ein Leben, das die Menschen selbst so zu erfüllen haben, wie es ihrer Selbstwahrnehmung nötig ist. Diese besteht aus einem Mangel an Sinn für sich, aus dem sinnlichen Manko, dass jede zwischenmenschliche Begegnung ihren menschlichen Sinn nur erfüllen kann, wenn sie ihre Empfindungen und Gefühle hiernach bestimmen können, wenn sie sich also so fühlen, wie sie sich selbst veräußern, wie sie für ihre Empfindungen außer sich sein müssen, um sich darin auch wirklich zu finden (Empfindung = zu Ende finden).

Die Kultur, wie sie in den wirklichen Lebensverhältnissen der Menschen wirkt, hat sich in der Selbstlosigkeit ihrer Beziehungen, in ihrer Sittlichkeit praktisch aufgehoben und erscheint als sinnliche Äußerung nur noch chaotisch, willkürlich und zusammenhanglos. Lediglich die sich darin aufeinander beziehenden Individuen scheinen noch wirklich, weil nur sie noch eine, wenn auch sogleich durch ihre selbstlose Selbstbeziehung aufgehobene Wirkung haben. Es hatte sich hierdurch eine wesentliche Änderung der Selbstbestimmung ergeben, durch welche alle Subjektivität nur noch in der Reflexion der objektiv wirksamen Vernunft dieses allen gemein gewordenen Wesens gebeugt sein kann, sich durch Läuterung reduzieren und bemessen lassen muss, um für sich zu sein, was auch für andere nötig ist. Im Grund besteht nun eine allgemein total individualisierte Kultur, die allerdings eine enorme allgemeine Macht hat, weil sie die Individuen von dem ausschließt, was sie verbindetn kann: Der Sinn, den ihre Individualität gesellschaflich hat. Indem er nicht mehr wirklich existiert, also nur durch seine Unsinnigkeit wirkt, existiert er durch seine Abwesenheit, seine Negation in der Wahrnehmung selbst, die mächtig ist, wo sie sich sich selbst verallgemeinert hat und nur noch nichtige Wahrheiten erkennen kann.

Das wesentliche Resultat aus dem selbstlosen Verhältnis der Menschen in der Sittlichkeit ihrer Kultur ist nun eine Subjektivität der Menschen, die stark gefordert ist und zunehmend allgemeiner erforderlich wird und die sie zugleich völlig machtlos für sich sein lässt. Die Götter, an die sie gerade noch glaubten, haben sie längst verlassen, weil die geistige Erfüllung, die sie versprechen, ihre sinnlichen und leiblichen Zusammenhänge verbraucht haben. Es verbleiben leere Appelle, in der sich die Angst vor einer allgemeinen Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschen darstellt.

Aus diesen Verhältnissen ergibt sich auf der einen Seite eine Prominenz angepasster Persönlichkeiten, die Sinn stiften wollen und sich allgemein präsent machen können, indem sie damit Eindruck machen, und auf der anderen eine massenhafte soziale, und also menschliche Verelendung, in der vor allem sich jede Sinnfrage unsinnig macht und man sich von daher mit vorgegebenem Sinn identifizieren muss. In den Konflikten zwischen ihnen wird kein neuer Sinn entwickelt, sondern nur der Unsinn verdichtet, der sich in unauflösbaren Verhältnissen nurmehr kreisförmig bewegt. Der Unsinn selbst wird dadurch mächtig, dass er durch nichts mehr zu ertragen ist, dass die Entleerung, die fortgetriebene Leere und Ödnis dieser Verhältnisse unerträglich ist und durch die Wirkung einer höheren Sinnlichkeit, die man nicht empfinden, wohl aber erspüren kann, überwunden werden soll.

Die Verhältnisse volstrecken aber nur dadurch ihre Entleerung, dass ihre Wahrnehmung der Welt selbstlos gemacht wurde, dass sie also weder Subjekt noch Objekt, keinerlei Gegenständlichkeit mehr haben kann, nicht mal mehr verdrängt oder unbewusst sein kann, weil sie in der Tat keinen Sinn mehr hat. Der Mensch selbst muss sich in solchen Verhältnissen einen Sinn verschaffen, den er nicht wirklich haben kann, der aber sehr wohl über ihn hinausgeht. Es braucht etwas wirklich Übermenschliches, das garnicht wirklich sein muss, ein Zarathustra der unmittelbaren Wahrnehmung, ein Wille, der selbst nur noch aus Wahrnehmung besteht, ein nur in seiner vorgestellten Vollkommenheit bewahrheiteter Wille, der lediglich die Vollkommenheit einer Wahrnehmung beabsichtigt, weil ihre Gegenstände hierfür völlg gleichgültig geworden sind: Ein rein ästhetischer Wille.

Der ästhetische Wille entsteht aus einer abgehobenen Ohnmacht gegen die wirklichen Lebensverhältnisse, die als Niederungen profaner Schäbigkeiten durch den Edelmut eines gediegenen Bildungsbürgertums ausgeschlossen und ausgewiesen werden. Er sucht Güte und bezieht sich auf die Welt, dass nicht sein darf, was da ist. Es ist ein Wille, der ensteht, wo die Selbstwahrnehmung nicht mehr zuträglich ist und von da her nicht mehr ertragen wird. Die Egozentrik des bürgerlichen Subjekts fühlt sich bedroht, wenn es sich durch Irritationen der Wahrnehmung, die es nicht mehr für sich selbst gerecht nutzen kann, an Selbstwert verliert. Weil es sich somit nicht mehr kulturell in gewohntem Umfang behaupten kann, siehte es sich in seiner Selbstbehauptung dekultiviert und bedroht. Eine sich selbst fremd gewordene Selbstbehauptung sucht ihre Bestätigung im Glauben an eine Allgemeinheit ihrer Selbstwahrnehmung durch die ästhetische Ausgrenzung eines fremden Wesens, das als solches nicht wirklich existieren kann, und von daher aus einer Verdichtung von Eindrücken der Wahrnehmung in Ressentiments gebildet wird, die sich vergemeinschaften lassen und darin eine eigene Größe als Gefühlsmasse bekommen.

Der ästhetische Wille ist daher ein Wille, der das Dasein für sich bedingungslos schön haben will, indem er es in seinem Sinne ideell bereinigt, von allen Zwiespältigkeiten "befreit", also von schädlich empfundenen Eindrücken ausgemerzt sehen will. Er sucht hierfür eine Ästhetisierung des Eigenen für dessen Heil zu betreiben, eine Wahrnehmung der Selbstveredelung zu bewirken, die es für sich haben soll, indem es Schönheit ohne Sinn, Reinheit ohne Wahrheit, Ordnung ohne Struktur für sich zu isolieren sucht. Durch die abstrakte Verselbständigung, durch das unendliche Zerteilen ihres wirklichen Wesens will er deren Zusammenwirken auflösen, welche dessen inneren Beziehungen nötig hat. Von daher ist er sowohl real wirksam, wie auch unwirkliche Position des Glaubens an eine unendlich mögliche Selbstveredelung. Er überwindet ihre Religiosität durch die Bestrebung, sie zu verwirklichen, sie wahrzumachen und ihre Selbstlosigkeit in eine mächtige Selbstsucht zu kehren, die alles auszuschließen sucht, was für die Wahrnehmung nicht wahr sein soll, was sie also dort verwesentlicht, wo sie für sich rein sein muss, um überhapt Identität zu erlangen. Es ist ihr innerer Zwang, der aus der Egozentrik einer selbstlosen Wahrnehmung entstanden war, wenngleich er auch nur die Identität einer Scheinwelt bilden kann, die eine heile Welt für sich haben muss.

Der ästhetische Wille gründet von daher auf einem erhabenen Selbstgefühl, dem religiösen Selbstgefühl, und reflektiert darin die Abwesenheit seiner wirklichen Selbstwahrnehmung als die Ungegenwärtigkeit ihrer Nichtigkeit, ihre Selbstauflösung und sucht sein Heil im Ganzen seiner Selbstwahrnehmung im Jenseits seiner Wirklichkeit. Er ist von daher die objektiv nötige Form einer Selbstwahrnehmung, die an den Mängeln ihrer Selbstveredelung leidet. Er ergeht aus der Nichtung von Gefühlen, wie sie sich in den Gegensätzen zwischen der relativen Selbstlosigkeit und der absoluten Egozentrik der Selbstveredelung, aus der relativen Selbstverneinung im Zweck einer totalisierten Selbstentfremdung entwickelt, wie sie für den Glauben an ein Ganzes der Selbstwahrnehmung nötig ist, Er ist von daher das Leiden einer unendlichen Wiederkehr desselben Verhältnisses einer Versagung, aus der ausschließlich ästhetisch gewordenen Wahrnehmung eines Widerspruchs, dem er mit einer ausschliesslichen Anpassung an die Form der Wahrnehmung begegnet, die ihre gegenteilige Form zugleich auch für sich wahrhaben will, ohne ihrer Ursache wirklich entgegen zu treten, ohne also ihre Wirklichkeit zu durchdringen.

Ein solcher Wille bildet er sich daher aus einer Reflexion für sich, aus der Ausschließlichkeit einer Selbstwahrnehmung, die sich gegen die Wirkungen der Wahrnehmung auf die Selbstbeziehung stellt. Es veräußert sich hierbei die Selbstbeziehung zu einer Objektivität, die sich im Nachhinein von Wahrnehmungen, die unerträgliche Zusammenhänge enthalten, einen ästhetischen Zusammenhang des Erträglichen vorkehren. Es geht also um eine Veräußerung einer positiven Selbstbeziehung gegen Widernisse von zwischenmenschlichen Verhältnissen, die als fremde Kraft bis in die Ebenen der Staatskultur empfunden werden. Diese wird hierdurch als Gefühl der Entfremdung umgekehrt zu einem Selbstgefühl einer selbstgerechten Ästhetik.

