Nach S. Freud entstehen Erinnerungsbilder (siehe auch Bild) in der Psyche aus einer Sehnsucht nach der Wiederherstellung von Erlebnissen der Befriedigung, welche einem natürlichen Wesen durch eine allgemeine Bedürftigkeit zur Befriedigung seiner Natur durch "fremde Hilfeleistung" zugeführt wird (siehe auch Befriedung). Und hierfür wird zur Begründung seiner Theorie der Psyche ein System von bewussten und unbewussten Erinnerungen hergenommen, womit sich das komplexe System der psychischen Phänomene und Symptome als allgemeine Antriebe erklären lassen sollen. Doch diese Ableitung kann nur das Bild von einem rein passiven Menschen vermitteln, dem alle wesentlichen Erfahrungen durch fremde Hilfeleistungen, durch eine fremde Kraft zu einem konsumtiven Erleben zugeführt werden (siehe hierzu auch Pfreundschuh 1975: "Zur Kritik des Freudschen Systems der Psychoanalyse"). Von daher versteht Freud die Vorstellung von Erinnerungen an vergangenes Erleben als Antrieb aller Gefühle, als Triebkraft der Psyche, als ihre Konserve aus vergangenem Erleben, die Vorstellungen aus vergangenem Leben als wesentliche Ressource der Selbstverwirklichung, – einer persönlichen Emanzipation gegen die Verdrängung schmerzhafter Ereignisse in den Nöten des Lebens. "In der Form der großen Körperbedürfnisse [des menschlichen Individuums] tritt die Not des Lebens zuerst an ihn heran. Die durch das innere Bedürfnis gesetzte Erregung wird sich einen Abfluss in der Motilität suchen, die man als ‚Innere Veränderung‘ oder als ‚Ausdruck der Gemütsbewegung‘ bezeichnen kann. Das hungrige Kind wird hilflos schreien oder zappeln. Die Situation bleibt aber unverändert... Eine Wendung kann erst eintreten, wenn auf irgendeinem Wege, beim Kinde durch fremde Hilfeleistung, die Erfahrung des Befriedigungserlebnisses gemacht wird, das den inneren Reiz aufhebt. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Erlebnisses ist das Erscheinen einer gewissen Wahrnehmung, deren Erinnerungsbild von jetzt an mit der Gedächtnisspur der Bedürfnisbefriedigung assoziiert bleibt. Sobald dies Bedürfnis ein nächstesmal auftritt, wird sich …eine psychische Regung ergeben, welches das Erinnerungsbild jener Wahrnehmung wieder besetzen und die Wahrnehmung selbst wieder hervorrufen, also eigentlich die Situation der ersten Befriedigung wiederherstellen will“ (Freud GW II/III, 471). Erinnerungen sind die Inhalte des Bewusstseins. Allerdings überdauert das Verdrängte das Bewusstsein und kehrt in Modifikationen von Erinnerngsbildern wieder. Im Erinnerungsbild ist die Psyche zeitlos und ihrem Lebensraum entkörpert, ihrem Körper enthoben, als ein entwirklichtes Körpergedächtnis, ein Erinnerungsbild von unbewussten Selbstgefühlen und Erregungen in der Wahrnehmung wirksam werden. Wesentlich für ein Bild ist, dass es in einer bloßen Fläche Raum und Zeit ohne eine nötige Tiefe zusammenführen kann. Es kann seine Wirklichkeit daher nur in seinem zweidiemsionalen Verstand interpretieren, Bilder nur in der Flache, nur flach vermitteln. Nur durch Mittel, die solche Beziehungen in ihrer reinen Form im Raum darstellen können. Und sie müssen dies, um ihnen gerecht zu werden, ohne ihre Wirklichkeit preis zu geben, sie zu vergegenwärtigen, ohne sie inhaltlich aufzuheben und dennoch ihre Wahrheit darzustellen. In Wahrheit kann eine Fläche aber nur das Flache abbilden. Es muss seine Tiefe aus einer Interpretation beziehen. Erinnern kann man eigentlich nur, was im Empfinden schon durch sich selbst innerlich bestimmt, inhalt von bewussten Gefühlen ist. Es setzt voraus, dass eine Wahrnehmung zum Inneren kam und als deren Bildnis gegenwärtig, Bestandteil der subjektivem Bildung und also nicht verdrängt ist. Das Bildnis einer Erinnerung ist daher auch nicht die bloße Reproduktion einer Wahrnehmung oder eines Erlebens ihrer Wirklichkeit, wie es Sigmund Freud verstanden hatte. Sie ist die Vermittlung der Rückstände im Körpergedächtnis einer toten Wahrnehmung von Empfindungen, aus deren Träume sich Gefühle einer verdrängten Wahrnehmung zu einem objektiven Selbstgefühl verbinden und bilden. Sie ist das ursprünglichste Denken indem sie das Gedächtnis bildet, worin sie sich als Bild aus vergangener Wahrnehmung als ihrem gedanklichen Zusammenhang vergegenwärtigt. Meist handelt es sich dabei um einen Bildungsprozess der Wahrnehmung, wie sie sowohl in Träumen als auch über Informationen oder Medien verarbeitet werden können. Was ein Bild von der rein reproduktiven oder kognitiven Erinnerung (siehe auch Haptik) des Körpergedächtnisses unterscheidet, ist ihre Kombination, die Komposition von Empfindungen, die sich darin subjektiviert, - und auch das ästhetische Verhältnis, das es hierdurch sinnlich einnehmen kann. Die Erinnerung mag sich in vielen Bildern darstellen können; aber sie erfährt nur über ihre bewusste oder unbewusste Wahrheit, durch die Wirkungen ihrer Geschichte, worin sie sich wahrhat, worin ihre gegenständlichen Empfindungen sich subjektivieren, sich als das hinterlassen, was über ihr Denken für wahr befunden wird, auch wenn es aus der Wahrnehmung ihrer Wirklichkeit verdrängt ist. Aber gerade darin kann sie sich in ihrer Wahrheit auch täuschen,wenn ihre Gefühle die Verarbeitung der Empfindungen bestimmen, ihnen also als Selbstgefühle vorausgesetzt werden, die sie hörig gemacht haben (siehe hierzu Ästhetik) Die Erinnerung ist zunächst eine Gedächtnisleistung, die aber für sich genommen ohne Gegenwart ist und alle Zusammenhänge der Wahrnehmung, des Empfindens und Fühlens außer sich lässt. Sie reduziert diese auf die Wahrnehmungsform von Ereignisen und betreibt hierbei eine Abstraktion von ihren wahren Inhalten, auf eine Körperform, die auf die Wahrnehmung zurückwirkt und ihre Haptik bestimmt (siehe Körperfetischismus). Im Ereignis wird von den Bedingungen abstrahiert, welche das Erinnerte erst wahrgemacht hatten. Insofern unterscheidet sich die Erinnerung vom Gedächtnis als Begriff einer herausgesetzten Wahrnehmung (siehe Erleben), eine Existenz für sich, die auf der Bühne genauso bestehen kann wie in der Isolation jeglichen Auftretens von etwas, das geschieht, ohne einen Zusammenhang zu zeigen.
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