"Was der industrielle Kapitalist an den Grundrentner ... abgeben muss, vermindert absolut seinen Reichtum." (K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 254) Grundeigentum ist ein rein politisch bestimmtes Vermögen, das der industrielle Kapitalist über ein Buchgeld des Finanzkapital als Versicherung seines Geldes oder seiner Wertpapiere erwirbt, um damit zugleich zwischen den Kosten ihrer Übereignung und dem Preis ihrer Nutzung am allgemeinen Wertwachstum des Geldwertes teilzuhaben. Durch die privatrechtlichen Verfügungen dieser Eigentumstitel läst sich ein Geldwert aus fiktivem Kapital verwerten, der ohne eine reale Wertdarstellung von Waren als Produkte an ihrer Wertbildung teilhat. Grundeigentum ist die "höchste Form des Kapirals" (Marx), weil es übethaupt nur durch die Geldzirkulation jenseits des Warenhandels (siehe Warentausch) gesellschaftlich verkehrt. Es ist ein von der Warenproduktion unabhängiges Vermögen an Grund und Bodenschätzen, das einer Gesellschaft oder einem Menschen, einer Gruppe oder einer Institution aus der Geschichte von Eigentumsrechten (z.B. Erbrecht) heraus oder durch den Einkauf von Eigentumstitel an Grund und Land zugesprochen ist. "Das Grundeigentum hat mit dem wirklichen Produktionsprozess nichts zu schaffen. Seine Rolle beschränkt sich darauf, einen Teil des produzierten Mehrwerts aus der Tasche des Kapitals in seine eigene hinüberzuführen. (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 829.) Grundeigentum ist daher die Basis eines Existenzwerts, der die höchste und absolute Wertform des Mehrwerts darstellt, weil es nicht aus realökonomisch erzeugten Propdukten Wert bezieht, sondern aus den Wertdifferenzen, die sich alleine als Kapital darstellen (siehe hierzu auch Kapitalfetisch), wie es sich auf den Finanzmärkten (z.B. aus Differnzen der Produktivität oder der Spekulation) herausstellt. Im Grundeigentum lässt sich also ein überschüssiger Geldwert materialisieren, der sich nicht in körperlicher Warenform realisieren lässt. Weil der Geldwert sich immer letztlich nicht wirklich und dauerhaft realwirtschaftlich realisieren lässt (siehe Wertrealisation) und seine Allmacht über das fiktive Kapital des Kreditwesens zu halten sucht, kann sich dessen eigentümliche politische Macht nur im Grundbesitz formulieren und als Rückhalt der Geldwährung über Eigentumstitel bestimmen. "Es ist ganz einfach das Privateigentum bestimmter Personen an Grund und Boden, Minen, Wasser usw., das sie befähigt, den in den Waren dieser besondren Produktionssphäre, dieser besondren Kapitalanlagen enthaltnen Überschuß des Mehrwerts über den Profit (Durchschnittsprofit, durch die allgemeine Rate des Profits bestimmte Profitrate) aufzufangen, abzufangen, einzufangen und zu verhindern, einzugehn in den allgemeinen Prozeß, wodurch die allgemeine Profitrate gebildet wird." (MEW 26.2, S. 31) Es wird zu Grundbesitz, indem es auf dem Warenmarkt angeboten wird wie eine Ware, die zwar nicht produziert ist, mit der aber eine Grundrente erwirtschaftet werden kann. Es ist also stofflich keine Ware, weil es nicht produziert und auch nicht wirklich verbraucht wird. Es ist die politische Form des Eigentums, Privateigentum, das ihm seine Verwertung durch die rein politische (rechtliche) Beziehung auf die produktive Verwertung des Mehrwerts vermittelt. "In der heutigen Gesellschaft sind die Arbeitsmittel Monopol der Grundeigentümer (das Monopol des Grundeigentums ist sogar Basis des Kapitalmonopols) und der Kapitalisten. Das internationale Statut [der 1. Internationalen] nennt im betreffenden Passus weder die eine noch die andere Klasse der Monopolisten. Es spricht vom "Monopol der Arbeitsmittel, d.h. der Lebensquellen"; der Zusatz "Lebensquellen" zeigt hinreichend, daß der Grund und Boden in den Arbeitsmitteln einbegriffen ist." (MEW 19, 17) Der Profit, den der Grundbesitzer kassiert, die Grundrente, entspringt