Die Selbstgestaltung der Kultur hat auf diese Weise aus den Absichten, die in zwischenmenschlichen Beziehungen sich gegenseitig bewirken, eine Sphäre des allgemein gütigen Menschseins geschaffen, eine allgemeine Psyche in welchem die Gefühle sich durch ihr Medium selbst, in aller Öffentlichkeit zu einer Psyche der Allgemeinheit verdoppelt haben: Der vereinzelte Mensch wird durch die Ikonisierung seiner Alltäglichkeit zu einem massenhaften Individualwesen, das sich selbst als Teil einer allgemeinen öffentlichen Meinung verstehen kann, weil es auch tatsächlich seine Dafühaltungen medial objektiviert wahrnehmen muss. In seiner medialen Vermittlung hat er die Grundlage seiner Vermassung erfahren und tritt aus der Masse nun als Träger ihrer Bestimmtheit durch eine "eigene Meinung" hervor, als Träger einer Notwendigkeit, welche das ganze Menschsein betrifft und wodurch er auch seine Persönlichkeit mit einer empfindungslosen Allgemeinheit ausstattet. Was er in der medialen Welt der Gemeingefühle empfindet, wird nun durch die stoffliche Gegenwärtigkeit des Mediums selbst zu seiner wirklichen Lebensgrundlage in einer sinnentleerten Welt, die sich gegen die Selbstvergegenwärtigung durch die gewöhnlichen Erregungen und Reize wendet: Nicht die einzelnen Inhalte bereiten ihren Boden, sondern die verallgeinerte Not des Individuums selbst wird zu einer allgemeinen Wendung durch einen Willen gebracht, welcher seine Allgemeinheit nun auch ästhetisch in einem Selbstgefühl dieses Willens verwirklichen muss und darin jede wirkliche Empfindung von sich ausschließt, den Willen als Gefühl für sich popularisiert.

Diese Notwendigkeit des Massenindividuums hat also in der Objektivierung seiner Meinung zu einer Allgemeinheit des Dafürhaltens einen Willen erzeugt, der jenseits ihrer Wirklichkeit zunächst allgemein ausgegrenzt ist, weil er sich hiervon unabhängig erscheint, wiewohl er gerade hieraus bestimmt ist. Als Wille war er ja bisher nur ein Moment der Gewohnheit, Machtbedürfnis der Gewöhnung, Seinsverständis des Wohnens schlechthin. Als solcher unterstellt er einen allgemeinen Wohnraum, welcher dem Selbstgefühl entspricht und ihm auch zu entsprechen hat, um als kultivierter Lebensraum zu gelten. Raum wird also zu einer Selbstverständlichkeit des Selbstgefühls, das sich aller inneren Schranken entledigt hat, - jetzt also prinzipiell unbeschränkt sein soll. Dies wird sich nun als Trieb des ästhetischen Willens durchzusetzen suchen.

Alle Lebensäußerung erfährt nun im Raum seine Kulturbestimmung. Er wird den Lebensverhältnissen ganz allgemein als Prinzip des Notwendigen überstellt und alle Kulturinhalte verbleiben so ganz unmittelbar nurmehr als Residuum einer Kultur, die ästhetische Form, worin sich die Menschen reflektier, an der der Maßstab des Menschseins angelegt wird, ein Maß, welches die kulturelle Befriedung längst nötig hatte und die jetzt zu einer eigenständigen kulturellen Bestrebung geworden ist, die "wie von selbst" im Willen der Menschen zutage tritt. Es ist ein Wille, der sich nicht aus ihrer sozialen oder ökonomischen Wirklichkeit heraus objektiviert; es ist eine Willenform, die sich in den Menschen so objektiv bildet, wie etwa der Schweiß in überhitzten Räumen. Solcher Schweiß einer überhitzten Kultur ist nun ein ästhetischer Wille, wenn er sich tatsächlich als Bestreben in jedem Menschen äußert, wenn ihm die Kultur unwohnlich wird. Mag ansonsten ein Wille äußerst willkürlich sein, hier tritt er als eine pure Notwendigkeit auf, als Wendungsbedarf einer ästhetischen Not. Die ästhetische Erregung zwingt die Menschen in ihrem Lebensraum zu einem ästhetischen Frieden zu gelangen, zwingt die Menschen zu einem allgemein bestimmten ästhetischen Sein, sofern sie diesen Raum nicht verlassen können.

Im einzelnen sind es meist der Kultur äußerliche Bedingungen, meist ausweglose Beziehungsnöte oder Wirklichkeiten, an denen sich der ästhetische Wille entzündet. Aber er selbst zielt nicht auf die Veränderung dieser Bedingungen, sondern auf die Befriedung der Menschen in dieser nun als Lebensraum empfundenen Kultur, als Heilung unfriedlicher Beziehungen durch die Bereinigung dieses Lebensraums, als Gesundungsbedarf einer ganzen Kulturformation.

Der ästhetische Wille ist ein Wille, der zur Ästhetisierung treibt. Er entsteht, wo ein grundlos scheinender Zerfall wahrgenommen wird und der Glaube an eine Lösung durch höhere Ordnung herrschen kann. Die bloße Wahrnehmung eines Zerfalls reflektiert Gebrochenes, zerstörte Einheit. Innerhalb der bloßen Wahrnehmung scheint sie überwindbar durch eine Einheit des Wahrnehmens, also durch eine Notwendung der Verhältnisse im wahrnehmenden Subjekt, also dadurch, wie sie in diesem wirken. Die Veränderung des wahrnehmenden Subjekts wirkt subjektiv wie eine Veränderung der Verhältnisse selbst, wenn das Objekt in der Form eines Ideals wahrnehmbar gemacht wird. Der ästhetische Wille verfolgt den Bedarf nach der Veränderung der Wahrnehmung, wie sie ihrem Gegenstand entsprechen soll und dieser ihr. Er verfolgt eine Subjekt-Objekt-Verkehrung in der Wahrnehmbarkeit eines Objekts, welches Gegenstand der Gefühle ist.

Darin herrscht dann dieser Wille, welcher aus Gründen der Ästhetik eines Selbstgefühls nötig ist, das sich in seinen Gewohnheiten des Guten und Schönen bedroht fühlte. Was er darin subjektiv zu verwirklichen sucht, entspricht der Notwendigkeit eines allgemeinen So-Sein-Sollens eines Verhältnisses, wie es einer zu Bilder der Erinnerung idealisierten Wahrnehmung entspricht. Er verfolgt letztlich ein identitäres Streben und er will Verhältnisse, die schön und gut erscheinen, gleich wie sie wirklich sind, ist also der Wille eines ästhetischen Verhältnisses, das sich rein haptisch gegen die praktischen Bedürfnisse der Menschen wie eine eigenständige Kulturform objektiver Gefühle bestimmt. Er begründet sich subjektiv aus einem Ekel vor dem Zerfall und der persönlichen Abgrenzung hierzu und wendet sich an die Güte einer kulturalisierten Sitte. Objektiv wird hierbei der Reiz der Schönheit zum Gütesiegel schlechthin, zum Design einer höheren Kulturform gegen die zerfallende, Grundlage jeder Selbstveredelung, die im Allgemeinen herrschen soll, um das Unbeherrschte und Unbeherrschbare zu bezwingen.

Das grundlegende Interesse des ästhetischen Willens bezieht sich auf die Lebensform selbst. Es will diese Form als Welt für sich gegen das Unheil fremder Bedingtheiten, will vor allem eine "heile Welt", die von fremden Interessen frei gehalten wird. Je mehr sich die Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit entzweien, desto stärker wird in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen nun Einheit erzwungen, je mehr sich Elite und Lebenswelt der Menschen aufspalten, desto sinnfälliger wird die Notwendigkeit einer kulturellen Einheit. Der ästhetische Wille speist sich daher nicht aus der Wirklichkeit, aus wirklicher Not, sondern aus der Notwendigkeit einer Einheitsstiftung, die einer zur Glaubensmacht gewordenen Sittlichkeit der Kultur Folge zu leisten hat. Der Lebensraum der Menschen wird daher zum Bestimmungsrahmen ihrer Sittlichkeit. Damit gelten im Prinzip alle anderen Lebensräume als unsittlich, also nicht nur fremdartig, sondern unartig.

Was für das Kulturinteresse bislang völlig bedeutungslos war, kann nun zu einem Moment dieser im Raum bestimmten Kulturformation werden. Als erstes werden die politischen und ökonomischen Beziehungen hier einbezogen und als politische Substanz eines Kulturraums genommen. Der ökonomische, der politische und der kulturelle Lebensraum vermengen sich auf diese Weise zu einer eigenständigen Größe, so dass Kultur auch mit Nation gleichgesetzt wird. Was in der Formation des bürgerlichen Staats politisch nötig ist, gilt daher jetzt als kulturell notwendig. Der ästhetische Wille tritt hierdurch auch unmittelbar als politisch notwendige Meinung auf, in der sich die Gegensätze der wirklichen Verhältnisse aufheben, das Untere sich zum Oberen kehrt, die Unterschicht sich wie eine Oberschicht verhält, in der das Meinen zunächst zumindest ideell über die Notwendigkeiten gesellschaftlicher Bildungsverhältnisse regiert.

Die Sinne der Menschen existieren durch sie und in ihren Gegenständen, in ihnen und außer ihnen als ihre äußere wie innere Natur. So sind die Elemente der Bildung auch ihre Gedanken, deren Material in den Gegenständen ihrer Natur vorausgesetzt, sowohl subjektiv wie objektiv als Material vorhanden sein müssen. Bildung ist daher vor aller Formgebung, vor aller Gestalt rein subjektiv und ergibt sich aus der Fähigkeit, neue Eigenschaften zu erzeugen.Man nennt daher neuerdings Menschen, die dazu in der Lage sind, die "Kreativen", die ganz im Gegensatz zu den Konsumenten der Bildung, den Bildungsbürgern, den "Gebildeten", leben. Denn Bildung ist nichts anderes als das wahre Eigentum der Menschen, das, was ihnen niemand nehmen kann, ohne sie von ihrer Gesellschaft auszuschließen, sie zu isolieren, indem es auf das bloße Privateigentum reduziert wird.

"Die Bildung der fünf Sinne ist eine Arbeit der ganzen bisherigen Weltgeschichte." (MEW 40, S. 541f).

"Mit einem Wort, sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde." (Karl Marx/Friedrich Engels, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 466).

Kultur ist das Resultat der Weltgeschichte menschlicher Zivilisation, das Produkt der Bildung menschlicher Sinne, der Sinnbildung des Menschen durch die gesellschaftliche Arbeit der Menschen. Wesentlich für ein Bild ist, dass es Raum und Zeit überwinden kann, ohne sich darin inhaltlich aufzuheben, ohne seine Wirklichkeit preis zu geben. Seine Bildung kann sich über alle sinnlichen Inhalte als Form für sich und durch sich in den Fähigkeiten und Eigenschaften der der Menschen bewahren, ihre Entstehungsgeschichte durch sich und außer sich bewahrheiten, soweit sie ihre Natur in ihrer gesellschaftlichen Naturmächtigkeit vergegenständlicht haben. Von daher bewahrt Kultur menschliche Lebensäußerung über ihre Zeiten und Räume hinweg als Abbilder ihrer Entstehungsgeschichte sowohl in ihren Sachen, ihrer Sprache als auch in ihrer Natur.


Die gedoppelten Gefühle als notwendiges Selbstgefühl des Heilsamen in einem ästhetischen Willen.

