Fast jede bürgerliche Familie lebt mit einer eigenständigen "Macht der Gewohnheit". Die äußert sich nicht unbedingt in dem Reglement einer Familiensinnigkeit über das Verhalten in der Nutzung alltäglicher unbedingter Gemeinschaftlichkeiten. Es sind eher die Stimmungen und Ängste eines eklatanten Liebesbedarfs in einer ungewissen und doch Wohnlichen Not, die sich aus der Existenz und deren Notwendigkeiten in den familiären zwischenmenschlichen Beziehungen ergibt. Darin formieren sich die Gefühle und Selbstgefühle der Menschen in den Generationen und Gewissheiten ihres zwischenmenschlich begrenzten Lebensraum, das Gemüt einer eigenen, durch sich selbst beschränkten und eng bestimmten Welt, worin eine umfängliche Lebensangst keimt. Dies ist die gemeinschaftliche Bedingung einer Art von kollektivierter Selbstbezogenkeit, die sich auch über ein ganzes Menschenleben bawahren kann – gerade wo und wenn sie sich in ihrer gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht wirklich bewährt (siehe auch Verrücktheit). Ein Familienego behauptet sich durch das gemeine Selbstgefühl einer Familie. Die bürgerliche Familie erzeugt damit einen Zusammenschluss von Gefühlen die sich in einem versammelten Selbstgefühl vereinen und von daher keine eigene Wahrnehmungsidentität haben können. Wo sie in zwischenmenschlichen Verhältnissen symbiotisch und von daher verbindlich werden (siehe hierzu symbiotische Selbstbehauptung), erzeugen sie Angst, welche das eigene Lebensvermögen bedroht. Eine allgemeine Selbstbeziehung durch einen Familiensinn "außer Haus" lässt sich als Familien-Ego beschreiben, das in der Psychoanalyse als Über-Ich verstanden wird. Es ist das, was im Hintergrund einer Persönlichkeit in ihrer zwischenmenschlichen Beziehung auf andere Menschen bestimmend bleibt, auch wenn alle dem zugrunde liegende Erfahrungen und Ereignisse nicht mehr existieren. Es ist das geschichtliche Resultat eines eingeschlossenen Bildungsprozesse an Selbstwert aus den ausschließlich familiären erzieherischen Beziehungen, der aus der ursprünglichen Lebensburg, der Geborgenheit seiner Kindheit heraus ein Geltungsstreben bestimmt, das seine Heimat in einer dem entsprechend heilen Welt sucht. Im Gemeinsinn der alltäglichen Beziehungen innerhalb der Familien bilden sich ihre Gewohnheiten aus dem Wohnen selbst, aus dem sinnlichen Beisammensein der Geschlechter und Generationen zu ihrem Familiensinn. Dieser produziert selbst aus den Selbstverständlichkeiten der familiären Fürsorge und Lebensunterhaltung eine symbiotische Selbstbehauptung aus, in der sich die Familienmitglieder an einander und durch einander aufrichten, sich also als Menschen allgemein in einer Selbstbezogenheit behaupten, die sie durch sich selbst nicht darstellen können. Eine symbiotische Selbstbehauptung ist eine Selbstbehauptung durch eine Verschmelzung der persönlichen Lebensinteressen, durch eine symbiotischen Lebensgemeinschaft, die nach außen durchsetzungsfähig ist und sich im Innern zugleich schon dann elementar bedroht fühlt, wenn sich unterschiedliche Lebensinteressen darin auftun. Die Stärke der Gemeinschaft beruht auf einem Zwang zur Einheit, die ihre höchste Lebenspflicht ausmacht und sich z.B. in Familien mift ihrem Familiensinn durchzusetzen sucht, ganz gleich, wie sich dieser räumlich und wohnlich gestaltet, also auch unabhängig von den Strukturen einer Lebensburg wirksam ist. Jede Selbstbehauptung will eine Selbstbeziehung verwirklichen und so mächtig machen, wie es der Selbstwahrnehmung nötig ist. Sie bestimmt die Wahrnehmung aus den Selbstgefühlen so, wie sie sich als Formbestimmung zwischenmenschlicher Beziehungen wahrmachen und sich hierdurch selbst wahrhaben kann. Eine symbiotische Selbstbehauptung ist die zwischenmenschliche Lebensform eines narzisstischen Verhältnisses, ist eine Behauptung seiner selbst, in der sich Menschen in ihrer Ausschließichkeit und Ausgeschlossenheit lebendig erscheinen, indem sie sich ihre Eigenheiten, und damit ihre Selbstachtung durch fremde Bestimmung aufheben lassen. Auch wenn sie dabei nicht als Menschen "auf eigenen Füßen" stehen, ihr Leben in ihrer Gesellschaft, im Verhältnis zu sich und zu anderen und zu ihrer Natur nicht selbst verantworten, nicht durch sich begründet einander wahrhaben, nichts Eigenes sind, weil sie es nicht sein können, können sie sich dennoch durch eine Gemeinschaft ihrer Sinnesbeziehung menschlich verkörpern und behaupten, indem sie ihre Selbstwahrnehmung voneinander abhängig machen und durch einander erleben. In soweit reduzieren sie ihr Verhalten als Menschen zu Menschen darauf, dass es vor allem ihre Sinnesgemeinschaft behaupten und bestärken kann (siehe hierzu auch erzieherischen Beziehung).
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