"Erst in dem 18. Jahrhundert, in der "bürgerlichen Gesellschaft", treten die verschiednen Formen des gesellschaftlichen Zusammenhangs dem einzelnen als bloßes Mittel für seine Privatzwecke entgegen, als äußerliche Notwendigkeit. Aber die Epoche, die diesen Standpunkt erzeugt, den des vereinzelten einzelnen, ist grade die der bisher entwickeltsten gesellschaftlichen (allgemeinen von diesem Standpunkt aus) Verhältnisse. Der Mensch ist ... nicht nur ein geselliges Tier, sondern ein Tier, das nur in der Gesellschaft sich vereinzeln kann. Die Produktion des vereinzelten Einzelnen außerhalb der Gesellschaft ... ist ein ebensolches Unding als Sprachentwicklung ohne zusammen lebende und zusammen sprechende Individuen." (Grundrisse, MEW 42, S. 20). Die bürgerliche Gesellschaft ist die erste Gesellschaftsform, in der ein gesellschaftliches Subjekt der Menschen als gesellschaftliche Wirklichkeit ihrer Naturmacht vergesellschaftet ist. Doch es ist ein sehr zwiespältiges Subjekt. "Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen. Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen. In den früheren Epochen der Geschichte finden wir fast überall eine vollständige Gliederung der Gesellschaft in verschiedene Stände, eine mannigfaltige Abstufung der gesellschaftlichen Stellungen. Im alten Rom haben wir Patrizier, Ritter, Plebejer, Sklaven; im Mittelalter Feudalherren, Vasallen, Zunftbürger, Gesellen, Leibeigene, und noch dazu in fast jeder dieser Klassen besondere Abstufungen. Die aus dem Untergang der feudalen Gesellschaft hervorgegangene moderne bürgerliche Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben. Sie hat nur neue Klassen, neue Bedingungen der Unterdrückung, neue Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt. Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch dadurch aus, daß sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in zwei große feindliche Lager, in zwei große, einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariat." (Karl Marx/Friedrich Engels, Kommunistisches Manifest, MEW 4, Seite 462) Subjekt ist das erzeugende Wesen in der Beziehung auf ein Objekt, das dessen Werden bestimmt, weil es ihm unterstellt ist, ihm wesentlich zugrunde liegt (lat. subjectum: das sub=darunter-jektum=geworfene im Sinne von Zugrundeliegendem, Vorausgesetztem). Daher geht es erst in seinem Objekt wirklich auf, kann also auch nicht ohne Vergegenständlichung subjektiv sein. Dennoch ist sein Gegenstand, das Objekt, nicht einfach seine Gestaltung, seine einfache Darstellung, wie es der Idealismus als reine Identität unterstellt. Das Objekt ist als Form des Subjekts zugleich ein Ganzes, in welchem das Subjekt sich gegenständlich bewahrheitet, ohne Gegenstand keine Form hat, also nicht wirklich wahr sein kann, weil es sich seinem Inhalt gemäß nur im objektiven Sein des Subjekts und im subjektiven Sein des Objekts bewähren kann. Die Beziehung von Subjekt und Objekt besteht daher in einer Identität, die nur durch beides ist und zugleich beides als Beziehung von Inhalt und Form entwickelt, innere Notwendigkeit wie auch Freiheit, die von und für beides, also subjektiv wie objektiv ist. Das jedoch kann kein Individuum für sich sein. Weil das Subjekt durch seine Sache, seinen Gegenstand wirklich gegenständlich ist und sich darin vermittelt, mitteilt und bewahrheitet, kann es sich auch nur in seinen objektiven Verhältnissen als Beziehung seiner Veräußerung zu seiner Verinnerlichung verwirklichen, in seiner Gesellschaft im Verhältnis von Arbeit und Bedürfnis: existeren: "Die Produktion liefert dem Bedürfnis nicht nur ein Material, sondern sie liefert dem Material auch ein Bedürfnis. Wenn die Konsumtion aus ihrer ersten Naturroheit und Unmittelbarkeit heraustritt - und das Verweilen in derselben wäre selbst noch das Resultat einer in der Naturroheit steckenden Produktion -, so ist sie selbst als Trieb vermittelt durch den Gegenstand. Das Bedürfnis, das sie nach ihm fühlt, ist durch die Wahrnehmung desselben geschaffen. Der Kunstgegenstand - ebenso jedes andre Produkt - schafft ein kunstsinniges und schönheitsgenußfähiges