"Die Tradition der toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf den Gehirnen der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen." (MEW 8, Seite 115) In zwischenmenschlichen Verhältnissen sind sich die Menschen selbst das Material ihres Lebens. Und wo Menschen dadurch bestimmt sind, dass sie im Vergleich ihrer gesellschaftlichen Geltung, füreinander gleichgültig, also in derselben Geltung für einander sein sollen (siehe Geld). Jede Bewertung bezieht sich auf die gesellschaftlichen Eigenschaften ihres Gegenstands, ganz gleich, ob diese sich materiell oder ideell verhalten. Einen Wert hat jeder Gegenstand durch das, was er von dem darstellt, was hierfür gesellschaftlich aufzubringen nötig ist, das aber eben nicht da (siehe Dasein), also abwesend ist. Objektiv ist jeder Wert Ausdruck einer Beziehung, die nicht unmittelbar wirklich so da ist, wie sie erscheint, die also lediglich als Verhältnis von Wertschätzungen existiert. Eine Bewertung ergeht also zunächst aus einem gesellschaftlich wirksamen Urteil, einer politischen Idee, die ihr Wissen und Bewusstsein aus einem allgemein gewordenen Verhältnis von Werten bezieht (siehe auch Lebenswerte), wie sie über die bisherige Geschichte eines politisch bestimmten Lebensraums überkommen sind (siehe hierzu historischer Materialismus). Auch wenn sie spontan eingebracht wird hat jede Bewertung einen Grund, der sich nicht einfach aus der unmittelbaren Notwendigkeit eines Urteils ergibt, sondern aus einer Geschichte, worin Bewertungen gesellschaftlich – also politisch – so entstanden sind, wie sie für ihre vergangene Wirklichkeit notwendig vermittelt waren. Was deren Wertschätzungen überhaupt anbelangt so ist das, was für diese Geschichte wichtig oder wesentlich gewesen sein mag und abwesend ist. Es war immer davon abhängig, wie es ihre Gesellschaft vorangebracht, weiter entwickelt hatte. Seiner sinnlichen Macht entsprechend ist jeder Wert so konservativ wie die Rechtsform seiner Bewertung. Von daher ist jede Bewertung ein Rückgriff auf das, was darin richtig war (siehe Recht) und daher als wertvoll angesehen werden musste. Und dies hängt natürlich vom Entwicklungsstand der wirklichen Gesellschaft und ihrer wesentlichen Lebensgrundlage ab, sieht also zwangsläufig vom Grund und Boden ihrer im allgemeinen gegenwärtig verfassten Verhältnisse ab, verfolgt die Absichten einer vergangenen Welt, um die gegensärtige zu beurteilen. Jedes Werturteil verfolgt somit eine Absicht, die vom konkreten Sinn und Nutzen, vom wirklichen Zweck und Mittel (siehe auch Vermittlung) ihrer gegenwärtigen Lebenswelt im Ganzen der Lebensäußerungen der Menschen absieht und in der Gegenwart einer ganzen Wirklichkeit, einen Wert veräußert, den ihre gegenwärtige Arbeit und Kultur haben und erfüllen soll. Er stellt also vergangenen Nutzen einer Arbeit dar, der einen vergangenen Sinn ihrer Kultur zu vergegenwärtigen haben müsste, um ihre Werte in einer gesellschaftlichen Wertform objektiv zu bewahrheiten – z.B. im Verhältnis der Tauschwerte zu ihrem Wert, in denen das Maß der Werte vergangener Arbeit nur über den Maßstab ihrer Preise gegenwärtiger Relationen der Tauschwerte von Gebrauchswerten verwirklicht werden kann). Durch das wirtschaftliche Resultat ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse entstand immer wieder eine Macht des Vergangenen über das Lebendige, der