"Ihr bewundert die entzückende Mannigfaltigkeit, den unerschöpflichen Reichtum der Natur. Ihr verlangt nicht, daß die Rose duften soll wie das Veilchen, aber das Allerreichste, der Geist soll nur auf eine Art existieren dürfen? Ich bin humoristisch, aber das Gesetz gebietet, ernsthaft zu schreiben. Ich bin keck, aber das Gesetz befiehlt, daß mein Stil bescheiden sei. Grau in grau ist die einzige, die berechtigte Farbe der Freiheit. Jeder Tautropfen, in den die Sonne scheint, glitzert in unerschöpflichem Farbenspiel, aber die geistige Sonne, in wie vielen Individuen, an welchen Gegenständen sie sich auch breche, soll nur eine, nur die offizielle Farbe erzeugen dürfen! Die wesentliche Form des Geistes ist Heiterkeit, Licht, und ihr macht den Schatten zu seiner einzigen entsprechenden Erscheinung, nur schwarz gekleidet soll er gehen, und doch gibt es unter den Blumen keine schwarze. Das Wesen des Geistes ist die Wahrheit immer selbst." (MEW 1, S. 6) Der Geist sei der Trieb der Liebe, meint Spinonza. Es ist aber gerade dies die Lüge Gottes, die Täuschung seiner Geschöpfe, der Betrug am wirklichen Sinn und Geist der Menschen, wodurch ihre Wahrnehmung getrübt, von der Erkenntnis abgetrenntwird. So wird ein gesellschaftlicher Unsinn verbsolutiert, der ihre Gotteskindschaft als eine Vertreibung aus dem Paradies begründen soll als Massstab aller Sünden, als Erbsünde gegen Gott. Dies vermittelt auch Goethe in seinem "Faust", der mit seiner Liebe zu Gretchen ihren Wahnsinn begründen soll, weil er eine Wette mit dem Teufel abschließen wird, wodurch er seine Liebe und Leidenschaft gegen die Übermacht der Gebote Gottes retten will. "Entschlafen sind nun wilde Triebe Mit jedem ungestümen Thun; Es reget sich die Menschenliebe, Die Liebe Gottes regt sich nun." (Goethe Faust) Wo der Geist allmächtig werden soll, vereinigt er sich in einem oder mehreren Göttern, um im Trieb einer Religiösen Einheit einer Bereinigung zu herrschen, als ein allmächtiger Geist zu herrschen, der seine Ohnmacht durch fremde Gefühle leugnet. So entsteht der Geist einer geistlosen, einer toten Wahrnehmung, wodurch sich das vermittelt, was seine Empfindungen ersetzen muss. Er kann aber nur ersetzen, was er nicht hat, was er also nur für sich und durch sich sein kann (siehe Selbstwahrnehmung). In den Kulturveranstaltungen der Religionen behauptet sich dieses als ein bloßer Gemeinsinn durch die Liebe Gottes. Aber darin bleibt er übermächtig und gemein, weil er die Leidenschaften der Menschen in der Empfindung ihrer wirklichen Lebensverhältnissen, in ihrer Lebenswirklichkeit, ihrer Begeisterung und Freiheit nicht versteht (siehe Verstand). Gott kann nur befrieden, was Befriedigung sucht, nur beruhigen, wo Aufruhr herrscht. Er behauptet sich in den Religionen und esoterischen Edelmütgkeiten als "Ruhe der Erkenntnis", die nichts von der Wirklichkeit der Menschen wissen will, weil sie eine gewissenlose Macht inne hat, die sie ihrer sinnlichen Gewissheit entledigt und diese sogar meidet, um sie zu erhalten. Was man bezahlt. das hat seinen Preis (siehe Geld als Zahlungsmittel). Was man dafür bekommt, das ist dann ein Wert (wodurch Geld zum Kaufmittel wird). „Der geistreiche, vielsinnige, vielsagende Gegenstand der Liebe sagt der Ruhe des Erkennens nur das kategorische Schema: "dieses äußere Objekt der Gemütsaffektion", wie etwa der Komet dem spekulativen Naturphilosophen nichts sagt als die "Negativität". Indem der Mensch den Menschen zum äußeren Objekt seiner Gemütsaffektion macht, legt er ihm zwar nach dem eignen Geständnis der kritischen Kritik "Wichtigkeit" bei, aber eine sozusagen gegenständliche Wichtigkeit, während die Wichtigkeit, welche die Kritik den Gegenständen beilegt, nichts anders ist als die Wichtigkeit, die sie sich selbst beilegt, die