"Hitler. Manche betrachten dich als einen Unmenschen, als ob es je jemanden gegeben hätte, den man so nennen darf. (...) Wenn ich dich achte, achte ich auch mich. Wenn ich dich verabscheue, verabscheue ich auch mich. Darf ich dich dann lieben? Muss ich dich vielleicht lieben, weil ich sonst auch mich nicht lieben darf? Wenn ich bekenne, dass du ein Mensch warst, wie ich es bin, dann schaue ich auf etwas, das über uns beide in gleicher Weise verfügt, auf etwas, das sowohl deine wie meine Ursache ist - und unser Ende." (Bert Hellinger 2004 in "Gottesgedanken" S. 247). Bert Hellinger war einst katholischer Missionar, der in den 70ger Jahren den weltlichen Genüssen des Lebens den Vorzug gab. Zunächst philosophisch von der Phänomenologie Martin Heideggers und dessen Daseinsanalyse beeindruckt, entwickelte er das Verständnis der "eidetischen Reduktion" (siehe hierzu Phänomenologie) in der zeitgenössischen Psychologiebewegung der 80ger Jahre weiter und entwickelte (z.B. unter dem Einfluss von Janows Urschreitherapie, der Gestaltpsychologie, der Transaktionsanalyse und der psychologischen Hermeneutik) eine Psychotherapie, die sich als Fortbildung einer systemischen Psychologie verstehen wollte. Seit den 90ger Jahren fällt er auf mit Sensationsberichten über schnelle Hilfe bei aller Art von seelische Problemen (und inzwischen weit darüber hinaus). Seine "Familienaufstellungen" werden inzwischen ähnlich wie amerikanische Erweckungsveranstaltung mit großem Publikum und großen Einnahmen angeboten. Sie feiern Erfolge bei Menschen, die darin Erkenntnisse für ihr Leben gemacht haben sollen, weil sie erstmals davor gestellt waren, dass räumliche Beziehungen körperlicher Anwesenheiten tasächlich Sinn formulieren können, auch wenn dieser nur abstrakt vergegenwärtigt ist. Besonders in Massenveranstaltungen ist diese Wirkung enorm, weil sie die Magie von Massenpsychologie mit einem Massengefühl vollzieht. Das Wiedererkennen von familiären Beziehungen in diesem abstrakten Sinn, die in einer Art Familienskulptur und der Anwesenheit einer Masse von Menschen vergegenwärtigt und zum Ereignis eines Massengefühls gebracht werden, hat unter dieser Bedingung eine äußerst verdichtete Emotionalität, die nicht unbedingt wahr sein muss und überhaupt nur abstrakt wahr sein kann, aber immerhin auch die Abstraktionen von Wahrheiten zur Positionierung der Beziehungen in diesen Ereignissen veräußert. Nicht was sie sind, spielt hier die zentrale Rolle, sondern wie sie inszeniert sind, wie sie sich aus dem Drehbuch eines emotionalisierten Geschehens als eine dramatischen Situation darstellen lassen. Eine Theorie hierfür wäre unnötig. Aber Hellingers Theorie ist einfach und vor allem eine Mission: Er will die Kraft der Versöhnung aller Widersprüchlichkeiten durch körperliche Übereinkunft von Einfältigkeiten, durch Ordnungen des Lebens und der Liebe als avantgardistische Massenpsychologie eines durch und durch reaktionären Bewusstseins bewerben. Sie ist dadurch besonders eingängig, dass sie phänomenologisch an Ort und Stelle der Probleme deren Widersprüchlichkeit als Widersinnigkeit feststellt, und in selber Weise die Wiederherstellung einer natürlichen Ordnung betreibt und umsetzt: Die Herstellung bzw. Verwirklichung einer Liebesordnung, die der sozialen und natürlichen Ordnung des Menschseins überhaupt entsprechen soll, die allem vorgegeben ist als Basis des "Lebensschicksals". In seinem Buch "Ordnungen der Liebe" ordnete und bewertete Hellinger die zwischenmenschlichen Beziehungsgeschichten als Zwangsläufigkeiten