"Alle Emanzipation ist Zurückführung der menschlichen Welt, der Verhältnisse, auf den Menschen selbst. Die politische Emanzipation ist die Reduktion des Menschen, einerseits auf das Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, auf das egoistische unabhängige Individuum, andrerseits auf den Staatsbürger, auf die moralische Person. Erst wenn der wirkliche individuelle Mensch den abstrakten Staatsbürger in sich zurücknimmt und als individueller Mensch in seinem empirischen Leben, in seiner individuellen Arbeit, in seinen individuellen Verhältnissen, Gattungswesen geworden ist, erst wenn der Mensch seine eigenen Kräfte als gesellschaftliche Kräfte erkannt und organisiert hat und daher die gesellschaftliche Kraft nicht mehr in der Gestalt der politischen Kraft von sich trennt, erst dann ist die menschliche Emanzipation vollbracht." (Marx, Zur Judenfrage, Marx-Engels-Werke Bd.1, S. 370) Das Wort Emanzipation kommt aus dem Lateinischen, worin es sich als Begriff für die Freisetzung von Sklaven gebildet hatte (e manu cipere: Sich aus der Hand anderer, also aus fremder Hand herausnehmen). Es ist ein Begriff für die Befreiung (siehe hierzu auch Freiheit) aus Fremdherrschaft und Entfremdung, für die Befreiung der menschlichen Wesenskräfte, die durch Ausbeutung beherrscht und enteignet existieren müssen. Nicht eine politische Kraft gegen herrschende Formen kann sich emanzipieren, sich zu eigen sein oder werden; es ist die Erkenntnis der eigenen Kraft als gesellschaftliche Kraft, die in der Emanzipation zu sich findet, sich ihr eigenes fremd gewordenes Leben durch die Selbstvergewisserung eigener Kritik aneignet, indem die gegebene Beschränktheit des herrschenden Lebens (siehe auch Gegebenheit) wirklich, also in seiner Wirklichkeit aufgehoben wird. Es ist also nicht die bloß politische Form eines Widerstands, die durch Machtergreifung zur Macht kommen will; es ist die Kraft der Subversion, die Kraft der Umkehrung verkehrter Verhältnisse, der gesellschaftlichen Formbestimmungen, die durch ihren gesellschaftlichen Inhalt in den Lebensverhältnissen der Menschen aufgehoben werden, um in der wahren Form ihrer Lebensäußerung, ihrer Vergegenständlichung, ihrer gesellschaftlichen Gegenständlichkeit aufgehen zu können, der Form, die ihrer Natur, der wirklichen Substanz ihres Wesens entspricht und ihrer Entfremdung sich durch deren Kritik widersetzt. Kritik ist eine Notwendigkeit der Selbsterkenntnis (siehe hierzu auch kritische Theorie), soweit sich diese in ihrer Selbstwahrnehmung verliert, soweit ihr Erkenntnisvermögen im Zweifel steht und zum Selbstzweifel wird. Aus diesem begründet sich das Erkenntnisinteresse nach einer sinnlichen Gewissheit. Denn das Erkenntnisinteresse eines Menschen ist nicht einfach nur Neugier oder das Bedürfnis, etwas erklären oder aufklären zu können. Und es bedarf auch keiner "Subjektkritik" durch die Erziehung hierfür besonders berufener Kleinbürger in den Universitäten, um durch die Aufbesserungen des bürgerlichen Bewusstseins die bürgerlichen Subjekte von den Fetischen ihrer Wahrnehmung zu "befreien" (siehe hierzu reaktionärer Marxismus). Kritik ist zur Emanzipation der Menschen nötig, wo inhaltliche Beziehungen von den Formbestimmungen ihrer Verhältnisse beherrscht werden. Sie sucht die Emanzipation ihres subjektiven Lebens gegen die formelle Macht der Objektivität und den Gewohnheiten der Selbstbeziehung einer ungewissen Welt. Deshalb verhält sie sich selbst schon unmittelbar praktisch zu den Inhalten ihres organischen Wesens, ihrer Natur und folgt der Notwendigkeit des Begreifens, das Begreifen-Müssen von Widersinnigkeiten, die das Erkenntnisvermögen einer sinnlichen Gewissheit des Menschen in Frage stellen. Um für sich wahr zu werden muss jeder Mensch