"Der vollendete politische Staat ist seinem Wesen nach das Gattungsleben des Menschen im Gegensatz zu seinem materiellen Leben. Alle Voraussetzungen dieses egoistischen Lebens bleiben außerhalb der Staatssphäre in der bürgerlichen Gesellschaft bestehen, aber als Eigenschaften der bürgerlichen Gesellschaft. Wo der politische Staat seine wahre Ausbildung erreicht hat, führt der Mensch nicht nur im Gedanken, im Bewußtsein, sondern in der Wirklichkeit, im Leben ein doppeltes, ein himmlisches und ein irdisches Leben, das Leben im politischen Gemeinwesen, worin er sich als Gemeinwesen gilt, und das Leben in der bürgerlichen Gesellschaft, worin er als Privatmensch tätig ist, die andern Menschen als Mittel betrachtet, sich selbst zum Mittel herabwürdigt und zum Spielball fremder Mächte wird. Der politische Staat verhält sich ebenso spiritualistisch zur bürgerlichen Gesellschaft wie der Himmel zur Erde. Er steht in demselben Gegensatz zu ihr, er überwindet sie in derselben Weise wie die Religion die Beschränktheit der profanen Welt, d.h., indem er sie ebenfalls wieder anerkennen, herstellen, sich selbst von ihr beherrschen lassen muß. Der Mensch in seiner nächsten Wirklichkeit, in der bürgerlichen Gesellschaft, ist ein profanes Wesen. Hier, wo er als wirkliches Individuum sich selbst und andern gilt, ist er eine unwahre Erscheinung. In dem Staat dagegen, wo der Mensch als Gattungswesen gilt, ist er das imaginäre Glied einer eingebildeten Souveränität, ist er seines wirklichen individuellen Lebens beraubt und mit einer unwirklichen Allgemeinheit erfüllt." (MEW 1, Seite 354f) In der bürgerlichen Gesellschaft erscheint ihre Kultur der Menschen als ein Gemenge von Empfindungen und Gefühlen, welche die Beziehungen zwischen ihnen an Ihnen und ihren Gegenständen von ihrem Leben wahrnehmen und wahrmachen – was sie in ihren Sitten, Bräuchen und Stimmungen sich angewöhnt haben (siehe Gewohnheit). Ihre Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung ist die Elementarform ihrer Kultur. Die bürgerliche Kultur ist eine Kultur eingebürgerter und von da her verbürgten Existenzen, heute in unseren Breiten also einer Kultur der Geldbesitzer. Darin ist Geld als allgemeines Kaufmittel objektiv zum gesellschaftichen Subjekt geworden. Subjektiv bestimmt sie sich daher aus dem Bedürfnis nach dem Verkauf einer unverkauften Warenmenge über den Warentausch (siehe hierzu subjektiver Objektivismus). Als eine bloß objektive Form verstanden wird Kultur oft mit einer bestimmten Art des Lebens, einer Lebensart (siehe hierzu Mode) gleichgesetzt, wie sie in allen gesellschaftlichen Verhältnissen sich durchsetzt und auch durch öffentliche Medien und Bildung veranstaltet wird. Aber Kultur ist vor allem das Gedächtnis der Geschichte. Für sich hat Kultur nämlich einen Sinn, der nicht nur strukturell zu begreifen ist, weil er die ganze Sinnbildung einer Gesellschaft betrifft, sondern die Verhältnisse seiner Entstehung, seiner Geschichte selbst dokumentiert. Die Bürgerliche Kultur ist das Dasein der Selbstwahrnehmungen in einem Lebenszusammenhang vergegenständlichter Gefühle, in einer Welt voller objektiver Gefühle, in der sich vor allem objektive Selbstgefühle aufeinander beziehen. Es ist die Kultur "burgherrlicher" Verhältnisse, die Logik einer Kultur der Selbstgefühle, wie sie sich in abgeschotteten Existenzformen, der Privatform gesellschaftlicher Sinnhaftigkeiten bilden (siehe bürgerliches Subjekt), als Gesellschaftsform einer sinnlichen Selbstbezogenheit in den Verhältnissen des Geldbesitzes (siehe hierzu vor allem "Skizzen zu einer Kritik der politischen Kultur"), wie sie zwischen den Menschen existiert (siehe auch Dazwischensein. Dieses vermittelt sich in zwischenmenschlichen Verhältnissen, worin sie die Elementarform ihrer gesellschaftlichen Beziehungen durch ihre