von Menschenleben in ihrer individualgeschichtlichen Abfolge bis in ihre Ahnenreihe hinein, bis in ihre völkischen Ursprünge: Als durch die "Geschicke" der Ahnen selbst schon bestimmtes "Schicksal". Was sich in solcher Geschichte an "Ordnungswidrigkeiten" gegen die Natur der Seele angesammelt hat, rächt sich in Problemen, welche die Menschen in solcher Entwirklichung ihrer Beziehungen dann mit sich und untereinander haben. Er will hiermit vor allem zeigen und bedeuten, dass großes Unglück entsteht, wenn sich Menschen nicht in die Ordnung einfügen, in denen er Liebe als notwendig eingebettet verstanden haben will. Ihm nämlich geht es vor allem um dieses "Glück der Menschen" (so Gunthard Weber: "Zweierlei Glück", S. 152 ff). So formulierte er eben mal schlicht die Regeln des Glücks, wie sie Väter und Mütter immer wieder gerne ihren Kindern auftragen, wenn sie es nicht besser wissen. Hellinger fühlt sich im Kosmos einer Wahrheit der Lebensregelung, die er zur Verbesserung der Welt als Ordnung unter die Leute bringen will. Genauer: Es geht ihm darum, das, was diese Ordnung stört, zu eliminieren. Das sind die "geheimen Lebenspläne" und die "falschen Erwartungen", welche die Empfindungen und Gefühle in zwischenmenschlichen Lebenszusammenhängen durcheinander bringen, besonders in der Familie. Dass seine Lebenauffassung richtig sein muss, beweist sich nach Hellinger von selbst: Die Probleme sind eben Unordnung, und wer Hilfe sucht, kann auch nur Ordnung wollen. Um die Störungen der Eigensinnigkeiten wider die Natur zu überwinden, braucht man also Regeln, Hausordnungen für die Seele, die im Kontext seiner Lebensauffassung einsichtig und praktisch umsetzbar sein müssen. Hellinger entnimmt sein Sittenverständnis aus "Wahrheiten", die ihm bewährt vorkommen, z.B. durch seine persönlichen Lebenserfahrung als Priester, Missionar und Psychologe, aus verschiedenen psychologischen Denkrichtungen und Philosophien oder auch aus dem Alten Testament. Das alles zusammen ergibt ein theoretisches Konglomerat, das einzig assoziativen Vorstellungen folgt und sich auch selbst nicht als abgeleitetes Denken versteht. Hellinger sieht sich selbst als eine Persönlichkeit einer ganz praktischen, eher intuitiven "Wahrheit", die er weder sprachlich fassen, noch begreifen machen will. Bei ihm geht es um ein esoterisches Wissen, das sich praktisch in einem wissenden Feld bei seinen Familienaufstellungen ereignet. Hierin wird jede Aufstellung durch Ausdeutung ihrer Beziehungen zu einer persönlichen Geschichte im "Schicksal" der Herkunft des Betroffenen, die zugleich als eine besondere, eigene Verbundenheiten und Verstricktheit in den großen und unermesslichen "Kosmos der Liebe" sei. Alles wird dadurch um einiges größer und die kleinste Regung selbst zu einer Dimension, für deren Deutung und Bedeutung schon mal und immer wieder auch ein Ausdeuter vonnöten ist. Der fungiert zugleich natürlich auch als Agent jener Sittlichkeit, die zum Erhalt dieses Kosmos nötig sei. Das versteht sich ja von selbst. Das Terrain einer pseudosensiblen Pastoralmacht ist bereitet, wie es bisher auch schon immer durch Religion bereitet war: es geht um Dimensionen eines Lebens, das ohne diese nicht wahr sein kann, eines Lebens, dessen Wahrheit bisher unerfüllt ist, aber zur Verwirklichung drängt, dessen "Verborgenes ans Licht kommt" (Hellinger 1995 in Psychologie Heute) und kommen soll. Scheinbar im Bewusstsein einer allgemeinen Erhellung ihres Lebens durch die Erkenntnis ihrer Lebenspflicht vermittelt Hellinger sich den Menschen, die