Kulturkritik-Sendung vom 10. 10. 2008 auf Radio Lora


Der Kapitalismus als selbstzerstörerisches gesellschaftliches Lebensverhältnis

Zeitdauer: 60 Minuten - Datenumfang ca. 50 MB

Der Inhalt der Sendung ist oft eine Kürzung des entsprechenden Artikels (siehe unten).
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Kapitalismus als gesellschaftliche Selbstzerstörung

Der Kapitalismus als selbstzerstörerisches gesellschaftliches Lebensverhältnis

Wie hieß es doch immer so schön in liberalen Kreisen: „Der Markt regelt sich von selbst“. Das Auf und Ab der Konjunktur werde durch die „unsichtbare Hand des Marktes“ zum Wohl des Ganzen sich von selbst einregeln und daher auch eine Wirtschaft zugunsten der Menschen befördern. Man müsse ihn nur lassen.

Solches Gerede gibt es seit 200 Jahren, erstmals durch Adam Smith. Und es hat nie gestimmt. Immer wieder musste der Staat eingreifen und den Kapitalfluss fördern - sowohl durch Steuergeschenke als auch durch entsprechende Finanzgesetze. Aber mit dem Platzen der Immobilienblase war nun wenigstens auch die Blase der finanzpolitischen Geschwätzigkeit aufgegangen. Nichts geht mehr. Das ganze viele Geld ist plötzlich nicht mehr viel wert.

Die Abgeordneten des US-Repräsentantenhauses wollten es zuerst nicht wahrhaben, als sie das 700-Milliarden-Stützpaket für die zusammenbrechenden US-Banken bewilligen sollten. Nix Deregulation. Regulation war angesagt. Nicht nur die Demokraten, auch die Republikaner stimmten im US-Repräsentantenhaus das sogenannte Rettungspaket für die Banken nieder, weil dieses Paket nach ihrem Verständnis das Ende des amerikanischen Liberalismus darstellt. Sie hatten wirklich daran geglaubt!

Erst nach einer intensiven Bearbeitung der Repräsentanten durch vorlesungsartige Referate von Nationalökonomen aus den Thinktanks der Regierung über die Konsequenzen einer freien Fortentwicklung des Marktgeschehens ließen sie sich in die Realökonomie einweisen. Ihnen muss erst mal klar gemacht werden, was sich am Spiel mit dem großen Geld verändert hat: Die Finanzkrise ist nicht nur eine Baisse im Aktiengeschäft, auch nicht eine Absonderung des gewohnten Marktes. Sie ist das Resultat der Wertzersetzung eines gigantischen Gelödvermögens und droht die gesamte Weltwirtschaft zu erwürgen.

Das haut einen gewöhnlichen Finanzpolitiker, der im Geld nur den Stoff der Geldvermehrung erkannt haben wollte, dann doch erst mal vom Hocker. Wie konnte das sein, dass diese großen Geldmassen sich nicht mehr in Aktienkursen oder Anleihen rentierten? Wie konnte alles, was bisher als richtig galt, so plötzlich Makulatur sein?

Am Boden der Tatsachen musste man es einsehe: Nullwachstum der Wirtschaft und stetig sinkende Aktienkurse zeigen das Ende einer ganzen Wirtschaftsepoche an. Die Rezession ist weltweit da. Aus der Realwirtschaft ließ sich nichts mehr holen. Vorgestreckte Finanzmassen erbringen keine Geldvermehrung. Aktienkurse erweisen sich als Fantasieprodukte. Das Kreditsystem, das von der dort bewegten Geldmenge abhing, war zusammengebrochen. Keine Bank traute der anderen. Und im Niedergang des Verschuldungskapitalismus wurde von den verschiednen Staaten sogenannte Rettungspakete geschnürt, die gigantische Vermögen zur Wertdeckung der Banken verheizen sollen und doch nur zugleich die Wirtschaftskreisläufe weiter nur verengten.

Die Steuerzahler sollen das sinkende Boot wieder mal über Wasser ziehen – aber auch deren Geldvermögen ist abhängig von ihrem Einkommen, ihrem Vermögen, noch etwas mehr Geld abzutreten von ihrem Lebensbedarf, noch etwas mehr zu arbeiten, wenn sie ihren Lebesnstandard halten wollen. Und schon jetzt ist abzusehen: Es hat nichts geholfen. Auch nicht die weltweite Zinssenkung der Nationalbanken. Die bisher noch gängigen Steuerungsinstrumente der Staatspolitik gingen ins Leere.

Eigentlich ist der Trend schon über 20 Jahre alt. Seitdem wird in den USA auf Konsum gesetzt und der Konsum durch Kredite finanziert - und seitdem hoppelt die Weltwirtschaft von Krise zu Krise. Es ging bergauf und bergab und nur mit Konsumsteigerungen durch Kreditierung konnte sich die US-Wirtschaft in Gang halten. Zugleich wurde deren Niveau allerdings nur mühsam durch hohe Staatsverschuldung gestützt. Man zahlte auf Kredit und arbeitete für Kredit und erzeugte immer größere Verschuldung und hoffte auf Erlösung durch hohe Kursgewinne – irgendwann im ganz großen Finanzcoup mit dem ganz großen Hebeleffekt des Geldes. Kredit, das war dann wie Geld selbst – nur eben in Vorleistung und im Vertrauen auf Zukunft schlechthin.

