"Fremd ist der Fremde nur in der Fremde." (Karl Valentin) Fremd ist etwas Äußerliches, zunächst alles, was nicht vertraut ist, was der Empfindung nicht zu eigen ist. Fremd ist daher ein Inhalt, der nur durch seine Form gegeben erscheint, der durch eine schlichte Tatsache da ist, die durch seine bloße Formbestimmung als etwas erscheint, was sie ohne eine wirkliche Beziehung, ohne Zusammenhang ist, was an ihr nicht wirklich wahr sein kann, weil es nur als Ereignis einer an und für sich fremden Wirklichkeit auftritt. Fremd ist daher zunächst alles, was ohne Beziehung zu einem Subjekt objektiv erscheint (siehe hierzu auch Positivismus), etwas Äußeres, das seiner Form nach unbekannt ist, das man aber dadurch schon irgendwie kennt, dass man es als etwas Fremdes erkennen kann (siehe auch fremde Kraft). Denn es ist nicht irgend etwas, das im ganzen Kosmos irgendwo sein mag. Aber es ist zumindest etwas Außergewöhnliches. Im Gewöhnlichen erscheint alles fremd, was man nicht gewohnt ist, was durch die Umstände der Wahrnehmung ausgeschlossen erscheint. Es muss daher etwas ganz Anderes sein. Je ausschließlicher dessen Form, desto totaler erscheint das Ungewohnte als Gefahr für eine heile Welt und verlangt nach stringenter Totalisierung des Ausschlusses. Aber damit wird zugleich die Beziehung, die inhaltliche "Brücke" von Eigenem zu Fremden zunehmend abstrakt. Das Ungewöhnliche wird zu einem fremden Subjekt, zu einem Subjekt einer Entfremdung, das vergessen muss, was darin Eigenes ist, aber fremd werden und bleiben soll, um die Macht der Gewohnheiten einer heile Welt zu erhalten und zu festigen, - zu verfestigen (siehe auch Fixation). Das Fremde setzt eine Kenntnis von eigener Natur voraus, die sich im Dazwischensein von Eigenem bildet und deshalb das hiervon Unterschiedene erkennen kann, auch wenn es abwesend ist. Fremdes ist von daher nur eine andere Erscheinungsform des Eigenen. Es hat unmittelbar allerdings nichts mit den Eigenschaften zu tun, die durch eigene Fähigkeiten gegenständlich und gegenwärtig in Beziehung sind. Es sind Eigenschaften und Fähigkeiten, die sich nur in der Fremde, nur außer sich wirklich gegenständlich beziehen können, weil sie nur ausschließlich für sich wahr sein können, weil ihre Gegenwart ihre Abwesenheit bestimmt und betreibt, weil sie von sich selbst entfremdet ist (siehe hierzu auch Isolation). Fremd ist also etwas Äußeres, das nicht in seiner Äußerung erkennbar ist, weil es ein äußerer Gegenstand zu sein scheint, der durch sich selbst bestimmt wirkt, aber dennoch wesentlich für das eigene Leben ist. Er erscheint in dieser Form als schlechthin Anderes, das in seinen Eigenschaften ausschließlich anders ist, zu welchen dennoch eine Beziehung besteht, die nur negativ erscheint, weil sie in einer Trennung zu ihrem Inhalt bestimmt ist. Ohne diese Beziehung wäre das Fremde nur gleichgültig, unwirklich, von sich selbst entwirklicht, Eine solche Beziehung kann es in Wahrheit nämlich nicht ohne Grund geben. Es eine rein formelle Beziehung, die durch einen ausgeschlossenen Inhalt anwesend ist. Und ohne diese Form müsste es niemanden kümmern. Obwohl das Fremde nicht anwesend ist, hat es dennoch substanziell an dieser Beziehung teil. Fremd ist nur eine Formbestimmung, die ihren Inhalt nicht erkennen lässt. Wäre es ein wirkliches Anderssein, so wäre es interessant für jedwede Veränderung und Ergänzung. Wenn im Verhältnis zu Fremdem, etwas bedrohlich erscheint, so ist es eine Beziehung in der eine Beziehung selbst sich gegen die Möglichkeit der Übereignung fremder Eigenschaften, weil ihr Inhalt sich selbst schon äußerlich ist. Im Gefühl einer fremden Erscheinung erscheint daher die Empfindung der Selbstentfremdung am Gegenstand der Wahrnehmung. Es ist eine Wahrnehmung, die sich aus der Substanz entäußerter Verhältnisse bestimmt - sei diese nur scheinbar oder wirklich, im Gefühl oder im Bewusstsein, im Verstand oder in einer Erkenntnis. Die Angst vor Fremdem lässt sich im Bewusstsein der Entäußerung, in der Kritik von Enteignung aufheben. Nicht wenn ein Gegenstand oder Mensch fremd erscheint, ist er wirklich fremd. Fremd ist in der bloßen Wahrnehmung nur seine gegenständliche Erscheinung als eine Sache in anderer Form, die sowohl entfremdet sein kann, wie sie auch auf Eigenes bezogen ist. In dieser Zwiespältigkeit vollzieht sich der Doppelcharakter der Selbstwahrnehmung so lange, wie sie die fremde Kraft, durch die sich wirkliche Entfremdung bestimmt, von der bloßen Fremdwahrnehmung unterscheiden und damit kritisieren kann und auf diese Weise das eigene Denken von der Last seiner Fremdwahrnehmung befreit. Ein in diesem Anderssein noch nicht erkanntes Gegenüber erscheint wie ein äußerer Gegenstand, der in einer gleichgültigen Beziehung in seinem bloßen Anderssein wahrgenommen wird und von daher einen schlechten Eindruck auf die Selbstgefühle der eigenen Art macht. Auf der ausschließlichen Grundlage solcher Selbstgefühle fixiert sich die Trennung von Eigenem und Fremden und verschließt sich ihrer Entwicklung und Geschichte, indem sie ihre Selbstwahrnehmung mit einer Fremdenfeindlichkeit verfüllt Fremdes kann im Prozess der Erkenntnis aber sehr wohl bekannt, in der Aneignung der Wahrnehmung begriffen und zu eigen gemacht werden, wenn diese hierdurch von ihrem Gegenstand ergriffen wird und zu einem Verhältnis der Ergänzung wird, deren Synergie überhaupt die gesellschaftlichen Beziehungen vorantreibt. Von daher vollzieht sich in der Ungewissheit der Wahrnehmung lediglich ein noch nicht erkennen menschlicher Eigenheit in anderem, das noch fremd erscheint, weil es nicht vertraut, weil es ungewohnt ist (siehe auch Gewohnheit). Wesentlich fremd ist daher erst, was als fremd erkannt ist, also als fremde Bestimmung begründet begriffen ist. Dies macht die Erkenntnis einer Fremdbestimmung als Grund einer Selbstentfremdung aus. Fremdenfeindlichkeit dient dagegen dem reaktionären Bewusstsein dazu, dieser Erkenntnis zu entgehen und alles fremd scheinende zum Mittel seiner Egozentrik zu machen, die sich darin ausschöpfen kann, als Lebensraum einer Geborgenheit wird: Lebensburg. |
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