ihren Widersinn objektiv begründet erkennen und den subjektiven Widerspruch seiner Wahrnehmung aus sich herauszusetzen. Um ihre substanzielle Wahrheit gegen ihre Abstraktionen zu wenden versetzt er sich durch seine Kritik in die Lage, deren Wahrheit zu konkretisieren und sich selbst gegen ihre Verkehrungen zu verhalten, in seinen Lebensverhältnissen widerständig zu verkehren. Solche Kritik will dem Menschen die Auflösung seiner Widersprüche und die seiner Verhältnisse ermöglichen und ihn befähigen, aus einer abstrakt menschlichen Gesellschaft sich zu einer konkreten Gesellschaft der Menschen zu entwickeln, indem er die ihren inhaltliche Beziehungen adäquate Form findet und damit ihre Formbestimmung unterläuft und bekämpften kann (siehe hierzu auch internationale Kommunalwirtschaft). Emanzipation ist daher ein gesellschaftliches Verhalten in einem gesellschaftlichen Verhältnis, nicht einfach die Form einer Selbstverwirklichung, kein Bedürfnis, keine persönliche Eigenschaft eines bloßen Bestrebens, sondern die Notwendigkeit einer beherrschten Subjektivität, die Verhältnisse zu stürzen, in denen dem Menschen - ob Mann oder Frau oder Kind - ein verächlichtlichtes Leben zugemutet wird, dass er oder sie oder es in der Verachtung seines Lebens existieren muss, keine Selbstachtung finden kann, sich selbst also verächtlich empfinden muss. Menschliche Emanzipation ist von daher immer eine gesellschaftliche Befreiung, eine Selbstaneignung als Mensch in einer Gesellschaft die dadurch menschlich wird, die mit der Selbstveränderung der Menschen selbst menschlich wird. Menschliche Emanzipation ist ein Fortschritt der Menschen aus der Not ihrer Lebensverhältnisse, aus der Gefahr um das eigene Leben, wenn und wo Leben nicht wirklich sein kann, weil es noch nicht verwirklicht ist. Weil Leben unmittelbare Freiheit ist geht es zugrunde, wenn es der bloßen Notwendigkeit einer fremden Kraft, einer Macht der Entfremdung unterworfen ist. "Die Lebensgefahr für jedes Wesen besteht darin, sich selbst zu verlieren. Die Unfreiheit ist daher die eigentliche Todesgefahr für den Menschen." (K. Marx, MEW 1, 60) Kein Individuum kann in solchen Verhältnissen emanzipiert sein, solange diese allgemein herrschen. Wo sich Menschen darin als Individuum emanzipiert sehen, können sie diese nicht als ihre wirklichen Lebensverhältnisse begriffen haben. Der "emanzipierte Mann" oder die "emanzipierte Frau" oder das "emanzipierte Kind" sind Kultfiguren einer Selbstveredelung, einer Selbstüberhöhung, in einem quasi religiösen Edelmut, in dem sich das Kulturbürgertum wie von selbst versteht, das sich also selbst schon aus diesen Verhältnissen herausgesetzt hat, herrschende Klasse in diesem und durch dieses Selbstverständnis ist. Solche Begrifflichkeit ist schon immer die Überzeugungsliturgie der herrschenden Verhältnisse, die Glaubensmacht, die ihre Fesseln als Girlanden am Altar einer höheren Beglückung erscheinen lassen. Für jede marxistische Position ist die Kritik solcher Macht grundlegend. Marx hat darin den Imperativ seines Humanismus verstanden: "Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist." (Karl Marx, "Deutsch-Französische Jahrbücher", Paris 1844), MEW 1, S. 385). Emanzipation ist die "Zurückführung der menschlichen Welt, der Verhältnisse, auf den Menschen selbst" (MEW 1, S. 370), die Verwirklichung seiner natürlichen Lebenszusammenhänge gegen die herrschenden Mächte ihrer Unterdrückung, die Verwirklichung der natürlichen Intelligenz des Menschseins. Emanzipation ist daher die notwendige Kritik, sowohl theoretisch wie praktisch, die sich zum Leben verhält, zu allem Leben, und sich von da her gegen abstrakte Reflexionen, gegen Glaube und Ideologie wendet, die sie als Grund aller Selbsttäuschungen