"In unsern Tagen scheint jedes Ding mit seinem Gegenteil schwanger zu gehen. Wir sehen, daß die Maschinerie, die mit der wundervollen Kraft begabt ist, die menschliche Arbeit zu verringern und fruchtbarer zu machen, sie verkümmern läßt und bis zur Erschöpfung auszehrt. Die neuen Quellen des Reichtums verwandeln sich durch einen seltsamen Zauberbann zu Quellen der Not. Die Siege der Wissenschaft scheinen erkauft durch Verlust an Charakter. In dem Maße, wie die Menschheit die Natur bezwingt, scheint der Mensch durch andre Menschen oder durch seine eigne Niedertracht unterjocht zu werden. Selbst das reine Licht der Wissenschaft scheint nur auf dem dunklen Hintergrund der Unwissenheit leuchten zu können. All unser Erfinden und unser ganzer Fortschritt scheinen darauf hinauszulaufen, daß sie materielle Kräfte mit geistigem Leben ausstatten und das menschliche Leben zu einer materiellen Kraft verdummen. ” (Karl Marx: Rede auf der Jahresfeier des “People’s Paper” am 14. April 1856 in London) Von Erscheinungen wird besonders in den Religionen gesprochen, die schon in den Naturreligionen das Wirken von Göttern, Geistern und Mythen unterstellen, um ihre Huldigung an übermenschliche Wesen zu legitimieren und zu erklären. Mit der Philosophie der Aufklärung war ihrem Mystizismus durch das Erkenntnisinteresse der Vernunft entgegengetreten worden, die dem rein Geistigen das Material seiner Logik lieferte (siehe Materialismus), und das praktische Leben der Menschen als politisches Leben und zugleich als Leben der Politik vorstellen und vorkehren wollte. Nach der Kritik der praktischen Vernunft konnte schließlich aus deren Negation durch die Logik der Verkehrung, aus der Kritik der Religion schlechthin ein geschichtlicher Verstand der sinnlichen Gewissheit des Lebens der Menschen entstehen. Diese ergab als historischer Materialismus des Bewusstseins, dass nicht die Vernunft die Geschichte bestimmt, sondern in der praktischen Geschichte der Menschen ein fremdes Wesen erscheint, solange die Gesellschaft der Menschen aus der Unvernunft ihrer Lebensverhältnisse ihnen selbst entzogen, abstrakt wird und ihre Entremdung von ihren eigenen Lebenszusammenhängen betreibt und belegt (siehe hierzu die die 1. Feuerbachthese). Eine Erscheinung k�ndet immer von einem Wesen, das hinter dem Seienden scheint, das in ihm erscheint, aber nicht selbst dies ist, denn sonst würde es nicht scheinen sondern sein. Das besagt, dass solches Wesen nicht selbst in Wirklichkeit ist, nicht wirklich identisch mit sich ist (siehe Identit�t), sondern in der Entzweiung von Wesen und Erscheinung seine ausschlie�liche Wirkung hat, ohne wirklich wesentlich zu sein. Eine Erscheinung ist daher eine Wirkung von etwas, das nicht wirklich sein kann und daher nur wirklich scheint, nur zum Schein wirklich ist. Sie selbst ist wesentlich nicht das, als was sie erscheint. Sie hat eine Substanz, die zwar wirksam ist, aber nicht wirklich. Diese Substanz scheint durch eine andere, worin sie sich reflektiert. Die Erscheinung ist der Widerschein einer unwirklichen, einer verkehrten Substanz, in der ihr Wesen nur in seiner Verkehrung erscheinen kann. Wiewohl sie in der Wirklichkeit gründet, hat ihre Ursache nicht die Wirkung, die sein kann, also eine unwirkliche Wirkung. Ihr Grund muss also in der Unwirklichkeit eines substanziellen Zusammenhangs sein, eine Abstraktion (siehe hierzu auch Realabstrakltion). Weil und sofern dieser Zusammenhang seine Natur nicht verwirklicht, erscheint er als etwas anderes, als was er ist, hat er ein ihm selbst fremdes Wesen (siehe Entfremdung), ein Wesen außer sich, das sich im Unwesen ihrer Natur, als Wesen ihrer Abstraktion verwirklicht. Dies macht das Wesen ihrer Entfremdung aus (vergleiche hierzu z.B. den Wert, der substanziell verunwirklichte Produktivität der gesellschaftliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit ist). Karl Marx hat dies am Anfang seines Hauptwerks, dem "Kapital" im ersten Satz trefflich zusammengefasst: “Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ungeheure Warensammlung“ (MEW 23, S. 49) Solange Zusammenhänge existieren, die etwas vermiteln, worin sie sich selbst fremd werden, negieren sie durch ihre Wirkung auf sich selbst ihr Sein. Sie verschaffen sich durch die Befriedigung, welche die Natur ihres Zusammenhangs - wenn auch in einem fremden Wesen - nötig hat, eine Faszination, die eine mystisch Ästhetik mit sich sich bringt, einen Fetisch ihres Glücks, der ihr unwesentliches bzw. wesenloses Sein befriedet. Darin wendet sich die Not des Einzelnen, im Schein eines allgemeinen Wesens, das wesentlich abstrakt ist. Der notwendige Schein der Verhältnisse verschafft ihnen daher auch zunächst schiere Unendlichkeit, die abstrakte Fortbestimmung ihrer Abstraktion. Hieran bildet sich zunächst das praktische Bewusstsein (siehe auch Warenfetischismus), das nichts anderes kennt, als das, was ihm notwendig so zu sein scheint, wie es ist. Zu durchdringen ist dies alleine durch die gedankliche Reflektion, welche die praktische umzukehren vermag, also durch theoretisches Bewusstsein. | ![]() |