"Um ein Kind zu erziehen braucht es ein ganzes Dorf" (Afrikanische Weisheit der Himba) Menschen, die für sich wissen, wie man leben kann, können dies auch anderen zeigen, ihnen mitteilen, was die Gefühle eines Menschen bilden oder als Folgen der Verbildungen in ihren Beziehungen zwischen den Menschen entwickelt, was sich zwischen ihren Empfindungen bestimmt oder in Gefühlen sich auf bloße Selbstgefühle reduzieren lässt, wenn sie ihren Empfindungen nicht mehr trauen und deshalb sich selbst auch nichts zutrauen können. Das Problem haben aber in Wirklichkeit die Älteren, wo sich Gefühle ihrem sozialen Sinn verschließen indem sie ihn privatisieren. Aber wo es zu spät ist, da braucht es auch kein Fachpersonal zur Erziehung in einer Lebenswelt von Kindern, "keine Prägungen", keine Pädagogen zu dem, was zu lernen oder zu beachten und zu tun wäre. Das betrifft das veräußerte Gewachsen-Sein der gesellschaftlich und also objektiv existenten Wahrnehmung (siehe Bewusstsein). Dagegen würde Erziehung Kontrolle über das Leben verlangen, um ein "falsches Leben" auszuschließen. Aber im wirklichen Prozess des Lernens kann man Leben nicht ausschließen oder verbieten: man kann niemanden erziehen, ohne sich ihm zu verschließen oder von sich abzuziehen. Denn jeder Ausschluss hinterlässt eine Abstraktion, ein Einschluss dessen, was im eigenen Anwesen wesentlich bleibt, aber abwesend gemacht wird (siehe Abstraktionskraft). Es lässt sich nicht mehr mitteilen und entfremdet die Verhältnisse worin es gewahr wird. In Wahrheit gibt es daher keine Erziehung. Es ist alles, was über das Vermitteln und Zeigen und Auseinandersetzen hinausgeht ein Unsinn, der sich sinnlich in den Lebensproblemen der Zöglinge als eine abstrakte Allgemeinheit niederschlägt, die von ihren Erziehern existenziell abhängig sind (siehe auch symbiotische Selbstbehauptung). Aber immer noch verstehen sich viele Erzieherinnen und Erzieher als Menschen, die anderen etwas beibringen sollen oder wollen, das sie für objektiv nötig halten, weil es ihnen für ihr Leben notwendig zu sein scheint, weil sie es als Grundlage der herrschenden Lebenspflichten ansehen, weil sie es selbst zum Leben als objektives Mittel (siehe Lebensstandard) ihrer subjektiven Subsistenz (siehe Lebensmittel) brauchen und als eine Norm ihrer Lebenshaltung verallgemeinern und hiernach andere Menschen erziehen wollen (siehe erzieherische Beziehung). Ihre Zöglinge sollen das lernen, was sie objektiv für nötig halten, um das Leben zu "meistern", das ihrer Lebenswelt, der Vernunft der herrschenden Verhältnisse entspricht (siehe auch autoritaerercharakter). Die anderen sollen werden wie sie, damit sie nicht ändern müssen, was ihr Leben für sie ist, auch wenn es ihnen fremd ist, weil auch sie nicht so sind wie sie sein sollen. Das alles hat aber weder mit lernen noch mit leben zu tun und ist meist auch etwas ganz anderes, als das, was ihren "Zöglingen" wirklich nötig ist. Zwischen ihnen stehen Welten der Generationen, worin meist die ältere das Leben der jüngeren zu bestimmen sucht, um deren "umwälzendes" lebensinteresse auf ihre persönlichen Lebensinteressen abzulenken. Zwangaläufig wird dadurch ihre Gesellschaft gespalten in eine herrschende und eine nachholende Generation. Der wesentliche Unterschied der Generationen ist der Zweifel der Älteren, gegen die Hoffnungen der Jüngeren. In einer erzieherische Beziehung in der Laga, den Eltern die Hoffnung der Kinder zu vermitteln und sind die Eltern in der Lage aus ihren Zweifeln Erkenntnisse zu bilden, die sie den Kindern vermitteln können, dann wäre