aus einem Mehrprodukt, das als solches garnicht existieren muss, sondern als Eigentumstitel einen nicht stofflich realisierten Mehrwert aus der Durchschnittsprofitrate aneignet. Es ist die Abgabe, die der Lohnarbeiter als Miete und der industrielle Kapitalist als Pacht aus dem durchschnittlichen Profit abzweigt. "Endlich tritt neben das Kapital als selbständige Quelle von Mehrwert das Grundeigentum. als Schranke des Durchschnittsprofits und als einen Teil des Mehrwerts an eine Klasse übertragend, die weder selbst arbeitet, noch Arbeiter direkt exploitiert, noch sich wie das zinstragende Kapital in moralisch erbaulichen Trostgründen, z.B. dem Risiko und dem Opfer im Wegleihen des Kapitals, ergehn kann. Indem hier ein Teil des Mehrwerts direkt nicht an Gesellschaftsverhältnisse, sondern an ein Naturelement, die Erde, gebunden scheint, ist die Form der Entfremdung und Verknöcherung der verschiednen Teile des Mehrwerts gegeneinander vollendet, der innere Zusammenhang endgültig zerrissen und seine Quelle vollständig verschüttet, eben durch die Verselbständigung der an die verschiednen stofflichen Elemente des Produktionsprozesses gebundnen, Produktionsverhältnisse gegeneinander." (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 837) Das Grundeigentum stellt den Mehrwert als Abzug aus dem industriellen Kapital dar und bezieht seine Preise daher auch nicht aus der produktiven Arbeit, sondern aus den Löhnen der Arbeit und des Kapitals, also auch aus dem Unternehmerlohn, der besonders von Dienstleistern in Wert gehalten wird. Das Grundeigentum als Grundbesitz ist die höchste Formbestimmung, die der Kapitalismus als rein rechtsförmiges Privateigentum entwickelt und auf alle Naturbedingungen (z.B. auch Wasserrechte, Verschmutzungsrechte, Ausbeutungsrechte von Ressourcen) ausdehnt, die selbst keinen Wert haben können, weil sie nicht Produkt menschlicher Arbeit sind. "Wo kein Wert ist, kann eo ipso auch nichts in Geld dargestellt werden. Dieser Preis ist nichts als die kapitalisierte Rente. Das Grundeigentum befähigt den Eigentümer, die Differenz zwischen dem individuellen Profit und dem Durchschnittsprofit abzufangen; der so abgefangne Profit, der sich jährlich erneuert, kann kapitalisiert werden und erscheint dann als Preis der Naturkraft selbst.... Daß nicht dieser selbst Wert hat, sondern sein Preis bloßer Reflex des abgefangnen Surplusprofits ist, kapitalistisch berechnet, zeigt sich gleich darin, daß [sein Preis] nur das Produkt des Surplusprofits ... darstellt." (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 661.) Die natürlichen Mittel der Gesellschaft, ihr Lebensraum, ihre Bodenschätze und Naturprozesse selbst werden durch das Grundeigentum zu Wertträgern. Von daher wird das Grundeigentum zum letztendlichen Träger der Entfremdung des Menschen von seiner Arbeit, seinem Gattungswesen und seiner Natur: "Als eine solche fremde Macht und Schranke tritt aber das Grundeigentum dem Kapital bei seinen Anlagen in Grund und Boden oder der Grundeigentümer dem Kapitalisten gegenüber. Das Grundeigentum ist hier die Barriere, die keine neue Kapitalanlage auf bisher unbebautem oder unverpachtetem Boden erlaubt, ohne Zoll zu erheben, d. h. ohne eine Rente zu verlangen, ..." (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 770.) Diese Entfremdung führt in letzter Stringenz zur Verwahrlosung aller sozialen und natürlichen Beziehungen in der kapitalistischen Gesellschaft (siehe auch Getrifizierung). "Vom Standpunkt einer höheren ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz so überholt erscheinen wie das Privateigentum eines Menschen an einem anderen Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als gute Eltern den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen." (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 784.)
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