sich daher auch nicht in dem "schlechten äußeren Sein", sondern in dem "Nichts" des kritisch wichtigen Gegenstandes bewährt. (MEW 2, Seite 22) Der esoterischer Charakter des reinen Geistes täuscht über seine wahren Absichten hinweg. Er äußert Liebe, wo er ihre Wirklichkeit verachtet, verlangt nach Demut und Andacht, Ehrfurcht und Gehorsam durch die Zugehörigkeit eines vermeintlichem Übermenschen, Und durch ihn verspricht er geistige Ruhe und Besinnlichkeit eines Glaubens an die Allmacht einer höhere Ordnung, der eine Abweisung der wirklichen Verhältnisse betreibt, weil sie seine Ruhe, seine behauptete Friedfertigkeiten stören, die Leidenschaften enthalten und verwirklichen. Es ist der Geist des selbstgerechten Spießers, der seine Welt nicht wirklich begreifen kann, weil er nur das Gute kennen und das Böse von sich fernhalten will. „Um sich zur 'Ruhe des Erkennens' zu vollenden, muß die kritische Kritik vor allem sich der Liebe zu entledigen suchen. Die Liebe ist eine Leidenschaft, und nichts gefährlicher für die Ruhe des Erkennens als die Leidenschaft." (MEW 2, Seite 22) Eine kritische Theorie die das praktische Leben verachtet, verbleibt jenseits aller Leidenschaften und reduziert alles auf das reine Gefühl einer wirkliche Liebe, das dann doch nur ein objektives Selbstgefühl formuliert, auf die bloße Anschauung einer Theorie für sich nutzt, die ihr den Rang einer Erbauung zuweist, die Menschen durch eine bloße "Gefühlsaffektion" einnimmt und deren Erkenntnisse "stört", weil nach Anschauung des aufgeklärten Bürgers Erkenntnis nur jenseits der Gefühle möglich sei, nur im bloßen Verstand einer funktionalen, einer instrumentellen Vernunft (siehe hierzu auch Strukturalismus) wahr sein könne. Wenn die Ruhe des Erkennens in dem wirklichen Menschen keinen Gegenstand besitzt, besitzt sie dagegen in der Menschheit eine Sache. Die kritische Liebe "hütet sich vor allem, über der Person die Sache zu vergessen, welche nichts anders ist als die Sache der Menschheit". Die unkritische Liebe trennt die Menschheit nicht von dem persönlichen individuellen Menschen." (MEW 2, Seite 22) Der wirklich menschliche Geist ist heiter und gewitzt, bildet aus dem Sinnfälligen der Empfindungen neue Welten, Wünsche, Träume und Gefühle, worin das Ahnen und Sehnen sich gestaltet und seine Wahrheit bildet. Wo Geist zu Geist sich findet und empfindet ist er Ursprung und Kraft seiner Schöpfung, wie auch der Kritik, der Geschichte, wie er sie sucht, was ihn beseelt und wofür er sich begeistert. kann Aber ein Geist, der seinen menschlichen Sinn verloren hat (siehe abstrakt menschlicher Sinn), begeistert sich vornehmlich an sich selbst, empfindet sich als das Glück seiner Illusionen, seiner Rückbeziehung auf sich selbst, seiner re-ligio. Er fixiert seine Selbstbezogenheit durch den Glauben an die Hoheit eines fremden Glücks, einer Seligsprechung, die als Religion zum Heiligtum einer geistlosen Welt wird. "Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist." (MEW 1, S. 378f) Begeisterung findet allerdings das in seinem wirklichen Leben isolierte Individuum nicht durch sich, sondern durch seine Beziehungen auf andere, auf das Leben der anderen (siehe Anderssein), auf die Seele eines anderen Menschseins, wo sie nicht zur Psyche werden muss, sondern in ihrer Scheinbarkeit durch ihre Übersinnlickeit Wirkung hat und die Wirklichkeit einer Scheinwelt bestimmt. Aber in Wahrheit ist sie nicht von den Verhältnissen der Menschen abzutrennen, kommt aus allem, wofür und wodurch sich Menschen begeistern, ist menschliche Leidenschaft, Sinn, der sich selbst aus dem bildet, was ihn neugierig, macht, bis er darin findet, was er sucht, sich selbst empfindet in dem, was durch ihn geworden ist, um seinen Witz zu beleben (siehe auch Humor) und