"Denken wir besonders noch an die Bildung der Begriffe: jedes Wort wird sofort dadurch Begriff, dass es eben nicht für das einmalige ganz und gar individualisirte Urerlebniss, dem es sein Entstehen verdankt, etwa als Erinnerung dienen soll, sondern zugleich für zahllose, mehr oder weniger ähnliche, d.h. streng genommen niemals gleiche, also auf lauter ungleiche Fälle passen muss. Jeder Begriff entsteht durch Gleichsetzen des Nicht-Gleichen." (Nietzsche "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne.") Die Anschaulichkeit einer Erklärung endet dort, wo Begriffe nichtssagend sind, weil sie Einzelheiten nach dem Belieben einer Interpretation verallgemeinern und beliebig – also austauschbar – je nach ihrer Verbebildlichung und Bildung – besprochen und angewendet werden (siehe auch Täuschung). Blind gegen das Wesentliche lässt sich Nichtsagendes von einem bloßen Nominalismus und dessen Normation, von Ideologie überhaupt nicht wirklich unterscheiden. Ohne ihre allgemeine Substanz, ohne ihre organische Herkunft stellen sie lediglich die Mutmaßungen eines philosophischen Einfalls dar, die mit einem – meist edelmutigen Begriff aus dem Repertoir der Bildungsbürger – über alle Löcher der Erkenntnis hinweg getäuscht wird. Das "Schwarze Loch" in dem hiermit gebildeten Wissen saugt ihre Inhalte in den vielen hermeneutischen Zirkelschlüsse auf, die in ihrer Anwendung das Bestehende an sich selbst binden und Wahrnehmungen fixieren, und also die wesentlichen, die sinnlichen Potientiale (siehe sinnliche Gewissheit) ihrer Erkenntnis zerstören, weil ihnen die gesellschaftliche Substanz ihrer Vernunft abgegangen ist und sie sich in den Zirkelschlüssen ihrer Beliebens aufbrauchen und die objektive Gleichgültikeit im Dazwischensein von Allem – also im Allgemeinen – sein lassen (siehe Dasein). Die wissenschaftlichen Erkenntnisse unterschieden ihre Ziele, ihre Wahrheit und also ihre Konsistenz, ihre Wahrnehmungsidentität durch ihr Verhältnis zu ihrem Gegenstand. Im Erkenntnisinteressse der Phänomenologie wird eine Abstraktion für die Ordnung von einzelnen Erkenntnissen angestrebt und betrieben, indem das, was sich in der Wahrnehmung wiederholt und allgemein machen und hieraus positiv formalisieren lässt. Deren Verallgemeinerung fasst solche Wissenschaft in der Anschauung ihrer Gestaltung auf, die sie selbst erst ihrem Gegenstand durch eine "eidetische Reduktion", indem sie ihm also eine Abstraktion ihrer Wahrnehmung zufügt. Ganz im Gegensatz hierzu gehen dialektische Erkenntnismethoden von einer realen Abstraktion in den Verhältnissen ihres Gegenstands als Grund ihres Erkenntnisinteresses aus und suchen einen Zusammenhang im Ausgeschlossenen, das seine einzelne Nichtigkeit, seine Negation in seiner allgemeinen Position geltend macht und nach einer Emanzipation aus ihrem Ausschluss, aus der Analyse ihrer Unwirklichkeit verlangt. Ein Begriff mag erst mal nur eine zufällige Interpretation sein. Doch als diese ist er unnötig, formuliert nur das bloße Dazwischensein im Gegebenem und bleibt tautologisch, also unwesentlich, ohne Substanz und Beweiskraft. Als bloße Interpretation formuliert er selbst nur einen hermeneutischen Zirkel (siehe Phänomenologie) und kommt nur auf sich selbst wie auf ein inneres Wesen zurück, das nicht wahr sein kann, weil es schon vor jeder Erkenntnis nur sich selbst genügen kann - eben so, wie es sich beliebt und beliebig und also unnötig ist. Das Material der Begriffsbildung ist die Sprache, wie sie sich in der bisherigen Kulturgeschiche entwickelt hat. Worte sind Sprache, Ausdruck und Mitteilung eines Wissens, praktisches Bewusstsein. Wo sie die Sache, die sie aufgreifen auch als das bezeichnen was sie ist, ihr einen Namen geben, müssen sie nicht unbedingt einen Begriff haben (siehe hierzu auch Nominalismus). Begriffe gibt es eigentlich und vor allem für Verhältnisse, die sich als Wirklichkeit nicht einfach so beschreiben und greifen lassen, weil sie im Einzelnen sich nicht als Teil oder Monment einer Allgemeinheit formulieren lassen. In der Einzelheit lässt sich dann deren Allgemeinheit nicht erkennen, wohl aber in den Verhältnissen ihrer Wirklichkeit aus ihrer Wirkung erschließen, sofern sie für sich nur widersinnig sind (siehe hierzu z.B. Tauschwert, Zwischenmenschlichkeit). Einer Begriffsbildung geht die Notwendigkeit des Begreifens, das Begreifen-Müssen voraus. In dieser Notwendigkeit schon unterscheidet sich das