Besitzer toter und von daher um so wertvollerer Güter, die eine tote Kultur über die lebendige Kultur errichteten. Und es konnten sich daher die Herrschenden nicht nur kulturell, sondern auch wirtschaftlich bereichern. Was als kultureller Reichtum erscheint ist eben immer nur ein Reichtum der Verwesung, die Dekadenz der politischen Gewalt der Herrscher, die sich persönlich durch die Werte ihrer Religion, durch das Recht ihrer Gebote über ihre feudale Staatsgewalt politisch legitimierten und die darin formalisierten Pflichten der Armut zum Erhalt ihrer Klasse nutzten (siehe Klassengegensatz). So wurden unabhängig von persönlicher Macht gesellschaftlich erzeugte Güter besetzt und es konnten die erfolgreichen Besatzer sich aus den Notwendigkeiten ihres Lebens entwickeln und emanzipieren, sich in seinem Sinn und Nutzen durch ihren geschichtlich gewordenen und werdenden Reichtum befreien, der den gesellschaftlichen Reichtum der persönlichen Verfügung den Mächtigen privat überließ wodurch sie die anderen beherrschten und verarmten. Denn die Aneignung dieses Reichtums überwindet die Bewertung seiner Verhältnisse und macht sie für deren Geschick faktisch. Den ohnmächtig gebliebenen wurde deren Existenz und Kraft abverlangt. Um ihre Existenz zu bewältigen mussten die Armen sich den Werten des privaten Besitzes überantworten. So war mit dem gesellschaftlichen Wert der Güter war der privat verfügte Besitz mächtig geworden und hatte Menschen in Klassen gegeneinander aufgebracht. Denn jede Wertschätzung ist nur die Beziehung auf einen Erfahrungsschatz, wodurch dieser einen Wert hat, wenn er eine gesellschaftliche Bewertung dadurch erfahren hat, dass er etwas darstellt, was nötig für eine Gesellschaft und deren Entwicklung ist, weil es das Material ihres Daseins verkörpert. Aber einen Wert hat dieses nur dadurch, dass es nicht wirklich da ist, wo es notwendig da zu sein hat, dass etwas also abwesend ist, wo es wesentlich ist und duch sein Wesen auch sein muss, als dieses Wesen da sein müsste, damit die Beziehungen in einer Gesellschaft sich erhalten und verhalten, ihre Verhältnisse wirklich bewahren und bewähren können (siehe hierzu auch Dialektik). Ohne diese Wirklichkeit sind diese in der Not ihres Wesens (siehe Wesensnot), verhalten sich widersinnig zu sich selbst und beziehen sich deshalb auch nicht wirklich auf Andere, sondern nur durch ihr abwesendes, ihr abstraktes Wesen, durch die Substanz ihrer Natur, wie sie immer tatsächlich gegeben, wenn auch nicht wirklich da ist. Eine Bewertung sollte daher einen gesellschaftlichen Aufwand so darstellen, wie er allgemein gültig geworden war. Sie gibt auch gerne vor, sich aus der ihr vorausgesetzten wertbildenden Tätigkeit abzuleiten, stellt aber im Verhalten zu ihren Gegenständen erst im Dazwischensein ihrer Verhältnisse einen Wert her, der ohne solche Tätigkeit keine Wahrheit haben und auch nicht finden kann, weil er sich nur aus der Gleichgüligkeit der Beziehungen im Vergleich ihrer Produkte herausbildet. Der Wert mag ein Substantiv sein, hat aber deshalb selbst noch lange keine Substanz durch sich. Einen Wert an sich gibt es nicht, auch wenn es schlechte und gute Eigenschaften einer Sache, eines Menschen usw. für den geben mag, der eine Bewertung nötig hat. Sein Werturteil spricht aber nur seine bloß formelle Beziehung auf diese aus. Was mir selbstverständlich ist, muss