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321.1 Die Not der Sitte und die Notwendigkeit der Bildung

Aus dem Gefühl heraus, in eine fremde Welt "geworfen zu sein" (siehe Existenzialismus) entsteht ein Verlangen und oft auch eine Sehnsucht nach Nähe zu einem Ort und der Dichte eines Lebensraums, in welchem man sich zuhause fühlt, die heimische Kultur und ihre sie tragenden Lebensverhältnisse und Menschen kennt und damit umgehen kann. Darin wehrt sich der in seiner Existenz "zur Freiheit verurteilte Mensch" (Sartre) gegen das Unvermögen seiner Unentschiedenheit, gegen die Verschlossenheit seiner unerschließbaren Entscheidungen in den unterschiedslos gewordenenen Ereignissen seines Erlebens, in der Beliebigkeit seiner ihm entfremdeten, sinnlos scheinenden menschlichen und zwischenmenschlichen Beziehungen (siehe auch Scheinwelt), in denen er sich in seiner Selbstbezogenheit wie ein von sich getrennter, wie ein von jedem höheren Sinn als "von Gott verlassener" Mensch (Nietzsche) fühlt. Der Begriff Heimat soll Geborgenheit und Einbezogenheit in eine Gemeinschaft vermitteln, indem er die für einem bestimmten Lebensraum die Eigenschaften anheimelnder Fähigkeiten und Ereignisse hervorhebt, die aus den Lebenswelten des Heimes und Wohnens und der Gewohnheiten des alltäglichen Verkehrs und Umgang entnommen sind.

Das Zuhause hat diese Eigenschaften aber nur, wo sie etwas Ganzes als das Heil eines Heimes vermitteln könnten und von allen Heimlichkeiten und dem Unheimlichen ihrer Verhältnisse abstrahieren und sich gegen alles Unheil zu wenden verstünden. So sticht mit diesem Begriff also vor allem diese Abstraktion heraus, die schon der einfachen Herkunft nicht nur einen Raum mit allen Vor- und Nachteilen seiner Geografie und Kultur zuordnen, sondern vor allem die Fähigkeiten einer heilen Welt überordnen, durch die ihre Wirklichkeit als Lebensburg ihrer bürgerlichen Herkunft und Ordnung ausblendet und verschleiert (siehe hierzu auch Kleinbürger).

Wo die Gefühle der Menschen sich in isolierten Exiatenzen abgetrennt, aufgespalten und verselbstänigt haben, heben sie sich in ihrer zwischenmenschlichen Wirklichkeit gegenseitig auf und nichten den gesellschaftlichen Gehalt ihrer Wahrnehmng. Im willden auseinandertreiben ihrer Gefühle synchronisieren Rituale die individuellen über die Gruppenindentäut eines bestimmten Lebensbündnisses in einer Gruppe und verfestigen darin ihre Persönlichkeit, weil und solange sie ihre Selbstwahrnehmung durch deren Gemeingefühll verdoppeln können, indem sie das "ich" durch bloße Zugehörigkeit in einem "Wir" gewinnen, das Angehörigsein jenseits oder auch gegen ihrer Familiie beibringen.

Gegen die Anarchie der Einverleibungen ihrer institutionalisierten und öffentlichen Beziehungen erzeugen sie einen Gruppenzusammenhang wie in einer Parallelkultur , indem sie sich im Ritual der Gefühle verdoppeln und ein Gemeingefühl herstellen, das dem Gefühl der Einzelnen nicht entsprechen muss, aber dennoch sein Selbstgefühl frei macht für einen Gemeinsinn, der ein inneres Band der Selbstgefühle darstellt.

Rituale ebtwickeln sich durch einen Ritus, der sich als Zusammenhang einer symbolisch bestimmten Abfolge von Ereignissen darstelt, die zur Gewohnheit eines Lebenszusammenhanngs geworden sind. Aus ihrer Gruppenerfahrung definieren sie ein Gemeingefühl wie ein Gesetz, das den Sinn einer Kulturgemeinschaft zur Erfüllung zwingt, in die der einzelne aufgenommen ist (z.B. Konfirmation, Jugendweihe, Kommunion). Es sind die Symbole dieser Gemeinschaften, die darin ihre Gemeinde erkennen sind die Informationstransmitter der Menschen, die darin ihr Gemeinwesen in einem dem entsprechenden Muster (siehe auch Mustertheorie) ausdrücken (siehe auch Mode, Liturgie) und ihre Zugehörigkeitsgefühle bestärken, zum Kult ihrer Zugehörigkeit werden. Sie grenzen die Ingroup von der Welt der äußerlich gewordenen un verbliebenen Gesellschaft ab und macht sie für den einzelnen alternativlos. Deren Empfindungen begründen sich nurmehr durch die Ereignisse, die hieraus ergehen. Sie sind nicht mehr begründungsbedürfnig und machen aus jeder Eigenliebe eine Welt esoterischer Selbstbezogenheit, zur Heimat ihres zwischenmenschlichen Geheimbundes, zu einer politisch bestimmten und eingegrenzten Lebensform (z.B. Ku-Klux-Klan).

Jenseis solcher Gefühle ist diese Heimat immerhin auch eine wirkliche Kultur, worin das Meine, das Dafürhalten meiner Meinungen und meine Tätigkeit einen Lebensraum mitgestalten kann, der dann allerdings auch von relativ eng verfassten Lebensspflichtigkeiten beherrscht wird, von Notwendigkeiten der Existenz, in denen vor allem das Notwendige verbindet und die Freiheit versagt. Darin ist das Meinige immer schon auch zur Not des Seinigen geworden und muss die bloße Gemeinschaft als dieses allgemein Seinige ausschließlich mächtig und im Vermögen ihrer Ausschließlichkeit auch gewaltsam erfahren. Wer sie nicht befolgt, gilt in solcher Kultur nicht mehr nur befremdlich oder fremd, sondern als Feind. Der ästhetische Wille wird erst dadurch wirklich zum Medium der politischen Macht, zu einem wirklich politischen Willen, dass er sich als Notwendigkeit einer allgemeinen Gesinnung betätigt, die jedem geläufig sein muss. In der Behauptung einer allgemeinen "Seinigkeit" steckt die Drohung des Allgemeinen Sollens, denn wer das Seinige verfolgt, verfolgt nicht seine Meinung, sondern ein mit der Allgemeinheit der gemeinschaftlich gefühlten Not immer deutlicher ein allgemein notwendiges Meinen, das sich aus der Kultur eines gegebenen Lebensraums bestimmen und als politische Kultur wirksam werden muss - woher sonst könnte eine allgemeine Meinung aus den Bindungen einer Gemeinschaft auch wirklich verbindlich werden. Menschen werden nach ihrem Bezug zu dieser Allgemeinheit sortiert und behandelt. Sie ist das Maß des ästhetischen Willens in dieser politischen Kulturbestimmung. Es wird zu einer Kulturdoktrin, die sich auch gewaltsam durchsetzen muss, wo sie sich nicht von selbst ergibt, besonders, wo ihr zuwider gehandelt wird. Die Häme des Allgemeinen kann sich nicht deutlicher zeigen als durch die Inschrift in dem Gitter des Ausgangstors des KZ Buchenwald: "Jedem das Seine", das von innen nur leserichtig zu erkennen war.

 

 




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321.2 Die prominierende und die prominente Kultur (Die gereinigte Kulturpersönlichkeit des kultivierten Selbstgefühls)

In den Lebensgewohnheiten der Selbstwahrnehmung prominiert das Gewöhnliche, das immer gleichgültiger sich gegen den ästhetische Willen stellt, den es zu betreiben hat, um außergewöhnlich zu sein. Dies war schon durch seinern hermeneutischen Zirkel angelegt und verhält sich gesellschaftlich durch die Nichtung der Inhalte seiner Selbstbeziehungen. Sie werden immer reizloser und suchen ihren Halt an prominenten Reizen, die ihnen wie eine bessere Gewohnheit des Meinens und Dafürhaltens - oder auch als Schick ihrer Beziehungen vorkommen. Denn wo Inhalte nicht mehr durch sich selbst überzeugen oder nicht wirksam werden können, da wird auf diese Weise die subjektive Form einer Meinungsführerschaft (siehe auch autoritärer Charaktr) zur Mode. Es ist eine äüsthetische Autorität von persönlichen Beziehungen, die durch die Zuwndungen in gewohnter Lebensweiesen i(siehe auch heile Welt), durch freudige Erregungen für allgemein nötig scheindende Lebenswerte erwählt wird (siehe auch Fankult), durch die Masse von Erregungen in Massengefühlen. Prominenz ist die hervorragende, also existenzielle Aufmerksamkeit, die durch die Aufmassung von Erregungen entsteht,- die z.B. durch wiederholende Aufreizung der Wahrnehmung gebildet wird (siehe Reiz).

Dem vorausgesetzt ist zugleich der Bedarf einer unmittelbaren Wahrnehmung nach einer Verallgemeinerung, durch den ein allgemeiner Mangel als überwunden sich darstelen lässt. Sie ist das Hervortreten eines Einzelnen aus einem Gemenge von vielem, das sich darin verallgemeinert sieht, dass es als ein Beispiel überwundener Mängel seiner vereinzelten Selbstbezogenheit wahrnehmbar wird oder dass darin seine Ideen oder Bedürfnisse oder Wünsche oder Bilder für sich kultiviert und im Kult idolisiert (siehe auch Fankult) als Wirklichkeit seiner Vereinzelung allgemein wahrgenommen werden. Dieses Hervortreten findet allerdings nur in der Wahrnehmung selbst statt, im reinen Quantum dessen, was sie in ihren Begegnungen für wahr nimmt, ganz gleich, was sie davon wahrhat. Es reflektiert sich darin alleine die Dichte von Vergegenwärtigungen einer Erscheinung, die mit den Bedeutungen in der Wahrnehmung ganz getrennt von ihrer Wahrheit zusammenfallen, die damit diese allerdings auch bedeutungslos machen. Prominenz vollzieht die Totalissierung einer Scheinwelt.

Es ist ein Phänomen der Masse und der Massengefühle in einer Scheinwelt, worin deren Bodenlosigkeit Sinn sucht und im Widerhall ihrer Ästhetik als Widerschein seiner Selbstgefühle findet. Diese Gefühle können nur als Empfindungen eines Massenmenschen fündig werden, auf den sie sich allerdings nur verlassen können, wenn sie sich als Einzelheit in der Masse selbst verlassen, im Prominenten allem darin verkörperten gemein werden (siehe auch Massenkultur). Prominenz verschafft sich damit eine Akkumulation von Gegenwärtigkeiten (siehe Populismus), die "ins Auge fallen" und dennoch darin nur sich selbst repräsentieren (siehe hierzu auch repräsentative Demokratie).