Nicht nur im Inland, auch vom Ausland ließ die US-Wirtschaft sich den Einkauf vorstrecken, besonders von China. Selbst die Golfkriege waren kreditiert und sollten es durch Kriegsausbeute, durch Billigimporte von Energieressourcen, wieder einbringen. Aber die Rechnung war nicht mehr aufgegangen, trotz irrsinnig hoher Ölpreise und aufgeputschtem Petrodollar.

Es ist ja eine Binsenweisheit, dass ein Kredit nicht dauerhaft durch Kredite zu finanzieren ist, auch nicht, wenn damit einfach nur Aktien gekauft werden. Auch die begründen sich letztlich auf dem Wert des Geldes und der entsteht nur in der sogenannten Realwirtschaft. Aber anders wäre der Zusammenbruch eben schon längst erfolgt. Auch das war Regulation: Niedrige Leitzinsen sollten neue Aktienanleger locken und abstützen. Aber die Realität sieht dann eben doch anders aus. Wertwachstum funktioniert nur, wenn die Menschen auch die Produkte abkaufen und wirklich bezahlen, die das Kapital hierfür absetzen muss.

Die kapitalistische Krise ist daher zuallererst eine Absatzkrise, weil sich nur bei wachsender Konsumtion die Verwertung der Produktivkräfte noch zu entwickeln vermag. Und von solcher Entwicklung hängt das ganze Wertwachstum letztlich ab. Karl Marx hatte das Unvermögen der Konsumsteigerung längst als das wesentlichste Krisenphänomen beschrieben:

„Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.“ (MEW25, S. 501)

Wo die Wirtschaft kein Wertwachstum mehr bringen kann, da wird der Geldüberfluss des Kapitals zu seinem Verhängnis. Es macht nur Sinn, wenn er sich durch irgendeine Anwendung zumindest erneuert oder vermehrt. Ohne dies wird Kapital fiktiv und verbleibt als eine schwebende Summe, die nach Anwendung giert. Dass es dann in Kredite eingebunden wird, ist daher nur folgerichtig. Durch Verleihen erbringt es immerhin Zinsen. Warum sollte man den kleinen Mann, der seine Miete zahlen muss, nicht dazu bewegen, dass er zu Billigkrediten ein Haus kauft. Dann kann er statt Miete zu bezahlen die Kredite finanzieren und das verliehene Geld mit seinem Einkommen aus Arbeit auffrischen. Mit der Kreditfinanzierung durch Arbeit wird Kapital wieder wertvoll. Und solange der Kreditnehmer zahlen kann, hat das fiktiv gewordene Kapital ein Problem weniger, wenngleich auch der Immobilienmarkt dann ein Problem mehr bekommt. Immerhin besteht das fiktive Kapital dann als Zahlungsverpflichtung real fort und entlastet die Finanzblase, während die Werte auf dem Immobilienmarkt purzeln. Das ist gut für das Finanzkapital und schlecht für den Kreditnehmer. Der Immobilienbesitz wird wertlos, der Kredit hierfür aber nicht. Der Dumme ist der Schuldner, der für eine Kreditrückzahlung arbeiten muss, über deren Wert er nicht mehr verfügen kann, im Grunde also mit dem Kredit schon enteignet ist.

Ein aufgeblähter Kapitalmarkt braucht eben vor allem Zahlungsverpflichtungen von der Basis, also von dort, wo das Geld noch richtig verdient werden muss, wo also frisches Geld eingebracht wird. Aber beides, die Aufblähung der Privatverschuldung und die der Finanzwirtschaft, stellen im Grunde ein und dasselbe dar: Der Wert des überflüssigen Geldes, das aus dem realen Kapitalkreislauf ausgepresst wird, lässt sich immer schwerer realisieren.

Es ist eben ein simpler Mechanismus, der am Ende übrig bleibt: Nur Frischgeld, das aus der Basis des ganzen Kapitalverhältnisses kommt, von den Menschen kommt, die es verdienen müssen, kann die Kapitalverwertung stabilisieren. Die allein auf dem Kapitalmarkt bewegten Geldmassen müssen ohne diese ihren Wert verlieren. Die Enteignung der Menschen ist eben das stille und hintergründige Prinzip der ganzen Aufblähung des Kapitals als Wert an und für sich. Wo sich diese Enteignung nicht mehr hinter Devisengeschäften, Hedgefonds, Petrodollars oder Energiepreisen verstecken kann, wird sie unmittelbar erkennbar.