dieses Licht nicht scheuen und sich seinem Entbergen (Heidegger) überlassen wollen wie einem Lehrer und Übervater, der in der Lage ist, in ihre Tiefen und Untiefen zu schauen. So lässt Hellinger eine Geborgenheit im Allgemeinen zunächst seicht entstehen, um dann ziemlich plötzlich und hart und mit der Gestik des gerechten Zorns in das gerade geschaffene Klima des Vertrauens und der Offenheit hineinzudonnern. Das beeindruckt, weil es mit ungewohnter Festigkeit Bestimmtes mit Unbestimmtheit verknüpft: Und das gemahnt an kernige Substanzen: Leben und Lebensschuld. Alles durch "Aufstellung" in einer Gruppe oder auch in großer Öffentlichkeit vorgeführt als Verstrickungen einer Liebe. Darin wird jeder Fehler der eigenen Geschichte geahndet und da muss alles aufgespürt und entdeckt werden. Denn schließlich müssen ja die Symptome aus dem "Verborgenen" heraus aufgelöst werden. Das macht die eigene Verantwortung aus. Und da stehe erst mal jeder zu, da bekenne er sich zu sich selbst! Und er muss diese Geschichte nicht nur als seine "Verstrickung" in das Ahnengeschick begreifen, sondern seine Schuld darin wie eine Erbschuld auf sich nehmen und seine Ahnen "würdigen". Vielleicht sieht man das aus der Ferne als absurdes Theater. Aber auf der Bühne der Aktion und Distanzlosigkeit "wirkt" das: Schließlich müsse ja auch jeder wissen, dass es hier um nichts geringeres, als um sein eigenes Leben geht, und zwar um dessen Tiefendimensionen, die er dort noch garnicht so vermutet und verspürt hatte: Deine Gefühle und Lebenszusammenhänge entspringen aus deinem Verborgenen, aus den Verhältnissen Deiner Ahnen, die du unbewusst mit dir herumschleppst, die dich belastet und in Schuld verstrickt hat. Die musst du erkennen, um hiervon befreit zu werden - das ist doch klar! Du kannst nur zu dir wirklich stehen, wenn du zu deiner Familie, deiner Sippe (so Hellinger) stehst! Die Seelengeschichte deiner Vorfahren musst Du auf dich nehmen, denn die lasten schwer auf Dir, wenn Du sie nicht erkennst und würdigst. Du selbst bist das Produkt ihrer Beziehungen und das Produkt ihrer Versündigung an der Lebensordnung, die Hellinger durch sein "tieferes Wissen" erspürt haben will. Und schließlich hast Du auch "Nächste" und Nachkommen, die darin durch Dich verstrickt werden! Du bist das in jeder Hinsicht auch schuldig!. Es geht um die Geschichte einer großen Verschuldung an der Ordnung von Liebe! Aber durch Hellinger sind die Probleme doch auch schnell und leicht aufzulösen, wenn man ihren Schmerz auf sich nimmt, seine Verstrickung darin erkennt und seine Schuld in Demut vor der geschichtlichen Ahnenfolge eingesteht: Es bedarf hierfür nur einer Würdigung der Ahnen. Aber eine Verbindung mit ihnen und ihren Problemen musst Du in Dir versprüren. Dazu eben brauchst du die Familienaufstellung. Du wirst sehen: Es kommt Dir wie von selbst, wenn Du in das "wissende Feld" eintrittst, das Dir Hellinger dort bereitet hat. Das klingt stark und einfach, eben wie eine Medizin: ein bisschen bitter, aber heilsam. Zugleich weist dies im Vorhinein klare Rollen in einer genealogischen Ordnung zu: Eltern stehen über den Kindern, der Mann über der Frau, die erste Liebe über der zweiten usw.. Die wirklichen Probleme beruhen nur auf der Unachtsamkeit gegenüber dem schicksalhaft Gegebenen, dem ungewürdigten Dahinsiechen der Familienbande. Das drängt jeden Anspruch auf eine Beachtung der Wirklichkeit ab in ein einziges, dafür aber großes Erlösungsziel, das ganze Lebensglück: Das Heil. Die familiäre Liebe ist eben im Widerstreit der Menschen