Prominenz ist eine Verdichtung (siehe Dichte) der Wahrnehmung selbst, der Selbstwahrnehmung, wie sie z.B. ausdrücklich durch Werbung oder Anreizung (siehe Reiz) erzeugt und in ihrer Verallgemeinerung publik gemacht wird. Prominenz ist von da her eine äußerliche Allgemeinheit einer verwesentlichen Gegenwärtigkeit, die sich der Wahrnehmung allgemein aufzwingt. Sie kann nur entstehen, wo ein solcher Zwang durch die Abwesenheit wirklicher Bezogenheiten Wirkung hat, wo also im Allgemeinen Isolation herrscht, denn dem vorausgesetzt ist die Beziehungslosigkeit zwischen Menschen, die in der Prominenz ihre Gleichgültigkeit aufheben und überwinden. Was zunächst einzeln und unauffällig ist, kann durch bloße Gefälligkeit dann prominent werden, wenn es für die Wahrnehmung durchschnittlich wird und zugleich besonders dicht auftritt oder in Gemeinschaft mit einer allgemeinen Besonderheit (z.B. Mode) ins Auge fällt.

Prominenz entsteht daher durch die kulturelle Geltung eines Ereignisses, einer Sache oder einer Person. Sie ist zum einen subjektives Resultat eines Geltungsbedürfnisses, das kulturell bestärkt wurde, zum anderen Resultat eines objektiven Mangels an Identifikationsmöglichkeiten für Menschen, die hierauf angewiesen sind. Sie füllt also das Vakuum von selbstlosen Verhältnissen aus, wo sich Geltung vor allem durch Selbstveredlung und Überhebung einnehmen lässt. Von daher ist sie das Subjekt eines ästhetischen Willens, dem es gelungen ist, sich über die Medien in Beziehung zu setzen.

Der ästhetische Wille ist von daher selbst zu einem politischen Subjekt des Meinen geworden, in welchem sich die Menschen auch wirklich identifizieren können, sofern sie in ihrer Meinung als Gesinnung Identität finden. Dies hängt ab von der Bedrängungslage, in der sie sich befinden. Einen Selbstwerts des Meinens gibt es am ehesten dort, wo allgemeine Gefahr herrscht, die als Gefährdung allgemeiner Beziehungen verstanden wird. Die Staatsbürger werden familiär, wo sie ihren bislang staatlich gewährten Schutz in Gefahr sehen. Sie müssen gegen alles argwöhnen, was ihnen in diesem Beziehungsraum nicht vertraut ist. Das Grundvertrauen bietet daher jetzt vor allem die Gesinnung.

Die rechte Gesinnung verschafft Sicherheit, die einer famikiären Geborgenheit entspricht. Das reaktionäre Bewusstsein sieht in allem, was den Menschen zu eigen ist und was sie als ihre Eigenheit veräußern, eine Gefährdung dieser Sicherheit. So definiert sich aus der Abgrenzung hierzu eine Ästhetik des Menschlichen schlechthin, die selbst bestimmend für die allgemeine Meinung, die Gesinnung wird. Das besondere Selbstgefühl einer allgemein geschützten Menschlichkeit wird zu einem vorausgesetzten Allgemeingefühl des Meinens - zum Stolz und zur Sünde des kultivierten Menschen. Die ästhetisch verfasste Meinung wird daher zum wesentlichen Medium des politischen Willens. Niemand konnte das besser darstellen als Leni Riefenstahl in dem Film: "Triumph des Wilens".

Die politische Gesinnung wird auf diese Weise ganz allgemein zur guten Meinung für das Seinige. Der Meinungsstreit, den sich die Demokraten auf ihren Schir m schreiben, versiegt so in eine objektive Form der Meinung, in das das allgemeine Seine, in die dritte Person der Kultur, die ihren Gott verloren hat, sich dafür aber jetzt selbst vergöttert und als göttliche Beziehung, als Kult ihrer Sittlichkeit verwirklichen muss. Als Gott aller Meinung bestimmt sie die Natur des Meinigen, wird zur Allmacht dessen, was als natürlich gelten soll.

Kultur wird daher jetzt selbst durch diese Naturvergötterung bestimmt, wird zur Form des Artigen und Schönen, des Edelmuts. Der Edelmut, den die Gesinnung selbst nötig hat, wird daher zu einer Allgemeinheit, worin sich jede Selbstveredelung einbegriffen haben muss, will sie auch wirklich gelingen. Das Edle ist die Art des Artigen, die letztlich aus der Natur des Reinen, aus der Reinheit der Art zu bemessen ist. Von daher werden auch die Wissenschaften kulturpolitisch bestimmt, kulturalisiert, indem sie zugleich naturalisiert werden. Die Naturalisierung der Wissenschaften treibt sie zu einer Naturdoktrin des reinen Geistes, zu einem totalen Idealismus, der sich mit den totalitären Idealen des ästhetischen Willens und der Gesinnung leicht einig wird. Die Kultur selbst nimmt eine Glaubensform der Zwischenmenschlichkeit ein, welche die Sittlichkeit der Gesinnung als Notwendigkeit der Menschenliebe vermittelt. Die Macht solcher sittlich begründeten Liebe besteht in der Verwirklichung ihrer Ästhetik in den Lebensformen der Familie, der Gemeinde und des Staates. Sie vollzieht und vollstreckt sich daher auch vor allem dort (davon später mehr imTeil C: Der Kulturstaat).

In der Naturalisierung der Artigkeit, welche diese Sittlichkeit unterstellt, war als das Heil, das gute Ganze, begründet worden. Jetzt wird die Anpassung des Unheilen an das Heil vollzogen; die Verbrüderung der Klassengegensätze im Glauben der Kultur, dem kultivierten Heilsprinzip, das sich als Heimatgefühl breit macht.

Drer Begriff Heimat soll Geborgenheit vermitteln, indem er für einem bestimmten Lebensraum die Eigenschaften anheimelnder Fähigkeiten hervorhebt, die aus den Lebenswelten des Heimes und Wohnens und der Gewohnheiten des Alltäglichen entnommen sind. Das Zuhause hat diese Eigenschaften aber nur, wo sie etwas Ganzes als das Heil eines Heimes vermitteln könnten und von allen Heimlichkeiten und dem Unheimlichen ihrer Verhältnisse abstrahieren und sich gegen alles Unheil zu wenden verstünden. So sticht mit diesem Begriff also vor allem diese Abstraktion heraus, die schon der einfachen Herkunft nicht nur einen Raum mit allen Vor- und Nachteilen seiner Geografie und Kultur zuordnen, sondern vor allem die Fähigkeiten einer heilen Welt überordnen, durch die ihre Wirklichkeit als Lebensburg ihrer bürgerlichen Herkunft und Ordnung ausblendet und verschleiert (siehe hierzu auch Kleinbürger).

Heimat ist geografisch zwar eigentlich nur das Heim eigener Ursprünge, der Kulturraum eigener Herkunft, ursprünglicher Lebensraum. Dieser wird aber nicht in dieser Trivialität verstanden, sondern im Allgemeinen mit Ursprünglichkeit schlechthin gleich gesetzt, durch die Ästhetik der Geborgenheit aller Lebensgrundlagen verwesentlicht, die dabei völlig gleichgültig hergenommen. Als Hort der Lebensbergung wird die Wahrnehmung von Heimat mit einem ästhetischen Willen der Selbstbezüglichkeit zu einer heilen Welt verschmolzen. In dieser Geborgenheit lässt sich eine Sicherheit eigener Identität ableiten, die mit den Verunsicherungen der Selbstwahrnehmung zu einem Schutzwall, einer Lebensburg des Sebstgefühls werden kann, wie der Lebensraum einer familiären Selbstwahrnehmung, der sich jenseits der unmittelbar zwischenmenschlichen Beziehungen objektiv erinnern lässt und jeden Selbstverlust durch solche Rückbezüglichkeit mit der Fremdheit auflösen kann, die sie vorgeblich bedroht sein lässt (siehe hierzu auch Egozentrik).

Das Heile ist der Anspruch des Unheils, weil es niemals wirklich sein kann. Wo es Entwicklung und Geschichte gibt entsteht es als Erwartung an ihre Ewigkeit, als politische Selbstwahrnehmung des Bildungsbürgers, die Heilserwartung seiner politischen Existenz als sein Sehnsucht und abstrakte Notwendigkeit, als Selbstverständnis seiner heilen Welt. Es ist zunächst nur eine Vorstellung der Reaktion, dem Wiederherstellen-Wollen von etwas Beschädigtem als das, was es "eigentlich" war, als es noch ganz war. Als Vorstellung kann dies auch nur eine zu einem Geistwesen reduzierte Kultiviertheit sein, ihre Esoterik. Von daher ist der Begriff des Heils diesem selbst äußerlich: Unheil. Der ästhetische Wille wird daher auch wesentlich aus dem Unheil bestimmt, - doch dies nur, weil das Unheil selbst unbestimmt wahrgenommen wird, weil es seine soziale Herkunft dadurch verdängt, dass es die Bereinigung durch den ästhetischen Willen vollzogen hat und das, was die Religion noch als Elend auf Erden für den Himmel aufbereitet hat, nun als Heiland prominenter Zurschaustellung gegen das Unheil postiert, als Spieß gegen die Unperson, gegen die Persönlichkeit fremder Gesichter. Das "Gesicht" war im ursprünglichen Sprachgebrauch eine Erscheinung fremder Mächte. Nun wird es durch den Sießer, durch die Prominenz der hervorgekehrten Tugenden der Sitte vermittels ihrer Medien zum Schild gegen das Böse, gegen die Monster, die von der promineten Vorstellung abfallen und in diesem Abfall selbst schon abartig bestimmt werden.

Ein unbestimmtes Unheil ist das unbestimmbare Wirken einer Macht, welche die Wirklichkeit bestimmt, ohne sich darin zu offenbaren. Die Menschen erfahren ein Unheil als etwas, das sie wahrhaben, ohne erkennen zu können, was es wirklich ist. Indem es jetzt durch die Prominenz der Güte allgemein entmachtet wird, kann es in den zwischenmenschlichen Verhältnissen auch endlch persönlich werden. Gerade weil hier der Ort ist, an dem das Unheil seine sozialen Folgen zeigt, werden Menschen hierfür verortet, die sich ästhetisch nicht angemessen gebütert haben, die also unangemessene Kulturgüter repräsentieren. Auf der Ebene der Repräsentation werden die Unterschiede, die unter den Menschen durch ihre persönliche Kulturbeziehung gegben sind, zur Repräsentanz der Monster, die sich als total fremde Kultur vorstellen lassen. Es ist der Keim des Rassismus, der in den Kulturbeziehungen verheerende Folgen hat. Er ist durch die Prominenz der zwischenmenschlichen Güte schon angelegt. Und er wird sich durchsetzen, sobald sich diese durch die Massenvorstellung des Unheils allgemein allgemein macht.