seine Intelligenz zu entfalten. Geist ist unmittelbar gesellschaftlich, wesentlich menschliche Intelligenz - und die gibt es nicht jenseits der Verhältnisse des Lebens, nicht jenseits der Natur, nicht übernatürlich und nicht von seinem materiellen Dasein unterschieden, nicht als selbständiges Seelenwesen und nicht als "innere Natur", die sich von einer äußeren unterscheiden ließe. Er hat sich in der Natur selbst gebildet und verhält isch daher auch natürlich, bildet selbst Natur durch seine Natur (siehe natürliche Intelligenz). Er ist unbestimmbar und unmittelbar, weder reiner Geist, noch reiner Sinn, untrennbare Einheit (siehe Leib-Seele-Problem), welche sich in ihrer Wahrheit äußert und dadurch ist, dass sie "alle Sinne beisammen hat", schöpferische, erkennende und tätige Einheit des Menschen in den Verhältnissen seiner Tätigkeit und seines Leidens: Erkenntnis, Subjektivität schlechthin, die gegenständlich in der menschlichen Kultur geäußert ist. Von daher ist sie notwendig materiell, weil sie selbst in der Objektivation, in der Lebensäußerung von Menschen, in ihrer Vergegenständlichung existent ist. Überhaupt ist menschliche Gesellschaft die geistige Beziehungsform eines materiellen Verhältnisses, das in der Natur vielfach auch anderswo existiert - aber eben nicht geistig. Folgt man dem Naturprinzip in seinem Verhältnis von Energie und Masse, so kann man sagen, dass die menschliche Gesellschaft die einzige natürliche Beziehungsform ist, worin sich Energie begeistert verhält und also auch als Geist ihrer Kultur erkennbar ist. Ohne diese Form wird kein Individuum zu begeistern sein und daher auch nicht geistvoll produzieren können. Es vollzieht jedoch mit seinem Stoffwechsel immer auch seine gesellschaftliche Begeisterung. Das ist der Grund, warum esoterische Anwendungen funktionieren können, jedoch versteht Esoterik nicht diese triviale gesellschaftliche Wahrheit und verlagert sie in einen Kosmos jenseits der Menschen, die allmächtige, also göttliche Wirkung in ihnen haben soll. Der Mensch ist ein leibgeistiges Wesen, das durch seinen Sinn und Verstand und Witz Geist äußert. Aber seine Äußerung selbst kann nicht reiner Geist sein. Ein objektiver Geist, der im Kosmos als "Energie" oder "Schwingung" den menschlichen Geist erst bewegen sollte, wäre die Knechtschaft des Menschen unter eine Natur, die in ihm doch schon da ist, wäre seine Entgeisterung (siehe hierzu Esoterik). Doch genau dieser wird zur Hilfe angerufen, wo die Verhältnisse Zustände und die Zustände geistlos geworden sind. Ein objektiver, ein kosmischer Geist aber gibt nur den Körper zurück, der seinen Geist verloren hat. "Der reale Humanismus hat in Deutschland keinen gefährlicheren Feind als den Spiritualismus oder den spekulativen Idealismus, der an die Stelle des wirklichen individuellen Menschen das "Selbstbewußtsein oder den "Geist" setzt und mit dem Evangelisten lehrt: "Der Geist ist es, der da lebendig macht, das Fleisch ist kein Nütze." Es versteht sich, daß dieser fleischlose Geist nur in seiner Einbildung Geist hat." (Marx in der Vorrede zur "Heiligen Familie" in MEW 2, S.7) Geist ist schon durch die Intelligenz der Natur, nicht jenseits von ihr, immer also materiell (siehe auch natürliche Intelligenz). Auch höher entwickelte Tiere haben eigene Subjektivität, sind in der Lage, sich zu verstehen und zu verständigen, ihren Sinn auszubilden und beweisen damit Geist. Für den menschlichen Geist ist wesentlich, dass er gegenständlich auch im menschlichen Produkt ist, als Lebensinhalt der Lebensmittel, als Gegenständlichkeit allen menschlichen Reichtums, der Produktionsmittel und Bedürfnisse. In dieser Gegenständlichkeit ist die Einheit subjektiv wie objektiv untrennbar, subjektiver und objektiver Geist ununterschieden, weil eben