Publikum. Die Produktion produziert daher nicht nur einen Gegenstand für das Subjekt, sondern auch ein Subjekt für den Gegenstand." (MEW 13, Seite 622). Weil sich im Reichtum einer Gesellschaft die Vielfalt ihrer menschlichen Beziehungen im Verhältnis ihrer Bedürfnisse als ihre Kultur darstellt, ist im Wert der Produkte der burgherrlichen Gesellschaft nur ihre Einfalt gegenwärtig (siehe Privatarbeit). Das Verhältnis von Subjekt und Objekt unterstellt immer eine Allgemeinheit seiner Beziehungen, eine Identität seiner gesellschaftlichen Wirklichkeit, ohne die es nicht sein kann. Aus demselbem Grund wie ein Subjekt sich auf ein Objekt als ganz anderes bezieht, unterwirft es sich auch diesem in der Gestalt, dass es in notwendiger Beziehung zu ihm bleibt, also objektiv von ihm abhängig ist. Von daher bestimmt es dieses, wie es auch in diesem seine Bestimmung hat. Das Erzeugende ist nur darin im Unterschied zum Objekt, dass es das Objekt allgemein nur als sein Moment wahr hat und dieses durch sich begründet, ohne dieses allerdings auch beziehungslos und gleichgültig wird. Dem Inhalt nach ist das Bestimmte oder Erzeugte selbst die Bestimmtheit des Subjekts, enthölt und verkörpert sein Wesen als seinen Gegenstand, als Gegenstand von und für es. Das Wesen des Objekts ist damit so subjektiv, wie das Subjekt darin objektiv ist. Es ist per Definition das logische Verhältnis einer Identität, die lediglich in ihrer Form unterschiedene Gegenständlichkeit hat. So wie Menschen ihre Interessen und Bedärfnisse zu ihrer Naturmächtigkeit entwickeln, welche die Weltgeschichte mit Notwendigkeit weitertreibt, so sind sie darin immer schon gesellschaftlich vermittelt, abhängig von ihrer eigenen Produktion in einem gesellschaftlichen Produkt, durch welches ihre Bedärfnisse bestimmt werden und zugleich diese bestimmen. Es ist ein Kreislauf, in welchem Geschichte immer wieder auf sich zuräckkommt und sich erneuert. Mögen sich die Menschen subjektiv willkärlich erscheinen, Notwendigkeit und Freiheit beziehen sich nur objektiv aufeinander. doch die Formbestimmung der geselllschaftlichen Vermittlung entrückt ihre Beziehung in einen Sachzwang, der seinen Grund außer sich hat und das gesellschaftliche Subjekt zu einem notdürftigen Individuum herabsetzt, das seinem gesellschaftlichen Verhältnis fremd wird, als Individuum ihm entfremdet ist. Doch zugleich ist es wirklich darin auch als gesellschaftliches Subjekt subjektiv, als gesellschaftlicher Mensch Gesellschaft produzierend und durch sich selbst vermittelnd. Indem es sich gegen sein Formbestimmtheit wendet, verwirklicht es seine wahre Subjektivität als gesellschaftlicher Mensch. Es muss nicht unbedingt der Prolet als "Held der Arbeit" sein. Jeder Mensch ist in der gesellschaftlichen Wirklichkeit des Kapitalismus nicht frei, weil er der dem Kaufmittel, also der Macht des Geldes unterworfen ist, ohne das dieses für sein Leben Inhalt hat. Der Sinn seiner Beziehungen verschwindet in die Geldform, durch die er selbst nurmehr als Objekt seiner gesellschaftlichen Verhältnisse existiern kann Die Unterworfenheit des Subjekts unter solche Bestimmung wird dadurch zu seiner Befreiung, dass es Objektivität erzeugt, dass es sich außer sich setzt, sich in anderes Sein versetzt, sich ändert und diese Änderung als seine Geschichte gestaltet. Demnach gibt es nur eine geschichtliche Beziehung von Subjekt und Objekt, ein beständiges Aufgehen und Aufheben des einen im anderen als Verhältnis des gegenständlichen Verlangens und Gestaltens (das macht die Dialektik des historischen Materialismus aus). Aus der Geschichte gibt es keine Flucht, es gibt nur ihre Veränderung. Die Menschen sind auf der Welt, worein sie geboren sind und haben keine Alternative zu dieser. Sie müssen diese als ihre Objektivität leiden, soweit sie dabei Menschen bleiben kännen, und als solche kännen sie diese auch verändern. Nur die Charaktermasken dieser Welt kännen sich über die Welt, also über ihr Menschsein erheben und Macht gegen diese suchen, sich die Welt zum Untertan machen (Gottes Gebot bei der Vertreibung aus dem Paradies). Hierfür allerdings müssen sie sich