Erziehung auch wirklich unnötig und ein einfaches menschliches Verhältnis von alten und jungen Menschen. Doch dies setz einige Änderung an kulturell bestimmten, an zwischenmenschlichen Verhältnissen voraus. "Die materialistische Lehre, dass die Menschen Produkte der Umstände und der Erziehung, veränderte Menschen also Produkte anderer Umstände und geänderter Erziehung sind, vergisst, dass die Umstände eben von den Menschen verändert werden, und dass der Erzieher selbst erzogen werden muss. Sie kommt daher mit Nothwendigkeit dahin, die Gesellschaft in zwei Theile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist. (Z.B. bei Robert Owen.) Es sind unterschiedliche Lebensbedingungen, welche ihre Beziehungen (siehe hierzu erzieherische Beziehungen) einander in dem ausschließen, worin sie sich unterscheiden und doch zugleich vereinen sollen. Es ist nicht das lebendige Sein ihrer Eigenschaften und Fähigkeiten die ihre Beziehung ausmachen. Es ist das Sollen eines Daseins, das sich in ihnen trifft. Von da her kann es nur um abstraktionskraft ihrer Verhältnisse gehen, worin beide sich über ihr Leben verständigen müssen, in dem sie aneinander geraten sind. Viele Selbsterkenntnisse im Kampf der Generationen sind in der Literatur bewahrt. "Die Besten meiner Generation sah ich zugrunde gehen." ("Lenz" von Georg Büchner,1839) "Ich sah die besten Köpfe meiner Generation vom Wahn zerstört, hungrig hysterisch nackt ..." "Die Tradition der toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf den Gehirnen der Lebenden." (Karl Marx, MEW 8, 115). Das setzt voraus, dass Erziehung von den Jüngeren aufgehoben wird, dass sie ihre Erzieher erziehen müssen, um für eine wirkliche Lebensverständigung frei zu sein, dass sie also wirklich lernen können, was ihre Lebensnot überwindet und ihre Wirklichkeit bereichert (siehe Reichtum). Und dieses Verhältnis ist höchst gesellschaftlich, seinem Wesen nach schon revolutionär, denn das eröffnet den Lebenden Empfindungen, die nicht nur das wiederholen, was in den Normen und Gewohnheiten/a> der Bildungsbürger und Spießer überall schon zu finden und befinden ist (siehe auch Urteil), damit daraus werden kann, was noch nicht wirklich wahr sein kann, in Wirklichkeit eine Täuschung ist (siehe auch Ideologie). Kinder wollen eigentlich nur wissen, wie und wo man wirklich Leben kann. Von daher müssen sie ihren "Erziehern" vertrauen. Sicherlich müssen die Menschen - ganz gleich ob Erwachsen oder Kind - viel lernen um leben zu können. Erziehung verschafft die Illusion, dass dieses Lernen durch ein Ziel bestimmt und durch Autoritäten (siehe z.B. autoritärer Charakter) durchgesetzt und als persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten implantiert un angeeignet werden könnte. Hierfür werden Institutionen, Wissen, Material und Methoden zur Verfügung gestellt. Aber Erziehung vermittelt nur die Gewissheit über das, was die Erzieherinnen und Erzieher unter Leben begriffen haben, welchen Verstand sie haben und was sie für vernünftig halten. Ein Wissen ist das meist nicht. Denn für eine diesbezügliche Gewissheit gibt es keine entsprechende Existenz, solange das Leben der Menschen gegeneinander durch existenzielle Werte bestimmt ist, solange ihre gesellschaftlichen Lebenszusammenhänge, ihre Lebensmittel und Lebensbedingungen von einem Existenzwert beherrscht werden, der nur mit und durch Geld Sinn hat und Sinn macht. Von da her begründet Erziehung ihre Ziele und Vorstellungen vom Leben vorzugsweise durch diesen abstrakten Sinn, der sich nicht nur in der Arbeit oder auf den Märkten, sondern