Der durch den Finanzmarkt globalisierte Kapitalismus ist der Versuch, über den Weltmarkt die nationalen Grenzen der Konsumfähigkeit durch Kreditwirtschaft in den reichen Ländern zu überschreiten und durch Druck auf die Währungen der armen Länder zu verflüchtigen. Das Kapital muss nicht nur die Arbeit, sondern auch den Konsum der Welt beherrschen, nicht nur die Arbeitskräfte hierfür auszehren, sondern auch alle Ressourcen der Natur und der Kultur. Es gewährt Menschen und Unternehmungen Kredite, durch die es Absatzprobleme auflöst und es zieht die Gelder der großen und kleinen Überschüsse zu Fondpakete zusammen, um damit die entsprechenden Wirtschaftsanlagen für Aufkäufe zu kreditieren, die ihre Märkte und Ressourcen ausweiten.

So ist die ganze Welt zu einem Kreditiersystem geworden und hat die Finanzmärkte erst mal aufblühen lassen. Solange sie sich noch durch frisches Geld, verbliebene Wertsubstanzen, Infrastrukturen, Immobilien und Kulturgüter nähren konnten, machten sie auch gewaltige Gewinne – aber eben nur Gewinne durch Geldvermehrung. Sie hatten zwar mehr Geld, aber eben vor allem mehr Spielgeld. Ein allein durch Kredit realisierter Wert ist zugleich ein realisierter Unwert des Kapitals, sobald diese Substanzen aufgebraucht sind. Er treibt dann nur noch eine reale Entwertung des Kapitals fort, wird zu einer Expansion der Kapitalfiktion, die auf eine finale Erfüllung durch Spekulation hofft. Doch auch die wird sich mit wachsender Ansammlung von Kapital immer unwahrscheinlicher einstellen. Der Unwert des Kapitals wird dann als Finanzkrise manifest.

Der Staat als Schuldeneintreiber

Die sowieso schon ausgezehrten Steuerzahler müssen wieder mal die Zeche zahlen, die das Treiben der Verschuldungswirtschaft der Investmentbanken ihnen aufgebürdet hatte. Das kleine Risiko bei hohem Gewinn an den Finanzmärkten wurde zum großen Risiko mit großen Verlust in der Staatskasse. Der politisch deregulierte Nationalstaat trägt die volkswirtschaftlichen Konsequenzen wie eh und je. Und jetzt, nachdem die schrankenlose Verschuldung entwickelt ist, schreit man plötzlich wieder nach Regulation, weil die reale Wirtschaft solche Freiheit eben nicht mehr aushält. Der Staat entwickelt sich vom Verschuldungmanager zum Schuldeneintreiber.

Die amerikanische Pleite ist hier angekommen – nicht weil sie als Virus über den Atlantik geschwappt wäre, sondern weil die Finanzwirtschaft an allen Ecken und Enden der Welt gleichartig funktioniert und sich auch überall abstützt.

Eine Kreditwirtschaft, die vor allem auf Spekulation, auf Kreditfinanzierung durch Kredite spekuliert, ist nichts anderes als eine Inflationierung der Realwirtschaft. Und so ist Inflation kein Gespenst der Kapitalwirtschaft mehr, sondern zunehmend blanke Realität. Die Banken vertrauen ihrem eigenen Wertsicherungsstandard nicht mehr. Die Kreditschleuder hört schlagartig auf. Die ersten Produktionsanlagen in der Automobilindustrie in den USA und in Deutschland bei Opel und Ford sind erst mal stillgelegt, weil kein Absatz der Produkte bei anhaltender Finanzkrise und Kreditvermeidung mehr absehbar ist. Und das ist nur ein Anfang. Die Inflation vermengt sich mit Stagnation zu einer Stagflation, die einen wirtschaftlichen Niedergang, eine ökonomische Depression einleitet. Niemand kann sagen, was kommen wird, weil niemand den Umfang der Kreditverfäulnis bestimmen kann. Die durch Kreditwirtschaft über Jahrzehnte verschleppte und hinter Finanzierungstricks der Investmentbanken wie z.B. durch Hedgefonds versteckte ökonomische Krise hat sich zu einem weltweiten Fiasko entwickelt.

Gier oder Trieb?

Ist die Ideologie von der Selbstheilungskraft der Märkte, der als Neoliberalismus aufgelegte übernationale Weltkapitalismus, so schnell schon an sein Ende gekommen? Die diesbezüglichen Experten bestreiten das. Es handle sich um ein Versagen der Investmentberater, um mangelhafte Aufklärung und Kontrolle der Banken. Es sei über bloßes Buchgeld so spekuliert worden, als sei es reales Geld und das ließe sich schließlich in Zukunft dann doch besser überwachen. Die Finanzkrise stelle lediglich das „Ende der Gier“ dar und verlange nach verantwortungsbewussten Kontrollinstanzen. Die gibt es zwar schon lange. Aber die hätten eben einfach versagt. Doch war das alles wirklich nur ein bloßes Fehlverhalten von Bankern und Investmentgesellschaften, welche die größte Weltwirtschaftskrise seit 1929 verursacht hatten? War es ihre bloße Gier?

