Unter Gestaltpsychologie werden Richtungen innerhalb einer phänomenologischen Psychologie zusammengefast, welche die Psyche auf eine Wahrnehmungstendenz reduzieren, sie selbst als menschliche Wahrnehmung mit der Fähigkeit quasi objektiv aufzufassen, welche die Strukturen und Ordnungsprinzipien in Sinneseindrücken ausmacht und diesen in eigenen naturhaften Gestaltungsregeln mehr oder weniger unwillkürlich folgt. Die Gestaltpsychologien unterschiedlicher Richtung leiten sich aus einer Arbeit des Philosophen Christian von Ehrenfels aus dem Jahre 1890 her, worin dieser seine Auffassung beschrieb, die Wahrnehmung enthalte Qualitäten, die sich nicht aus der Anordnung einfacher Sinnesqualitäten ergeben, sondern selbst schon unmittelbar eine Gestaltungstendenz befolge. Die Psyche wird somit selbst auf eine Art Wahrnehmungsorgan, auf ein selbstständiges und also allgemein isolierbares Objekt der Wahrnehmungspsychologie reduziert, das quasi naturwissenschaftlich auf seine ästhetische Funktionen hin untersucht wird und sich individuell lediglich verifizieren kann. Damit ist sie die Theorie einer Form der allgemeinen Wahrnehmung, die sich im einzelnen Erleben nur selbst veranschaulichen kann, ihre Interpretation also selbst als ihren Gegenstand versteht (siehe Hermeneutischer Zirkel). Die verschiedenen Schulen, die sich daraus ergaben, waren sich darin einig, dass die Gestaltqualitäten des "Wahrnehmungserlebens" (siehe Erlebnis) unterschieden seien durch ihre Struktur (Gefüge, Tektonik), Ganzbeschaffenheit (Eigenschaften wie durchsichtig, leuchtend, rau) und ihrem Wesen (Charakter, Habitus, Gefühlswert). Nach Wertheimer und Palmer habe Wahrnehmung hierdurch eine eigene Gesetzmäßigkeit, die unterschiedliche Regeln befolgen würde nach dem Gesetz der Nähe, der Geschlossenheit, des gemeinsamen Schicksals, der gemeinsamen Region, der Gleichzeitigkeit, der verbundenen Elemente, der Ähnlichkeit, der guten Gestalt (Einfachheit bzw. Prägnanz) und der guten Fortsetzung (oder der durchgehenden Linie). Entscheidend sei für die Wahrnehmung die Ganzheit ihrer Erlebensbeziehung. Diese wird überhaupt nur zirkulär verstanden, hat aber dennoch immer zwei Seiten, die schon in der Verhaltenstheorie deutlich geworden waren: Die äußere Seite der Anreizung und die innere Seite der Verarbeitung. Was soll dabei "Erleben" sein: lediglich empirische Tatsache des Ereignisses für die Wahrnehmung oder wesenhafte Tendenz aus dem Erfahrungshintergrund der menschlichen Kognition? Mit der Auseinandersetzung über diesen Gegensatz innerhalb phänomenologischer Grundannahmen entwickelte sich folgerichtig eine Spaltung grundsätzlicher Interpretationen der Gestaltungstendenzen, die sich in eine eher empiristische Schule (Berliner Schule) und in eine eher introspektive Schule (Leipziger Schule) entwickelten. Auf Wikipedia wird dies folgendermaßen beschrieben: "Während die Berliner Schule die Auffassung der Erlebensimmanenz vertrat, nach der Erlebnisse aus Erlebnissen hervorgehen, waren die Leipziger der Meinung, Erlebnisse seien durch erlebensjenseitige Gegebenheiten bedingt. Sie setzten einen Bereich transphänomenalen seelischen Seins an, den sie „Struktur“ nannten. Konkretere Ausführungen dieser Annahme gab es nicht; bekannt sind die allgemeinen Ausführungen zum „Problem des seelischen Seins“ von Albert Wellek. Dabei ist es besonders problematisch, dass Sander die von ihm postulierten Gestaltgesetze in einem ideologisch überfrachteten Zusammenhang zur Propagierung nationalsozialistischer Weltanschauung nutzte. Die von ihm postulierte Tendenz zur „guten Gestalt“ war nach seinen Schriften nicht nur eine universelle Tendenz, „gestaltfremdes“ aus der persönlichen Wahrnehmung zu eliminieren. Vielmehr war die von Sander postulierte Gestaltschließung auch dort ein quasi naturgegebenes Phänomen, wo etwa die „gute Gestalt“ des deutsch-arischen Volkes alles „gestaltfremde“ (wie etwa Juden, Kommunisten, Homosexuelle etc.) abzutöten tendierte. So befürwortet Friedrich Sander die „Ausschaltung des parasitisch wuchernden Judentums“ und die Zwangssterilisierung von Deutschen mit „minderwertigem Erbgut“ als Ausdrucke eines „Willens zur reinen Gestalt deutschen Wesens“ (Nationalsozialistisches Bildungswesen, 1937)." (aus Wikipedia) Heute ist die Gestaltsychologie eher systemtheoretisch begründet. Sie geht davon aus, dass die Kommunikation der Menschen selbst durch Strukturen (Konstellationen, Stellungen) der zwischenmenschlichen Beziehungen bestimmt ist (siehe hierzu auch Systemische Psychologe). Gestaltsychologie kann man aber auch als Grundlage dafür nehmen, in den Mustern der Wahrnehmung ihre Gestaltungstendenz zu erkennen (siehe auch Mustertheorie), um sie in einer körperlichen Form ihrer zwischenmenschlichen Beziehung zu erläutern. Gefühlsprobleme werden damit allerdings auf ihren ästhetischen Ausdruck reduziert (siehe eidetische Reduktion) und als solche schließlich beurteilt und bewertet.
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