"Die Erdschöpfung hat einen gewaltigen Stoß
erhalten durch die Geognosie, d.h. durch die Wissenschaft,
welche die Erdbildung, das Werden der Erde, als einen Prozeß,
als Selbsterzeugung darstellte. Die generatio aequivoca [Urzeugung] ist die
einzige praktische Widerlegung der Schöpfungstheorie. Genealogie ist abstrakt verstandene, eine grundlos und von daher auch nur abgründig begriffene Geschichte. Sie bezeichnet im Allgemeinen eine Entwicklungsfolge aus phänomenologisch verstandenen Beziehungen, sozusagen als Erbfolge von Eigenschaften, die sich aus dieser begründen. Die Gegenwart ist hier also nur durch ihre Vergangenheit, das Lebende erst durch und nach seinem Tod gegenwärtig. Von daher ist sie die Grundlage deterministischer Theorien (siehe hierzu auch Strukturalismus), deren Fortbestimmungen sich aus Existenzen ontologisch begründen (siehe auch Fundamentalontologi), Geschichte wie eine strukturelle Folge sich äußerlich bleibender Substanzen begreifen und damit von dialektischen Methoden der Erkenntnis abgrenzen - als ob es eine geheimnisvolles Subjekt der Geschichte, eine allgemein verbindliche Logik ihrer Natur geben würde (siehe hierzu dialektischer Materialismus). Hiergegen steht Marxens begriff des historischen Materialismus. Denn: "Die Geschichte tut nichts, sie besitzt keinen ungeheuren Reichtum, sie kämpft keine Kämpfe! Es ist vielmehr der Mensch, der wirkliche, lebendige Mensch, der das alles tut, besitzt und kämpft; es ist nicht etwa die Geschichte, die den Menschen zum Mittel braucht, um ihre - als ob sie eine aparte Person wäre - Zwecke durchzuarbeiten, sondern sie ist nichts als die Tätigkeit des seine Zwecke verfolgenden Menschen.” (MEW, Bd. 2, S. 98). Im ursprünglichen Wortsinn leitet sich der Begriff aus der Genese familiärer Beziehungen (altgriechisch: geneá „Familie“) und auch von Genetik ab und meint dmit im Grunde eine Art von Ahnenforschung. Menschen, die genealogisch miteinander verknüpft sind, gehören zu einer Verwandtschaft, einer Gemeinschaft ähnlicher Herkunftseigenschaften. Im weiteren Sinne bezeichnet Genealogie den genetischen Zusammenhang einer Gruppe von Lebewesen, die biologische Abstammung eines Lebewesens von anderen Lebewesen. Im übertragenen Sinne wird in den Geisteswissenschaften unter Genealogie eine historische Methode verstanden, welche die geschichtliche Entwicklung verschiedener Sachverhalte der Gegenwart untersucht. Für den französischen Soziologen Michel Foucault (1926–1984) war Genealogie ein zentraler Begriff in seinen Entwicklungsanalysen von psychischer Krankheit und des Gefängniswesens. Darin zeigt sich auch das Problem einer genealogischen Methodik: Inwieweit kann aus der Abfolge von persönlicher Abstammung überhaupt eine Erkenntnis über gegenwärtige Probleme und Krisen gewonnen werden? In der Kritik der Individualpsychologie wurde deutlich, dass die aktuellen Lebenszusammenhänge sich nicht aus Ereignissen der Vergangenheit erklären lassen und dass selbst die offensichtlichen Ähnlichkeiten von Verhaltensweisen und Eigenschaften und Verarbeitungsweisen sich nicht "stammesgeschichtlich" aufklären lassen, weil nicht die Ähnlichkeit und Verwandschaft ihre Verfestigung erklären können, sondern nur die Beziehung dieser Ursprünge auf die Konflikte der Gegenwart, den Rückfall, die Regression und die Projektion in verganenes Erleben begründen können. Genealogisch mag zwar jede Erinnerung sein, weil sie an vergangene Ereignisse so gebunden ist, wie diese erlebt wurden und sich erzählen lässt. Doch ihre Auflösung verläuft über deren Kritik und den hieraus folgenden Erkenntnissen über gegenwärtige Verhältnisse. Denken ist als Erstes und praktisch vor allem Sinnbildung, ist die Bildung von Sinn in der Vermittlung von Empfindungen zu Gefühlen, die Erzeugung von Sinn durch das Denken im Sinn. Als dieser entsteht es in Gesellschaft und kehrt darin auch zurück, findet sich in allen anderen nur, wo es seinen Sinn auch empfinden kann. Es kann nicht bei sich bleiben, sich seiner selbst nicht bewusst, nicht selbstbewusst werden, wenn es sich nicht mitteilt, keine Sprache und durch sie zu ihrem Gedanken in den Verhältnissen finden kann, worin sich ihr Sinn mitteilt und