Subjektiv mag das auch vom der jeweiligen Bildung eines Menschen abhängen, ob und wann er in der Lage ist, Wirkungen zu durchschauen. Objektiv jedoch gibt es das Unheil schon in den einfachsten zwischenmenschlichen Beziehungen in der Erfahrung selbstvernichtender Kräfte, als Krise oder Unglück eines Verhältnisses, in welchem sich wirklich unlösbare Konflikte auftürmen. Die Unlösbarkeit einer Krise besteht aus einer schlechten Unendlichkeit der Verwertungslage, aus einer Zerstörung der Geldwerte, die vollkommen in einen Widerspruch zum realen Verhältnis der Produkte und der Produktion geraten sind. Das ist innerhalb der Lebenswelt der Menschen unerklärlich und tritt hier auch nur als Niedergang der Lebenssubstanzen auf. Dies wird als Niedergang der Kultur erfahren und in dieser Erfahrung manifest.

Da diese Lebenssubstanzen nun aber wirklich unbestimmt geworden sind und als solche auch nur äußerlich begründet erscheinen, also sich nicht mehr aus den bestimmten Lebenszusammenhängen eines bestimmten Lebensraumes erklären lassen, können sie nur fremder Macht zugeordnet werden, einer Macht aus den Nischen der Welt schlechthin, aus der Finstern der Ferne, die strikt getrennt ist von der eigenen Lebenswelt. Zunächst erscheint das Unheil daher als ein Subjekt der Finsternis, als negatives Geistwesen, welches in die eigene Welt hineinfiltriert, als ein Monster von weltlicher Macht, welche die heile Welt, das Heim und die Heimat bedroht. Es ist das Monster des schlechthin Unheimlichen, das Wesen von fremder Art, das vollständig Artfremde. Vielerlei Figurationen stehen zur Verfügung, um ihm einen Namen zu geben, z.B. Juden, Roma, Schwule, Kommunisten, Kapitalisten, Politiker usw. Doch um diese "Fremdartigen" geht es zunächst nicht wirklich; es sind dies alles erst mal Bezeichnungen für ein unheimliches Entfremdungsgefühl, das damit einen zunächst nur ästhetisch assoziierten Inhalt bekommt. In Wirklichkeit geht es um eine unheimlich gewordene Kultur, die sich tatsächlich wie ein fremdes Selbsgefühl über die Menschen erhebt. Sie können sich in der Allgemeinheit ihrer Lebensäußerungen nicht mehr erkennen, weil diese nichts mehr mit ihnen zu tun hat. Was sie durch ihre zwischenmenschlichen Beziehungen begründen, können sie nicht darin begründet sehen.

Zugleich erzeugt diese Ausweisung innerer Gründe für ein Unglück zugleich eine Externalisierung jeder wirklichen Begründung. Das Fremde wird zu einem fremden Lebensraum, der auch allem zugewiesen wird, der Unheimlich wirkt. Das "eigene Boot" soll gerettet werden, indem das Fremde ausgebootet wird. Das Monster wird nur durch Ausgrenzung beherrschbar. Und hierdurch wird der ästhetische Wille zu einem unmittelbar wirksamen politischen Willen, welche in die politische Gesinnung eingeht. In dieser Einheit wird das Gefühl selbst unmittelbar politisch.

Das politische Gefühl besteht an und für sich aus einem Allgemeingefühl, das sich als Gefühl für das Allgemeine, das allen gemeine kulturelle Sein, betätigt und bestätigt. Das ästhetische Ganze, das zu einem politischen Prinzip geworden ist, kann sich nicht unabhängig von den Menschen verwirklichen, wiewohl es aus der Absehung von ihnen begründet war. Um ihm zur Wirklichkeit zu verhelfen, müssen ihm Menschen zugewiesen werden. Es wird personifiziert. Aus der Personifikation des Unheimlichen entsteht nun ein politisches Selbstgefühl, das sich vom Selbstgefühl überhaupt nur dadurch unterscheidet, dass es einen ausschließlich allgemein bestimmten Selbstwert bildet. Als kultivierte Selbstgefühl wird es selbst zum Persönlichkeitsmerkmal eines "kultivierten Menschen" und die politische Persönlichkeit von daher objektiv: Gereinigt von allen Niederungen einer konflikthaften Welt. Es ist der gradlinige Weg zu einer Kulturpersönlichkeit der Politik, die sich nurmehr im ästhetischen Willen ihrer Macht zu begründen versteht.

Doch um dies auch zu werden, verlangt es die Anteilnahme der allseitigen Artigkeit im poltischen Geschäft, wo nach wie vor die Probleme gelöst werden müssen, die in Wirklichkeit unlösbar geworden waren.




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321.2.1 Die politische Ästhetik des Willens oder die Esoterik
(Die Artigkeit des objektiven Geistes)

Eine Kulturpersönlichkeit des politischen Willens kann sich nur aus einem höheren Willen begründen, einem höher begabten Willen, der konkret als ein allgemeines kulturnotwendiges Sollen aufzutreten vermag. Als solches ereignet er sich nicht im Bewusstsein, sondern in ästhetischen Mustern, die sich aus archaischen Wahrnehmungsinhalten ergeben, aus einer Wahrnehmung von Wesenheiten, die sich nicht wirklich darstellen, aber gefühlsweise als nicht vorhandene, und also vermeintlich untergegangene Kultur erahnen lasssen. Im Unterschied zu religiösen Vorstellungen geht es hier um unverwirklichte Kultur und es wird diese nun als kultureller Inhalt einer nicht vorhandenen Welt "wahrgefühlt" und in solchem Gefühl zu einem allgemeinen Selbstgefühl der vereinzelten Menschen politisiert.

Das politische Selbstgefühl ist das Selbstgefühl des gerechten Menschen, also des Menschen, der durch sein Dafürhalten Recht und Ordnung schaffen kann. In diesem Gefühl hat sich die Politik einer höheren Ordnung verschrieben, einer Esoterik, durch die sie sich nicht mehr wirklich verhalten muss, sondern sich vom Standpunkt eines Geistwesens ihr nurmehr zuwendet.

Das entspricht dann insofern ihrer Wirklichkeit, wie sie sich darin auch wirklich verloren hat, weil die politische Handhabe in den Parlamenten der repräsentativen Demokratie nicht mehr funktioniert. Die Positionen der Parteien zerfließen ineinander soweit, das die Auseinandersetzungen hierüber sich wechselseitig aufheben. Politiker erscheinen daher jetzt als Menschen, die über keine Sache mehr wirklich verfügen können, sind offensichtlich keine Persönlichkeiten mehr, die kraft ihrer Amtes handeln können, sondern sich nur durch ihren Willen verhalten, der zwar weiterhin Politik macht, aber vor allem ihrem Selbsgefühl gehorcht. Von daher ist ihre Esoterik nun zu ihrem wesentlichen Inhalt geworden.

Politik ist daher jetzt einerseits zu einem bloßen Willensakt personifiziert, zugleich aber nur politisch, wenn die Person sich selbst objektiv, also ohne subjektiven Willen einzusetzen vermag. Diese Personifizierung ist die Grundlage einer Produktion von Selbstlosigkeit, denn solche Persönlichkeiten können nur persönliche Politik machen, wenn sie sich selbstlos geben. Selbstlosigkeit blüht allseitig auf, denn es ist der Zweck des ästhetischen Willens, sich durch das Allgemeine zu bestimmen. Jede Individualität, jede eigene Neigung, muss nun in objektiver Gestalt verfasst werden. Der Zweck des Übermenschlichen kann Politik nur dadurch bestimmen, dass er den Menschen eine Lebensweise, eine Artigkeit des Bürgers anträgt, durch welche das Ganze, das Volksganze, wieder gesunden kann.

Von daher wird das Heilsprinzip ein Prinzip der Lebensart, welches als Substanz des politischen Willens sich objektiv durchsetzen muss. Die "richtige" Lebensart reflektiert sich nicht mehr an den Notwendigkeiten des Lebens, denn diese sind im Unheil aufgegangen. Sie begründet sich selbst als Prinzip einer Heilung, welche der Politik als Prinzip der Erlösung aus dem Unheil unterstellt wird. Doch diese Erlösung hat keinen wirklichen Gegenstand, von dem es sich zu lösen gelte. Sie kann nur eine abstrakte Erlösung von dem Übel sein, eine Erlösung durch Reinhaltung des Lebens, wie es sich doch einmal bewährt hatte, eine Bereinigung des Lebens von allem, was es verletzt, verschmutzt und niedergemacht hat. Der selbstlose Mensch erwirbt sein Heil in einem ästhetischen Selbstwert der heilen Welt. Doch darin ist er absolut selbstsüchtig und autoritär. Im Heil steckt das Ganze, das total werden muss, um das zu verwirklichen, was nie wirklich sein kann: Die Reinheit der Art.

Dieser Selbstwert gestaltet sich nun in der Kultur als politische Persönlichkeit, als Wert der Reinhaltung und Ordnung. Die Bereinigung erweist sich selbst als Verwirklichung des Heilsprinzips als Produktionsstätte einer neuen Natürlichkeit, der Einzigartigkeit der Natur in jedem Menschen, der menshcliche Natur an sich, wie sei einzeln und allgemein zugleich ist. Das Subjektive der Meinung wird ästhetisch zur Einzigartigkeit einer Gesinnung, die sich aus der Natur des Menschseins in der gegebenen Kultur begründet und als diese zugleich allgemein wirksam sein soll. Das positiv ausschließliche Subjekt ist damit als reine Natürlichkeit der Kultur zur Welt gekommen. Von daher ist es ein objektiv natürlicher Geist, der sich in der Gesinnung fortbestimmen will, um eine Artigkeit der Menschen durch einen wesentlich objektiven Geist, einem Ungeist der Kultur, einer kulturellen Mythologie zu erzwingen.




321.2.2 Das gemeinhin Geistige und die geistigen Allgemeinheiten



Jede Mythologie ist eine Idealisierung in die Sphäre des abgelösten Geistes, der keine Geschichte mehr hat und sich daher selbst als Geschichte des idealisierten Wesens betreibt. In jeder geschichtslos begründeten Geschichte treiben Ursprünglichkeiten ihr Wesen, das sich nur durch die Tiefe seiner Ursprünglichkeit, also durch seine Wesensabstraktion bestimmen kann. Ein abstraktes Wesen ist ein Unwesen, das sich alleine durch seine Bedeutung, am innigsten durch eine Gedankenabstraktion, welche die Kultur selbst zu umfassen versteht. Alleine durch deren Symbolik raunt sich ihr Sinn durch die Geister und Gemächer des kulturellen Lebens. Zeichen und Runen bewegen den ästhetischen Willen in die Geistergeschichte einer Geistesgeschichte, die keine ist. Wesentlich ist alleine ihre psychologische Bedeutung, durch welche das Ursprungswesen als Einheit von Natur und Kultur abstrahiert und erzählbar wird.