erkennt. "Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solange er sich nicht um sich selbst bewegt." (MEW 1, S. 379). "Der Mensch", das ist die Einheit des individuellen wie gesellschaftlichen Lebens der Menschen, deren Emanzipation im Prozess ihrer Selbsterzeugung verstanden wird. Die Selbsterzeugung des Menschen ist die Grundlage des historischen Materialismus, der sich als Bewusstein der menschlichen Natur, als Wissen um das Werden seiner Naturmacht, seiner Geschichte aus dieser im Verhältnis zu ihr erklärt. Wenn der Mensch Natur oder Kosmos ausbeutet verhält er sich gegen sich selbst. Jeder Androzentrismus kann daher nur die Ausgeburt einer Selbstentfremdung sein, die der Verschleierung einer abstrakt menschliche Sinnlichkeit folgt, Von daher ist Emanzipation das wesentlichste Bedürfnis, das in der Entfremdung des Menschen vom Menschen entsteht. Es ist einerseits formell gegen die Herrschaftsformen hierüber gerichtet, um andererseits zu verwirklichen, was diese Formen beherrschen, an Wirklichkeit hindern, ihre Natur bedrängen und zerstören. Daher ist Emanzipation vor allem das Bestreben der Freiheit gegen die unmittelbaren Formbestimmungen in den Verhältnissen der Menschen, der Kultur, der Geschlechter und Generationen, Verwirklichung menschlicher Lebensinhalte gegen die Formen, in der ihre Notwendigkeit abstrakt beherrscht wird. Sie folgt dem "kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist." (Karl Marx, »Deutsch-Französische Jahrbücher«, Paris 1844), MEW 1, S. 385). "In dem Verhältnis zum Weib, als dem Raub und der Magd der gemeinschaftlichen Wollust, ist die unendliche Degradation ausgesprochen, in welcher der Mensch für sich selbst existiert, denn das Geheimnis dieses Verhältnisses hat seinen unzweideutigen, entschiednen, offenbaren, enthüllten Ausdruck in dem Verhältnisse des Mannes zum Weibe und in der Weise, wie das unmittelbare, natürliche Gattungsverhältnis gefaßt wird. Das unmittelbare, natürliche, notwendige Verhältnis des Menschen zum Menschen ist das Verhältnis des Mannes zum Weibe. In diesem natürlichen Gattungsverhältnis ist das Verhältnis des Menschen zur Natur unmittelbar sein Verhältnis zum Menschen, wie das Verhältnis zum Menschen unmittelbar sein Verhältnis zur Natur, seine eigne natürliche Bestimmung ist. In diesem Verhältnis erscheint also sinnlich, auf ein anschaubares Faktum reduziert, inwieweit dem Menschen das menschliche Wesen zur Natur oder die Natur zum menschlichen Wesen des Menschen geworden ist. Aus diesem Verhältnis kann man also die ganze Bildungsstufe des Menschen beurteilen. Aus dem Charakter dieses Verhältnisses folgt, inwieweit der Mensch als Gattungswesen, als Mensch sich geworden ist und erfaßt hat; das Verhältnis des Mannes zum Weib ist das natürlichste Verhältnis des Menschen zum Menschen. in ihm zeigt sich also, in[wie]weit das natürliche Verhalten des Menschen menschlich oder inwieweit das menschliche Wesen ihm zum natürlichen Wesen, inwieweit seine menschliche Natur ihm zur Natur geworden ist. In diesem Verhältnis zeigt sich auch, in[wie]weit das Bedürfnis des Menschen zum menschlichen Bedürfnis, inwieweit ihm also der andre Mensch als Mensch zum Bedürfnis geworden ist, inwieweit er in seinem individuellsten Dasein zugleich Gemeinwesen ist." (MEW Bd.40, S. 535) Emanzipation ist somit kein abstraktes Freiheitsstreben, sondern vollzieht sich in der wirklichen Aufhebung der Bedingung von Lebensformen der Menschen, die ihren Bedürfnissen und deren Verhältnisse entgegenstehen, vollzieht sich in der Verwirklichung ihrer Selbstbestimmung. Sie will die praktische Aufhebung fremdbestimmter Notwendigkeiten durch die Kraftschöpfung aus eigener Not, durch eine dem Menschen notwendige Freiheit. Die wahre Notwendung ist die Aufhebung