"Allerdings sieht Darwin, wo er von der Naturzüchtung handelt, ab von den Ursachen, die die Veränderungen in den einzelnen Individuen hervorgerufen haben, und handelt zunächst von der Art und Weise, in der solche individuelle Abweichungen nach und nach zu Kennzeichen einer Race, Spielart oder Art werden. Für Darwin handelt es sich zunächst weniger darum, diese Ursachen zu finden - die bis jetzt teilweise ganz unbekannt, teilweise nur ganz allgemein angebbar sind -, als vielmehr eine rationelle Form, in der sich ihre Wirkungen festsetzen, dauernde Bedeutung erhalten. Daß Darwin dabei seiner Entdeckung einen übermäßigen Wirkungskreis zuschrieb, sie zum ausschließlichen Hebel der Artveränderung machte und die Ursachen der wiederholten individuellen Veränderungen über der Form ihrer Verallgemeinerung vernachlässigte, ist ein Fehler, den er mit den meisten Leuten gemein hat, die einen wirklichen Fortschritt machen. Zudem, wenn Darwin seine individuellen Verwandlungen aus nichts produziert und dabei »die Weisheit des Züchters« ausschließlich anwendet, so muß hiernach der Züchter seine nicht bloß vorgestellten, sondern wirklichen Verwandlungen der Tier- und Pflanzenformen ebenfalls aus nichts produzieren." (Karl Marx, Elend der Philosophie, MEW 20, 65). Darwin bot der Wissenschaft die Ablösung von religiöser Naturbegründung dadurch, dass er das Lebensverhältnis der Natur als in sich für begründet belegen konnte, geworden durch den Ausleseprozess in der Entwicklung der Umweltbedingungen der einzelnen Spezies. Hiernach war es nicht mehr notwendig, einen außernatürlichen Grund für die Naturgeschichte und Geschichte überhaupt als deren Teleologie anzunehmen. Die Notwendigkeit des Gottesglaubens, des Glaubens an eine göttliche Vorherbestimmung, einer übernatürlichen Naturbestimmungwar damit aufgehoben und von daher auch die Grundlage des Feudalismus durchbrochen. Doch Darwins Beweise waren rein empirisch und daher in Ursache-Wirkungs-Beziehungen, die keine Begründung verlangten. Er verstand die Entwicklung der Natur nicht aus dem Leben selbst, etwa aus einem ihm eigentümlichen Sinn (siehe natürliche Intelligenz), sondern aus einem Selektionsprozess im naturgegebenen Überfluss an Variationen durch die einfachen Bestimmungen der ihnen äußerlichen Lebensbedingungen. Er setzte vorraus, dass es beliebig viele zufällige Abweichungen im Vererbungsmuster, also zufällige Absonderlichkeiten gab, die sich unter den vorhandenen Lebensbedingungen als günstig oder ungünstig für Überleben einer Spezies herausstellte und somit über dessen Fortbestand entschied. Seine Lehre enthält zwei Prämissen, die allerdings sich widersprechen. Erstens: Natur ist zufällig und varriiert in ihrer Zufälligkeit unendlich und breitet sich in diesem Sinn auch aus, wie es die Zufälle der Fortpflanzung ergeben. Und: Die Lebensbedingungen bestimmen über den Erfolg der Spezies, ihre Chancen und Entwicklung nach Maßgabe der Machtverhältnisse in der Natur, also danach, wie anpassungsfähig ein Organismus ist ("surviving of the fittest"). Diese Denkart behauptet einerseits eine unendlich unbestimmte Produktivität der Natur, die durch die Beschränkungen der Lebenswelt durch Naturmacht erst den Sinn erhält, der Forstbestand hat und produktiv ist, der also im Sinne des Fortschritts als vernünftig verblieben ist, weil er andererseits zugleich einem Sachzwang der Naturmächtigkeit folgt. Das ist im Grunde das Denkmuster der Aufklärung. Dem Darwinismus