immer auch materialisiert, selbst wenn es nur Töne oder elektromagnische Schwingungen sind, durch die sich dies miteilt. Schon das Musikinstrument oder die menschliche Stimme ist eine Materiatur des Geistes und dieser nicht ohne jenes. Aus der Geschichte heraus lässt sich die Geistesbildung nachvollziehen. Deren Produkt wird allerdings oft mit Weltgeist umschrieben, was aber auch meist mit einer Verselbständigung des Geistigen zu einer geistigen idealität verbunden ist (siehe Hegel). Hiergegen wendet sich der historische Materialismus. Die Entfremdung des gegenständlichen Geistes vom ungegenständlichen ist daher bloß formell durch die Formbestimmtheit der menschlichen Äußerung in der bürgerlichen Gesellschaft. Geist kann nur wahr sein oder nicht sein. Wo er nicht ist und doch wirkt, ist er abstrakt (Abstraktion). In dieser Form ist das Erkenntnisvermögen uneins (siehe Zweifel) und hat seine Einheit als eine Seele, in welcher Geist nurmehr vermittelt ist, sich als Absicht wahrmacht und in zwischenmenschlichen Beziehungen entäußert. Die Entfaltung dieser Beziehungen macht die bürgerliche Kultur aus. Sie ist eine Fixation des Geistes, der darin in seiner Vermittlung als abstrakter Sinn existiert. "Seitdem der materielle Reichtum, diese Summe der Erzeugnisse produktiver menschlicher Arbeit, im Geld seinen abstrakten, anonymen Repräsentanten gefunden hat, seitdem der unmittelbare Zweck der produktiven Arbeit nicht mehr die Vermehrung des dinglichen Reichtums, die Herstellung von Gütern, sondern diese nur Mittel zu einem weiteren eigentlichen Zweck: der Vermehrung von Geldreichtum geworden ist, seitdem es genügt, Geld zu besitzen, um reicher werden zu können- seither hat das Reichwerden im engeren, materiellen Sinne aufgehört, notwendig auch ein Reicherwerden im geistigen, kulturellen Sinne nach sich zu ziehen." (MEW 23, S. 674) fIndem in der politischen Ökonomie von der menschlichen Geisteskraft abstrahiert wird, wird von ihrer Gesellschaftlichkeit abgesehen und diese ins Reich privater Befähigungen abgeschoben, wie dort alle menschliche Qualitäten überhaupt als rein private Voraussetzungen ihrer gesellschaftlichen Existenz angesehen werden, die allgemein nur in dem gestützt werden, worin sie für die unmitelbare Funktionalität der Produktion nützen. Die Nationalökonomie versteht daher auch am ehesten die Notwendigkeiten von Erfindungen, die dem Staatsinteresse - besonders der Kriegsführung oder des Wertwachstums - unmittelbar dienlich sind. "Was hat der Ökonom mit dem Erfindungsgeist zu schaffen? Sind ihm nicht alle Erfindungen ohne sein Zutun zugeflogen gekommen? Hat ihrer EINE ihm etwas gekostet? Was also hat er bei der Berechnung seiner Produktionskosten sich darum zu kümmern? Ihm sind Land, Kapital, Arbeit die Bedingungen des Reichtums, und weiter braucht er nichts. Die Wissenschaft geht ihn nichts an. Ob sie ihm durch Berthollet, Davy, Liebig, Watt, Cartwright usw. Geschenke gemacht hat, die ihn und seine Produktion unendlich gehoben haben - was liegt ihm daran? Dergleichen weiß er nicht zu berechnen; die Fortschritte der Wissenschaft gehen über seine Zahlen hinaus. Aber für einen vernünftigen Zustand, der über die Teilung der Interessen, wie sie beim Ökonomen stattfindet, hinaus ist, gehört das geistige Element allerdings mit zu den Elementen der Produktion und wird auch in der Ökonomie seine Stelle unter den Produktionskosten finden. Und da ist es allerdings befriedigend, zu wissen, wie die Pflege der Wissenschaft sich auch materiell belohnt, zu wissen, daß eine einzige Frucht der Wissenschaft, wie James Watts Dampfmaschine, in den ersten fünfzig Jahren ihrer Existenz der Welt mehr eingetragen hat, als die Welt von Anfang an für die Pflege der Wissenschaft ausgegeben." (F. Engels, MEW 1, S.508f) |