Sicher ist, dass die Investmentbanken Kredite selbst zur Geldverwertung einsetzten und sie wie Aktienpapiere nach eigener Wertbemessung weiterverkauften. Ein System von Kreditbewertungen machten die Kredite selbst zur Handelsware, deren Preis sich an der Wahrscheinlichkeit der Kreditrückzahlung bemaß. Damit gab es eine zweite, dritte oder vierte Ebene der Liquidität und dem Geld sah niemand mehr an, woher es kam und woraus es bestand.

Hedgefonds erzielten durch eine Kombination von Billigkrediten und deren Absicherung in Aktienpapieren sogenannte Finanzhebel, die aus kleinen Einlagen große werden ließen. Der Hebel bestand de facto aus einer Spekulation auf Aktienwert-, Geld- oder Zinsentwertung. Durch große Kapitaltransfers ließen die sich leicht beeinflussen und so zu Erträgen steigern, die über das Hundertfache der Einlagen erbrachten. Ganze Landeswährungen brachen dabei zusammen, weil ihre Devisen durch Verschuldungen untergraben wurden, z.B. durch die Bank von Thailand. So wurden die Fonds selbst marktbestimmend und konnten zeitweise durch ihre Kapitalmasse selbst die Werte, z.B. die Devisenwerte ihrer Kreditaufnahmen mitbestimmen, ihre Kreditverpflichtungen also durch den hierdurch eroberten Kapitalwert mindern. Der Kreditnerhmer konnte auf diese Weise den Wert des Kredits bestimmen. Das ist ein finanzpolitischer Teufelskreis.

Es ist eine Akrobatik in schwindelnden Höhen: Da die Mehrwertproduktion zuviel überschüssiges Geld erbracht hatte, muss auf dem Finanzmarkt um seine Verwertung gerungen werden. In Krisenzeiten geht dem Kapital in Wirklichkeit aber vor allem ein Wirtschaftswachstum ab, ein Mehrprodukt, das sich wieder verwerten lässt. Mit Geld lässt sich ja allerhand anstellen. Aber Geld kann Wirtschaftswachstum nicht wirklich ersetzen. Als Kapital verstärkt es über den Finanzmarkt lediglich die politische Macht des Geldbesitzers und die politische Entmündigung des Schuldners. Real zerstört es die wirtschaftlichen Grundlagen seiner Selbsterhaltung als Wert, indem es die Einrichtungen der Wertschöpfung durch seine Schwindsucht bedrängt, Fusionen und Betriebe nur hiernach kalkuliert und abwickelt und ganze Branchen zerstört, nur um seine Wertmasse als solche zu stützen und zu erhalten.

Die Verselbständigung der Kapitalverwertung in einer kapitalistischen Wirtschaftskrise hat daher doppelseitige Wirkung: Einerseits durch Minderung des Lebensstandards und hohe Verschuldung der Armen und andererseits die Abhebung der Reichen von den Finanzierungsmöglichkeiten der realen Wirtschaftverhältnisse. Die internationale Verschuldungswirtschaft zerplatzt dann irgendwann an der eigenen Fiktion und überlässt die Trümmer der internationalen Hausse den einzelnen Nationalstaaten bzw. ihren Steuerzahlern.

Aber diese Fiktion ist nicht irgendeine abgehobene Vorstellung in den einzelnen abgehobenen Köpfen der Banker, Aktienhändler und Broker. Sie findet real als Anhäufung von Kapital statt, als reale Auftürmung von Kapitalmassen, die noch unrealisierten - also fiktiven Wert – darstellen und diese überall anpreisen, wo Geld fehlt, wo die Menschen, Länder und Kommunen es bitter nötig haben, um ihre einfachsten Bedürfnisse zu befriedigen. Die Infrastrukturen, die Mieten und Verkehrsmittel sollten reale Werte auspressen, indem fiktive Werte in sie hineingepumpt werden und ihre Preise steigen ließen. Aber die so gewachsenen Wertmassen des Geldes verdampfen schnell, wenn sie in der Realwirtschaft nicht mehr angewandt werden können, weil niemand mehr die Preise für teure Wohnungen, teure Verkehrsmittel und teure Energiekosten bezahlen kann.

Unmittelbar mag es auch eine subjektive Bereicherungssucht einzelner Geldverwerter sein, welche die Preise hochzutreiben scheint. Tatsächlich erbringen sie aber nur das, was sie wirklich an Wert darstellen. Es ist nicht einfach die Gier auf Profit, welche die Banker, Energiewirtschafter und Immobilienhaie die Preise hochtreiben lässt. Es ist der immer bedrohliche Wertverlust ihres Geldes, ihre Risikoabsicherung und Verzinsung, die im Hintergrund ihrer Geschäfte steht. Im Grunde ist es gleichgültig, wie gierig die einzelnen Finanzkapitalisten sind. Die Vergabe der Schleuderkredite, welche die amerikanische Immobilienkrise bewirkte, war nicht einfach nur Resultat einer Geldgier von einzelnen Bankkaufleuten. Es war die zunehmende Notwendigkeit der Geldanwendung des fiktiven Kapitals, welche den Wert der Kredite, also den Zinssatz absenken musste und die unbedarften Käufer von Immobilien erst erzeugte, weil die sonstigen Kapitalanwendung weltweit bis zu den Grenzen des Möglichen ausgeschöpft waren. Der Kapitalismus ist längst am Ende, nur will es niemand so recht wahrhaben. Er funktioniert nur noch durch Erpressung und Zerstörung.