dessen, was Not tut, geht daher einher mit der Aufhebung der Vernunft des Bestehenden, ist ein Befreiungsprozess, der das verwirklichket, was unterdrückt ist durch einen bloßen Willen zur Macht, durch die Willkür des privaten Eigentums (siehe Privateigentum), die jeden Menschen zur Selbstentfremdung zwingt und sich den gesellschaftlichen Menschen unterwirft (siehe Entfremdung). "Die Aufhebung der Selbstentfremdung macht denselben Weg wie die Selbstentfremdung. Erst wird das Privateigentum nur in seiner objektiven Seite - aber doch die Arbeit als sein Wesen - betrachtet. Seine Daseinsform ist daher das Kapital, das "als solches" aufzuheben ist. " (MEW Bd.40, S. 533 f) Emanzipation muss ihre Voraussetzung und Bedingung erkannt haben, das den Menschen entäußerte, ein fremdes, ein objektives Subjekt, das beherrschend ist, also eine Objektivität bestimmt, die eine fremde Macht darstellt und gegen die sich ein Subjekt wendet, das hierdurch selbst als Objekt bestimmt ist. Emanzipation hat ihre eigenen Bedingungen in der Notwendigkeit ihrer Überwindung: Sie ist durch diese bestimmt und wendet sich hiergegen. In diesen Bedingungen muss daher auch dem Inhalt nach die Möglichkeit der Emanzipation gegeben sein; nur in der Form der Bedingung aber steckt die Notwendigkeit, die Not wendende Aufhebung der herrschenden Entfremdungsmacht, der Formbestimmtheit menschlichen Lebens. In diesem Sinne ist die konkrete Utopie des Marxismus im Kampf um eine freie Gesellschaft zu verstehen, worin die einzelne Entwicklung zugleich allgemeine Geschichte bilden kann, worin "jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" eine eigene Geschichte möglich ist, die zugleich in der Geschichte aller aufgehen kann, weil darin das notwendige Verlangen zugleich Äußerung der Freiheit und Freiheit die Basis eines jeden Verlangens ist. Nicht die Willkür einer "Lust und Laune" verwirklicht das Streben solcher Freiheit, sondern die Einheit von Bedürfnis und Arbeit, das Bedürfnis, für seine Bedürfnisse zu arbeiten, weil die Arbeit selbst auch die Bedürfnisse bereichert, die Einfälle und Bestrebungen erzeugt, die sie ihren Produkten mitgeben kann, sobald die Teilung der Arbeit, die Trennung von Produktion und Konsumtion darin aufgehoben sein wird. So ist die emanzipatorische Position des Marxismus gegen die politische Reaktion, für einen Staatsreformismus, wie auch gegen die Willkür eines absoluten Individualismus, gegen einen reaktionären Anarchismus ebenso wie gegen einem reaktionären Marxismus zu verstehen: "In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!" (Karl Marx in Kritik des Gothaer Programms MEW 19 S. 21). Die Geschichtsepochen der Menschheit waren Epochen ihrer Gesellschaftsbildung, der gesellschaftlichen Emanzipation, - die Revolutionen waren die "Lokomotiven der Geschichte" (Marx). In der Zeit der Aufklärung hatte sich der gesellschaftliche Mensch zu einem politischen Subjekt entwickelt, zu einem mündigen Individuum, welches seinen Verstand an der Vernunft der Sache, an der bloßen politischen Rationalität einer Waren produzierenden Gesellschaft ausrichtete. Von daher folgte er auch nur der Logik der Galdform, in welcher ihm die Verhältnisse der Menschen als gesellschaftliche Verhältnisse ihrer Sachen erscheinen (siehe Warenfetischismus). Emanzipation wird sich ihrer Bewegung dadurch bewusst, dass sie sich als Freiheit ihrer Bedingtheit zugleich ihrem Wesen zuwendet und mitteilt, also an und für sich ihr Wesen als gesellschaftlich wesentlich begreift und sich in der Mitteilung und Tätigkeit so verwirklicht, wie sie sachlich und menschlich in den Notwendigkeiten des Lebens gegeben und als ihre Freiheit, als ihr beständiges Übergehen in die Selbstbestimmung der Menchen entfaltet wird. "Die Aufhebung