"Die Konstitution des politischen Staats und die Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft in die unabhängigen Individuen - deren Verhältnis das Recht ist, wie das Verhältnis der Standes- und Innungsmenschen das Privilegium war - vollzieht sich in einem und demselben Akte. Der Mensch, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft ist, der unpolitische Mensch, erscheint aber notwendig als der natürliche Mensch. Die droits de l´homme erscheinen als droits naturels >natürliche Rechte<, denn die selbstbewußte Tätigkeit konzentriert sich auf den politischen Akt. Der egoistische Mensch ist das passive, nur vorgefundne Resultat der aufgelösten Gesellschaft, Gegenstand der unmittelbaren Gewißheit, also natürlicher Gegenstand. Die politische Revolution löst das bürgerliche Leben in seine Bestandteile auf, ohne diese Bestandteile selbst zu revolutionieren und der Kritik zu unterwerfen. Sie verhält sich zur bürgerlichen Gesellschaft, zur Welt der Bedürfnisse, der Arbeit, der Privatinteressen, des Privatrechts, als zur Grundlage ihres Bestehns, als zu einer nicht weiter begründeten Voraussetzung, daher als zu ihrer Naturbasis. Endlich gilt der Mensch, wie er Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft ist, für den eigentlichen Menschen, für den homme im Unterschied von dem citoyen, weil er der Mensch in seiner sinnlichen individuellen nächsten Existenz ist, während der politische Mensch nur der abstrahierte, künstliche Mensch ist, der Mensch als eine allegorische, moralische Person. Der wirkliche Mensch ist erst in der Gestalt des egoistischen Individuums, der wahre Mensch erst in der Gestalt des abstrakten citoyen anerkannt." (MEW 1, Seite 369*f) Das Prinzip des Kapitalismus ist die Zerteilung, die Trennung menschlicher Beziehungen durch die Vereinzelung der Zusammenhänge der gesellschaftlichen Substanz ihrer privaten Existenz durch den Besitz von Geld als wesentliches Mittel (Mit-Teil) einer privaten Existenz von Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft. Als bürgerliches Subjekt ist Geld das abstrakt allgemeine Wesen einer objektiven Vermittlung, als das unmittelbar Wesen ihrer Subjektivität, ganz gleich, ob es das Material eines fiktiven Kapitals (siehe Schuldgeldsystem) oder als Mittel der Macht eines Geldbesitzes oder als Produktionsmittel oder als gesellschaftliches Material für Eigentumstitel oder gesellschaftlichen Ressourcen oder als bloßes Zirkulationsmittel (siehe Geldzirkulation) für das ganze Verhältnis des Warentauschs fungiert. Für alles funktioniert das Kaufmittel Geld als Subjekt abstrakter Beziehungen. Dadurch können sich die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar persönlich zu einander verhalten. In ihrem bürgerlichen Bewusstsein verstehen sich die Menschen als einzelne unmittelbare und unvermittelte Subjekte einer Welt, die durch ihre persönliche Selbstverwirklichung entsteht und begründet zu sein scheint. Objektiv gibt es für sie daher auch kein Allgemeinwesen außer ihnen selbst, als gesellschaftlich veräußerbare Sache von und für Menschen (siehe hierzu auch Produktion) , die ihre Verhältnisse begründen und entwickeln würde, sondern nur die objektiven Dinge der Natur als voraussetzungslose und also unbedingte Gegenstände ihres Lebens, wie sie ihnen als Dinge an sich begegnen und vorkommen. Das allgemeine Wesen ihrer Gesellschaft (siehe auch Gemeinwesen) gilt ihnen daher als Ausdruck ihrer persönlich verallgemeinerten Subjektivität (siehe auch Personifikation), als Alllgemeinwesen ihrer Persönlichkeiten, als Versammlung und Aufsummierung der Einzelinteressen. Immanuel Kant hat dies zur Grundlage seiner Philosophie gemacht und mit einem kategorialen Imperativ als gesellschaftsbildende Kategorie interpretiert (siehe auch Elementarform). Das bürgerliche Bewusstsein ist die Interpretation der Gegebenheiten des Lebens in der bürgerlichen Gesellschaft, also ein "Wissen" um das, was den Menschen als gegeben erscheinen kann, weil es sie umgibt (siehe hierzu auch Positivismus). Es ist daher ein ungewisses Wissen, ein Wissen um das bloße Dazwischensein der Waren- und Geldbesitzer, das nur in seiner Unmittelbarkeit für das gewiss ist, was zum Leben nötig, also als schlichte Tatsache wahrgenommen wird von dem, was hierfür notwendig ist in einer Gesellschaft, worin "den Menschen die gesellschaftlichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt [wird], daher auch das gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhältnis von Gegenständen [erscheint]" (MEW 23, 86) Ein solches Bewusstsein ist das Wissen der Bürger