dient die Regel im Zufall als systematisches Argument der Vererbungs- und Entwicklungslehre. Durch Zufall entstehen nach dieser Auffassung Mutationen, die sich im Nachhinein als lebensfähig oder lebensunfähig oder als besonders durchsetzungsfähig erweisen. Es ist damit zwar die Wahrheit ausgesprochen, wofür Zufall vor allem dient, wenn damit argumentiert wird: Das Durchsatzvermögen der Anziehung in den Beziehungen, die Dichte der Masse in den Variationen der Gravitationskräfte erzeugt höhere Differenzierungen und damit auch neue Muster ihrer Formation. Sinn entstünde aber dadurch nur über den Zusammenhang dieser Kräfte, die Energie frei machen aus zufälligen Bildungen, die natürlichen Erfolg und also Wachstum im Zusammenhang ihrer Umstände haben. Er soll aber zugleich vernünftig sein, weil der Zufall darin erfolgreich gewesen sei. Um welche Vernunft soll es dann gehen (siehe hierzu auch Geschichtsobjektivismus)? Bei Darwin kommt als entwicklungstheoretischer Widerspruch der Aufklärung auch deutlich heraus, dass alles zuerst existiert haben musste, bevor es seine Existenz bewähren kann oder nicht. Etwas muss zufällig und unendlich bestimmungslos entstanden sein, um sich durch Selektion zu bestimmen. Wie soll das möglich sein? Hat die Umwelt die Vernunft, die das Leben selbst nicht hat? Entscheidet sie z.B. im Prinzip eines Lebenskampfes, was Leben überleben lässt? Das wäre widersinnig: Was ist diese Lebensumwelt, die dies entscheidet, denn anderes als das bestehende Leben selbst? Etwas entsteht und verändert die Welt, und nur die Welt bestimmt dann, ob es Bestand haben wird? Sie enthielte das Überleben als Prinzip der Selbstbeschränkung der Natur: Was sich nicht erhält, das geht zu Grunde. Wie aber konnte es entstanden sein, wo doch alles, was entsteht, durch sich selbst nur Sinn hat? Die Natur selbst zeigt sich sehr ökonomisch, selbst wo sie üppig erscheint: Nur in der Verschwendung von Einzelzellen (Samen und Ei) kann sich ein Vielzeller gut ausbreiten. Die Fruchterzeugung durch zwei Geschlechter ist das Wirtschaftlichste, was die Natur überhaupt "erfinden" konnte: Sie sichert nicht nur Fortbestand der Individuen durch Kraft- und Energiekonzentration, sondern auch die Entwicklung und Ausbreitung von bestimmter Erfahrung und Wissen, das sich in der Geschlechtsarbeit vermengt und vervielseitigt. Alles, was Natur zeigt, ist bestimmte Fortentwicklung. Warum sollte sie also wesentlich zufällig sein? Und die Lebensbedingung der Naturkräfte war hierbei nicht Schranke, sondern Stoff ihrer Entwicklung seibst. Warum sollte sie durch Stoff beschränkt sein? Es ist das Dilemma des Darwinismus, dass er eine unendliche Entfaltung von lebender Substanz unterstellen muss, um im Widerspruch hierzu aus der Notwendigkeit ihrer Einschränkungen die Mutationen des Lebens zu erklären, also die Lebensentfaltung selbst nur auf eine Notwendigkeit der Daseinsformen der Natur reduziert. Dies behauptet eine prinzipielle Naturbeschränkung der Lebensentfaltung, aus der eine höhere Stufe der Entwicklung hervorgehen soll. Diese Auffassung reicht in ihren politischen Konsequenzen bis in den Dialektischen Materialismus der russischen Wissenschaften hinein, die aus der natürlichen Aufhäufung als Masse der bisherigen Lebensverhältnisse und der darin zugleich aufgehäuften Beschränkung den "qualitativen Sprung" jeder Geschichte ableitet, somit also eine ontisch notwendige Geschichte, einen Geschichtsdeterminismus aus der Natur als