Fiktives Kapital und reale Verwertung

Dem fiktiven Kapital geht es nicht mehr um die Wertschöpfung aus einer realen Verwertungslage. Es ist ja dem Unvermögen solcher Wertschöpfung entsprungen, hat also keine Anwendung gefunden und spekuliert deshalb auf eine Verwertung auf dem Kapitalmarkt. Der Besitzer von fiktivem Kapital sieht sich im Himmel, solange seine Spekulationen Erfolg haben. Und er fällt abgrundtief in die Hölle, wenn er auf seinem Kapital sitzen bleibt. Dann nämlich verliert es seinen Wert im Sturzflug, und zwar nur deshalb, weil es nichts mehr erreichen kann, weil es schlicht keine Anwendung findet.

Aber auch auf der Erde, auf dem Boden der Tatsachen, hat solches Kapital lediglich ein flüchtiges Dasein und pickt nur auf, was dort zu holen ist. Aber die Sachwerte sind schnell gegessen. Kapital, das nicht benötigt wird oder aus anderen Gründen nicht verwertbar ist, kann nichts wert sein. Denn mehr Geld kann nicht durch Geld entstehen sondern nur durch einen Arbeitsprozess, durch welchen Menschen nicht nur sich reproduzieren, sondern zugleich auch das real angewandte Kapital als solches. Es ist der innerste Trieb des Kapitalismus, der sich in der Gier nach „frischem Geld“ äußert: Die Notwendigkeit, Kapital immer wieder in Arbeit zu verwandeln, um aus dem Mehrprodukt der Arbeit Mehrwert zu erzielen.

Und um diesen Mehrwert geht es auch heute noch - auch in einem Land, das selbst zum großen Teil auf Kapitalverwertung z.B. als Maschinen- und Technologieproduzent und als Dienstleister gründet und sich selbst wie eine Volksaktie bewirtschaftet. Aber jedes Kapital funktioniert eben nur, solange es als Geld funktioniert, gleich, ob als Anlagevermögen oder Kredit oder Rente. Denn allein im Geld stellt sich in der kapitalistischen Gesellschaft der Wert der Produkte unmittelbar gesellschaftlich dar. Nur dadurch sind ihm alle individuellen Existenzweisen unterworfen. Und Geld hat nur dadurch Wert, dass es einerseits aus der Arbeit erwirtschaftet wird und andererseits Arbeit bestimmen und auspressen kann.

Das Kapital vermittelt beides und wird von daher zu einem politischen Subjekt der Geldverwertung – nicht weil es selbst ein wirklich großes Vermögen darstellen würde, sondern weil es eine große Verfügungsmacht über das Realvermögen besitzt, weil es die Politik aller Ökonomie bestimmt, auch wo die Dinge als reine Arbeitsprodukte keinen Wert mehr enthalten. Es beherrschen nicht die realen Wirtschaftsgüter das Weltgeschehen, sondern die politische Form welche das Wertverhältnis nötig hat, der Privatbesitz von Waren und Geld, worin sich ihr gesellschaftlicher Zusammenhang verbirgt.

Das klingt einfach. Aber es stellen sich dabei zugleich viele Fragen: Was ist der Wert, der hierbei zum Maß aller Verhältnisse wird? Und warum stellt er nicht einfach ein bloßes Quantum an Lebensmitteln dar, die man durch Geld erwirbt.

Gibt es einen „gerechten Kapitalismus“? Gibt es eine Möglichkeit, den Kapitalismus zur Vernunft zu bringen und seine Krisen damit zu verhindern?

Um die Krise in ihrer ökonomischen Form als solche besser zu verstehen, empfehle ich den neuesten ISW-Report Nr. 75 mit dem Titel „Entwaffnet die Märkte!“.

Ich will mich hier jetzt erst mal mit dem Inhalt des Wertes, mit der Wertsubstanz befassen, um herauszustellen, was den Wertschwund des Kapitals ausmacht und wie er sich aus dem Lebensverhältnis der Menschen, aus ihrer Gesellschaftsform selbst begreifen lässt.