Zwischenmenschlichkeit einnehmen und sich darin äußern, veräußern. und auch entäußern. In ihnen finden die Persönlichkeiten der Marktwirtschaft den Sinn für ihr einzelnes und vereinzeltes, ihr an und für sich isoliertes Leben, soweit sie ihre Existenz, die Reproduktion ihres Daseins bezahlt haben (siehe Geld als Zahlungsmittel) und sich darüber hinaus ihre Kultur erkaufen können (siehe Geld als Kaufmittel), soweit sie ihre Freizeit leben und genießen können, also auch Geld hierfür zum Leben haben (siehe hierzu auch Geldbesitz). Geld verwirklicht sich gesellschaftlich als allgemeines Privateigentum im Warentausch durch das egoistische Interesse des Eigennutzes, das zugleich das Allgemeininteresse eines Geltungsstreben der Konkurrenten in der Geldform zur Folge hat, wodurch ihnen die Freiheit ihrer Selbsverwirlichung gewährt wird. "Die Freiheit des egoistischen Menschen und die Anerkennung dieser Freiheit ist ... die Anerkennung der zügellosen Bewegung der geistigen und materiellen Elemente, welche seinen Lebensinhalt bilden. Der Mensch wurde daher nicht von der Religion befreit, er erhielt die Religionsfreiheit. Er wurde nicht vom Eigentum befreit. Er erhielt die Freiheit des Eigentums. Er wurde nicht von dem Egoismus des Gewerbes befreit, er erhielt die Gewerbefreiheit. " (MEW 1, Seite 369*f) In den Verhältnisformen des Privateigentums bespiegelt sich das bürgerliche Subjekt in zwischenmenschlichen Verhältnissen als Mensch, lebt also im Widerschein des Menschlichen durch andere, durch die es sich in seinen Erlebnissen als Zwischenmensch an und für sich narzisstischer Beziehungen wahrhat, während es ihm frei steht, was es von diesen wirklich wahrnimmt, weil durch seinen Geldbesitz seine subjektive Freiheit von den objektiven Notwendigkeiten seiner Gesellschaft getrennt erscheint und es von daher nur eine ästhetische Wahrheit kennt (siehe auch Selbstgefühl). Doch Geld erwirbt man im Warentausch nur durch den Verkauf nützlicher Dinge, welche andere benötigen oder haben wollen. Wer Geld für seine Freizeit ausgeben kann, hat eine überschüssige Nützlichkeit zur Hand, die abstrakt allgemeine Nützlichkeit des Geldes für den Kauf beliebiger Dinge (siehe Geld als Kaufmittel) und Dienstleistungen, die jenseits ihres Nutzens für die Reproduktion der Menschen Mehrwert veräußern (siehe auch Luxus) kann, der die Sinne der Geldbesitzer auch in ihrem bloßen Erleben ausfüllt, reizt oder befriedet, sie in ihrem Verhältnis zu sich, in ihrer Selbstwahrnehmung bestärkt (siehe auch Ästhetik) und fortbildet (siehe auch Sinnbildung). Bürgerliche Kultur gründet daher zum Einen auf den Verhältnissen der Nützlichkeitsbeziehungen des Warentauschs, zugleich aber auch jenseits dieser Beziehungen, welche die bürgerlichen Existenzverhältniss ausmachen, als Sinn für sich (siehe abstrakt menschlicher Sinn), als ein Sinn, der in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen getrennt hiervon vermittelt wird. Weil diese Kultur vor allem dort selbständig existiert, wo ihre Gegenstände keinen Nutzen für den Markt haben können und als Sache nicht unbedingt verkäuflich sein müssen, spiegelt Bürgerliche Kultur nicht einfach nur Marktverhältnisse wieder. Ihre Sinnbildungen und Bedeutungen existieren als Kulturgüter und Sinngestalten, die in der Bürgerlichen Gesellschaft auch schon vor ihrer Produktion und ihrem Dasein auf den Märkten zwischen den Menschen durch die geschichtlichen Verhältnisse ihrer Wahrnehmungen und Selbstwahrnehmungen entstanden sind. Wenn und wo sie (z.B. im Tourismus) vermarktet werden richtet sich ihr Preis wie der jeder Ware nach der Nachfrage, ihr Wert jedoch ist wesentlich unveräußerlich, weil er im Grunde unvergänglich ist, also nicht in die Reproduktion der Menschen eingehen kann, sondern nur durch die Rechtsform von Eigentumstitel vermittelt ist. Bürgerliche