"Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör"" (Wilhelm Busch, "Die fromme Helene"") Im Unterschied zu den Verhältnissen der Sitten ist das Brauchtum aus dem Verhältnis eines allgemeinen Nutzens über dio Vergemeinschaftung der Bedürfnisse und Arbeiten im Lebensraum einer bestimmten Kultur entstanden (siehe auch Gemeinsinn). Der Begriff kommt daher vom Gebräuchlichen, von der Beständigkeit des Nutzens der Arbeit, den jeder Gebrauch erbringt und für die Form eines menschlichen Verhältnisses Sinn macht und dieses zugleich darin formell bestärkt, dass es seinen Sinn an seine Gemeinschaft bindet und in der Einheit von Bedarf und Aufwand zugleich einen selbständigen Gemeinsinn produziert. Im Brauch bewahrt sich daher der Gebrauch im Jenseits seiner Vernutzung und übersteht durch die Gewohnheiten der Menschen die Wahrnehmungen als kulturelle Inhalte ihrer Selbstwahrnehmung. Darin reproduziert das Selbstgefühl einer Tradition, die Geschichte, indem sie diese ls Form einer Lebensgemeinschaft simuliert, indem sie Gefühle vergegenwärtigt, die sich durch althergebrachte Lebensformen ihrer selbst versichern, indem sie deren vergangene Inhalte vergemeinschaftet und sich in deren Erleben im Verein von zwischenmenschlichen Verhältnissen füllt, sich darin festhält und als eigenständige Kultur verfestigt. Brauchtum ist ein Kult der Gewohnheiten eines Kulturkreises, die Selbstbestärkung und oft auch Selbstbehauptung der dort vorherrschenden sozialen Prinzipien des Glaubens, der Sitten und Bräuche. Deren Form wird damit zum Sinn einer Formbestimmung, die sich im Gebrauch verstetigt hat und als Gegewärtigkeit sinnvoll erscheint, wiewohl sie nur vergangen Nutzen bestätigt. In dieser Verdoppplung erscheint im Brauchtum ein Sinn bewahrheitet, weil dieses Verhältnis als seine Bewährung betrieben wird, wiewohl es nur aus seiner Vergangenheit besteht und diese zu konservieren sucht. Es wird somit das gemeinsinnige Verhältnis von Sinn und Nutzen zu einer Herrschaft des Nutzens über jeden Sinn, indem sich dieser als stetige Vergangenheit in der Gegenwart darstellen soll, um die Selbstentfremdung der kultivierten Sinne als Edelmut eines entsinnlichten Verhältnisses erscheinen zu lassen. Es ist die allgemein gültige Gewohnheit des Bürgertums, des Handwerks und der Landwirtschaft. Im Unterschied zur Sitte gründet das Brauchtum auf Lebensprozessen, meist aus der Arbeit im Verhalten zur Natur und im Glauben an deren Allmacht, ist somit die Gewohnheit einer kulturell aufgehobebn Naturmächtigkeit und zugleich deren hintersinnige Verewigung (siehe auch Liturgie). So dient das Brauchtum auch als Lebensform für sich, als Kult der Geschichte. Darin hat es die Funktion, Gemeinschaften auf der Basis ihrer Kulte zusammenzuhalten und auch darin als Sitte zu fungieren, die ihm Brauch überschaubar ist, als die "Sittlichkeit des kleinen Mannes" der Großes tut und als Edelmut des Kulturbürgertums, das sich damit seine allgemeine Kultiviertheit auch im Besonderen beweist. |
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