Im Unterschied zu einem Rechengeld wird Existenzgeld von verschiedenen politischen Gruppierungen von Links bis nach Rechts als Grundsicherung durch ein Grundeinkommen für jeden Bürger gefordert, daher auch oft mit Bürgergeld oder als "negative Einkommenssteuer" (Milton Friedman 1962 in "Kapitalismus und Freiheit") bezeichnet, die in den reichen Ländern für die Kostn der Subsistenz der Bürger aus dem Existenwert des Landes direkt abgegeben, und damit eine Grundsicherung der Kaufkraft des Geldes gewährt werden könnte. Dahinter steckt zum einen das Interesse, die Reproduktion der Menschen und damit das Maß potenzieller Arbeitsbereitschaft zu sichern und als "untersten Lebensstandard" zu definieren, zum anderen die Verelendung der unteren Gesellschaftsschichten in den Krisenzeiten des Kapitals abzuwenden und Verwahrlosung abzuwenden, indem Existenzangst auf das Maß des Mindesteinkommens reduziert wird. Während erstres Interesse vor allem der Systemsicherung und Krisenbewältigung dient, will das letztre die Reibungsminderung der gegensetzlichen ökonomischen Interessen zur Wohltätigkeit des Staats befördern. Dies allerdings hebt damit zugleich das Lebensniveau der Menschen auch innerhalb kapitalistischer Produktionsverhälnisse in den reicheren Ländern an, soweit dies ihre Lage auf dem Weltmarkt erlaubt. Von daher vermindert es die Grundlosten der Lebenssicherung, aber auch die Existenzangst der betroffenen Menschen. Solche Angst macht ja letztlich die Menschen erpressbar und für alles gefügig, was vom Kapital als Besitzer der Lebens- und Produktionsmittel verlangt wird. Sie ist der Antrieb für viele Menschen, sich der Ausbeutung und Selbstausbeutung ohne Rücksicht auf irgendeinen Sinn ihrer Arbeit zu unterwerfen. Die Minderung dieser Angst wirkt sich auf das ganze existenzielle Niveau dieser Gesellschaft aus, die durch Arbeitsimporte aus dem Ausland meist auch zunehmend zu einer Dienstleistungsgesellschaft geworden ist. Das Existenzgeld unterscheidet sich vom Sozialgeld (ALG I + II) vor allem in seiner Unbedingtheit, also jenseits der Feststellung und dem Nachweis einer sozialen Not. Es soll jedem Bürger einer Nation zustehen, der weniger verdient, als seine Reproduktion auf unterstem Niveau kostet und die Differenz zum Arbeitslohn (ähnlich dem Kombilohn) tragen oder diese voll finanzieren. Der ganze Aufwand der Sozialverwaltung wäre damit weitgehend rduziert. Von daher sympatisieren die politischen Parteien von links bis rechts mit solche Vorstellungen, scheitern aber wohl immer an der politischen Umsetzung, weil die "Lohngestaltung" aus der Sicht des Kapitals nur dann "günstig" verläuft, wenn ein größerer Teil der Menschen in Existenzangst lebt. Es besteht also vorwiegend ein politischer, nicht unbedingt ein ökonomischer Grund zur Abweisung dieser Form des Lohnes. Es müsste ja de facto sowieso den Umfang des variablen Kapitals auf der untersten Stufe in der Konkurrenz der Arbeitspreise haben, der ja dem Reproduktionwert der Arbeitskraft gleichkommt. Und wenn nicht alleMenschen Arbeit finden, so ist es ökomisch sinnvoller, die Automation zu steigern, als die Vollbeschäftigung zu erstreben. Immerhin bleiben die Konsumenten des Gesamtprozesses erhalten und dieser in seiner ökonomischen Potenz durch das Existenzgeld regelbar. Von daher ist die Durchsetzung des Existenzgeldes unter kapitalistischen Bedingungen durchaus vorstellbar. Es entspricht auch dem Prinzip der Bildung von Arbeitseliten. Der tatsächlich motivierende Arbeitslohn wäre lediglich noch der Preis für besonders motivierte Arbeit, der Aufpreis für darum konkurrierende Arbeitskräfte. Soweit sich