ich nicht bewerten. Eine Bewertung stellt immer ein äußeres Verhältnis dar, die Beziehung auf einen äußeren Gegenstand, einem Gegenstand, von welchem ich mich getrennt fühle und meine Beziehung selbst als Isolation leide, als Mangel meiner Bezogenheit, den ich in der Bewertung überwinde. Ich bewerte etwas, wenn mir daran etwas fehlt, das also einen Wert bekommt, weil es nicht vollständig da ist, nicht als ein vollständiges Ganzes für mich da ist. Bewertung ist eine Rückbeziehung, in welcher Äußeres mir zum Inhalt wird. Denn was etwas einem Menschen bedeutet, kann nicht bewertet werden; es ist seine bestimmte, sinnhafte Beziehung, die er dazu hat und die seine Empfindung ausmacht. Im Unterschied hierzu erkundet eine Bewertung das Maß einer Güte, die Quantifizierung einer bestimmten Qualität, die eine Sache, ein Ereignis oder ein Mensch oder Tier nicht nur für einen Menschen, sondern allgemein und gesellschaftlich hat. Bewertung setzt ein Verhältnis voraus, worin dieses Wert hat, z.B. als Benotung eines Schülers im Verhältnis zum Lehrstoff und den Leistungen seiner Mitschüler. Es geht also immer um eine Beurteilung dessen, als was dies gesellschaftlich gelten soll. Die Schwierigkeit einer Bewertung liegt darin, wie die Qualität, welche dem Urteil zugrunde liegt, zu bestimmen ist. Diese allein macht das Prinzip aus, wonach bewertet wird. Ist ein bewertendes Prinzip einmal eingeführt, so entwickelt es auch schnell eine selbständige Wirklichkeit. Die bewerteten Beziehungen gehen darin unter und die wertende Substanz erzeugt Verhältnisse, die sich nur aus ihrem Substrat ergeben. So mag z.B. der Sport für die Menschen noch Wettkampf um Fähigkeiten sein; im Prinzip verwirklichen sich aber nur Zahlenwerte im Vergleich der Zeiten oder Punkte, und die Fähigkeiten richten sich nur hiernach aus. Was ein Vorsprung von einer Hundertstelsekunde über die Fähigkeiten eines Skifahrers aussagt sei dahingestellt. Jedenfalls sagt er aus, mit wie viel Todesmut er sich auf die Rennbedingungen einlässt und wieweit er von sich absehen kann. Bewertung erzeugt ein Urteil über etwas nach dem Maß von etwas anderem, wie es hierfür gut ist. Das andere kann stofflich (z.B. Gold), Leib und Leben oder auch rein geistig sein (z.B. Gott, Ethik). Wie immer es für sich begründet sein mag, wesentlich für die Bewertung ist der Grund, warum es hierfür als Maß dient, welche Qualität es also für die Beziehungen formuliert, die es bewertet. Warum kann man durch Gold z.B. einen Stuhl bewerten, also meinen, er sei so und soviel Gold wert? Wie kann man durch Leib und Leben z.B. Besitz bewerten, also einen Diebstahl durch so und soviel Freiheitsentzug sühnen? Was ist ungeborenes Leben wert? Was lässt das Urteil zu, wann es dem kranken Leben unterordnet werden kann, ihm dienlich sein muss oder kann? All diese Fragen sind nicht wirklich zu beantworten und zum Teil geradezu absurd. Das zeigt das grundsätzliche Unvermögen einer Bewertung deutlich, das sich notwendig gleichgültig zu jedem bestimmten Sein verhält. Es wird lediglich aufgelöst durch etwas Drittes, welches dem Verhältnis des Bewertens in einer bestimmten Art und Weise entspricht, ihm eine Form bietet und von daher, also ihm äußerlich, seine Güte formulieren soll als Maß einer Formbestimmung, z.B. aus einer praktischen Notwendigkeit aus dem Leiden von Menschen heraus, aus einer sozialen Bedeutsamkeit