auch zwischen den Menschen in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen mitteilt und vermittelt. An sich ist Erziehung als Verhältnis der älteren Generation zu der nachwachsenden zu verstehen, die von ihr lernen soll, was nötig ist, um unter den gegebenen Existenzbedingungen leben zu können. Sie will bestimmte Eigenschaften bilden, die einen Menschen befähigen sollen, seine gesellschaftlichen Gegebenheiten und Gebotenheiten zu bewältigen. Sie unterscheidet sich daher von den praktischen Lebenbedingungen und wirklichen Notwendigkeiten dadurch, dass sie ihnen vorauseilt, einen Vorgriff auf eine noch fiktive Not darstellt. Von da her kann sie in den burgherrlichen Kleinfamilien, den Lebenswelten des bürgerlichen Mittelstands auch nur durch eine erzieherische Beziehung, also durch die zwischenmenschliche Persönlichkeit der Erzieher vermittelt werden. Solche Erziehung setzt also ein Lebensverhältnis voraus, in der die Menschen sich in einer Lebenspflicht verstehen, einander oder die einen die anderen dahin ziehen, bzw. zu fanimieren", dieser "Aufgabe" im doppelten Wortsinn vermittelst der Verhältnisse einer erzieherischen Beziehung zu entsprechen. Doch weil in den Lebenswelten bzw. den Lebensräumen der zwischenmenschlichen Kulturen (siehe hierzu Lebensburg) objektive Wirklichkeit abwesend ist und sich nicht wirklich vermitteln lässt, kann Erziehung sich nur über die Formbestimmung der Lebenswelt der Eltern und ihrer Familien durchsetzen. Jede Kritik hiergegen zerfällt daher schnell in Mythologien zu Liebe, Geborgenheit und Fürsorge in einer an und für sich heilen Welt. Die Notwendigkeiten der Erziehung als Lernprozess der Nachkommen verbleiben daher durch die persönliche Gegenwart einer eigenständigen Kultur (siehe auch Verselbständigung) eines eigenständigen kleinbürgerlichen Besitzstands (siehe auch Klasse) und teilen sich durch dessen erzieherische Persönlichkeiten (z.B. Eltern, Lehrer und Ämter) mit. Die Spannungen und Konflikte, die darin entstehen sind daher wesentlich von ihrer inhaltlichen Vermittlung und der Form ihrer Existenz bestimmt und verlangen daher nach der Vereinigung einer doppelten "Problemlösung": Die Besorgung einer gesellschaftlichen Notwendigkeit der Bildung und die Befriedigung familiär entstandener Bedürfnisse. Von daher wird Erziehung absolut, zu einer totalen Beziehungswelt für Kinder, die sich in einem doppelten Schuldverhältnis gegen Eltern und Gesellschaft entwickelt. Von daher wird die "erzieherische Animation" gerne als Geschäft einer Unterhaltung betrieben, die auch gerne mit "Bespaßung" bezeichnet wird. Die Kinder wie auch die Eltern müssen irgendwie "bei Laune" gehalten werden, um den erzieherischen Grundwiderspruch in einem chronischen Kompromis gestalten zu können, der sich aus der strukturellen Bestimmung heraus zu einer permanenten Lebensangst entwickelt und sich durch die Unfähigkeit, die eigene Angst wirklich, als zwischenmenschliche Wirklichkeit zu erkennen fortbildet (siehe auch tote Wahrnehmung. Und darin fixieren sich schließlich und ausschließlich die entsprechend systematisierten Strukturen (siehe hierzu auch Strukturalismus) der Familien und Bildungseinrichtungen. "Die Tradition der toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf den Gehirnen der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen. Die soziale Revolution (…) kann ihre Poesie nicht aus der Vergangenheit schöpfen, sondern nur aus der Zukunft. Sie kann nicht mit sich selbst beginnen, bevor sie allen Aberglauben an die Vergangenheit abgestreift hat." (Karl Marx, MEW 