"Das Privateigentum weiß das rohe Bedürfnis nicht zum menschlichen Bedürfnis zu machen; sein Idealismus ist die Einbildung, die Willkür, die Laune, und ein Eunuche schmeichelt nicht niederträchtiger seinem Despoten und sucht durch keine infameren Mittel seine abgestumpfte Genußfähigkeit zu irritieren, um sich selbst die Gunst zu erschleichen, wie der Industrieeunuche, der Produzent, um sich Silberpfennige zu erschleichen, aus der Tasche des christlich geliebten Nachbarn die Goldvogel herauszulocken - (jedes Produkt ist ein Köder, womit man das Wesen des andern, sein Geld, an sich locken will, jedes wirkliche oder mögliche Bedürfnis ist eine Schwachheit, die die Fliege an die Leimstange heranführen wird - allgemeine Ausbeutung des gemeinschaftlichen menschlichen Wesens, wie jede Unvollkommenheit des Menschen ein Band mit dem Himmel ist, eine Seite, wo sein Herz dem Priester zugänglich; jede Not ist die Gelegenheit, um unter dem liebenswürdigsten Schein zum Nachbarn zu treten und ihm zu sagen: Lieber Freund, ich gebe dir, was dir nötig ist; aber du kennst die conditio sine qua non; du weißt, mit welcher Tinte du dich mir zu verschreiben hast; ich prelle dich, indem ich dir einen Genuß verschaffe)." (MEW 40, S. 547f) Begehren ist ein ein sehnsüchtiges Verlangen, das ungestillte Bedürfnisse zusammenfasst und zugleich von ihren konkreten Inhalten abstrahiert. Von daher ientsteht in einem unstillbaren Begehren eine Kraft, die Absicht einer Abstraktionskraft, die zur Substanz der Triebe, zu einer kräftig drängenden Formbestimmung der subjektiven Beziehungen wird und schließlich auch deren Inhalte selbst unmittelbar, also ohne weitere Vermittlung aufzehrt und sich in seiner Selbstbezogenheit als Wahrnehmungsform durch sich selbst ebenso kräftig nach außen wendet und ihre Gegenstände nichtig erscheinen lässt (siehe auch Hass). Es gibt viele verschiedene Formen und damit auch Gründe des Verlangens von Menschen nach Menschen oder Sachen. Ganz aus einer puren Not begründet unterscheidet es sich wesentlich von dem, was sich im Reichtum an sinnlichen Beziehungen bildet. In der Armut ist das "rohe Bedürfnis" (Marx) zwingend und es fehlt oft die Vorstellung von einer Reichaltigkeit, die selbst schon Reichtum zur Voraussetzung hat. Das Begehren in solchen Verhältnissen geht über die Notwendigkeit der Reproduktion und deren Sinn, dem Sinn des gewöhnlichen Lebensstandards hinaus. Und wo der Reichtum gesellschaftlich nur in der Geldform existiert, da bestimmt es sich aus dessen allgemein möglichen Eighenschaften, aus der Gleichgültigkeit seiner Beziehungspotenziale und geht leicht über alle sinnliche Eigenschaften und damit über die wirklich vorhandenen Beziehungsmöglichkeiten hinaus, die im bloßen Verlangen nach Selbstveredelung unendlich geworden sind (siehe hierzu auch Luxus). Dann ist das Begehren der verstockte Ausdruck einer Einfältigkeit, die wie ein triebhafter Edelmut die Verhältnisse zu bestimmen sucht. Im Unterschied zum Bedürfnis als notwendiges Verlangen ist das Begehren ein Verlangen, das die Getrenntheit des Subjekts vom Objekt der Begierde voraussetzt und zugleich nicht notwendig ein natürliches Verlangen, also nicht ein Verlangen, das aus der Natur eines Wesens, sondern aus der Wahrnehmungsform desselben entstanden ist. Es ist eher eine Geistesreflektion, die unmittelbar keine natürliche Not hat, auch wenn sie dieser entspringen mag. Es hat �sthetische Inhalte und ist von daher ein Verlangen der Selbstgefühle nach einer eigenen Wahrheit, die durch die Erfüllung ihrer Wünsche wahrgemacht werden soll. Von daher ist das Begehren eine Sehnsucht nach Erfüllung einer Wahrnehmungsidentität der Selbstgefühle, das Verlangen nach einer Verwirklichung einer Identität, die diese nicht haben, aber wahrmachen können, wo sich das Ziel des Begehrens als Wunscherfüllung vollziehen lässt. Sie geschieht daher in seelischer Absicht, in der Absicht "höherer Antriebe", die zu Gefühlen gelangen, die sie aus sich heraus nicht empfinden, sich ihnen also auch nicht gewiss sein, wohl aber sich wahrmachen können, in dem sie sich einverleiben, was ihnen unterworfen werden kann, Beziehungen begründen, die selbst nur psychischen Inhalt haben. Das Begehren ist ein Verlangen nach dem Besitz, dem Haben wollen einer Person oder Sache zur Einverleibung ihrer Anwesenheit. Es resultiert aus einer Vorstellungswelt, die sich selbst erst in den Selbstgefühlen entwickelt und ihrer ästhetischen Notwendigkeit, nicht aber einem wirklichen Verlangen folgt. Von daher unterscheidet sich auch seine Verwirklichungsform von den wirklichen Bedürfnissen: es kann sich nur wahrmachen in der Ästhetik einer zwischenmenschlichen Beziehung. | ![]() |