Gesellschaftliche Entwicklung und Wertwachstum

Als geschichtlich begriffenes Lebensverhältnis der Menschen ist der Kapitalismus eine Gesellschaftsform, worin die Produktionsmittel sich als Potenzial zur Befreiung der Menschen von der Mühsal der Arbeit entwickeln. Mit deren Entwicklung bestärkt sich aber zugleich die private Aneignungsform des Kapitals, das sich gegen ihre gesellschaftliche Verwirklichung als Emanzipation der Menschen von der Mühsal der Arbeit stellt. Der Widerspruch der gesellschaftlichen Entwicklung und ihrer privaten Aneignung ist der elementare Widerspruch dieser Gesellschaft. Er vollzieht sich in jedem Element dieser Gesellschaft, am allgemeinsten in der Ware als Verhältnis von Gebrauchswert und Tauschwert und von daher auch im Verhältnis von Ware und Geld. Geld aber wird zum Gott in dieser Warenwelt, weil sich alle Waren nur hierin bestimmen. Es hebt den gesellschaftlichen Widerspruch darin auf, dass es allgemein privat ist, dass sich alle Waren im Geld bemessen lassen, es also nicht nur als Zahlungsmittel, sondern auch als Maß der Werte und Maßstab der Preise fungiert. Geld ist die Allgemeinform der Ware, wodurch sich alle Individuen vergesellschaften können, wenn sie hierfür arbeiten, wie sich auch die gesellschaftliche Entwicklung ihnen nur in dieser Geldform mitteilt, indem sie es erwerben. Geld ist die allgemeine Darstellung des Werts, worin seine Herkunft verschwindet.

Der Widerspruch der kapitalistischen Geschichte steckt seit Jahrhunderten in seiner abstrakten Gesellschaftsform als Wertverhältnis des Geldes. Schon vor mehr als 150 Jahren beschrieb Karl Marx das teuflische Verhältnis des Werts auch philosophisch und literarisch als ein Verhältnis, worin alles, was darin entsteht, nur durch den Untergang seiner gesellschaftlichen Herkunft Wert hat, weil es sich als Wertform gesellschaftlich nur mitteilt, wenn es aus einer privaten Hand in eine andere übergeht, weil es also, wie Goethe seinen Mephisto sagen lässt, nur wert ist, indem es zugrunde geht. Jede einzelne Wertform erscheint zufällig und flüchtig. Allgemein jedoch existiert sie nur als ein allseitig gleichgeltendes Quantum, das sich nur im beständigen Händewechsel bemisst und bestätigt.

Der substanzielle Widerspruch, der die Geschichte des Kapitalismus bestimmt, ist der Widerspruch von der gesellschaftlichen Entwicklung der Produktivkräfte und der privaten Aneignungsform ihrer Produkte, worin sie organisch verschwinden. Marx beschrieb bereits ausführlich, wie die Kapitalverwertung die Entwertung der konkreten menschlichen Arbeit und der Ressourcen der Natur vollstreckt, indem sie die Verwertung ihrer Produkte durch deren Vertrieb in Privatbesitz betreibt. Er beschreibt, wie durch die Form der Arbeit ihre Quellen selbst bestimmt werden und wie daher in der kapitalistischen Industrialisierung die Lebensbedingungen der Menschen selbst zum Gegenstand der Ausbeutung gemacht werden, sich jeder Fortschritt ihrer Kultur zugleich als Ruinierung ihrer Quellen entwickeln muss:

„Jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebene Zeitfrist zugleich ein Fortschritt im Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. Je mehr ein Land, wie die Vereinigten Staaten von Nordamerika z.B., von der großen Industrie als dem Hintergrund seiner Entwicklung ausgeht, desto rascher dieser Zerstörungsprozeß. Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“ (MEW23, S. 529)

Was ist Wert, was Kapital?

Was nun macht die Selbstzerstörung aus, die sich durch das Wertverhältnis entfaltet? Woraus besteht ihr logischer Grund, der Kern ihres Selbstwiderspruchs? Warum schaffen sich Menschen, wenn sie ihre Produkte zu Geld verwerten, eine Macht, von der sie schließlich voll und ganz selbst beherrscht werden und in ihrer eigenen Lebensproduktion nur ihre Selbstentfremdung erfahren? Es ist nicht ganz einfach und verlangt auch eine etwas philosophische Betrachtung.

Wert ist keine bestimmte Sache, eigentlich überhaupt keine Sache. Es ist ein sachliches Bewertungsverhältnis, ein Verhältnis, worin Dinge für einen bestimmten Zweck bewertet werden. Eine Verwertung ist nur möglich, wo etwas eine Eigenschaft hat, die für etwas anderes Wert hat, für dieses also Wert darstellt. Eine Eigenschaft für sich hat keinen Wert.

Die Güter, welche im Kapitalismus erzeugt werden, erfahren ihren Wert durch den Austausch auf dem Markt. Dies setzt voraus, dass sie Eigenschaften haben, die von Menschen gebraucht werden und dass sie Eigenschaften dadurch bekommen, dass sie austauschbar gemacht werden. Ihr Dasein für den Markt ist von daher etwas gänzlich anderes als ihr Dasein für die Menschen. Auf dem Markt sind sie das, als was sie von und für Menschen sind, nur als Güter, die sich durch ihre Austauschbarkeit verwirklichen, also eben nicht als das, was sie von und für Menschen sind. Sie sind als das, was sie für Menschen sind zugleich gleichgültig gegen die Menschen, wenn sie im Austausch ihren Wert erfahren als Wert ihrer Austauschbarkeit.