die Mittel einer verselbständigten Subjektivität verschaffen (siehe Geldbesitz). Vom bürgerlichen Bewusstsein wird Subjektsein und Menschsein verwechselt, indem es von der Welt so getrennt wird, wie der Bürger durch seinen Besitz auch von ihr getrennt erscheint. Dabei gilt Subjektivität als für sich seiendes unmittelbar lebendiges Menschsein jenseits aller Objektivität. Der Mensch wird hierbei als willkürliches Subjekt begriffen, das im Besitz der Entwicklungskraft ist, die sich lediglich in Produktform abbildet, nicht aber wirklich sein Leben auch bestimmt, - dies um so mehr, wie die Aufklärung dem allein durch sich selbst bestimmten Menschen die kritische Vernunft zugewiesen, ihre spekulative Ethik daraus abgeleitet hat. Seit der Kritik der Religion und der Metaphysik überhaupt gilt der Mensch als Subjekt seines Lebens, die Welt als dessen Produkt, sondern als bloäes Mittel hierfär. Der Stoff der Welt erscheint von daher selbst nur als äußeres Objekt, als von ihm abgetrenntes Naturding, das prinzipiell unterworfen ist, - der Mensch als durch sich selbst bestimmte Wirklichkeit, die keinen Sinn außer sich hat und daher reine Objektivität ist. Er selbst ist damit eine Wirklichkeitskonstruktion, die sich ausschlieälich in einem Sinn für sich entwickelt - sei es als Wille (Schopenhauer, Nietzsche), als Seiendes, als Existenzial (Heidegger) oder unverwirklichtes Subjekt (Hegel, Adorno). Letztlich wird hierin der Mensch als herrschendes Zentrum der Welt verstanden, zum Prinzip eines überweltlichen Egoisten, der sich seine Objekte lediglich einzuverleiben sucht, nicht selbst als Wesen der Natur ist (siehe hierzu auch Naturempfindung). Subjektiv ist der Mensch nach Marx aber nur als ein sich selbst gestaltendes, also durch und vermitelst seiner Objektivität sich geschichtlich bildendes Wesen. Dieses ist geworden aus der "Bildungsgeschichte seiner Sinne", wie sie in der Welt aus ihrer Natur heraus vergegenständlicht sind. Nach ihm ist der Mensch in seiner Selbstvergegenständlichung nicht nur geistig, sondern auch stofflich begriffen, Subjekt und Objekt seiner Geschichte, im Bildungsprozess seiner Sinne durch die Gegenständlichkeit seiner Bedärfnisse und der Produktform ihrer Gegenstände, im bestimmten Stoffwechsel seiner Zeit. Solchem Subjekt gilt seine Welt daher subjektiv als Gegenstand. Vergegenständlichung seiner Arbeit und Mittel seiner Befriedigung, Naturalisierung des menschlichen Wesens, Erzeugung und Reflexion seiner Natur wie Verwirklichung der Natur überhaupt, die dadurch angeeignet wird, dass aus ihr menschlicher Reichtum stofflich wie geistig als ein Gegenstand von und für Menschen gebildet wird (siehe auch Kultur). Und gerade durch seinen Reichtum ist der Mensch von seinem Gegenstand auch abhängig, weil er ohne ihn nicht Mensch sein kann, daher in einer inneren notwendigen Beziehung zu seinem Gegenstand verbleibt, sowohl als einzelnes Individuum wie als Mensch schlechthin. "Der reiche Mensch ist zugleich der einer Totalität der menschlichen Lebensäußerung bedärftige Mensch. Der Mensch, in dem seine eigene Verwirklichung als innere Notwendigkeit, als innere Not existiert." (MEW 40, S.544). Das Objekt kann dem Subjekt allerdings auch fremd werden dadurch, dass es nicht als Verwirklichung des Subjekts, als menschliche Sache ist, sondern als Ding mit eigener Bestimmung erscheint, also durch seine Existenzform selbst bestimmt ist (siehe hierzu z.B. die Wertform). Wo die Sachen nicht menschlich zum Menschen verhalten kann, da erscheint sie als ein fremdes Wesen (siehe Entfremdung), ein Unwesen mit eigener Natur, das objektive Subjektivität hat, z.B. in einem Prinzip für sich selbst (siehe bürgerliches Subjekt). Der Reichtum schaffende Mensch ist ein subjektives Wesen, das sich objektiv äußert - ganz gleich, ob als Arbeiter oder Kulturbürger. Dies sind lediglich durch die Existzenzformen der Besitzverhältnisse bestimmte Unterschiede der Arbeitsteilung innerhalb einer Klasse eigentämlich arbeitender Menschen (siehe Teilung der Arbeit), wie sie in den herrschenden Besitzständen objektiviert sind (siehe auch objektive Subjektivität). |