Der ästhetische Idealismus, der sich hierbei erbaut, wird zur Quelle einer heilen Welt, die sich aus der Gegenwart selbst vertrieben hat, um als Zukunft für die Welt herzuhalten. Es herrscht sowohl kulturell wie auch politisch die Autorität des Ideals, das sich ohne Gegenwart und doch bruchlos als Einheit des Vergangenen und Zukünftigen darstellen lässt. Für die Gegenwart bedeutet es nur eins: Ihre finale Auflösung, die als Lösbarkeit der Wirklichkeit durch gemeinhin geistige Kraft vorstellbar gemacht wird. Es braucht nicht die politische Propaganda, um dies zu betreiben. Es steckt in der schlechten Unendlichkeit des Heilsprinzips. Aber die Politik lebt jetzt natürlich vor allem hiervon. Schließlich bietet ihr das die einzig mögliche Überbrückung der Gegenwartskrisen.

Sie beruft sich jetzt vorwiegend auf geistige Allgemeinheiten, welche kulturpolitisch von Bedeutung sind und versteht sich daher auch selbst als ein agierendes Kulturwesen. Das persönliche Heil war zwar ein Heil von persönlicher Wirkung, wird nun aber dadurch übermächtig, dass es in die finale Begründung einer notwendigen allgemeinen Selbstbeherrschung verfrachtet wird. Die Menschen gelten hiergegen nun selbst als ein Kulturproblem. Schließlich erscheint nur durch sie die kulturelle Verwahrlosung, welche die gesellschaftlichen Krisen hervorgebracht hat.

Aus dem heraus bestimmt sich nun das übermenschliche Herrschaftsinteresse als Notwendigkeit gegen die Meute Mensch. Das mythologisierte und vorgestellte Allgemeine behauptet sich nun durch Sortierung, was Art und was Abart ist - nicht weil es hierfür eines handelnden Subjekts bedürfte, sondern weil die Menschen in ihrer Selbstbeherrschung das übermenschliche Herrschaftsinteresse für sich geltend machen. Die politische Funktion der Kultur wird hierbei nicht von Staats wegen entdeckt und ausgenutzt. Sie wird als absolute Kulturnotwendigkeit, als sittliche Notwendigkeit einer Bevölkerung empfunden, die sich gegen ihr Unheil wendet. Von daher wird dieses sittlich gewordene Interesse auch im Alltag der Menschen, in ihren Gemeinden und Familien umgesetzt. Das Allgemeine der Art, die sich als Wesensursprünglichkeit definiert hatte, wird so in das Verhältnis zur Artigkeit und Abartigkeit der Person gestellt, die sich daran orientieren muss, um gesellschaftlich akzeptiert und tätig zu sein. Jeder Mensch kollektivierte sich daran selbst in dem Maß, wie er gesellschaftlich ohnmächtig war. Nur in dieser Folgsamkeit konnte er sich aus der Meute Mensch befreien und in die Herde Mensch versetzen. Die Herde war zur Urkraft eines Volkes geworden, das darin bestimmt ist, folgsam zu sein, dem Herdentrieb zu folgen und alles zu tun, was für sie gut ist. Die Ursprungssehnsucht und die Triebe dieser Urkraft werden nun zum Treibmittel der Bevölkerung, die Kraft der Reinheit zur reinen Kraft der Masse. Sie erscheint als Bindemittel einer haltlosen Gesellschaft, aber als Gestaltungdmaß der Lebenskräfte kann sie nur deren Misslingen betreiben.




321.2.3 Der ästhetische Konsum (Der allgemein verbindliche Anreiz)



Was in Brauchtum und Sitte noch als versinnlichte Selbstbeziehung im Allgemeinen erschien, wird nun geistig zu einem Träger der misslungenen Selbstgestaltung. Sie muss über eine objektiv gültige ästhetische Form in einer quasi übernatürlichen aufgehoben vermittelt werden, um damit jenseits der Selbstbezoegnheiten als Übemacht einer gelungenen Selbstlosigkeit wahr gemacht zu werden, als ein Archetyp "tiefer Wahrheiten", die in abstrakten Formationen, aus Mustern der Wahrnehmung gewonnen werden, die eine höhere Gemeinschaft und deren Ethik bestimmen soll.

Die begründet sich selbst durch Prinzipien und Strukturen, die aus einer eidetischen Natur der Wahrnehmung entsnommen wirdd, worin Ästhetik als übernatürliche Wesenhaftigkeit hieraus Allgemeinheiten bezieht, wie sie auch in klassischen psychologischen Konstrukten nachvollzogen wurden (z.B. die Archetypen des C.G. Jung) oder neuerdings auch verschiedene Mustertheorien.

Ganz einfach anschaulich und praktisch wird hier eine Hoheit des Lebens eingeführt, die eigentlich so trivial ist wie das, was in jeder kulturbestimmten Ausbildung wie z.B. für Grafik, Architektur oder Kunst gelehrt wird: Die Erfahrungsmuster der menschlichen Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung. Jeder Werbegrafiker weiß, dass alles, was an menschliche Größenverhältnisse des Körpers oder der Gesichter angeglichen ist, weitaus wirksamer für seine Zwecke ist, als willkürliche oder zufällige Verhältnisse es sein können.

Aus der Lebensweisheit einer naturnotwendigen Ethik heraus begründet laufen diese Begründungen auf eine übernatürliche Ontologie hinaus, eine Theorie des seinsbestimmten Überdauerns, auf ein wesentliches Sein, das dem Dasein tieferen Sinn verleihen soll, der über alle wirkliche Geschichte hinweg seine Wahrheit zu haben hat. Martin Heidegger hatte darauf dereinst seine Fundamentalontologie begründet. Damit konnte auch er die Menschen an eine höhere Gewalt binden, indem er ihnen vorwarf, in ihrer Seinsvergessenheit nur Unwesentliches zu betreiben. Das Wesentliche muss dann allerdings definiert sein, um zu einer gesellschaftlichen Wirkung und Übereinkunft zu kommen. Bei ihm waren es die allem innig seienden Existenzialien, die Fundamente des Lebens, durch die aus einer Gesellschaft eine höhere Gemeinschaft bezogen werden kann. Als eine Gemeinschaft von höherer Güte kann sie nur funktionieren, wenn zur Stiftung und Begründung ihres Gemeinsinns die Naturform eines solchen Wesens verbindlich, als ein höheres Recht gültig gemacht wird, durch das die Konflikte darin eingeregelt werden können.

Hierdurch ensteht theoretisch wie auch praktisch eine Naturalform des Guten wird zu einer Güte eines Gemeinsinns naturalisiert und in entsprechender Gemeinschaft allgemein verstärkt. Es findet so eine Sinnstiftung durch die Ästhetik einer Gemeinde statt. Jede Liturgie funktioniert auf diese Weise gemeinschaftsstiftend und verschafft jeder Kirche ihr höheres Recht, aus dem Politik rein unpolitisch betrieben wird und das sich zugleich gegen die profanen Widernisse der gesellschaftlichen Wirklichkeit abzuheben versteht.

So werden auch die Menschen in diesen Verhältnissen zu Muster ihrer eigenen Beziehungen. Angeleitet von den Abstraktionen ihrer Wahrnehmung werden sie zu Persönlichkeiten von höherer Natur und Wahrheit. Die fiktiven Persönlichkeiten solcher Wahrnehmungsverhältnisse werden zum Bild. Das Bild zur herrausragenden Realität, die alle Wirklichkeit hinter sich lässt. Das Design befriedigt das Bedürfnis, eine Gestalt zu haben, die ein schmuckvolles Bild ist, Schmuck als abstrakte Wahrheit der Bebilderung, als Schauer der Wahrheit in einer unwahren Realität.

Die Regeln des Design sind grafische Rituale des Selbstverständlichen, das sich selbst bricht. Es erschent als Naturgesetz von Raum und Beschränkung, welche als systematische Gestalt anerkannt ist. Aber es ist das System der Vergegenwärtigung abstrakter Form zur Formation eines Gemüts.





321.3 Das ideale Kulturgut als gesellschaftliches Medium



Gesellschaftliche Macht gibt es von daher auch nur in der Kultur. Wer dieser nicht entspricht, kann sich nicht mehr gesellschaftlich halten. Andererseits kann sich die Teilhabe an dieser Macht aber auch nicht mehr aus den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten ergeben. Kulturmacht ist im Prinzip Feudalmacht. Wer nicht mächtig werden kann, wird ohnmächtig. Die Kultur verliert hiermit die Menschen, die sie bisher gebildet hatten. Nur eine Kulturelite kann noch kulturbestimend sein. Sie wird zum ästhetischen Träger des allgemeinen Willens und somit zugleich zum Träger der politischen Ideale.

Doch Ideale haben immer auch eine Zielbestimmung, weisen auf eine Vollkommenheit hin, derer es ermangelt. Sie werden als Negation eines wirklichen Mangels geboren und wirken als Idee einer vollkomman anderen Wirklichkeit. Diese Ideale werden nun selbst bestimmend für das gesellschaftliche Leben, das ohne dies nurmehr als verzweifeltes Kulturverhältnis besteht. Bestimmend werden sie, indem diese Verhältnis selbst als zwischenmenschlichenmenschliche Verhältnis behandelt wird. Jeder Mensch darin ist nicht mehr nur "seines Glückes Schmied" sondern beteiligt an der Schmiede einer guten Gesellschaft, wie sie nur ideell besteht, wenn alle Gesellschaftsmythologien in einen kulturellen Einklang gebracht werden.

Die Ideale ergeben sich aus der Kultur und die Ideale der Politik werden zum unmittelbaren Kulturideal. Alles, was die Wissenschaftler, Künstler, Ingenieure usw. hervorgebracht haben und hervorbringen, wird zu einem allgemeinen Selbstgefühl der Kultur zusammengefasst, um sich als Kulturleistung bestätigt zu sehen und einen entsprechenden Kulturstaat zu errichten, um die idealisierte Gesellschaft daran nachzuziehen.

Alle Momente der Kultur werden daraufhin einem wirklichen Reinigungsprozess unterzogen, der sie zur Idealisierung tauglich macht, der sie heil macht, indem er ihre unheilen Anteile ausrottet. Diese Bereinigung zielt auf alles, was kulturell nicht einvernehmlich ist. Sie erfolgt nicht unbedingt in staatlichem Interesse sondern wird überall betrieben, wo Kultureliten sich als Kulturträger verwirklichen wollen (siehe z.B. die Bücherverbrennung, die vorwiegend von der deutschen Studenten- und Professorenschaft durchgezogen wurde).