des Privateigentums ist die vollständige Emanzipation aller menschlichen Sinne und Eigenschaften; aber sie ist diese Emanzipation gerade dadurch, daß diese Sinne und Eigenschaften menschlich, sowohl subjektiv als objektiv, geworden sind. Das Auge ist zum menschlichen Auge geworden, wie sein Gegenstand zu einem gegenständlichen, menschlichen, vom Menschen für den Menschen herrührenden Gegenstand geworden ist. Die Sinne sind daher unmittelbar in ihrer Praxis Theoretiker geworden. Sie verhalten sich zu der Sache um der Sache willen, aber die Sache selbst ist ein gegenständliches menschliches Verhalten zu sich selbst und zum Menschen und umgekehrt. Das Bedürfnis oder der Genuß haben darum ihre egoistische Natur und die Natur ihrer bloßen Nützlichkeit verloren, indem der Nutzen zum menschlichen Nutzen geworden ist. Ebenso sind die Sinne und der Genuß der andern Menschen meine eigene Aneignung geworden. Außer diesen unmittelbaren Organen bilden sich daher gesellschaftliche Organe, in der Form der Gesellschaft, also z.B. die Tätigkeit unmittelbar in Gesellschaft mit andern etc. ist ein Organ meiner Lebensäußerung geworden und eine Weise der Aneignung des menschlichen Lebens" (MEW 40, S. 540). Emanzipation als Aufhebung des Privateigentums ist zugleich notwendig die Emanzipation der Arbeit zu ihrer gesellschaftlichen Form, zu einer Form, in der sie nicht länger von den menschlichen Bedürfnissen getrennt bleibt, sondern ihre inhaltliche Identität mit ihnen vollzieht. Von daher ist die Emanzipation der Arbeit immer eine Emanzipation aus der privaten Arbeitsform in eine gesellschaftliche. "Aus dem Verhältnis der entfremdeten Arbeit zum Privateigentum folgt ferner, daß die Emanzipation der Gesellschaft vom Privateigentum etc., von der Knechtschaft, in der politischen Form der Arbeiteremanzipation sich ausspricht, nicht als wenn es sich nur um ihre Emanzipation handelte, sondern weil in ihrer Emanzipation die allgemein menschliche enthalten ist, diese ist aber darin enthalten, weil die ganze menschliche Knechtschaft in dem Verhältnis des Arbeiters zur Produktion involviert ist und alle Knechtschaftsverhältnisse nur Modifikationen und Konsequenzen dieses Verhältnisses sind." (MEW 40, S. 521). Das aber heißt umgekehrt nicht, dass die Emanzipation der Arbeiter die unmittelbare gesellschaftliche Emanzipation wäre, selbst unmittelbar durch eine Herrschaft des Proleten eine gesellschaftliche Emanzipation der Eigentumsverhältnisse schon geschehen könne. Die gesellschaftliche Emanzipation ist die Aufhebung der entfremdeten Beziehungen der Marktwirtschaft, dem Warentausch zwischen Bedürfnis und Arbeit durch Aneignung der Lebens- und Produktionsmittel in einem gesellschaftlichen Verhältnis des Eigentums der arbeitenden und bedürftigen Menschen. Und sie kann sich nicht auf politische Kraftakte reduzieren, denn darin würden die sozialen Inhalte verloren gehen. Eine politische Revolution kann nur eine Politik revolutionieren, sie auf sich als Macht für sich zurückbringen und sie totalisieren. Das war der Hauptmangel des politischen Selbstverständnisses der bisherigen politischen Bewegungen, die sich revolutionär verstanden haben. Diesen hat Marx den Zweck einer menschlichen Emanzipation entgegengehalten, der durch den rein politischen Kampf aufgelöst wird, weil er keine gesellschaftlichen Inhalte verwirklichen kann, sondern ein abgehobener utopischer Traum bleieben muss: "Nicht die radikale Revolution ist utopischer Traum für Deutschland, nicht die allgemein menschliche Emanzipation, sondern vielmehr die teilweise, die nur politische Revolution, die Revolution, welche die Pfeiler des Hauses stehenläßt. Worauf beruht eine teilweise, eine nur politische Revolution? Darauf, daß ein Teil der bürgerlichen