8, Seite 115 Erziehung will eben vor allem die jüngere Generation gegen ein Versagen in der Gegenwart einer politisch eingeforderte Normalität (siehe auch reaktionäres Bewusstsein) unter Anleitung der älteren in den eigentümlichen Bildungsstand versetzen, der die Bilder formuliert, durch welche die Kultur der Älteren, deren Vorstellungen von Sittlichkeit Ordnung, den Normen der herrschenden Gesellschaft als Gewohnheit des Lebens der Nachwachsenden instaliert und integriert wird, sie also dahin zu ziehen, wo sie erst werden können, was sie sein müssen. Das unterstellt, dass Kinder sich nicht schon vor aller Erfahrung - also subjektiv - gesellschaftlich beziehen könnten, dass sie in die Bräuche, Sitten, Religionen und Regeln der alten Gesellschaft - also ihrer Kultur - gezogen werden müssten und dass diese gesellschaftlich, also politisch bestimmenden Kulturen schon eine allgemein gültige gesellschaftliche Beziehung der Menschen darstellen würden. Und objektiv unterstellt dies, dass die Lebensräume dieser Kultur, in der Kinder und Eltern verkehren - ein wirklich gesellschaftliches Verhältnis aller Menschen darstellen würden, also ihrem Leben angemessen seien und von daher auch als ihr Maß und Ziel gelten müssten. Natürlich wollen Kinder von den Älteren wissen, wie man unter den gegebenen Umständen leben kann. Tatsächlich gibt es Erfahrungen und Gefahren, die Ältere den Kindern auf ihrem Lebensweg zeigen und vor denen sie alleine schon wegen der Macht der herrschenden Verhältnisse und ihrer Natur geschützt werden müssen. Und zweifellos wollen Kinder von ihren Eltern erfahren, wie man damit leben kann. Das macht schon die Natur der Generationen in ihren Lebensverhältnissen und der Art und Weise ihres Zusammenwirkens aus (siehe auch Familie). Doch was hat dies mit Erziehung zu tun? Erziehung will im Wesentlichen nicht schützen sondern Kinder zur Moral der herrschenden Bestimmungen ziehen und in ihrem Lebenraum bergen, das "unbeholfene Kind" in der Geborgenheit vor Fremdem wiegen, um das eigene Leben in seiner Lebensburg, in seiner privaten Lebensform des Wohnens und Fühlens zu festigen (siehe auch objektives Gefühl) und ihr Verhältnis darin zu bestimmen und sie in ein zwischenmenschliches Verhältnis einzuüben, das Übung verlangt, weil es sich nicht durch die Menschen selbst bestimmen lässt. Das ist ein Verhältnis, das erzieherische Beziehungen nötig hat, weil darin zur Gewohnheit werden kann, was nicht wirklich frei für sich zu entwickeln ist, worin also jede Entwicklung und Geschichte durch Verweise und Gebote bestimmt sein muss, die keiner unmittelbaren Erfahrung entsprechen können, weil sie einer fremden Vermittlung entsprechen müssen, aus ihrer eigenen Ungewissheit heraus Ziele und Einbildungen verfolgen, um die junge Generation in ihren Eigenschaften und Fähigkeiten für das "zukunftsfähig" zu machen, was nicht wirklich Zukunft für sie sein kann. Erziehung ist eine illusorische Beziehung, eine Idealbildung (siehe auch Idee, Ideologie), die Illusion der Selbstlosigkeit, die Vorstellung, dass Menschen dahin zu "ziehen" wären, etwas zu sein, was sie nicht durch sich selbst, durch ihr eigenes Verhältnis zu anderen Menschen und zu ihrer Gesellschaft von vornherein schon sein könnten, ganz gleich, ob sie nun klein oder groß sind. In dieser Beziehung betätigt sich die Idee, dass eine bestimmte Bewältigung des Lebensnotwendigen durch Erziehung "eingeimpft", anerzogen werden könne. Doch dies schon impliziert die Injektion einer Ideologie der herrschenden Verhältnisse, dass sie von den Menschen quasi