Aus diesen Verhältnissen heraus hat sich medial ein neuer Nutzen herausgestellt, der das Design der kulturellen Prominenz herzustellen versteht, der dadurch nützlich ist, dass er die Reize des Guten und Schönen prominent macht, um ihre Güte zu popularisieren.





312.3.1 Das Design der Kunst und die Kunst als Design



"Es hat sich mit dem ästhetischen Willen und seinem Dasein als heile Welt eine ganz neue Wirklichkeit ergeben, die in der Lage sein muss, die profane Wirklichkeit der ökonomischen Verhältnisse nun durch ihre Reize und Populisten zu betören versteht. Im Nutzen der hierfür ausgerichteten Schöpferkraft verkehrt suich ihre Wahrheit zu einer Geste der Idiotie. In ihrem Verhältnisschwachsinn wird sie zum Gottesbeweis einer höheren Tugend, die nurmehr durch ihren Edelmut ihr Wesen herausstellt und zum Maß aller Gesinnung macht, zur Lüge einer Sinnlichkeit, deren Täuschung gerade durch Kunst und Design transportiert werden muss, um kulturelle Wirkung zu erlangen, um das was in diesen Verhältnissen nicht mehr unterscheidbar ist, zum Verhältnis einer Massenkultur fortbestimmt, zu einer höheren Wahrheit des Unsuínns, den die darin verkehrten Sinne veräußern.

Harold Pinter sprach bei seiner Verleihung des Nobelpreises für Literatur im Jahr 2005:

"Es gibt keine klaren Unterschiede zwischen dem, was wirklich und dem was unwirklich ist, genauso wenig wie zwischen dem, was wahr und dem was unwahr ist. Etwas ist nicht unbedingt entweder wahr oder unwahr; es kann beides sein, wahr und unwahr.“

Kunst kann nicht nützlich sein, weil sie mit Wahrheit zu tun hat, weil sie selbst in ihrer Nutzbarkeit für das ihr Fremde bleibt, was sie ist. Umgekehrt kann es nichts nützen, wenn etwas schön ist, weil es das Schöne nicht wirklich ohne das Hässliche gibt, weil der Reiz des Schönen schnell Kitsch ist, in heiler Welt nur Unheil verbirgt und seinen Glanz aus ihm bezieht, ihre Unwirklichkeit glänzen lässt.

Das Hässliche braucht keine eigene Gestalt. Das gibt es überall. Das Schöne nicht minder. Es kann sehr anstrengend sein, es überhaupt für wahr zu nehmen, weil es nicht einfach da ist, weil es nur mit Aufwand ent-deckt wird in dem was wahr ist, was im Hässlichen auch schön sein kann.

Der Bildungsbürger, der sich mit seiner Kultur zu veredeln versteht, wird dies nicht begreifen, weil er schon einen Begriff von sich hat, der ihm über die Institutionen politischer Kunstbetriebe vermittelt wird. Kunst verführt, wo Kunst Sinn bilden will. Und sie wird für sich selbst künstlich, wo sie eine höhere Wahrheit des Schönen und Guten einrichtet und sich an dieser ausrichtet, hierfür politisch tätig wird - ob das bewusst oder gewollt ist oder auch nicht.

Es ist der Vernunft in einer Welt der Sinnentleerung Sehen und Hören vergangen. Der Verstand kann das objektivieren, formulieren und benennen, wissenschaftlich untersuchen, analysieren und synthetisieren. Aber wo Menschen durch ihren Verstand als Aufklärer über das Leben schlechthin Sinn suchen, geraten sie entweder an das abstrakte Menschsein, an Gott, Geister, Magie, Mystik und Fetische jeder Art, oder sie finden in der Kunst wirkliche Menschenliebe. Wo Wissenschaft und Philosophie nur für sich tätig sein wollen, funktionieren sie auch nur für sich und sind dadurch politisch, dass sie sich ihrer Gesellschaft im Wesentlichen verweigern. Indem sie dem Erhalt der Gegebenheiten dienen, sind sie in einer Gesellschaft dadurch nützlich, dass sie ihrem Wesen fremd bleiben, - eben nur dienstbar sein wollen. Sie bleiben im Wesentlichen schal, Worthülse, "Gebälk von Begriffen" (Nietzsche). Und auch ihre Kunst, ihre politische Kunst wird dadurch widersinnig, ihrem gesellschaftlichen Wesen notwendig äußerlich, einer Allgemeinheit sinngebend, die nicht wirklich konkret sein kann, weil sie der Notwendigkeit entspringt, die Lebensverhältnisse in ein gesellschaftliches Lot zu bringen, sie einer ihnen fremden Allgemeinheit zu beugen, in der sie schon verloren haben, was sie dort finden sollen. All dies sind Formationen von Wille und Macht, letztlich politische Ökonomie.

Wo Kunst zu einer höheren Kultur, zur Hochkultur fixiert wird, sich selbst total macht, indem sie die Ganzheit eines Bildes vom kultivierten Menschen errichtet, dient sie dem illusionären Zusammenhalt einer übermenschlicher Güte, die alle Widersprüche des Lebens unter sich lässt. Und dies ist niemals ungewollt. Es ist die Benutzung von Kunst für eine Politik, die hierdurch ihre Gewalt begründet, ihre Kriege zur Praxis einer Heilserwartung, zur Sittlichkeit einer hohen Botschaft, zum Herrschaftsinstrument einer höheren Art, eines kulturellen Rassismus kürt. Totale Kultur konstituiert einen Kulturkampf bis zum Niedergang.





312.3.2 Die designierte Wahrnehmung
(Die allgemeine Macht von Schön und Gut)



Die Lebenswelten der Fiktion sind das wirkliche Erschauern, das seinen Sinn dadurch hat, dass es die Wahrnehmung zugleich unterhält und tröstet.

Das fiktionale Erleben besteht in dem Bedürfnis, an Bilder zu glauben um darin seine hervorragende Realität zu schaffen. Bilder folgen den Regeln des Designs, um zu wirken, wie gewollt. Durch die Dopplung der Wahrnehmung in Erinnerung und aktuellem Sinn, beides im Widerspruch, wird Wahrnehmung prominent.

Die Emanation des Immergleichen in der Selbstunterscheidung ikonisiert die Wahrnehmung. Sie ist die absolute Gestalt der Mediums von Gedächtnis, Gedenken und Sinn.

Die Selbstwahrnehmung der sittlichen Erlebenswelt wird zum Zweck der Ikonen, der aufgeschlüsselten Bilder, des Schreins der Gegenwart. Die Bebilderung der Geschichte macht Bilder selbst geschichtlich, versammelt und verdichtet Geschichte zu einem Bild, das so erscheint, als erzähle es Geschichte. In Wahrheit ist es ein Gebilde der Geschichte, welches im Sinn seiner Komposition die Gewissheiten der Sinne zu einer Form des Wissens bringen, die unmittelbar politisch ist.

Die Kultur der Bilder ist eine immer aus den herausragenden Geschichten bestimmte Bildergeschichte, welche ein Wissen bildet, das keine andere Gewissheit hat als die des hervoragenden Bildes. "Mach dir ein Bild. Bild dir deine Meinung."

Doch Bilder, die sich ästhetisch vermitteln haben es in sich, weil sie nicht nur Information oder Schönheit, sondern auch einen Willen äußern. Wo der ästhetische Wille das Bindemittel zu einer heilen Welt geworden ist, kann das Schöne nicht einfach gut und das Gute nicht einfach schön sein. Es verpflichtet die Menschen zu einer Sittlichkeit, die sich nicht mehr aus ihren kulturelllen Verhältnissen bestimmt, sondern daraus, dass sie schön und gut sein müssen, um den ästhetische Willen als Allgemeinwille zu bestimmen, um das Heil der Welt zu halten oder dieses durch ihn zu erzeugen und zu bewähren, ihn allseitig gegenwärtig zu machen.

Die Selbstvergegenwärtigung hat sich durch die Notwendigkeit eines gesitteten Allgemeingefühls daher umgekehrt: Nicht das Sich-Einfühlen in einen - wenn auch äußerlichen - Kulturzusammenhang begründet das gesellschaftiche Zusammenwirken der Menschen, sondern die Notwendigkeit, ein allgemeines Kulturverhalten zu vollziehen, in welchem das Einzelne nurmehr Moment des Ganzen ist, worin das Ganze zugleich zum Allgemeinwesen des Einzelnen wird. In der Abtrennung, in der Vereinzelung fühlen sich die Menschen daher jetzt wirklich allgemein und verstehen sich aus ihrem ästhetischen Willen heraus als Allgmeinwille, gegen den jeder, der ihn nicht teilt gefährlich, als "Nestbeschmutzer" begriffen wird. Was bis dahin nur Heile Welt war, wird jetzt zu einer übermächtigen Selbstgerechtigkeit, worin die Menschen sich allgemein wiedererkennen und hieraus die Macht ihrer Bildung als Edelmut ihrer Selbstverwirklichung beziehen. Im Kult der Medien von "Schön und Gut" wird sie jetzt prominent und soll verbinden, wo keine Beziehung mehr möglich ist und wo die Bilder zum Medium des herrschenden ästhetischen Willens werden.

Es entsteht eine Bilderkultur, welche sich allen Organen der Wahrnehmung zuwendet, Auge, Ton und Text, und irgendwann wohl auch noch weiteren Sinnen. Diese allgemeine Verbilderung lässt eine Wahrnehmung, deren Widersinnigkeit noch zu spüren und zu erkennen ist, erblinden, stumpft sie ab, Die Güte der Bilder wird Bestimmung des Guten, zu einer Wirklichkeit, die selbst eine Bestimungsmacht in den Medien erfährt. Nicht nur definitiv und durch Sprache, sondern alleine im Umgang mit dem, was auf diese Weise schön und gut wird, wird der Ausschluss von einer Wahrheit betrieben, die nicht mehr von dieser Welt sein darf.

Wahrnehmung wird auf diese Weise zum Gebrauchsgut der Medien. Um etwas zur Promenenz zu bringen und als diese zu bestärken, wird das Leben von Menschen genommen, und in seiner Güte verwertet. Die Guten sind dabei natürlich die, welche die Löcher der Wirklichkeit ausfüllen und stopfen können (z.B. durch interessante Erlebnisse, durch Arbeit in der Dritten Welt, durch eklatante Leiderfahrungen, durch Originalität usw.). Das konkrete Leben wird nicht nur widergespiegelt, sondern bekommt eine Reflexion, die einen hohen Grund und Wert hat: Seine Vernichtungen und Nichtigkeiten gehen dadurch unter, dass sie von einer Medienwirklichkeit ersetzt werden, die dazu verhilft, sie zu relativeren, also auch erträglich zu machen.

