Alter ist ökonomisch Rentenzeit, also die Zeit, in der sich das Leben rentieren soll. Wirtschaftlich rechnet sich das Alter, die Rentenzeit, nicht als Zeit, wo ein Mensch nicht mehr arbeitet, weil er alt ist, sondern als Zeit, die ein Mensch nicht bei der Arbeit ist, also wie Freizeit gegenüber dem Arbeitstag. Obwohl immer weniger Arbeit da ist, wird von Kapitalseite dennoch gegen die Verlängerung der Rentnerzeit, inzwischen sogar für Verkürzung gekämpft, um möglichst geringe Rendite an die Menschen abgeben zu müssen. Das Paradox zwischen Verwertungslage und Arbeitslage stellt sich hier genauso dar wie beim Arbeitstag, weil alleine schon die Zeitverfügung auch bei Nichtarbeit zumindest die politische Position des Kapitals stärkt, bei der Verhandlung der Arbeitslöhne die allgemeine Tendenz der Verbilligung durchzusetzen. Verlängerung der Rentenzeit ist wie die Verlängerung des Arbeitstags ein entscheidender Beitrag zur allgemeinen Ausbreitung der Armut der Menschen (siehe Krise). Die Verlängerung der Lebenszeit macht angesichts der Knappheit der Arbeit keinen Sinn. Sie hat ihre Rationalität nur darin, dass sie Arbeitskraft zu einer erweiterten Konkurrenz zwingt und dadurch ihren Preis senkt. Die Forderung nach Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist also ein Verlangen, die Lohne zu drücken - was allerdings auch die Absatzkrise nur verschärfen kann. So ist sie ein Widersinn in sich und zeigt, dass offenbar nicht nur die Politiker mit ihrem Latein am Ende sind, sondern auch der Kapitalismus selbst. Die Alten erscheinen zusammen mit den Arbeitslosen als Überbevölkerung. Von daher kommt auch die Ideologie von der Überalterung, die nichts als die Folge der Krise der Mehrwertproduktion ist. Kulturell stellt das Alter eine Frage isolierter Lebenswirklichkeit: Wieweit hat sich Leben verwirklicht, wieweit erweist es sich in seiner Isolation nun vollständig? Die meisten Menschen beenden ihr Leben getrennt von ihrer Familie, weil das Berufsleben und die Mittel ihrer Nachkommen keinen Platz mehr für sie lassen. Ursprüngliche Lebenszusammenhänge und Aufgaben (z.B. Kinder, Hausarbeiten) haben in der Vereinzelung von Lebensstrukturen keinen Sinn mehr oder überfordern die seelischen Kräfte durch überkommene Familienkonflikte oder durch die Übermacht eines lebensfremden Familiensinns. Viele Alte landen in Altersheimen oder in der Geriatrie. |