"Soll also die »Verfassung« selbst in den Bereich der »gesetzgebenden Gewalt« gehören? Diese Frage kann nur aufgeworfen werden, 1. wenn der politische Staat als bloßer Formalismus des wirklichen Staats existiert, wenn der politische Staat eine aparte Domäne ist, wenn der politische Staat als »Verfassung« existiert; 2. wenn die gesetzgebende Gewalt anderen Ursprungs ist als die Regierungsgewalt etc.... Die Kollision zwischen der Verfassung und der gesetzgebenden Gewalt ist nichts als ein Konflikt der Verfassung mit sich selbst, ein Widerspruch im Begriff der Verfassung. Die Verfassung ist nichts als eine Akkommodation zwischen dem politischen und unpolitischen Staat; sie ist daher notwendig in sich selbst ein Traktat wesentlich heterogener Gewalten. Hier ist es also dem Gesetz unmöglich, auszusprechen, daß eine dieser Gewalten, ein Teil der Verfassung, das Recht haben solle, die Verfassung selbst, das Ganze, zu modifizieren." (MEW 1, Seite 79) Macht herrscht durch die subjektive Kraft, Gewalt herrscht objektiv. Macht besteht durch Verfügung über die Ressourcen des Lebens (siehe Lebensmittel), Gewalt zielt auf Unterwerfung durch die Anwendung der Mittel zu einer Vernichtung von dem, was an und für sich sich nicht seinen Bedürfnissen und Lebensäußerungen an den Willen eines Agressors anpasst (siehe auch Todestrieb). Macht entspringt einem allen gemeinen Nutzen an und für sich. Dagegen bestimmt sich Gewalt aus der Herrschaft eines fremden Systems (siehe hierzu auch Systemtheorien). Gewalt ist die Aufwendung einer Kraft gegen das Leben der Anderen (siehe auch Krieg). Zur Umsetzung eines politischen Willens ist sie die Anwendung einer höheren Macht gegen eine Bevölkerung die ihr unterworfen werden soll. Um diesen Zweck durchzusetzen muss allerdings deren Wirklichkeit, deren wirkliche Macht verschleiert werden. Wo sie nicht willkürlich ist, entsteht Gewalt meist in den Notwendigkeiten einer Geschichte der Ohnmacht (siehe hierzu historischer Materialismus) und ihrer Abstraktionskraft. Und darin verhalten sich politische Formationen, die um ihre Macht kämpfen, um ihre Verfassung und Interpretation, aus der sich ein Verhalten zur Geschichte in ihrer gegenwärtigen Wirklichkeit ergeben soll. All dem vorausgesetzt ist also der Entwicklungsstand des Lebensstandards der Lebensproduktion der Menschen: Die Produktivkraft ihrer Arbeit wie sie sich in den Verhältnissen ihres gesellschaftlichen Reichtums darstellt. Politik kann also nur in dieser Beziehung wirken und sich nur darin verwirklichen. Doch meist wird Politik hiervon abgelöst verstanden, in ihrer Verselbständigung diskutiert und ihren Kämpfen (siehe Klassenkampf) praktiziert. Gewalt ist kein Verhältnis der Macht, sondern ein Verhalten der Ohnmacht. An sich entwickelt sich Gesellschaft durch ihren Reichtum, durch die Fortschritte ihrer Produktion, durch die Raffinesse ihrer Produktionsmittel und Bedürfnisse. Weil deren Existenz im Kapitalismus ihrem Doppelcharakter zwischen Form und Inhalt der Produktionsverhältnisse Folge leisten muss (siehe Teilung der Arbeit), geraten sie fortwähren in ein Dilemma zwischen Wirtschaftswachstum und Wertwachstum. Und so entstehen darin Zusammenhänge, die einander bedrängen und in unauflösbaren Widersprüchen (siehe z.B. Fall der Profitrate) ihre Verhältnisse im Ganzen aufzulösen drohen. Zum einen erzeugen sie draufhin selbst neue Existenzformen (z.B. die Finanzindustrie) um sich darin auf erweiterter Stufenleiter fortzubilden. Auf der anderen Seite bestimmt sich hieraus aber vor allem eine eigene Institution, der Staat, der mit einer Gewalt ausgestattet wird, die der Verwahrlosung ihrer Verhältnisse durch die Staatsgewalt