Kultur gründet also einerseites auf den Verhältnissen der Marktwirtschaft und des Warentauschs, worin Menschen aus ihrer existenziellen Isolation hervortreten, um als Subjekte ihrer Besitztümer aufzutreten. Zugleich jedoch verhalten sie sich auch als deren Sinnesgestalt in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen, worin sie sich als Subjekte ihrer Kultur unmittelbar gesellschaftlich begegnen. Während ihre Beziehung auf dem Markt nach dem Wert ihres Besitzes aus den Produkionsverhältnissen bestimmt ist, wie er sich im Kauf und Verkauf von Waren in deren Zirkulation auf den verschiedenstenen Märkten realisiert, ergibt sich aus ihren zwischenmenschlichen Beziehungen eine Selbstwahrnehmung, in der sie ihre Selbstachtung für einen Selbstwert veräußern und darin erfahren, was und wodurch sie sich gegenseitig zwischenmenschlich erhalten, brauchen und verbrauchen. Es herrscht von daher ein reziprokes Verhältnis von Sachwerten und Selbstwert: je mehr Wert Sachen und Geld transportieren, desto wertloser wird das Leben der Menschen in und für den Kapitalismus und desto notwendiger wird ihre Selbstbestätigung in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. In dieser Reziprozität vereint sich die Entfremdung des Menschen von sich und seinem Produkt, wie sie zwischen Arbeit und Bedürfnis in der bürgerlichen Gesellschaft existiert, mit der Entfremdung des Menschen vom Menschen zwischen Selbstachtung und Selbstwahrnehmung und wird durch deren Ästhetik zu einer mit sich einigen Selbstentfremdung. Die bürgerliche Kultur ist von daher eine Kultur, worin sich der allgemein gültige Selbstwert zwischenmenschlicher Verhältnisse darstellt. Dieser erzeugt sich aus der Selbstverwertung, aus dem Gebrauch und Verbrauch der Selbstachtung von Menschen, die den ästhetischen Erfordernissen ihrer Zwischenmenschlichkeit genügen müssen, um als deren objektives Subjekt in ihrer Selbstwahrnehmung subjektiv zu sein, um sich also als bürgerliches Subjekt anzuerkennen und sich als solches zu reproduzieren und fortzubilden, solange sie sich als dieses noch leiden können. Ihnen droht immer der Verlust menschlicher Beziehung überhaupt durch den Verlust ihrer Zwischenmenschlichkeit, durch die Abwesenheit menschlicher Sinnlichkeit, durch Vereinsamung. Von daher ist die zwischenmenschliche Entfremdung die letztliche Entfremdung des Menschen überhaupt. Der Rückhalt der bürgerlichen Kultur ist die äußerste Sphäre des Kapitalismus, besonders da, wo er selbst überhaupt keinen Sinn mehr macht. Von daher kann sie selbst zur unmittelbaren politischen Macht werden, wenn und wo die bürgerliche Gesellschaft an ihren ökonomischen Widersprüchen zusammenbricht. Was dann als Rückhalt bleibt, ist der faschistische Staat als Gewalt einer Staatskultur, als Kulturstaat. Von daher beruht die Bürgerliche Kultur im Allgemeinen auf dem Sinnverlust der Selbstwahrnehmung, auf dem Mangel selbstbezüglicher Wahrnehmungsverhältnisse, die sich als Geltungsbedürfnis der sich darin verwirklichenden Menschen durchsetzen muss, und ihre Substanz aus dem Sinnverhältnis von Warenbesitzern bezieht, die als bürgerliche Subjekte nicht nur Gebrauchswerte für ihre Existenz, sondern zugleich auch Selbstwert gegen den Verlust an Sinn für ihre Leben beziehen müssen. Von daher begründet sich dieser Wert aus der Selbstachtung von Menschen, die den Sinn für sich in einem Selbstwert aufheben, der ihrer gesellschaftlich wirklichen Beziehung an Wert für ihr Leben, an Lebenszeit abgeht. So vermittelt sich in dieser entfremdeten Form der Selbstachtung zugleich die den Menschen fremde Wertform ihrer sachlichen Verhältnisse. Indem sie sich praktisch aus der existenziellen Entfremdung durch den Nutzen fremder Ware und der Unnützigkeit des Eigenen gewinnen, sich also wechselseitig den Überschuss ihrer Waren zum jeweiligen