Elite ist zunächst eine ausgesonderte und abgetrennte Führungsschicht, welche das selbständige Potenzial der Anleitung einer niedereren Schicht oder Klasse verkörpert. Ihr gegenüber stellt sie sich als Führungsschicht, die sie in die Gegebenheiten von Notwendigem einführt, belehrt und anleitet (z.B. als politische Klasse). Eine von einer Elite angeleiteten Gesellschaft ist dem Begriff nach eine Aristokratie, so demokratisch sie sich auch geben mag. Die erste in diesem Sinne vorgestellte Staatsform war die des platonischen Staats, in welchem die Philosophen und Weisen die Eliten bildeten. Davon stark beeinflusst war Nietzsche mit seinen gesellschaftlichen Entwicklungsidealen. Heute noch stellen seine Nachdenker, allen voran Peter Sloterdijk, ähnliche Konstruktionen vor, die davon ausgehen, dass es immer - und heute umso mehr - eine Führungsschicht geben müsse, die zur "Zähmung" der Menschen bereitzustehen hat (vergl. Sloterdijk's Menschenpark). Dass das Thema der Elitenbildung heute wieder aufkommt (und sich bereits in Forderungen nach Privatuniversitäten und Studiengebühren formuliert) ist nicht zufällig. Mit der hochpotenzierten Entwicklung der Produktivität durch Technologie (siehe Automation) wird einerseits die Zahl der durchschnittlichen "Beschäftigungsangebote" geringer und zugleich die Wirkung einer kleinen gut ausgebildeten Elite zunehmend dominanter für den Produktionsprozess, quantitav im direkten Verhältnis zur Produktivität der Arbeit: Je produktiver die Arbeit ist, desto konzentrierter ist auch ihre Anleitung, und desto weniger Menschenkraft ist zugleich nötig. Von der Seite der Produktivität entwickelt die Technologie vor allem eine hochkonzentrierte und intelligente Anleitung, die inzwischen zum Teil selbst durch Automaten übernommen wird. Von der Seite des Kapitals werden Menschen im gleichen Maßstab als überflüssig angesehen (siehe Überbevölkerung) und sich zu einer Technoaristokratie entwickeln. Elite ist vornehmlich auch eine kulturelle Klasse, besonders als Träger der Hochkultur, welche besondere Privilegien hat, weil und solange sie als kulturelle Führungsschicht bestärkt wird und also im Hochgenuss der Kultur steht. Die objektive Notwendigkeit von Eliten wird z.B. von Nietzsche mit der Notwendigkeit einer Herrenrasse begründet, welche die gesellschaftliche Entwicklung anleitet und ausgeprägte kulturelle Fähigkeiten hat. Die Bildung von Eliten sei ein Kulturprozess, durch welchen kulturell bedeutsamen Menschen sich durch das Vermögen ihres Willen durchsetzen und als derart bestärkte Klasse die quasi natürliche Fähigkeit besitzen, die "Horde der Menschehit" anzuführen, anzustacheln und zu knechten. Sie bekommen dieses Naturrecht durch ihre Qualifizierung im Kampf um die beste Kultur und fassen nach seiner Sicht von da her die kulturellen Erkenntnisse in sich allgemein gültig zusammen. Als Repräsentanten und Vorbild verkörpern sie so den Übermenschen solange, bis sie selbst hinfällig, dekadent werden und durch die darin erstarkten Untermenschen abgelöst werden. Die Behauptung leitet immanent eine Theorie von Führung der Menschen durch eine führende Klasse oder letztendlich und zu Ende gedacht durch einen Führer ein. Auf der linken Seite bestehen Eliten aus Avantgardisten, die als hervorragende Führungspersönlichkeiten oder Führungsklasse in größtmöglicher Übereinstimmung mit einer revolutionären Theorie deren Effizienz durch ihr Tun beweisen und von da her als die Elite "revolutionärer Wahrheit" bestärkt werden. So wurde im gesamten Ostblock die "Diktatur des Proletariats" damit begründet, dass die Proleten die Subjekte einer neuen Gesellschaft seien, auch wenn diese oft nur Kleinbauern oder Intellektuelle waren und nichts mit einem Industrieproletariat gemein hatten. Das Marx'sche Verständnis von Proletariat war so vollständig unverstanden und unkritisch und begrifflos übernommen und zu einer rein theoretischen Gewalt elitärer Parteiführer verkehrt, aus der sich die Klasse der Apparatschicks zusammensetzte und sich als "Partei der Arbeiterklasse" verstand. Der Aufbau so begründeter Einheitsparteien war eine Lüge in sich, da Partei nur Teil eines Ganzen sein kann, dies aber von den Parteiführern nicht zu ertragen war, weil die widerständigen Kräfte die Überzahl der Menschen im ganzen der so gebildeten Gesellschaften darstellte. Die Unwahrheit ihrer Revolution war darin praktische Wirklichkeit, die notwendig zu ihrem Ruin führte. Fatal waren solche Theorien von Elite in den rechten und linken Avantgarde-Theorien (s.a. Faschismus, Stalin) vor allem dadurch, dass sie eine neue Wirklichkeit praktisch vorzugaukeln verstanden. Im Stalinismus hatte dies zu einer verheerenden Revision des Marxismus hin zu einem mächtigen Strukturalismus geführt. Die poltische Partei wurde so zu einem Werkzeug der Avantgarde ideologisiert und die emanzipatorische Kraft einer revolutionären Bewegung durch einen notwendig repressiven Staat zu Schanden geritten. Seine Politik machte jegliche Politik desolat, weil sie im Bewusstsein der Elite eine finale Politik, eine Endlösung sein muss und will. Durch die politische Befolgung des Elitegedankens wird eine Gesellschaft notwendig reaktionär, weil es für ihre Entwicklung kein Sein außerhalb der Elite gibt und sich deren Erkenntnis nicht rückvermitteln kann und will. Es ist so das Mittel ihrer Macht und ihrer Selbstabsicherung als politische Klasse. Einzige politische Form der Rückvermittlung von gesellschaftlichen Erkenntnissen kann nur Demokratie sein, so sie politisch (und nicht durch Meinungen, wie in der bürgerlichen Demokratie) an die gesellschaflich zusammengeschlossenen Menschen gebunden ist. |