Erkenntnisinteresse, das Interesse an der Erkundung eines Wesens durch seine Analyse, wieweit es sich nur auf die Phänomene (siehe Phänomenologie), auf das Fakt als positives Dasein selbst (siehe Positivismus), auf dessen idealen Zusammenhang (siehe Idealismus) oder auf dessen Wirklichkeit, dem Verhältnis seines Verhaltens (siehe Dialektik) bezieht. Was in der Ideologie schlichte Angleichung von Vielem in Einem ist, soll durch die Begriffsbildung als Unterschiedenheit im stetig Gleichen als dessen Begriff erkannt und ausgearbeitet werden. Denn in der Tat kann das "Gleichsetzen des Nicht-Gleichen" kein konkretes Wissen darstellen oder bilden, sondern nur eine Abstraktion. Wie aber, wenn es diese auch wirklich gibt, wenn Worte Realabstraktionen darstellen müssen? Die substanzielle Argumentation einer Theorie besteht aus der Elementarform ihrer Begriffsbildung. Die Bedeutung oder der Name von etwas muss nichts anderes als diese im praktischen Verkehr der Menschen kennzeichnen und muss daher auch nicht notwendig einen anderen Begriff haben als diesen Namen (siehe auch Nominalismus), den die Sprache hierfür im Laufe ihrer Geschichte gefunden oder mäandert hat. Einen eigenständigen Begriff für etwas zu finden ist nur nötig, wo etwas unmittelbar unbegreiflich erscheint, wo also das, was darin mitgeteilt wird, nicht unmittelbar, also nur vermittelt ist und von daher auch eine unendlich scheinende Eigenständigkeit hat (siehe Verselbständigung). Sein Erscheinen muss daher in einem Widerspruch zu seinem Wesen stehen, das ein eigenständiges Mittel nötig hat, um anders zu scheinen, als es ist. Die Begriffsbildung ist hierbei also immer einer Täuschung auf der Spur, setzt voraus, dass ein Ding zugleich ein Unding ist, das eine Wirkung ohne Wirklichkeit hat, bzw. unwirkliche Wirklichkeit ist. Es zu begreifen verlangt das zu erkennen, was darin wirkt, ohne wirklich anwesend zu sein, was eine Substanz hat, die in ihrer Abwesenheit wirkt, abstrakt von ihrer Wirkung da ist (siehe Begriffssubstanz). Von daher unterscheidet sich die Erforschung des "Dahinterliegenden", die Analyse, ein anderes Vorgehen als die Darstellung des Begriffs, denn die geschichtliche Entstehung entfaltet sich nicht durch ihn (wie bei Hegel), sondern erklärt im Nachhinein seiner Entstehung den wesentlichen Zusammenhang von widersinnigen Erscheinungen als ihren Grund im Allgemeinen, der sich davon abgetrennt hat, weil er nur abstrakt allgemein verwirklicht ist (siehe Realabstraktion). "Allerdings muß sich die Darstellungsweise formell von der Forschungsweise unterscheiden. Die Forschung hat den Stoff sich im Detail anzueignen, seine verschiednen Entwicklungsformen zu analysieren und deren innres Band aufzuspüren. Erst nachdem diese Arbeit vollbracht, kann die wirkliche Bewegung entsprechend dargestellt werden. Gelingt dies und spiegelt sich nun das Leben des Stoffs ideell wider, so mag es aussehn, als habe man es mit einer Konstruktion a priori zu tun." (MEW Bd. 23, S. 27) Der dialektische Begriff ist der Begriff von Vertauschungen, folgt einer Geschichte, die sich in ihrem eigenen Grund verloren hat und von da her verkehrt wurde, sich in ihrer Folge gegen ihrem Grund vergreißt, stetig regrediert. Er setzt immer schon ein substanzielles Leben voraus, Geschichte, die sich verselbständigt hat, indem sie sich in abstrakten Verallgemeinerungen zu Formbestimmungen verkehrter Formverwandlungen entwickelt hat. In Formbestimmungen wendet sich ihr geschichtlicher Mangel gegen ihr Dasein, weil sie substanziell über ihre Form hinausgreift, ihre existenzielle Begrenztheit aber noch nicht zu überschreiten vermag - weil sich die Menschen noch kein Bewusstsein über die Entwicklung, die Fortbildung ihres geschichtlichen Potenzials gebildet haben und darin reaktionär geblieben sind. Was aber substanziell schon weiter ist als die Form, in der es sich verwirklichen muss, wird nicht auf Dauer unwirklich bleiben - es sei denn, es will sich selbst nichten. "Es wird sich ... zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, daß es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt." (MEW 1, S. 346) Um einen solchen Verhalt "auf den Begriff" zu bringen, muss erkannt sein, was ihn gerade in seiner Unwirklichkeit wesentlich ausmacht, was das Wesen seiner Negation ist und die Logik seiner isolierten Selbstbezüglichkeit, seiner Verselbständigung, seinen Trieb zur Ausschließlichkeit, ausmacht, Darin