"Gold? Kostbar, flimmernd, rotes Gold? Nein, Götter! Nicht eitel ficht’ ich. So viel hievon macht schwarz weiß, häßlich schön; Schlecht gut, alt jung, feig tapfer, niedrig edel. Dies lockt … den Priester vom Altar; Reißt Halbgenesnen weg das Schlumrnerkissen: Ja, dieser rote Sklave lost und bindet Geweihte Bande; segnet den Verfluchten; Er macht den Aussatz lieblich, ehrt den Dieb Und gibt ihm Rang, gebeugtes Knie und Einfluß Im Rat der Senatoren; dieser führt Der überjähr’gen Witwe Freier zu; Sie, von Spital und Wunden giftig eiternd, Mit Ekel fortgeschickt, verjüngt balsamisch Zu Maienjugend dies. Verdammt Metall, Gemeine Hure du der Menschen, die Die Völker tört" (MEW 40, S. 563f) "Das Bedürfnis des Geldes ist ... das wahre, von der Nationalökonomie produzierte Bedürfnis und das einzige Bedürfnis, das sie produziert. - Die Quantität des Geldes wird immer mehr seine einzige mächtige Eigenschaft; wie es alles Wesen auf seine Abstraktion reduziert, so reduziert es sich in seiner eignen Bewegung als quantitatives Wesen. Die Maßlosigkeit und Unmäßigkeit wird sein wahres Maß. - Subjektiv selbst erscheint dies so, teils daß die Ausdehnung der Produkte und der Bedürfnisse zum erfinderischen und stets kalkulierenden Sklaven unmenschlicher, raffinierter, unnatürlicher und eingebildeter Gelüste wird - das Privateigentum weiß das rohe Bedürfnis nicht zum menschlichen Bedürfnis zu machen; sein Idealismus ist die Einbildung, die Willkür, die Laune, und ein Eunuche schmeichelt nicht niederträchtiger seinem Despoten und sucht durch keine infameren Mittel seine abgestumpfte Genußfähigkeit zu irritieren, um sich selbst die Gunst zu erschleichen, wie der Industrieeunuche, der Produzent, um sich Silberpfennige zu erschleichen, aus der Tasche des christlich geliebten Nachbarn die Goldvogel herauszulocken - (jedes Produkt ist ein Köder, womit man das Wesen des andern, sein Geld, an sich locken will, jedes wirkliche oder mögliche Bedürfnis ist eine Schwachheit, die die Fliege an die Leimstange heranführen wird - allgemeine Ausbeutung des gemeinschaftlichen menschlichen Wesens, wie jede Unvollkommenheit des Menschen ein Band mit dem Himmel ist, eine Seite, wo sein Herz dem Priester zugänglich; jede Not ist die Gelegenheit, um unter dem liebenswürdigsten Schein zum Nachbarn zu treten und ihm zu sagen: Lieber Freund, ich gebe dir, was dir nötig ist; aber du kennst die conditio sine qua non; du weißt, mit welcher Tinte du dich mir zu verschreiben hast; ich prelle dich, indem ich dir einen Genuß verschaffe) -, sich seinen verworfensten Einfällen fügt, den Kuppler zwischen ihm und seinem Bedürfnis spielt, krankhafte Gelüste in ihm erregt, jede Schwachheit ihm ablauert, um dann das Handgeld für diesen Liebesdienst zu verlangen." (MEW 40, S. 547f) Geldgier entsteht nicht aus dem Mangel an Geld, sondern selbst schon durch den Geldbesitz. Sie ist eine Gier, die sich an Geld als allgemeines Kaufmittel festmacht, dem Mittel, das alle Versagungen und Risiken im Handumdrehene auflösen kann, das umso nötiger wird, je mehr man davon hat, und das den Geldbesitzer suchtartig nach Geld reflektieren lässt, das ihm im isolierten Dasein des allgemeinen Privateigentums alle Begehrlichkeiten abstrakter Bedürfnisse zu befriedigen verspricht. So unterscheidet die Habgier dieses Verlangen nach Geld von jeder anderen Begierde. Sie ist daher keine Fortbestimmung solcher Triebe nach einer Befriedigung, wie sie schon fast jedem Tier zu eigen sind. Sie ist die Verselbständigung eines Begehrens, das sich aus der Verselbständigung des Geldes, aus der Abstraktion der es bildenden Arbeit, aus seiner Wertform also erst ergibt, die sich im Tauschwert gegen die Bedürfnisse der Menschen vergesellschaftet. "Das Geld ist nicht nur ein Gegenstand der Bereicherungssucht, es ist der Gegenstand derselben. Sie ist wesentlich auri sacra fames "verfluchte Gier nach Gold (Virgil, "Aeneis")". Die Bereicherungssucht im Unterschied von der Sucht nach besonderm natürlichen Reichtum oder Gebrauchswerten, wie Kleider, Schmuck, Herden usw., ist nur möglich, sobald der allgemeine Reichtum als solcher in einem besondern Ding individualisiert ist und daher als einzelne Ware festgehalten werden kann. Das Geld erscheint also ebensosehr als Gegenstand wie Quelle der Bereicherungssucht. Was in der Tat zugrunde liegt, ist, daß der Tauschwert als solcher und damit seine Vermehrung zum Zweck wird. Der Geiz hält den Schatz fest, indem er dem Geld nicht erlaubt, Zirkulationsmittel zu werden, aber die Goldgier erhält seine Geldseele, seine beständige Spannung gegen die Zirkulation."