und Bürgerinnen um die schlichten Lebenspflichten, um die Notwendigkeiten der privaten Gegebenheiten im Daseins ihres Lebens, die unwandelbar als eine absolute gesellschaftliche Notwendigkeit und natürliche bstimmte Macht erscheinen (siehe hierzu auch Warenfetischismus), um ihr auf Besitz gegründetes Dasein, um ein Sein, das in seinem gesellschaftlichen Dazwischensein keine Gewissheit finden kann (siehe Entfremdung), weil der Besitzstand sich selbst nur als Privateigentum über seinen Wert gesellschaftlich bezieht und persönlich über den Markt vermittelt (siehe Marktwirtschaft). Soweit ein Bürger sich kritiklos seiner unmittelbaren Existenz überlässt, zehrt er von der Persönlichkeit seiner Wertverhältnisse und von der Urteilskraft seiner persönlichen Bewertungen, von seinen Meinungen und Dafürhaltungen, die ihm als Lebenswert fundamental erscheinen, weil der sich ihm aus der "freien Entfaltung" seiner Persönlichkeit, aus der Freiheit der Privatperson (siehe Liberalismus) so ergibt. Er versteht sich von daher in seiner Klasse immer schon als Allgemeinmensch, als Individuum, das für sich selbst und unmittelbar menschliche Identität besitzt, solange es Geld hat. Solange bezieht es sich auch allgemein auf sich selbst (siehe auch Selbstbeziehung) und verschafft sich durch seine zwischenmenschliche Allgemeinheit, durch seine Zwischenmenschlichkeit schlechthin seinen Selbstwert. Doch darin sind seine Bewertungen im wesentlichen auch nur getrennt von ihren objektiven Bedingungen zwischenmenschlich begründet (siehe auch Kleinbürger). So zwiespältig jede Bewertung ist, weil sie im Einzelnen getrennt von diesem allgemein gelten soll, so zwiespältig ist auch dieses Wissen: Einerseits ganz unmittelbar aus der Gewissheit des Gegebenen in seiner Einzelheit begründet, das notwendig zum Leben ist, und anderseits aus der allgemeinen Freiheit des Werdens, die nur in der Ungewissheit des Geldbesitzes gegeben sein kann. "Der Bürger ist ein Einerseits und Andrerseits" (Marx) und bewegt sich nur mit Hilfe seiner Abstraktionen zwischen den Polen seines Daseins. Entsprechend auch sein Wissen von sich. Im Grunde sucht der Bürger seiner Ungewissheit zu entfliehen, indem er unentwegt alles andere bewertet, was ihm auch den einzigen Selbstwert verschafft, den er finden und empfinden kann. Doch in der Allgemeinheit dieser Bewertungen bezieht er sich zugleich ausgeschlossen von dieser als auf sich selbst reduzierter Sinn. Sinnvoll erscheint er sich nur in dieser Ausschließlichkeit, in seiner Isolation, seiner Egozentrik. Von daher spiegelt sich in seinem Selbstwert der Wert seines Besitzstandes und der Widersinn seiner Abstraktion. Seine Lebensbedingung, soweit ein Mensch - weil er Bürger (siehe bürgerliches Subjekt) ist - sie in ihrer Widersprüchlichkeit von Grund auf bejaht, ist der Warenbesitz in der Form der Gebrauchswerte, im Allgemeinen als gesellschaftlche Besitz in der Form von Tauschwerten, also der Geldbesitz, den er zum Warentausch nötig hat. Von daher ist ihm auch sein gesellschaftliches Verhältnis ein persönliches Verhältnis von Sachen (siehe Warenfetisch), eine allgemeine Personifikation seines isolierten Besitzstandes. Darin ist seine Subjektivität objektiv bestimmt und für sich begütert, für sich selbst veredelt. Für sich erscheint er als Güte in Person, als Prinzip des Guten, welches das Böse bekämpft und seine Ethik ausmacht. Außer ihm gilt die Welt voller Not und Notwendigkeiten, denen zu folgen ist, weil sich daraus seine Existenz begründet. Persönliches Sein und sachliche Existenz trennt sich daher in zwei qualitativ völlig entgegengesetzte Seinsweisen auf, in eine private und eine gesellschaftliche, die nichts miteinander zu tun haben, weil sie nur in ihrer Ausschließlichkeit für sich existieren (siehe Teilung der Arbeit). Die Grundlage seines Selbstverständnisses, die Vermittlung seines Zwiespalts, ist die Aufklärung: Das Bewusstsein, in welchem sich die bürgerliche Güte im Urteil aller Bewertung als notwendig weiß (siehekategorischer Imperativ). Ihre Absicht ist, die Lebenswelt der Menschen als Gegebenheiten des Schönen und Guten zu befinden, weil die Gegebenheiten nur durch deren Allgemeinheit Wert haben. Das einzelne Bewusstsein kann sich hiergegen in seiner Begrenzung lediglich als Abweichung empfinden. Sein Selbstwert besteht allein aus der Freiheit, über diese Grenzen durch Geldbesitz hinausgreifen zu können. Ohne Geld fühlt es sich minderwertig oder erscheint sich gänzlich wertlos; sein Selbstgefühl ist das Gefühl von Geldbesitz. |
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