begründet sich etwas in der Negation des Anderen in der Reduktion auf sich selbst, auf die Substanz seiner Entfaltung, die Begriffssubstanz eines an und für sich unwirklichen Wesens (siehe auch Dialektik). Das verlangt, dass das Verhältnis, in dem ein Begriff sich bewahrheitet und beweisen lässt, daraufhin analysiert wird, was ihm seine Wirklichkeit nimmt, was es also auf etwas reduziert, das es nicht wirklich sein kann, weil es nur ist, wenn es seine Wirkung zu dem abstrahiert. was es nicht sein kann. Die Analyse beginnt also mit der Frage nach dem Grund eines Widerspruchs und folgt den darin entdeckten Besonderheiten und Absonderlichkeiten im Zusammenhang ihrer Verallgemeinerung, letztlich in der Frage, was in diesen sich überhaupt "zusammenhält", was also seine Substanz ist: eben das, was nicht wirklich ist und dennoch Wirkung hat, weil es seine Form bestimmt. Die Schwierigkeit der Analyse besteht aus der Suche nach einer unendlich wirksamen Substanz, in der alle Bestimmtheit des Gegenstands sich aufhebt. Das verlangt, in allem Konkreten das zu finden, was sich nicht nur im Gedanken, sondern auch wirklich von selbst unendlich fortbestimmt, weil es eine Naturalform hat, die sich dieser Unendlichkeit unterwerfen kann (siehe Begriffssubstanz). Beispiel: Ein Phänomen, das "verrückt" zu sein scheint: Die Arbeit pro Produkt wird immer leichter und schneller, weil es die Produktionsmittel ermöglichen, und dennoch leben die Menschen unter zunehmendem Zeitdruck, werden zum Großteil immer ärmer und haben mehr zu knechten, als dass sie freier werden könnten. Die Analyse ergibt eine Beschleunigung der Arbeit durch die Entmachtung der Menschen mittels Automation. Dies aber ist Unsinn, kann nur einen fremden Zweck haben. Es muss am Zweck der Zeit liegen, die ihre Arbeit bestimmt. Eigentlich nur bloße Form wird diese bestimmend über den Arbeitsprozess. Man kann dahin kommen, dass es daran liegt, dass die Produktion nur für den Warentausch geschieht und darin eine Täuschung eingeht, die alles verkehrt erscheinen lässt. Doch was macht die Substanz aus, an der sich beides festmacht? Es kann nur ein verkehrtes Verhalten in der Zeit sein, welche die Bewegung der Arbeit im Verhältnis zum Warentausch bestimmt. Die Arbeit existiert in einer Formbestimmung, die sich in der Zeit bemisst und für sich nur abstrakt, abstrakt menschliche Arbeit sein kann, Dialektische Begriffsbildung ist ein Forschungsprozess, der den Fragen folgt, die sich aus Widersprüchen ergeben. Ein Begriff wird in diesem Prozess zur Erkenntnis eines Zusammenhangs von Merkmalen, die einer Sache, einem Wesen oder einem Gegenstand in denen ihm eigenen Verhältnissen zukommen, also nicht nur Eigenschaften sind, die als wesentlich gelten, sondern als Substanz, in welcher sie sich identisch bleiben (dies im Gegensatz zur Phänomenologie). Der Begriff stellt somit einen Zusammenhang dar, der zwar geschichtlich geworden, nicht aber geschichtliche Wirklichkeit, also im Grunde unverwirklichte Geschichte ist (siehe historischer Materialismus). Mit einem Begriff ist also das Wort gefunden, das die hintergründige Substanz eines Zusammenhangs von Eigenschaften formuliert: Die Begriffssubstanz. Ein Begriff benennt den Zusammenhang einer Geschichte, auch wenn sie nicht unmittelbar zu begreifen ist. Als Kategorie der Logik ihrer wesentlichen Bestimmungen beschreibt er immer auch etwas, das nicht so erscheint, wie es wesentlich ist, eine Wirklichkeit, die zugleich unwirklich ist, weil sie ihren Grund nicht unmittelbar, also ohne Mittel hierfür offenbart. Eine solche Wirklichkeit wird durch begriffliches Denken erst erkennbar, erschließt der Erkenntnis ihren wesentlichen Zusammenhang. In der Begriffssubstanz muss der sinnliche Gehalt der Geschichte in seiner unwirklichen Wirkung erkannt sein. Sie kann sich daher nur in der Entfaltung einer Geschichte bewähren, ihrer Erklärung dienen, die nach einem Anderssein drängt, die also ihre Substanz auch konkret verwirklichen muss. In ihrer Erklärung wird sich ihr prinzipielles Wesen als systematischer Zusammenhang ihrer Teile in einem an und für sich toten Ganzen erweisen und beweisen, auch wenn und gerade weil es nicht wirklich ganz ist (siehe negative Dialektik). Es wird sich darin zeigen lassen, wie unnötig das Prinzip sich gegen diese Wirklichkeit stellt, wie es also überwunden werden kann und Geschichte wieder selbst lebendig wird. | ![]() |