ihre Masse einregeln lässt, lässt sich somit auch ihre Konkurrenz staatlicherseits bestimmen. Das Problem bei der politischen Einschätzung des Existenzgeldes liegt aber einmal darin, woher das Existenzgeld kommen soll, wenn es Menschen zu reproduzieren hat, die nicht arbeiten müssen, und dann auch in der Geldform selbst. Zum erstren wird gerne angenommen, dass es der Automation entspringt, dass also die Maschinen Wert produzieren, der nur in seiner Geldform verteilt werden müsste (siehe Attac-Slogan "Es ist genug für alle da!"). Doch Maschinen selbst übertragen nur den Wert der menschlichen Arbeit, der in ihre Erzeugung eingebracht wurde; die Automaten als solche erzeugen keinen Wert, weil sie keinen Wert konsumieren können, denn Produktion und Konsumtion, dies beidseitige ist die Bedingung für den Wert der Waren. Also kann kein Geld bei Maschinenarbeit entstehen - wohl aber Produkte, die keinen Wert haben, die also im Prinzip die Wertproduktion schon hinter sich lassen könnten. Eine Grundsicherung könnte durch solche Produkte möglich sein. Soweit sie noch Geldform hat, entspricht dies einem Produktüberschuss, den automatische Produktion jenseits der Verwertung ohne großen Aufwand abwerfen kann, wenn das Kapital politisch dazu gezwungen ist. Es mindert aber seinen Markt, also auch seinen wirklich wertmäßigen Absatz. Und damit sind wir beim Problem der Geldform selbst: Das Existenzgeld ist als Steuer des Kapitals aufzufassen, zu der es in Krisenzeiten nicht bereit sein wird. Es hat mit dem zirkulierenden Geld als solches nur soviel zu tun, wie ein Anteil davon nicht mehr wertmäßig bestimmt, also reines Zahlungsmittel unvergoltener Arbeitsleistung, also automatisierter Arbeit ist, und der untersten Reproduktion der Gesellschaft als solche zukommt. Es handelt sich nicht um wirklich zirkulierendes Geld, sondern lediglich um eine Verteuerung der Technologie, die sich nicht in ihrer bisherigen Verwertungszeit amortisiert, sondern Reproduktionsvermögen abgibt. Von da her geht es bei dem Existenzgeld auch nicht um die Forderung nach bestimmten Geldbeiträgen, welche dem Kapital Profite schmälern würden. Es geht um die reine verwaltungsmäßige Neuaufteilung bzw. Umverteilung der Sozialkosten, welche an der prinzipiellen Situation der Lohnarbeit nichts ändert. Jede Forderung nach Geld kann vorübergehend eine Situation nur verbessern, wenn sie unterbewertet war, nichts aber an ihrem Wert ändern. Die Lohnkämpfe zeigen selbst am besten, dass sie lediglich ein Feilschen um die Bewertung der Arbeit sind, niemals aber den Lebensstandard der Menschen heben können - es sei denn, es gibt andere Gründe hierfür (z.B. Dienstleistung zur Mehrwertoptimierung). Jede Preiserhöhung aber geht ein in die Selbstregelung des Werts, also z.B. auch in eine Geldentwertung. Die Geschichte der Reallöhne beweist das zur Genüge: Jede Lohnerhöhung führt letztlich zu einer Erhöhung der Lebensmittelpreise, weil er ja auch die Kosten ihrer Herstellung erhöht, soweit diese nicht anderweitig und hiervon völlig unabhängig gedrückt werden (z.B. durch Weltmarktpreise und Importe fremder Arbeit). Existenzgeld könnte also nur eine Grundsicherung auf der Basis der Ausbeutung anderer Länder sein, also die Vergesellschaftung eines auf dem Weltmarkt in fremden Ländern erzielten Mehrwerts. Dennoch hat der Gedanke der Grundsicherung ein wichtiges emanzipatorisches Element, wenn er jenseits des kapitalisierten Geldkreislaufs als Notwendigkeit eines Veränderungsprozesses der Gesellschaft überhaupt durchdacht und darin als Beitrag zu einem möglichen Fortschritt genommen wird (siehe hierzu Brotkorbsozialismus). |