fremd begründeten Eigennutzen, für ihren bloßen Konsum aneignen, bestärken sie einen allgemeinen Selbstwert aus ihrer Selbstwahrnehmung in den für sie immer sinnloser werdenden Verwertungsverhältnisse der Marktwirtschaft. In ihrer Zwischenmenschlichkeit gewinnen sie je nach dem Ausmaß ihres Geldbesitzes eine menschliche Identität, durch die sie sich als Menschen, die durch den Besitz von Waren, die an und für sich beziehungslos, also gleichgültig nebeneinander auf dem Markt angeboten und je nach Nachfrage getauscht werden, unmittelbar menschlich erscheinen können. Geld ist dabei die einzige Form ihrer wirklich gesellschaftlichen Vermittlung, in der sich diese Gleichgültigkeit als allgemein gleiche Geltung der gesellschaftlich gegenwärtigen Dinge durch ihren Wert als Tauschwert darstellt und mitteilt und bedarf von daher an und für sich keiner eigenständigen Kultur. Der Geldbesitzer kann sich praktisch auf alles als Käufer im Rahmen der für ihn rein quantitavi verfügbaren Geldmenge beziehen, weil er über das gesellschaftliche Faustpfand, das abstrakt allgemeine Tauschmittel Geld verfügt und von daher als Subjekt gegen alle Verkäufer auftreten kann. Kultur kann sich darin nicht verwirklichen - im Gegenteil. Sie verschwindet in jedem Kaufakt, weil darin bloßer Nutzen die Hände wechselt, aus der Hand des Besitzers, dem die Ware unnütz und Geld nützlih ist, in die Hande des Konsumenten übergeht, indem sein Geld aus seiner Tasche verschwindet, um im Verzehr dieser Ware unterzugehen. Solche Kultur bliebe die bloß (für sich) unsinnige Erscheinung dieser Vermittlung (siehe Widerspiegelungstheorie), wie sie als Glaube an das Geldverhältnis, dem Warenfetischismus auftritt. Dadurch wäre schon kulturell von allen Lebensinhalten abgesehen - ein Widersinn in sich, wodurch ja lediglich die Lebensmittel und Werkzeuge (Produktionsmittel) als Produkte einer sogenannten Realökonomie ausgetauscht werden, wodurch sich zwar die bürgerliche Gesellschaft fortbildet, aber in dieser Fortbildung ihre Kultur nur nichten könnte. Kultur ist aber Ausdruck und Inhalt eines bestimmten Lebensverhältnis, wo es selbst nicht mehr unbedingt nützlich ist. Von daher kann sie auch inhaltslosigkeit des wirtschaftlichen Nutzens ausgleichen oder sogar ersetzen (z.B. Kulturevents zum Ausgleich von Entfremdungsgefühlen oder als Unikat, das als dieses Geldwert in den Tresoren von Banken speichert). Sie wird aber erst zu einem wirklich eigenständigen Moment der bürgerlichen Gesellschaft unter der Bedingung von Geldbesitz, der über den Bedarf an Produktions- und Lebensmittel hinausreicht, also als reiner Mehrwert politischer Macht durch den Geldumlauf unrealisierter Arbeit oder staatlicher Verfügugungsmacht (siehe bürgerlicher Staat) über den Lebensraum der Menschen (siehe Grundrente) vermittelst der Funktion des Geldes selbst bestimmt (siehe z.B. auch Feudalkapital). Die Menschen können damit Möglichkeiten des Erlebens finanzieren, denen keine andere Wirklichkeit entspricht, als die von Ereignissen der Selbstwahrnehmung. Die hierdurch gewonnenen Reizungen und Erregungen bestimmen auch das unmittelbare zwischenmenschliche Lebensverhältnis, welches die Isolationen der bürgerlichen Wirklichkeit, der Tauschverhältnisse vermittelst des Warenbesitzes und der Konkurrenz der Arbeitskräfte, dadurch aufhebt, dass Geld eine unendliche Selbstbeziehung im Reich unendlicher gesellschaftlicher Möglichkeiten ermöglicht. Bürgerliche Kultur ist das Verhältnis dieser Selbstbezogenheiten der Zwischenmenschlichkeit schlechthin zum Nutzen aller im Sinn für sich: das gesellschaftliche Verhältnis von Selbstwahrnehmungen, wie es sich im Umgang miteinander darstellt und ausdrückt und vergemeinschaftet. In dem Maße, wie der gesellschaftliche Reichtum in seiner bloßen Geldform zunimmt, verarmt die gegenständliche Beziehung