Gesellschaft sich emanzipiert und zur allgemeinen Herrschaft gelangt, darauf, daß eine bestimmte Klasse von ihrer besonderen Situation aus die allgemeine Emanzipation der Gesellschaft unternimmt. Diese Klasse befreit die ganze Gesellschaft, aber nur unter der Voraussetzung, daß die ganze Gesellschaft sich in der Situation dieser Klasse befindet, also z.B. Geld und Bildung besitzt oder beliebig erwerben kann. "Keine Klasse der bürgerlichen Gesellschaft kann diese Rolle spielen, ohne ein Moment des Enthusiasmus in sich und in der Masse hervorzurufen, ein Moment, worin sie mit der Gesellschaft im allgemeinen fraternisiert und zusammenfließt, mit ihr verwechselt und als deren allgemeiner Repräsentant empfunden und anerkannt wird, ein Moment, worin ihre Ansprüche und Rechte in Wahrheit die Rechte und Ansprüche der Gesellschaft selbst sind, worin sie wirklich der soziale Kopf und das soziale Herz ist. Nur im Namen der allgemeinen Rechte der Gesellschaft kann eine besondere Klasse sich die allgemeine Herrschaft vindizieren. Zur Erstürmung dieser emanzipatorischen Stellung und damit zur politischen Ausbeutung aller Sphären der Gesellschaft im Interesse der eigenen Sphäre reichen revolutionäre Energie und geistiges Selbstgefühl allein nicht aus. Damit die Revolution eines Volkes und die Emanzipation einer besonderen Klasse der bürgerlichen Gesellschaft zusammenfallen, damit ein Stand für den Stand der ganzen Gesellschaft gelte, dazu müssen umgekehrt alle Mängel der Gesellschaft in einer anderen Klasse konzentriert, dazu muß ein bestimmter Stand der Stand des allgemeinen Anstoßes, die Inkorporation der allgemeinen Schranke sein, dazu muß eine besondre soziale Sphäre für das notorische Verbrechen der ganzen Sozietät gelten, so daß die Befreiung von dieser Sphäre als die allgemeine Selbstbefreiung erscheint. Damit ein Stand par excellence der Stand der Befreiung, dazu muß umgekehrt ein anderer Stand der offenbare Stand der Unterjochung sein." (MEW 1, S. 388). Aber diese Emanzipation unterstellt ein unabhängiges Bewusstsein, das Wissen um menschliche Freiheit und Notwendigkeit, die sich nicht nur politisch verhält, sondern auch in ihrer Seele, ihrem Gemüt, ihrer Psyche, ihrer Kultur, ihrer Religion usw.. vollzieht und von daher substanziell aufhebt, was darin boße Hülle einer Sehnsucht ist verhüllt als politische Emanzipation erscheinen will. "Die Frage ist: Wie verhält sich die vollendete politische Emanzipation zur Religion? Finden wir selbst im Lande der vollendeten politischen Emanzipation nicht nur die Existenz, sondern die lebensfrische, die lebenskräftige Existenz der Religion, so ist der Beweis geführt, daß das Dasein der Religion der Vollendung des Staats nicht widerspricht. Da aber das Dasein der Religion das Dasein eines Mangels ist, so kann die Quelle dieses Mangels nur noch im Wesen des Staats selbst gesucht werden. Die Religion gilt uns nicht mehr als der Grund, sondern nur noch als das Phänomen der weltlichen Beschränktheit. Wir erklären daher die religiöse Befangenheit der freien Staatsbürger aus ihrer weltlichen Befangenheit. Wir behaupten nicht, daß sie ihre religiöse Beschränktheit aufheben müssen, um ihre weltlichen Schranken aufzuheben. Wir behaupten, daß sie ihre religiöse Beschränktheit aufheben, sobald sie ihre weltliche Schranke aufheben. Wir verwandeln nicht die weltlichen Fragen in theologische. Wir verwandeln die theologischen Fragen in weltliche. Nachdem die Geschichte lange genug in Aberglauben aufgelöst worden ist, lösen wir den Aberglauben in Geschichte auf. Die Frage von dem Verhältnisse der politischen Emanzipation zur Religion wird für uns die Frage von dem Verhältnis der politischen Emanzipation zur menschlichen Emanzipation" (MEW 1, S. 352)
|
![]() |
|