eintrainiert werden müssten, um fortbestehen zu können. Es ist die Ideologie der herrschenden Institutionen, dass Menschen auf einen Weg gezogen und mit einem Charakter bestückt werden müssten, der sie erst lebensfähig machen würde. Das sei nötig, um den Gefahren des Lebens begegnen zu können. Aber Wege kann man zeigen, vor Gefahren kann man warnen und Charaktere bilden sich in den wirklich sinnlichen Beziehungen des Lebens selbst. Es liegt in den Menschen selbst, sich das anzueigenen, was ihr Leben bereichert; es ist ihre Neugier, durch die sie sich bilden. Ein Antipädagoge hat mal gesagt: "Was soll ich die Kinder erziehen? Sie machen mir doch sowieso alles nach." Erziehung ist das Gegenteil von Aneignung, behindert sie geradezu dadurch, dass sie durch erzieherische Beziehungen Gewohnheiten notwendig erscheinen lässt, die nur ihren Verhältnissen in Ermangelung wirklicher Bezogenheiten geschuldet sind. Erziehung ist die Einverleibung solcher Gewohnheiten durch die Symbiose ihrer Selbstbehauptung (siehe symbiotische Selbstbehauptung). Erziehung unterscheidet sich von den Lern- und Entwicklungsgeschichten der Menschen darin, dass sie die Lernprozesse in den gegeben Verhältnissen und Notwendigkeiten durch eine dem Menschen äußerliche Notwendigkeit begründet. Lernprozesse sollen von daher nicht sich selbst, also ihren Bedürfnissen und ihrer Neugier überlassen sein, ihre Schwierigkeiten und Fehler durch die Übermittlung von Wissen erkennen und überwinden zu können, sondern durch die Gebotenheiten eines Lebens bestimmt sein, das sich ihnen entzogen hat. Erziehung bezieht sich ihrem Inhalt nach auf nicht vorhandene Verhältnisse und Wirklichkeiten, ist ein Vorgriff auf vorgestellte Verhältnisse, die einem Vorurteil entspringen, das nicht zu überprüfen und zu beweisen und also auch nicht zu begreifen ist. Das macht sie zum Medium eines Zwangsverhältnisses und führt damit der dem entsprechenden Logik auch zu einem Zwangsverhalten. Von daher teilt Erziehung die gegebenen Notwendigkeiten des Lebens als allgemeine Gebotenheit mit und kann sich von daher auch nur durch Gebote vermitteln. "Er-ziehen kann man nur auf ein Ziel hin, nämlich auf das, was aus einem Menschen werden soll. Das heißt, daß aus dem, was er ist, das gemacht werden muß, was er sein soll. So findet die Vorwegnahme der Gesellschaft als Gewaltakt des Erziehungsprozesses selbst statt: Was diese mit einem Menschen machen kann, das muß zunächst an ihm selbst gemacht werden. Er muß in der Lage sein, sich um seinen eigenen Nutzen zu kümmern, und er muß sich beschränken können, wo sein Eigennutz schrankenlos gesetzt ist, denn nur wenn beiderlei gewährt ist, kann eine Gesellschaft, die auf der Entfaltung des Eigennutzes gründet, fortbestehen. Die elterliche Erziehung hat das Kunststück zu vollbringen, einen Menschen mit vorweggenommenen Gesellschaftsattributen auszustatten, die sie zugleich auch erfüllen muß: mit allen Variationen des Eigennutzes. Aber diese Aufgabe der Eltern als Träger der Gesellschaft ist nicht identisch mit ihrem Verhältnis zu ihren Kindern. Identisch ist, daß die Familie selbst als Form des Eigennutzes existiert. In der Familie nutzen die Familienmitglieder von vornherein die Vergemeinschaftung der Generationen zu einem abstrakten Lebenszusammenhang der »Subjektivität«. Und von daher müssen sich Eltern erziehend zu ihren Kindern verhalten. Ohne Erziehung nämlich wäre der Verrat an der eigenen Generation, der hiermit gegeben ist, offenkundig: Ein jeder müßte seine Not als wirklich menschliche Not seiner bestimmten Existenz