„Verweigere den alten Kategorien des Negativen (Gesetz, Grenze, Kastration, Mangel, Lücke), die das westliche Denken so lange als eine Form der Macht und einen Zugang zur Realität geheiligt hat, jede Gefolgschaft! Gib dem den Vorzug, was positiv ist und multipel, der Differenz vor der Uniformität, den mobilen Dispositiven vor den Systemen! Glaube daran, daß das Produktive nicht seßhaft ist, sondern nomadisch!“ (Michel Faucault in "Dispositive der Macht", Merve-Verlag 1978) Dispositiv (wörtlich: dis positiv: positiv gesagt) meint die emphatisch verdichtete Position, etwa eine emphatisch formulierte Bestimmung, phänomenologisch formulierte Wesentlichkeit einer Wirkung. Mit Dispositiv wird auf der Ebene des Diskurses Objektivität als subjektive Position interpretiert. Es ist in diesem Sinne eine Begriffsumschreibung des Konstruktivismus. Der französische Philosoph und Historiker Michel Foucault, durch den Dispositiv zu einem zentralen Konzept gesellschaftlicher Selbstbeschreibung wurde, versteht darunter ein Netz aus Institutionen, Personen, Diskursen und Praktiken. Für ein zeitgenössisches Verständnis ist es wichtig, die Konnotation von Netz im Kontext von Genetik, Kybernetik und Computertechnologie zu berücksichtigen. Mit der deutschen Übersetzung des ersten Bandes von Foucaults Sexualität und Wahrheit (Foucault frz. 1976; dt. von Ulrich Raulff und Walter Seitter 1983) avancierte der Begriff schnell zu einem Zauberwort der diskursanalytischen Theoriesprache, nachdem es zuvor als Anordnung, Arrangement etc. ›wegübersetzt worden Von Foucaults Verwendung von Dispositiv ausgehend hat Agamben auf eine systematische Verwandtschaft mit dem Begriff »Positivität« im Frühwerk Georg W. F. Hegels hingewiesen. Diese kann durch die Verwendung von Positivität im Sinne nicht-hermeneutischer sprachlicher Positivität sowie Foucaults Formulierung eines »fröhlichen Positivismus« im Anschluss an Nietzsches Konzept der »fröhlichen Wissenschaft« ergänzt werden. In diesem Sinn verwendete Foucault Positivität auch in seinen frühen Arbeiten zur phänomenologischen Psychologie. Wichtige Gemeinsamkeit ist dabei ein Blick von außen, der sich den Subjektivierungseffekten des Verstehens oder der Analyse des psychoanalytischen Unbewussten (vgl. das Konzept des »positiven Unbewussten« in Foucault 2003/1966) entgegenstellt. Am Leitfaden von Foucaults Dispositiv- und Jacques Lacans psychoanalytischem Maschinenbegriff haben Gilles Deleuze und Felix Guattari eine Analyse von »Wunschmaschinen« des Kapitalismus entwickelt. Dort wird Dispositiv als Apparat aufgefasst, der nicht vornehmlich technisch definiert ist Michael Hardt und Antonio Negri verkoppeln in Empire das Foucaultsche Dispositiv mit Althussers Theorie der ideologischen Staatsapparate, um den Epochenbruch zwischen Disziplinar- und Kontrollgesellschaft zu kennzeichnen (Hardt/Negri 2000: 63 u. pass.).
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