Es etabliert sich somit ein formiertes Wissen, die Information, als wichtigster Inhalt der Medienkultur, die hierdurch unmittelbar politische Kultur geworden ist.





312.3.3 Die mediale Bildproduktion (Der objektiv allgemeine Kulturträger der Information)



Vom Begriff her wäre ein Medium ein leeres Übertragungsmittel, Träger einer Vorstellung oder Interaktion zu Ereignissen, für welche es selbst ohne eigenen Sinn und Zweck ist, sondern lediglich Stoff der Transportmittel einer Übertragung. Es wäre reines Werkzeug, das keinen anderen Zweck haben soll als das bloße Tragen selbst und keinen anderen Sinn als den, den es überträgt. Von daher wäre das Medium Verkörperung eines bloßen Mittels, das selbst nichts bewirken könne. Doch es vermittelt immer einen Zweck, der ihm äußerllich ist, durch den es dem Inhalt nach in seiner Wirkung bestimmt ist und für sich eigentlich unwirklich bleiben sollte. Doch mit Medien wird gerade eine eigenständige Wirklichkeit der Miteilung, der Information und Kommmunikation bezeichnet, eben das, was eine Kommunikationsindustrie für sich nötig hat und die bereichert, die Kommunikation zum Gebrauch, also zu ihrem Nutzen verwenden. Wie bei jedem Gebrauchswert wird hierdurch Sinn und Nutzen getrennt, hier also die Bedeutung der übertragenen Inhalte dem einzhelnen Nutzer überlassen und ihre Funktion zur allgemein geselllschaftlichen Bedingung der öffentlichen Meinungsbildung herausgestellt, also zu einer gesellschaftlichen Formation, die ihre eigene Formbestimmung veräußert und von dem trennt, was sie bedeuten und deren Auffassung dem Eigensinn der Kulturkonsumenten überlassen.

Durch die Abtrennung der gesellschaftlich relevanten Bedeutungen in und durch ihr öffentliches Mittel bleibt daher ihr Sinn den Eigenschaften und Fähigkeiten des sie wahrnehmenden Empfängers überlassen und so werden im privaten Sinn deren Inhalte zur persönliche Interpretation von Anmutungen in ihrer gesellschaftlichen Form, durch sie sich dann auch die Meinungen bilden. Durch deren Funktion werden die Medien als Kulturmittel der Information, zu einem Gebrauchsmittel der prominenten Darbietung und Unterhaltung, durch welche Kultur auf einer informationstechnischen Bühne dargeboten, vorgestellt, vermittelt und erläutert wird, also Presse, Rundfunk, Fernsehen, Internet und auch die Datenübertragungen mittels CD-Rom, DVD usw. Eine Bühne stellt Ereignisse aber notwendig anders heraus, als sie in Wirklichkeit sind. Sie führt sie in der Form einer Veranstaltung auf, verschafft ihnen besonderes Erleben. Von da her ist das Medium kein leeres Mittel, sondern ein Teil der Kultur, also auch Träger von Kulturereignissen, an denen es selbst Teil hat, oft sogar wesentlicher Teil desselben ist. Vor allem aber wird durch das Veranstalten aus einer Vermittlung eine Veräußerung, eine Trennung von Produzent und Konsument. Medien produzieren konsumierbare Wahrnehmungen und Informationen als Bilder und Eindrücke, die sie auch für den Konsum entsprechend aufbereiten.

Die Wahrnehmung ist nun völlig abgetrennt von der Realität, zugleich aber auch vollständig gegenwärtig als Inhalt des Wissens. Als dieser wird Wahrnehmung selbst zu einem Medium des Wissens, denn außer diesem hat nichts mehr eine Gewissheit. Die Menschen erkennen sich im Medium als Allgemeinheit ihrer Selbstbildung, als Teilhaber der hervorgetretenen Selbstwahrnehmung, die dadurch zu Wissen und als Wissen mächtig wird, dass sie zugleich prominent ist, gültig als Wissensform, als Information, wie sie sich in Bildern mitteilt, die mehr sind, als reine Form von wahrnehmbaren Inhalten. Die Bebilderung in ihrem weitläufigen Sinn macht das wesentliche Medium der Wissensbildung durch Information zu einem wesentlichen Kulturträger.

Bilder werden gemacht, mal mit Absichten, die sich darin artikulieren, oder mit dem Bedürfnis, etwas Schönes darzustellen, oder um Information zu verdichten oder in einem bestimmten Sinn zu erinnern. Sie sind immer Geschöpfe und Interpretationen von Wahrnehmungen, die Anschauungen, Meinungen oder auch Gesinnungen aus den unterschiedlichsten Zwecken äußern, entäußern oder veräußern. Es gibt kein objektives Bild, das für sich wahr sein könnte.

Bild kommt von Gebilde und ist von daher so subjektiv wie ein Traum. Bevor ein Gegenstand hergestellt wird, macht man sich ein Bild von diesem und nach dem Bild einen Plan, wie die Herstellung verlaufen muss. Man kann sich auch ein Bild von einer Lage, einer Sache oder einer Vorstellung machen und auch ganz allgemein "im Bilde" sein. All dies beschreibt Vorgänge, die nicht unmittelbar gegenständlich, nicht objektiv sind.

Wieweit ein Bild in der Vorstellung objektive Wirkung haben, hängt davon ab, in wieweit es die Menschen an Wahrnehmbares erinnert, in wieweit es also mit dem Gedächtnis korrespondiert, in ihre Gefühöle eingreift, sich darin einmischt  und deren Haptik bestimmt. Für sich genommen ist es ein Konstrukt. Als solches werden Bilder meist gemacht, z. B. gemalt oder gefilmt, und mit eigenständigen Inhalten und Zusammenhängen belebt (siehe Bildung). Dennoch haben sie Wirkung auf die Wahrnehmung. Durch den Lebensraum, in welchem sie die Wahrnehmung beeindrucken und die Zusammenhänge, die sie hierzu beitragen (siehe Medien), wirken in dem Maße, wie sie auf die anwesenden Gegenstände oder Umstände eingehen können.

Über diese können Bilder zu Beziehungsinhalten werden und Zusammenhänge den Gegenständen zuordnen, welche nicht wirklich mit ihnen zu tun haben. In der Verknüpfung dieser rein ästhetischen Beziehungen entstehen praktische Mythen, die sich als gewohnheitsmäßige Routine (Ritual) oder als Kult ereignen. Praktisch entsinnlichen diese die wirkliche Beziehung des Wahrnehmens und entheben sie in eine Welt der aufgelösten Empfindungen, worin Bilder die Bildung der Selbstgefühle vorantreiben und in ihrer Haptik ausformen, worin sie schließlich ihr einziges Material haben: Abstrakt menschliche Sinnlichkeit. Darin verallgemeinern sich die Empfindungen als Naturstoff der Bilder zu einem Kulturstoff der zwischenmenschlichen Beziehungen, zu einem Fetisch des Körperlichen (siehe Körperfetischismus), zu einem naturhaften Klischee der Gefühle (siehe Psyche in der Psychoanalyse als Erinnerungsbild eines Befriedigungserlebnisses - nach Sigmund Freud). Das Bild wird so zu einer verdichteten Form der Wahrnehmung in gleichgültiger Bezogenheit, zu einem selbständigen Sinn eines sinnlichen Typus, einer Vorstellung die Sinn hat und von daher auch sinnlich wird (z.B. in der Werbung oder im Design).

Darin sind die Zusammenhänge der Gewissheiten medial fixiert zu Verdichtungen der Wahrnehmung, welche Aussagen prominent machen, die nicht mehr für sich sprechen müssen, deren Inhalte nicht mehr promenieren, deren Herkunft also keinen Sinn mehr macht, weil nur ihre gegenwärtige Form Sinn hat. Es sind die Selbständigkeiten des Wissens, die als Informationen kursieren und Wissen als Konzentrat ihres Mediums vertreiben. Es werden damit alle Gewissheiten vetrieben, die daran zweifeln lassen und Wissen wird zum Medien gegen alles Ungewisse. Dessen Dichte erscheint nötig um die Eindrücke fassbar und damit unbezweifelbar zu machen.

Information wird auf diese Weise zur wesentlichen Formation der Selbstwahrnehmung, zum Bilderleben schlechthin, auch wenn es sachliche Informationen durch Text und Sprache betrifft. Informaion erzeugt Bilder. Bilder machen das aus, was Menschen in der Reduktion auf Wahrnehmungsdichte fassen können und verdichten damit die Auffassungen von dem, was ihnen fremd ist. Information erscheint als vertraute Fremdheit, die doch gegenwärtig ist. Und sie entfremdet auf diese Weise jedes Vertrauen.

Information ist die Erstattung einer Neuigkeit, also auch der Ersatz eines bisher gültigen Wissens über das Notwendige ebenso wie über das Überflüssige, die Nachricht über Ereignisse im Ablauf des Alltags und den daraus herausragenden Abläufen, über Zufall und Schicksal, Glück und Unglück, nicht um sich darin zu bilden, sich darin zu verstehen, zu erkennen und gewiss zu werden, sondern um den Umgang damit zu lernen. Es ist ein rein phänomenales Wissen um Geschehnisse, die sich vergleichen lassen, um das Hervorragende ebenso, wie um den Gebrauch des Gewöhnlichen, mit dem man Umgang hat oder sucht, das Wissen um die Funktion, um das Funktionieren des immer gleichen Verlaufs und Begriffs, dessen innere Beziehung durch Information wirkungslos gehalten und durch sie auch gleichgültig wird. Wo Information nicht in neuem oder erneuertem Wissen aufgeht, also nicht in die Gewissheiten des Lebens gelangt, wendet sie sich gegen überkommenes durch einen flachen Austausch mit Informiertheit. Diese aber ist so unendlich, wie die Ereignisse selbst es sind. Information endet dann in den Tantalusqualen einer unendlichen Wissbegierde, die eine eigene Notwendigkeit errichtet. Information macht süchtig, weil die das große Loch der Uninformiertheit auftut. Da fällt ninein, wer die durch Information ertüchtigte Wirklichkeitswahrnehmung nicht teilen will.

Im Maß der Verselbständigung trennt sich die Information von jedem lebenden Gehalt. Der Sachzwang erscheint als Wissenszusammenhang und totalisiert sich darin. Abgelöstes Wissen ist daher notwendig unsittlich, hat keinen Sinn für das menschliche Leben selbst und konfrontiert sich diesem als Totalität gewisser Gegebenheiten, die eine sinnliche Entleerung der Gewissheiten betreiben. Die Menschen werden sich vielleicht "überinformiert" empfinden, aber sie sind der Macht der Bilder dennoch gebeugt. Die Welt erscheint verwirrt. Eine "innere Autorität" wird nötig.








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