der Menschen. Es scheint, als ob der Reichtum der Menschen in dieser Form eine gewaltige Kraft (siehe fremde Kraft) gegen sie enthält, so dass sie sich - soweit möglich - auf ihre zwischenmenschlichen Verhältnisse zurückziehen. Die bürgerliche Kultur ist eine Reflex auf diese Entfremdung und wird hiervon im Nachhinein zu ihrer gesellschaftlichen Form wesentlich bestimmt (siehe Formbestimmung). Hierdurch wird der Lebenszusammenhang der Menschen zu einem eigenen Lebensraum in diesen zwischenmenschlichen Verhältnissen, in welchen die gesellschaftliche Kultur vor allem Gegenstand ihrer Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung ist (siehe Kulturkonsum). Solche Verhältnisse beruhen darauf, was Menschen voneinander wechselseitig wahrhaben und worin sie die Lebenserfahrung ihrer Empfindungen und Gefühle austauschen. Selbständig von ihrer gesellschaftlichen Existenz verabsolutiert diese Kultur die Wahrnehmung auf der Grundlage dessen, was die Menschen von sich wahrmachen gegen die Erkenntnis des gegenständlichen Lebens, also gegen menschliche Äußerung und Außenwelt, Gegenständlichkeit schlechthin. Von daher wird die bürgerliche Kultur Form menschlicher Erkenntnis, die bestimmt ist durch das zwischenmenschliche Verhalten, in welchem sich Menschen zur Tatsache einer Lebensform werden. Die bürgerliche Kultur wird so zum Dasein einer formbestimmten Erkenntnis. Bürgerliche Kultur ist somit entäußerte menschliche Kultur (siehe Entfremdung), die Form eines kulturellen Widerspruchs, Existenzform widersprüchlicher menschlicher Identität, die sich als äußere Notwendigkeit einer Identitätsfindung zusammenfügt - eine Art Identifizierungssystem für die Menschen, die darin leben (siehe Logik der Kultur). Sie entfaltet sich als Sinn, den Menschen füreinander haben und den sie nötig haben, um sich als Mensch zu fühlen. Was Menschen für sich erkennen, die Wahrheit ihres Verhältnisses, existiert im Gegensatz von dem, was sie Wahrnehmen und dem, was sie wahrhaben. Der Sinn, den Menschen darin füreinander haben, ist abstrakt vermittelt und breitet sich in diesem Begriff aus als abstrakt menschlicher Sinn aus. Er begründet Wahrnehmungsverhältnisse, die aus dem Verhältnis von Empfindung und Gefühl bestehen, sich zu Selbstgefühlen zusammenschließen und hieraus in jedme Einzelnen eine Psyche gründen, die als innere Wesen der Individuen wie ihre Seele erscheint. Ihre Gesellschaftlichkeit begreifen sie daher auch erst im Nachhinein aus ihrem psychischen Zusammenwirken als beseelte Individuen. Allgemein treibt sich das, was die Allgemeinheit des Geldverhältnisses als Gefühl für sich gegen den Sinn der Wahrnehmung bestimmt ist, zu einem Selbstgefühl, das gegen die Empfindung selbst gleichgültig ist. Darauf gründen die Beziehungen einer politischen Ästhetik, der bürgerlichen Persönlichkeit, der bürgerlichen Familie und schließlich die Entwicklung einer Volksgemeinschaft, die sich wie eine bevölkerte Seelengemeinschaft (Volksseele) versteht. Das Ganze der bürgerlichen Kultur ist dann die Volksgemeinschaft, in der sich der Volkskörper beseelt verhält. In Krisenzeiten des Kapitalismus werden die substantiellen gesellschaftlichen Beziehungen durch den Niedergang ihrer Geldform (Deflation) zerstört. Der Staat geht bankrott (Staatsbankrott) und kann seine sozialen Sicherheiten und Gewährleistungen nicht einhalten. Von daher verbleibt ihm wie auch der niedergegangen Wirtschaft nur eine Schuldenwirtschaft, für die er die Bevölkerung unter Druck setzten muss. Er fördert die Kultur der Volksgemeinschaft, die er zur Selbstrettung nutzt und als seine Kraft einsetzt. Wählbar wird er innerhalb der bürgerlichen Demokratie als Heilsversprechen und Heilsgründer aus der Ursprungssehnsucht, die sich in der Bevölkerung ausbreitet und als Wählermeinung etabliert (Faschismus). | ![]() |