Der Wert ihrer Austauschbarkeit bestimmt hier nicht nur ihren Daseinszweck, sondern auch ihr quantitatives Verhältnis. Zugleich ist dieses Wertquantum durch das Quantum der Arbeit bestimmt, die darin eingegangen ist. Das Quantum des Austauschs ist daher nicht zufällige Quantifizierung der getauschten Dinge, sondern die Verwirklichung eines Quantums an Arbeit, das nicht als Arbeitsprodukt sondern als Ware existiert. Dadurch sind diese Produkte nur für den Tausch der Produkte, für ihre Austauschbarkeit da. Das Quantum der Arbeitsprodukte erscheint daher nicht mehr durch die Arbeit, sondern durch sich selbst bestimmt, lediglich als Abstraktion von der Arbeit, wie sie für den Tausch ist, als reines Arbeitsquantum, das durch den Tausch selbst bestimmt erscheint.

Alles, was die Menschen im Wert gesellschaftlich verbindet, ist die Abstraktion der Arbeit auf den Wert ihrer Austauschbarkeit, das Dasein abstrakt menschlicher Arbeit. Und dieses stellt eine Reduktion ihres Lebenszusammenhangs dar, eine Reduktion ihres Produkts auf das reine Wertquantum der darin veräußerten und äußerlich quantifizierten Arbeit. Geld ist die allgemeine Form dieses Quantums und von daher die Form, worin der Widerspruch der quantitiven Bestimmung der Waren sich aufhebt. Es reduziert alles, was entsteht, auf einen Wert, worin es ohne einen bestimmten Sinn für die Menschen fortbesteht. Geld stellt einen menschlichen Lebenszusammenhang in einer für sie sinnlosen Form dar. Von daher kann es auch so erscheinen, als hätte es mit ihnen nichts mehr zu tun, als wäre es ein bloßes Zahlungsmittel, durch welches verschiedene Sachen aneinander im Austausch quantifiziert werden. Dass dies lediglich einer gesellschaftlichen Form des Warenbesitzes geschuldet, also nicht ökonomisch sondern politisch bestimmt ist, ist untergegangen, weil der im Wertquantum aufgelöste Widerspruch des Wertverhältnisses darin verschwunden ist. So erscheint es als sinnfällig, dass man nur durch Geldbesitz leben könne.

Da erscheint auch natürlich, dass man nur arbeitet, um Geld zu verdienen, denn tatsächlich gibt es innerhalb einer solchen Gesellschaft keinen anderen Lebenserhalt. Aber Geld selbst ist kein Lebensmittel. Es vermittelt den Menschen die Mittel, die sie für ihr Leben brauchen. Und es vermittelt auch sie an die Arbeitsstätten, wo sie für Geld arbeiten können. Aus dieser doppelten Beziehung des Geldes zu den Menschen, aus dem Geld als Vermittler von Lebensmitteln und dem Geld als Vermittler von Arbeitskräften, wird Geld zu Kapital, das wie ein natürliches Subjekt über Arbeit und Bedürfnisse der Menschen herrscht.

Als Kapital erhält es sich selbst, indem es aus der Anwendung der Arbeitskräfte nicht nur seinen Wert erhält, sondern zugleich Mehrwert aus der Verwertung des Mehrprodukts schafft. Und weil nur das Kapital als Besitzer über diesen Mehrwert verfügt, stellt es auch alle Bedingungen seiner Anwendung, also die Arbeitsbedingungen und Investitionen und Rücksicherungen und Arbeitsformen. Und es erwirtschaftet zugleich einen Geldüberschuss, mit dem es sich jenseits der Warenzirkulation auch die Rechtstitel erwirbt, durch die es über alle Lebensbedingungen der Menschen verfügen kann. Seine letztendliche Macht ist rein politisch als Verfügungsmacht über die Ressourcen des menschlichen Lebens, über Bodenschätze, Mieten, Energie, Kommunikation, Lizenzen, Verkehrswege usw.

Das Kapital produziert nicht die Produkte; es lässt sie produzieren, weil es über die Potenzen der Arbeit verfügt. Ihm sind nicht die Produktionsmittel zu eigen, weil diese nicht eigentlich Kapital sind, sondern menschliche Werkzeuge. Es verfügt nur über sie. Das Kapital ist ein Funktionär des Besitzverhältnisses und besitzt, was ihm nicht wirklich gehört, ihm nicht wesentlich zugehörig ist. Es verfügt und zergliedert die Arbeit und stellt sie nach eigenem Wertmaß zusammen. Und nur aus dieser Verfügung besteht Kapital, auch wenn dadurch zugleich Besitzer des ihm eigentlich fremden ist. Es organisiert den Arbeitsprozess, dass er überhaupt gelingt, aber es organisiert und gliedert ihn zugleich nur nach Maßgabe seines Verwertungsinteresses, ja, es sieht ausdrücklich davon ab, was dieser Prozess für die Menschen ist, die ihn vorantreiben. Nur in der Absehung von ihnen kann es seine Verwertungsmacht durchsetzen, seine Abstarktionsmacht gestalten.