entgegengestellt wird. Der hierfür nötige Apparat ist die Bürokratie, ihre Form und Formbestimmung der Hinterhalt einer gesellschaftlichen Notwendigkeit, die aus dem Dilemma ihrer unmöglich gewordenen Fortentwicklung eine Macht bezieht, die mit Gewalt die Verhältnisse zueinander zwingt, wo sie auseinander zu fallen drohen. "Während die Bürokratie einerseits dieser krasse Materialismus ist, zeigt sich ihr krasser Spiritualismus darin, daß sie Alles machen will, d. h., daß sie den Willen zur causa prima {Hauptursache} macht, weil sie bloß tätiges Dasein ist und ihren Inhalt von außen empfängt, ihre Existenz also nur durch Formieren, Beschränken dieses Inhalts beweisen kann. Der Bürokrat hat in der Welt ein bloßes Objekt seiner Behandlung... Die einzige philosophische Bestimmung, die Hegel über die Regierangsgewalt gibt, ist die der „Subsumtion" des Einzelnen und Besonderen unter das Allgemeine etc. ... Hegel fragt nicht, ist dies die vernünftige, die adäquate Weise der Subsumtion? Er hält nur die eine Kategorie fest und begnügt sich damit, eine entsprechende Existenz für sie zu finden. Hegel gibt seiner Logik einen politischen Körper; er gibt nicht die Logik des politischen Körpers (§ 287)" (MEW 1, Seite 250) Tatsächlich vereint sich im Staat die Macht der allgemeinen Lebenspflichtigkeit der bürgerliche Verhältnisse als Illusion der Staatsmacht mit der Ohnmacht der gesellschaftlichen Wirklichkeit, die ihre Dilemmata nurmehr mit Gewalt beherrschen kann, indem sie deren Stagnation verwaltet. Und wie im Großen, so ist es auch im Kleinen: Gewalt entsteht in der Ausweglosigkeit einer Verarmung. Unauflösbar scheinende Konflikte kommen irgendwann an ihre Grenze, wenn auf allen Seiten blanke Not herrscht, die in ihrer abstrakt gewordenen Notwendigkeit keine weiterbildende Handlung mehr finden kann. Durch Gewalt Triebverwirklicht sich die Abstraktionskraft ihrer Verhältnisse, der Trieb einer Abwehr gegen ihren Untergang, den ein Widerspruch entwickelt, wenn er nicht durch sich oder durch andere aufgehoben werden kann, sich nicht befreien lässt, sich nicht emanzipieren kann. Sie überwindet die Not einer Selbstauflösung durch die Aufhebung der Existenz, worin Ursache wie Wirkung der herrschenden Notwendigkeiten wahrzunehmen ist. Gewalt vollstreckt sich im Gebrauch von einer der Ohnmacht adäquaten Macht, bezieht ihre Macht also nicht aus ihrem eigenen Zweck, sondern aus dem Zweck einer Vernichtung. Daher ist sie im Grunde ein Missbrauch von Macht im Zweck einer Macht gegen Gemachtes, die sich verdoppeln muss, um als Mittel einer Übermacht nutzbar zu sein, zu einer "höheren Macht" wird, um die eigene Ohnmacht aufzuheben, sich als Übermensch zu vermitteln. Der Machtmissbrauch ist die "gängige Form", bzw. die gangbare Form in Machthierarchien, sich durch die Formbestimmung persönlicher Strukturen oder zwischenmenschlicher Verhältnisse Dienstbarkeiten zum Eigennutz zu erzwingen. Wo kultur personalisiert ist, steht solche Gewaltausübung "hoch im Kurs" (vergleiche hierzu auch Religion, Staat, autoritärer Charakter). Gewalt ist die wirkliche und physische Einwirkung auf Sachen, deren Funktionalität hierbei verändert wird, oder auf Lebenwesen, die dadurch zu einem bestimmten Verhalten gezwungen werden. Gewalt entsteht entweder aus einer Absicht oder einer Verzweiflung. Sie ist nicht von Natur aus gewollt, nicht freiwillig oder beliebig verursacht. Ihr Aufwand würde sich von daher nicht lohnen. Sie hat einen Grund, der sie hervorbringt, aber nicht wirklich bestimmt. Er entwickelt sich gewaltlos - oft hintersinnig - in Lebensbereichen, deren Substanz bedroht oder schon aufgehoben ist, die also ihre Existenz zu verlieren drohen - z.B. ihre gesellschaftliche Existenz oder ihren Stoffwechsel oder ihre Selbstachtung. Gewalt kann durch Vorstellungen des Bewusstseins vorbereitet und schon vorauseilende legitimiert werden, die schließlich aus schleichender Gewohnheit heraus durch dem entsprechende Anlässe oder Impulse "herausbrechen" oder sogar selbst längst zur Gewohnheit geworden sind (vergl. das "so genannte Böse" bei Hannah Ahrendt). Gewalt entsteht, wo Widersinniges sich ermächtigt, sich gegen die Widersprüchlichkeit ihrer Verhältnisse behauptet und somit ihren Widersinn bestärkt und alles nichtet, was ihm zugrunde liegt. Gewalt tritt an die Stelle der Verhältnisse, die ihren Widerspruch nicht mehr auflösen können. Wo sie kritiklos ihrer gewahr wird und sie bewusstlos (siehe Bewusstsein) und also sprachlos gewähren lässt (siehe auch Sprache), greift sie zum Material ihrer Macht, zu Waffen, Vollzugsorgane, Hetze oder Progrom usw.. Gewalt ist ein Machtentzug der Mitteilung, der sich durch die Macht des entzogenen Mittels, also durch entfremdete Macht mitteilt und fortbestimmt. Nicht eine Lebensbedingung ist mächtig, sondern ihre Nutzung als Mittel der Aneignung von Lebensmacht, die nur dadurch Gewalt über das Leben bekommt, dass sie es in seine Macht stellt, seine Macht - und damit seine Wirklichkeit - beherrscht. Was im Austausch von Macht noch gewaltlos sich vollzieht (siehe Warentausch) wird dann zur Gewalt, wenn die Macht des einen die Macht des anderen bestimmt und das Ausmaß seiner Wirkung beherrscht und und von daher diese durch selbst nur vermitttelt, sie als sein Mittel weltlich einsetzt und damit Gewalt ausübt. So entsteht zwangläufig auch Gewalt gerade wo und weil sich keine Macht mehr mitteilen, sich also nicht vermitteln kann, wo Gewalt angetan und Macht hierfür nur genutzt wird. Sie gründet auf dem Durchsetzungsvermögen eines Willens oder Triebs, der sich aus der Notwendigkeit einer Beziehung heraussetzt und sich zu dieser durch eine ihr äußerliche Kraft verhält, also ein Verhältnis stiftet, in der sie nicht mehr sein und wirken, aber durch sich selbst sich Macht verleihen kann (siehe Selbstbeziehung), wo ein Verhältis für sich und als Ganzes ohnmächtig (geworden) und ein "Machtvakuum" entstanden ist. Gewalt besteht also immer aus Willkür, aus der Eigenmächtigkeit einer Kraft, die für sich jenseits ihrer inhaltlichen Gegenständlichkeit waltet, die also eine eigene Welt, einen eigenen Zusammenhang hat und als Ganzes, als systematische Kraft einer beziehungslosen Subjektivtität andere Kräfte und Gegenkräfte zu subsummieren oder aufzuheben sucht. Als Welt eines nur durch sich selbst bestimmten Subjekts, also jenseits der Objektivität nur für sich mächtig, enthält sie keine wirkliche Kraft, sondern eine der Wirklichkeit entnommene Kraft, fremde Kraft, die ihr zum bloßen Mittel gereicht. Gewalt erfüllt also einen Zweck, der von der Kraft einer wirklichen Macht unterschieden ist und deshalb auch nicht an ihrer Begrenztheit endet, in ihrer Selbstbezogenheit also unendlich bestimmt ist, soweit sie sich durch Einverleibung fremder Kräfte nähren lässt. Von daher ist sie das oppurtune Mittel einer totalisierten, einer vollständig verselbständigten Entfremdung. Der Zweck von Gewalt ist das Leben der aufgehobenen Identität, der Tod, der nicht für sich bleiben kann und daher aus sich heraus gegen alles Identische antritt. Gewalt stiftet für sich Identität, indem sie anderes vernichtet. Die Vernichtung hat in der Gewalt keinen wirklichen Grund, sondern ist durch absolute Grundlosigkeit, durch die Zerstörtheit aller Gründe abstrakter Wille, abstrakt politische Identität, die sich nur noch aus "staatlicher Vernunft", aus einer verselbständigten "Staatsraison" begründen kann (siehe politischer Wille). Um diesen zu einerm Anspruch einer abstrakten Allgemeinheit werden zu lassen begründet dieser sich dann gerne ontologisch, als Seinsnotwendigkeit einer Fehlerkorrektur (z.B. der Seinsvergessenheit oder eines "falschen Lebens") oder einer personifizierten Entfremdungstheorie, einem Rassismus, oder derministisch aus einem Sachzwang der Geschichte (z.B. einer Alternativlosigkeit der Austerität des Staates oder der Rationalisierung des Kapitals). Philosophisch wird Gewalt auch aus Menschenbildern legitimiert, wie z.B. der Staatstheorie von Thomas Hobbes ("homo homini lupus est", deutsch: "Der Mensch ist des Menschen Wolf), durch welche die Staatsgewalt als eine Notwendigkeit der Gesellschaft begründet wird, die alleine ein Gemeinwohl für die menschen schaffen könnte. Ähnlich wurde z.B. von Sigmund Freud psychologisch eine kulturelle Gewalt als Antagonist eines vermeintlichen "Todestriebs" der Menschen, also aus einer ihnen wesenhaften negativen triebhaften Natur begründet. Die Angst vor der "Herde Mensch" transformiert die Erfahrung von Massengefühlen oft zur Personifizierung, einer "Zügellosigkeit" einer Menschenmasse, die keinerlei gesellschaftliche Substanz mehr erkennen lassen und hierdurch zum Inhalt eines reaktionären Bewusstsein werden (siehe hierzu auch Kulturstaat). Gewalt steckt Gewalt an, verläuft in einem Menschen, wie sie auch außer ihm ist, äußert sich, indem sie Gewalt anstiftet. Sie füllt das Nichts mit einer Subjektivität, die als bloße Negation der Objektivität bestimmt ist. Wo nichts wirklich ist, ist alles nur Gewalt. So erin Mensch keinen Frieden mit sich, keine Identität findet, zerstört er durch Gewalt nur seinen Unfrieden, indem er ihn vermehrt und damit auch sich selbst, indem er Gewalt ausübt und einübt. Die Wahrheit über sich und seine Gründe, das Wissen um seine Absichten ist die notwendige Enttäuschung, die ihn der Gewalt abzieht. Gewalt entspringt oft auch einem radikalisierten Erlösungsglauben, der sich in der Politik oder in der Psychiatrie (siehe z.B. Elektroschock) aus deren äußerlicher Beziehung auf die Verelendung von gesellschaftlichen Zusammenhängen oder auch einzelnen Menschen ergibt. Dadurch, dass hier rein staatliche Funktionalität als sanktionierende Routine abgewickelt wird, handelt es sich hier um eine besondere Brutatilität in der Anwendung von Allgemeinvermögen (Staat) gegen einzelne Menschen, die meist mit rassistischer Ideologie unterlegt wird (siehe Vernichtungslogik). Dies ist Ausdruck der Barbarei in Krisenzeiten der bürgerlichen Gesellschaft (siehe Krise), die einhergeht mit der Entwicklung faschistoider Staatsstrukturen, die sich durch Heilsvorstellungen legitimieren und durch Heilsversprechen als allgemeiner Gewaltapparat etablieren (siehe Populismus). Schließlich vollstreckt sich in der Praxis der Faschisten das Hohngelächter der Bürokraten, die darin endlich selbst unmittelbar als Staatsgewalt auftreten können und in der ganzen Staatsmaschinerie einen unterschiedslosen Selbstzweck der Gewalt gegen die Menschen durchsetzt, die sich ihrem Büro, ihrem Schreibzimmer, in der Güte und Reinheit seiner Ordnung widersetzen. "Die Aufhebung der Bürokratie kann nur sein, daß das allgemeine Interesse wirklich und nicht, wie bei Hegel, bloß im Gedanken, in der Abstraktion zum besondren Interesse wird, was nur dadurch möglich ist, daß das besondere Interesse wirklich zum allgemeinen wird. Hegel geht von einem unwirklichen Gegensatz aus und bringt es daher nur zu einer imaginären, in Wahrheit, selbst wieder gegensätzlichen Identität. Eine solche Identität ist die Bürokratie." (MEW 1, Seite 250) | ![]() |