(MEW 42, S. 149) Geldgier ist also mit dem Geld und aus dem Geld selbst entstanden, aus dem Mangel an Substanz, aus einer gesellschaftlichen Nichtung, dem Mangel an gesellschaftlich verwirklichlichten Beziehungen, der Geld zum allgemeinen Lösungsmittel und Auflösungsmittel gemacht hat. Als dieses realisiert Geldgier die Nichtigkeit gesellschaftlicher Wirklichkeit als Gier nach einem gesellschaftlichen Faustpfand. Von daher entspricht Geld dann auch einem gesellschaftlichen Suchtmittel, das vom Kapital selbst befördert wird (siehe Tittytainment). "Die Bereicherungssucht als solche, als eine besondre Form des Triebs, d.h. als unterschieden von der Sucht nach besondrem Reichtum, also z.B. Sucht für Kleider, Waffen, Schmuck, Weiber, Wein etc., ist nur möglich, sobald der allgemeine Reichtum, der Reichtum als solcher, in einem besondren Ding individualisiert ist, d.h., sobald das Geld in seiner dritten Bestimmung gesetzt ist. Das Geld ist also nicht nur der Gegenstand, sondern zugleich die Quelle der Bereicherungssucht. Habsucht ist auch ohne Geld möglich; Bereicherungssucht ist selbst das Produkt einer bestimmten gesellschaftlichen Entwicklung, nicht natürlich im Gegensatz zum Geschichtlichen. Daher der Jammer der Alten über das Geld als die Quelle alles Bösen. Die Genußsucht in ihrer allgemeinen Form und der Geiz sind die zwei besondren Formen der Geldgier." (MEW 42, S. 149) In diesem Zitat stellt Marx die Bereicherungssucht einerseits stofflich als Sucht nach besonderem "Reichtum für Kleider, Waffen, Schmuck, Weiber, Wein etc." dar, die andererseits über zur allgemeine Bestimmung des Geldes zur Geldgier wendet, sobald dieses für sich selbständig entwickelt ist. Dann nämlich werden die besonderen Gegenstände dieser Sucht gleichgültig und also zum "Produkt einer gesellschaftlichen Entwicklung" die nicht im Gegensatz zur geschichtlichen Entwicklung steht. Da die Alten diese gerne als Vergangenheit betrachten, jammern sie über die Habgier, die sie am Geld festmachen, im Unterschied zur Genußsucht im Besonderen. Sobald man beides in dieser Verselbständigung zusammen, also in ihrer allgemein unterscheidbaren Form betrachtet, sind Genußsucht und Geiz die komplementären Besonderheiten der Geldgier, also der Bereicherungssucht nach Geld. "Die abstrakte Genußsucht verwirklicht das Geld in der Bestimmung, worin es der materielle Repräsentant des Reichtums ist ; den Geiz, insofern es nur die allgemeine Form des Reichtums gegenüber den Waren als seinen besondren Substanzen ist. Um es als solches zu halten, muß er alle Beziehung auf die Gegenstände der besondren Bedürfnisse opfern, entsagen, um das Bedürfnis der Geldgier als solcher zu befriedigen. Die Geldgier oder Bereicherungssucht ist notwendig der Untergang der alten Gemeinwesen. Daher der Gegensatz dagegen. Es selbst ist das Gemeinwesen und kann kein andres über ihm stehendes dulden. Das unterstellt aber die völlige Entwicklung der Tauschwerte, also einer ihr entsprechenden Organisation der Gesellschaft." (MEW 42, S. 149) In diesem Sinne hat sich die ganze Industrie an der Geldgier entwickelt, wie sie dem Kapital inne, Trieb des Kapitals ist und wie sie von seinen Charaktermasken, den Politikern, Managern und Finanzakteuren auch durchgesetzt wird. "Die Vorepoche der Entwicklung der modernen industriellen Gesellschaft wird eröffnet mit der allgemeinen Geldgier, sowohl der Individuen als [auch] der Staaten." (MEW 42, S. 151) | ![]() |