Und auch im Arbeitsprozess selbst wird diese Abstraktionsmacht als unendliche Zergliederung der Arbeitsteile spürbar, nicht nur an Ort und Stelle der Produktion, sondern im ganzen gesellschaftlichen Verhältnis. Die Trennung der Arbeitsteile zu abstrakten Einzelheiten wird durch eine Abstraktionsmacht betrieben, die sich nur durch ihr Management bewährt, nur den Umgang mit Information in den Schaltzellen des Kapitals, an die andere nicht herankommen. Der darin abgeschottete Kapitalmanager muss lediglich das Vermögen und die Fähigkeit haben, abstrakte Zusammenhänge über die Köpfe der Menschen hinweg zu verbinden, die Abstraktionen in ihrem Wertmaß auszuschöpfen.

Und so geht es auch überall in der Kultur einer solchen Gesellschaft. Indem sich die Lebensverhältnisse der Menschen in ihrer Vereinzelung, in der Abstraktion voneinander expandieren, vollziehen sie und bewähren sie die Abstraktionsmacht des Kapitals. In seiner Expansion reduziert sich alles auf die Momente des einzelnen Nutzens als Abhängigkeit bvom allgemeinen Nutzen des Geldes. Die Vernutzung schlechthin, deren einzige Gesellschaftsform als Geld Bestand hat, setzt sich in den Menschenleben durch. So entwickelt sich auch das Kapital letztlich durch seine gesellschaftlich wirksame Abstraktionsmacht, die davon zehrt, was sie den Menschen von ihrer Gesellschaftlichkeit nimmt: Die kreativen Potenziale ihres Lebens, die Synergie ihrer Einfälle und Erfindungen, die Geisteskraft ihrer Sinne, ihrer Kultur überhaupt.

Die Einfalt des Verwertungsverhältnisses verschlingt die Vielfalt von Kultur und Natur, weil das Ganze nur in der Abstraktion vom wirklichen Lebenszusammenhang die Teile vermittelt und verödet. Sie zehrt alles Leben aus und unterstellt es ihrer tödlichen Machtentfaltung. Die Gesellschaft wird zerstört indem ihre Zusammenhänge zerstückelt werden und ihren wirklichen Sinn verlieren. In dieser Zerstückelung sind wir schon weit entwickelt. Nicht nur die Arbeit selbst unterliegt ihrer eigenen Abstraktion, sondern auch die Kultur. Der Sinn, den eine Gesellschaft haben kann, kann aber nur menschlich sein. Es müssen die darin verborgenen Zusammenhänge entdeckt und aus ihrer Abstraktion herausentwickelt werden. Es kommt deshalb darauf an, den Sinn der Arbeit in den Auseinandersetzungen um eine menschliche Kultur zu begründen und lediglich als Aufwendung für kulturell erforderliche Anliegen umzusetzen.

Wir befinden uns in der Krise des Kapitals auf dem Höhepunkt einer Geschichte, welche im Begriff steht, die Verkommenheit des Kapitals abzulegen, weil die Kapitalform selbst ihre Verkommenheit bloßgelegt hat. Alles, was an wirklicher Entwicklung vorliegt, haben Menschen geschaffen, die Technologien, die Häuser und Wohnungen, die Verkehrs- und Kommunikationsmittel, die medizinischen Errungenschaften und vieles andere. Das Kapital hat sich trotz dieser Errungenschaften, über die es verfügen kann, in seinen Verwertungszwängen verspekuliert, daran vorbeientwickelt. Es wird Zeit, dass die Menschen die gesellschaftliche Inbetriebname dieses Reichtums selbst übernehmen, dass sie in ihren Kommunen, Regionen und Länder ihre Wirtschaftskreisläufe selbst gestalten und in der längst vorhandenen weltweiten Vernetzung einander wirtschaftlich ergänzen können.

Es geht darum, die politische Ökonomie des Kapitals dadurch aufzuheben, dass die längst vorhandene Ökonomie der Menschen auch wirklich zum Tragen kommt. Es geht um eine Ökonomie, in der sich Politik und Kultur bewirtschaften, die Ökonomie durch die Menschen auch politisch im Sinne einer menschlichen Kultur gestaltet und entwickelt werden kann.

In der nächsten Sendung am 7. Oktober um 19 Uhr soll es darum um die bestehenden Ansätze in diesem Anliegen gehen.

Das wars dann auch wieder für heute. Ihr könnt wieder diese Sendung, die heute wohl etwas arg umfänglich war, auf der Webseite der Kulturkritik.net nachlesen oder sie auch noch mal hören. Dann bis zum nächsten Mal also.



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