ansehen." (Pfreundschuh in "Was heißt da: Psychisch krank?, Teil 4 - Bedingungen des Familienlebens") Es geht bei der Erziehung wesentlich um die Herstellung eines verinnerlichten Gebots, also eines Gewissens, das nur moralisch wirksam sein kann, weil es seine Grundlagen aus einem Machtverhältnis der Erzieherinnen und Erzieher - meist auch der Eltern - erfährt. Es geht nicht um wirkliche Bildung und Wissensvermittlung, sondern schlicht um die Mittel und Möglichkeiten einer Einpassung von abhängigen Menschen in ein Lebensverhältnis, das zunächst meist als Familie, aber auch als Schule und Ausbildungsstätte besteht. Die Fähigkeiten und Wege der Menschen ergeben sich immer aus ihren wirklichen Möglichkeiten, auch aus dem Beistand von anderen Menschen, Betreuern und Eltern und Geschwister usw. Aber Erziehung behindert Lernen. Wo Neugierde das Lernen antreiben kann, entwickelt es sich in den Menschen selbst und oft auch wie von selbst. Aber wo Lernen sich nicht aus wirklicher Erfahrung ausbilden kann, weil es etwas gibt, was gelernt werden muss. Nur aus Liebe tun die Abhängigen, was ihnen hier geheißen wird, aus Liebe folgen Kinder ihren Eltern und oft auch Schüler ihren Lehrern usw. - obwohl sie zugleich dies müssen, weil ihre Existenz darin gegeben erscheint. Die Einpassung in solche Existenz vollzieht sich daher als Unterordnung des einzelnen Menschen unter die Vernunft einer Gesellschaft, wie sich in diesem Lebensraum bietet. Und diese Vernunft ist von vielerlei Tücken geplagt: Deren hauptsächiche ist die Liebesschuld, unter welcher nur Erziehung funktionieren kann. Solche Vernunft ist also immer doppelbödig, weil das Nötige zugleich als das Geliebte geboten ist. Wieweit die Erziehung der wirklichen Lebensgestaltung der Zöglinge widerspricht hängt davon ab, wie weit sie sich in dem gebotenen Lebensraum selbst verwirklichen können oder nicht. Wesentlich ähnlich sind zumindest die Lebensbedingungen von Eltern und Kindern, soweit sie sich in demdselben Haushalt befinden. Hier könnte Erziehung daher am ehesten funktionieren, wenngleich sie dabei vor allem ihren doppelten Grund entwickelt. In der Schule ist der Ort der Erziehung schon wesentlich komplizierter, weil hier mehr auf die Zukunft der einzelnen Persönlichkeit verwiesen werden muss, denn auf eine liebevolle Gemeinschaftsexistenz. Aber auch hier besteht noch beides. In der Berufsausbildung stehen demgegenüber die Fähigkeiten und Wissensinhalte im Vordergrund, wodurch die eigentliche Erziehung eher zurücktritt. Wir kümmern uns hier aber nur um diese. Erziehung betreibt das Hineinziehen von Menschen in eine Lebenswelt, in welcher sie sich nicht frei entfalten, also weder ihre Freiheiten noch ihre Notwendigkeiten sich entsprechend gestalten können. Hierdurch entwickeln sie keinen wirklichen Sinn füreinander, sondern einen Sinn, in welchem sie seelisch gebeugt sind, um ihrer Beziehung Seele zu verleihen. Erziehung entwickelt Gefühle, die als Gemeingefühligkeit nötig ist, um in der Lebenspflicht auch mit voller Seele füreinander da zu sein. Es ist das wirkliche Verhältnis einer Lebensschuld, die als Liebesschuld gegeben und nötig ist. Nur hierdurch kann Liebe als Lebensnotwendigkeit erscheinen, denn Erziehung vermittelt Lebensnotwendigkeiten als Liebesbeweis. Sie setzt damit außer Zweifel, dass es solche Lebensnotwendigkeiten gibt und macht sie hierdurch unhinterfragbar. Erziehung ist eine Beziehung, in welche Menschen durch Lebensverhältnisse versetzt sind, zu denen die nachfolgende Generation von der ihnen vorangegangen gezogen werden muss. Eine Gesellschaft, in