solche begründet. Denkt man Natur in ihrer Beziehung selbst, so ist sie ein Verhalten zu ihrer eigen Stofflichkeit, zu ihrer Materie, zum Material ihrer Welt als Sinn und Kraft von Naturempfindung. Natur bedarf natürlicher Stoffe. Und eine Art, die sich nicht mehr stofflich adäquat zu ihrer Umwelt verhält, wird sich darin zweifellos nicht mehr entwickeln können. Sie stirbt aus. Das gilt überigens auch für den Menschen. Aber dies hat nichts mit einem ursprünglichen Lebenskampf der Natur zu tun, sondern einfach mit den schlichten Tatsachen des Stoffwechsels der Natur. Indem dies in das Verhältnis der Naturmächtigkeit von Lebensinteressen verkehrt wird, wird auch jede Naturempfindung verkehrt, von einer sinnlichen Beziehung der Natur zu einer Beherrschung natürlicher Sinnlichkeit. Derartige Prozesse sind in der Natur nur zu beobachten, wo der Mensch hinzutritt; nicht aus ihr selbst. Eine solche Theorie kann eigentlich keinen neuen Sinn erklären. Es ist eine zutiefst reaktionäre Theorie von zufälliger Sinnhaftigkeit, die keinen Bezug hat bis auf den, der sich aus einem apriorischen Apodict der Lebenshärte erklärt, und die schließlich die Qualität der so gewordenen Art (s.a. Rasse) ausmacht: Das Leben ist unendlich bestimmt, aber die Umwelt verlangt ein bestimmtes Leben. Also sei die Umwelt auch der konkrete Lebensschöpfer. Das ist der theoretische Kern einer Theorie der Aufklärung, welche die schlimmsten Vorstellungen von menschlicher Geschichte, den Sozialdarwinismus, wenn nicht unbedingt und in aller Konsequenz begründet, wohl aber implizit hervorgebracht hatte (sieh Nationalsozialismus) Da diese Theorie selbst erst bei der Entwicklung der Arten ansetzt, kann sie natürlich nicht erklären, wie sich Sinne für die Umweltsbedingungen überhaupt bilden und ausschälen können, wie sie das in sich tragen können, was für sie nötig ist. Waren es Zufälle, die eine Pflanze, eine Tierzelle, ein Reptil, eine Schwimmblase, eine Lunge, ein Chamäleon, einen Zitteraal usw. entstehen ließen, die doch außerordentlich viel Sinn für sich und ihre Umwelt aufweisen? Alles, was wir hierüber erfahren, erzählt eben vom Gegenteil: Die Natur hat ihre Schranken in der Spezies empfunden und sich zu dem Bedürfnis entwickelt, dies Beschränkte zu überwinden. Es muss schon in der Natur selbst Empfindung geben, die es möglich macht, dass ein Rochen die Farben seiner Umgebung annimmt und dadurch getarnt ist und dadurch besser überleben kann, also nicht aussortiert wird, wie es Darwin im Nachhinein dann konstatiert, wenn eine Art sinnlos, also empfindungslos geworden ist, für das, was sich in ihrer Umwelt entwickelte. Die Empfindungen in der Natur machen das eigentliche Rätsel aus, das mit einer göttlichen Idee gelöst gelten sollte. Aber Naturempfindung spricht deshalb nicht für Gott, sondern für einen Sinn, den die Natur selbst schon gebildet hatte, als sie sich aus der bloßen Materialität des kosmischen Stoffes herausgebildet hatte und worin sie von Anfang an eine Gewissheit als Grundlage des Lebens hatte, eine lebendige Selbstgewissheit und nicht einen selektiven Ausrottungsakt zufälliger Lebensprodukte. Ihre Artenvielfalt erklärt sich aus diesem zum Bedürfnis gewordenen Wissen, das Schranken überwindet. Sie selbst enthält die Keimformen des menschlichen Geistes, wie die Erkenntnis von Leben überhaupt. Der Begiff Gottes lässt sich durch die Selbstgewissheit der Natur ersetzen, welche ihr ermöglicht natürliche Intelligenz | ![]() |