sich auch in der Mitteilung als Teil einer gesellschaftlichen Naturmacht un ihrer Kultur bewährt. Denken ist zum einen der subjektive Vorgang des Gestaltens, der Sinnbildung, zum anderen auch Reflexion über das was ihm objektiv vorausgesetzt ist, was ihm bewusst wird, sich zum Bewusstsein entwickelt. Es ist der Prozess des Erkennens und Begreifens, weil es seinen Gegenstand in der Weise erkundet und bildet, wie er sein und werden kann, wie er empfunden wird und welche Gedanken sich in den Gefühlen hierzu mitteilen und vermitteln. Denken setzt also die Möglichkeiten einer gegenständlichen Welt voraus, wie sie sich im der schöpferische Reflexion eines Gedankens in der Einheit von Erkenntnis und Begriff bewegen, also sich auch verändern lässt und darin selbst als Geschichte des gesellschaftlichen Lebens ebenso gegenwärtig ist, wie als Lebensgeschichte der einzelnen Menschen im Allgemeinen. Es ist die Beziehung von Gedächtnis und Bildung, letzlich die Subjektivität des In-der-Welt-seins überhaupt, die ihr Objektsein unentwegt aufhebt, weil Objektivität immer zugleich subjektiv ist und Geschichte darin verläuft, dass nichts so bleiben kann, wie es ist. Aus diesem Grund kann Denken selbst kein Gegenstand des Denkens sein, keine objektive oder subjektive Logik befolgen, ohne sich unmittebar als Tautologie aufzuheben (siehe hermeneutischer Zirkel). Es bleibt immer auch die Lebensgeschichte des Zweifels, Sinn und Grund einer jeden Kritik, die nach einem Begriff ihrer Geschichte verlangt. Ein solcher Begrifff macht aber nur Sinn, wenn er Zusammenhänge von verschiedenen Eigenschaften aufklärt, wo diese nicht unmittelbar wahrgenommen werden können, soweit sie also eine der Wahrnehmung fremde Vermittlung enthalten, die nur durch schlussfolgerndes Denken der wissenschaftlichen Erkenntnis zugänglich werden. Wissenschafliche Begriffe (bzw. Kategorien) sind daher nötig, wo dieser Zusammenhang aufgeklärt werden muss, weil dessen Erscheinungen als Eigenschaften eines Gegenstandes von seinem Wesen getrennt, ihm also entfremdet sind und durch den theoretischen Rückschluss auf seine Beziehungen im Ganzen einbegriffen werden müssen. Nicht eine Theorie macht also den Begriff (siehe hierzu auch Strukturalismus), sondern der Begriff bestimmt die Theorie. Dies hierdurch begrifflich werdene Denken setzt allerdings die Erkenntnis eines abstrakt Allgemeinen voraus, die in der Lage ist, in seine Wirklichkeit einzudringen, deren Gründe aus ihren Folgen zu erschließen, auch wenn sie nicht mehr in der Kontinuität ihrer inhaltlichen Geschichte von Ursachen und Wirkungen wahr sein können (vergleiche hierzu Poststrukturalismus). Als wissenschaftliche Methode will Genealogie die historische Genese gegenwärtiger Verhältnisse aus den erfahrenen Konstitutionen praktisch naturgeschichtlich erklären. Implizit behauptet sie damit eine Logik der natürlichen Folge eines vergangenen Daseins, die selbst den geschichtlichen Prozess bildet und im Nachhinein auch als dieses so gebildete Wesen erklärlich sein soll. Damit wird Geschichte selbst zu einer begrifflichen Wirklichkeit und ihre geschichtlichen Subjekte zum Medium eines objektiven Begriffs, einer Artverwandschaft, wie sie auch im Rassismus verstanden wird. Von daher ist Genealogie auch die vorwiegende Erklärungsmethode der Phänomenologie, denn diese hat ja selbst Geschichte und Begriff in eins gesetzt, behauptet also den Begriff als unmittelbar eidetischen Inhalt der Geschichte. Von daher argumentiert man dort so, als ob der Begriff zu Innerst selbst unmittelbar geschichtlich wirksam ist und dass an ihm sich Geschichte erst entwickelt hätte. Es ist letztlich ein biblisches Geschichtsverständnis: Im Anfang war das Wort. Wir können theoretisch oder theologisch reflektieren, womit Geschichte überhaupt begonnen haben mag, was ihr ursprünglichstes Sein, ihr "Urknall" gewesen sein könnte. Solches Urteil wäre eigentlich Naturwissenschaft, würde es in den Geisteswissenschaften nicht teleologisch interpretiert. Von daher bleibt es reine Spekulation, weil in seinem Ziel nicht beweisfähig. Genealogische Argumentation ist daher wesentlich konservativ.
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