der sich Leben nur abstrakt vermittelt, kann keinen Sinn für den Unterschied der Generationen haben außer dem, welcher sich in der Existenzform ihrer Zwischenmenschlichkeit verhält. Diese ist vor allem die Familie, die sich als Lebensburg dieser Verhältnisse errichtet, worein das in Liebe verschworene Leben durch deren Verträglichkeit geborgen erscheint (siehe auch Lebensbergung). Hierdurch wird der Unterschied der Generationen zu Positionen des "richtigen Lebens" als Unterschied von Subjekt und Objekt eines Familiensinns, der wie ein Lebensrecht wirkt. Zur Lebensvermittlung einer solchen Gesellschaft wird der so gegründete Lebensraum zu einem Zweck, der keine anderen Mittel hat, als die darin bestimmten Menschen. So werden Eltern und Kinder zueinander als Mittel für ihr Leben in diesem Raum bestimmt. In der Erziehung wirkt der gesellschaftliche Zweck in der Familie als menschliche Beziehung, in der sich Menschen mit ihrem ganzen Leben selbst zu vermitteln haben. Daher ist Erziehung der Begriff für ein Verhältnis, in dem Menschen von einer Seite, meist die ältere Generation - und das ist die Seite existenzieller, kultureller und seelischer Notwendigkeiten der Ausbildung - andere Menschen dahin zieht, zu werden, was sie sein müssen. Damit wird von dieser Seite eine Notwendigkeit gegebener Existenzform absolut, die der anderen relativ hierzu. Erziehung ist der Relativierungsprozess des Lebens, nicht notwendiger Bestandteil eines Verhältnisses von Generationen; ebenso wenig wie Kinder notwendiges Mittel ihrer Eltern sein müssen. Sie ist durch das Kulturverhältnis der Generationen gegeben, durch die Getrenntheit der Lebensräume (siehe Lebensburg, Familie). Im Verhältnis zur Jugend ist die Erziehung die Überordnung der bisherigen Lebensweise über sie und dadurch übersinnlich, dass das gesellschaftliche Verhältnis, welche Lebensburgen nötig hat, nicht gegenwärtig ist. So herrscht der Raum des geborgenen und verborgenen Lebens im Heim der unmittelbaren Lebensproduktion, ein Übersinn über die werdende, - der darin geronnene Sinnlichkeit über die zukünftige, heimlich odert unheimlich. Um dies zu vollziehen ist Erziehung immer mit Erziehungsmacht verbunden, die mit der existentiellen Lebensmacht der Älteren über die Jüngeren (z.B. durch Haushalt, Seele und Rechtsform) identisch ist. Alle Verhältnisse darin sind in dieser Macht bestimmt, ob sie sich nun liebevoll ereignen oder durch pure Gewalt. So auch der Streit darin, die Verweigerung und Symbiose, die Übererregtheiten und Depressionen, Andererseits ist im Erziehungsverhältnis auch eine Art Wegbegleitung, in welcher die Älteren ihrer Verantwortung für Jüngere entsprechen. Zwar enthält der Begriff als solcher vorwiegend reaktionäre Anteile, die von Ziehen und Zucht künden, ist aber umgangssprachlich nicht von der Fürsorge der Älteren zu trennen. Schließlich vermittelt Erziehung auch die Seinsweise einer Gesellschaft, die sich nicht unmittelbar erschließen lässt, weil sie abstrakt vermittelt und doch menschliche Gegenwärtigkeit ist. Um sie zu erkennen und in ihr die Wege zur Bildung eines angemessenen Gedächtnisses zu finden, entspricht Erziehung auch dieser Abstraktion. Es zeigt sich darin das doppelte Verhältnis, was Erziehung ausmacht: Ziehen als Moment einer Fremdbestimmung, und mitziehen als Moment der Wegbegleitung. Es sind beides die Momente der bürgerlichen Kultur, in welcher sich die Wahrnehmung des Lebens ausdrückt als Sorge um die Existenz und Fortbestimmung zwischenmenschlicher Beziehung. |
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