oder einer Moral, entweder negativ, also ausschließend und abweisend (z.B. Verhinderung von Euthanasie), oder positiv, also maßgebend als Qualität, um welche die Bewertung kreist (z.B. Menschlichkeit). In beiden Fällen kann die Bewertungsgrundlage niemals konkret sein, also nichts sein, was wirkliches Maß setzt, was das Maß in sich trägt wie z.B. ein Liter Milch ein Liter an Milch ist. Die Bewertungsgrundlagen sind immer subjektiv und geschichtlich, ihre Zuordnung mehr oder weniger willkürlich, je nachdem, was sie für den Erfolg oder Misserfolg einer Geschichte taugen - aber auch dies selbst ist schon wieder "Ansichtssache". Bewertung beruht erst mal auf einer Gedankenabstraktion als ein Urteil aus einem abstrakten Sinn heraus, ein Urteil ohne Teil und Ganzes, ohne Grund. Es wäre sonst objektiv, Erklärung, begriffene Ganzheit von Zusammenhängen (siehe Begriff), die - ohne Bewertung - selbst nur konkret sein können. Solches Urteil unterstellt ein Subjekt, das durch seine eigene Unbegründbarkeit in der Lage ist, Wert zu beurteilen. Dies kann nur ein Subjekt sein, welches von jeder Begründung, also von allem absieht, was mit dem bewerteten Objekt zu tun hat. Es ist ein abstraktes Subjekt, das sich hinter der Bewertung als Vorstellung einer Urteilskraft (z.B. Vernunft), als Ideologie oder einer anderen Gedankenabstraktion versteckt. In ihr wird subjektives Urteil objektiv durch den Wert, den etwas bekommt, und der sich als Wille vermittelt, dass es auch so sein soll, wie es bewertet ist. Es kann Wert niemals für sich selbst oder durch sich haben und ist daher existente Form des Urteils, solange es sich nicht an ihm selbst unsinnig macht. Es mag ein Gott in der Beurteilung des Lebens aparten Sinn für die Menschenliebe stiften, wenn er über Gut und Böse zu befinden versteht; - nimmt bei den wirklichen Menschen die Notwendigkeit zur Sünde überhand, so wird der Gottesglaube Unsinn. Umgekehrt besteht eine Bewertung objektiv als Realabstraktion in einem Wertverhältnis, solange darin gesellschaftliche Notwendigkeiten vermittelt sind, gleichgültig, wie dies subjektiv beurteilt wird. Wenn und weil Wert die Produkte gesellschaftlich notwendiger Arbeiten abstrakt aufeinander bezieht (siehe abstrakt menschliche Arbeit), setzt er sich "mit Naturgewalt" auch gegen den Willen der Menschen durch. Er bestimmt die Verhältnisse der Menschen, indem er ihre Lebensmittel als Wertform zur Gesellschaft bringt (siehe Formbestimmung), so dass ihnen ihr gesellschaftliches Verhältnis als Verhältnis ihrer Sachen erscheinen (siehe Warenfetischismus). Was an den Waren, welche die Wertform dieser Sachen sind, bewertet ist, ist nur scheinbar durch die Menschen bestimmt (z.B. als Preis). Darin drückt sich immer die Realabstraktion der Vermittlung von menschlicher Tätigkeit aus, auch wenn dabei und darüber zu verhandeln ist. Wo subjektive und objektive Bewertung zusammenfällt ist der Kreis geschlossen. Gut ist, was gefällt, auch wenn schlecht ist, was Gefallen macht. Was in der Trennung von Bewertungen noch unterscheidbar war, ist dann die Gültigkeit einer Welt, die Menschen einfach nur Leben können müssen, um darin zum Leben zu kommen, auch wenn es der leibhaftige Tod ist. Allgemein besteht eine Bewertung als Geltung und Gültigkeit von ökonomischen Werten (Geld), kulturellen Werten (Seele) und rechtlichen Werten (Wille) fort. | ![]() |