und Generationen verkommen! Sie hinterlässt Schmerzen und Wunden (siehe Trauma), die nicht von selbst heilen. Es muss die Schuld erkannt und vergeben werden, damit sich der Schmerz auflösen und die umfassende Gnade demütiger Liebe gegenüber einem Weltenschicksal empfunden werden kann. Schließlich kündet der "Kosmos der Liebe" ja auch lebenspraktisch von einer Vollkommenheit jenseits dieses selbstverschuldeten Jammertals der Tagesmüh und Unwürdigkeit. Also: Trümmer auf das Dach der Seelennöte, die nur zum Leben finden, wenn ihre Wunden zu brennen beginnen. Das kennt man ja schon aus vielen Ecken der Psychologie. Für linke Weicheier ist da kein Platz. Hellingers Boden ist von Fleisch und Blut. In der rechten Ecke beleuchtet der bodenständige Blut&Seele-Psychonaut die Konflikte zwischen den Menschen mit einer altbackenen katholischen Lebensverantwortungstheorie: Du musst die Folgen deiner Lebensschuld als dein Leiden anerkennen und dich hierfür verantwortlich fühlen - nicht als Erbsünder, sondern als Erbfolger! Du hast eine "Erbschuld" und du musst deshalb die würdigen, die dir vorausgegangen waren. Du musst ihre schuldhafte Verstrickung erkennen und anerkennen, auch und gerade wenn sie gegen dich selbst ging. Du musst bekennen und anerkennen, was ist und wie es ist. Und dann kannst du das alles vergessen. Es geht zwar um das Familienglück, aber letztlich dann doch auch um ein positives Verhältnis zur Welt, die allerdings in ihrer Wirklichkeit völlig gleichgültig geworden ist. Auf sie bezogen ist also positives Denken verlangt, damit die Schicksalsfolge der Familie ungestört gelebt werden kann. Hellinger hat sich vom Priestertum gemausert. Einen himmlichen Gott braucht er nicht mehr. Aber Missionar ist er noch immer. Selbstverantwortung ist ein großes Revier. Seine Psychologie wird zur Gotteswirklichkeit, zwischenmenschliche Beziehungen zur Schicksgemeinschaft. Gott ist durch die "Krankheit der Menschen" als psychische Symptomatik neugeboren, ohne dass er Gott heißen muss: Die Erbsünde besteht darin fort, allerdings als Pflicht zur Hellingerschen "Lebensordnung". Nach Hellingers Auffassung ist "der Mensch" nach wie vor ein unterworfenes, ein demütiges Wesen, das seine Pflicht und Schuld einzulösen hat, zwar nicht mehr Gott gegenüber, gegen dessen Gebote er verstoßen, also "gesündigt" habe, sondern der Natur der Lebensstrukturen, die er gekränkt hat. In "natürlicher Stringenz" rächen diese sich selbst und mittelbar an den Menschen, wenn dagegen verstoßen wird (z.B. Ehe, Familie) und sie geben sich nur zufrieden, wenn die Liebe, wie sie Hellinger versteht, wieder zurückkommt durch das Erweisen von Demut, durch Würdigung der Ordnung, das heißt internierung der genealogischen Hierarchie der Vorfahren, Würdigung der Väter und Mütter und Großeltern usw.. Das ist weit radikaler, als es ein christlicher Pastor bringen könnte: Das Werk Gottes rächt sich nicht an dem Versündiger, der mal nicht so gehorsam war, wie geboten, sondern die natürliche Ordnung wehrt sich gegen ihre Kränkung durch nicht eingelöste Demut und Unterwerfung! Das ist etwas gänzlich anderes. Mit Buße ist da nichts mehr zu holen. Sie muss Wirkung in Dir haben: Selbstunterwerfung unter eine Ordnung, deren Wirkung nur zu verspüren ist, wo sie gestört sein soll. Es ist eine völlig zirkuläre Unterworfenheit, die wie jedes abergläubige Verhalten funktioniert: Durch die Selbstverstärkung einer Haltung und eines Verhaltens, durch welche eine willkürliche Bestrafung ausbleibt. Das ist total: Nicht religiös, weil ohne himmliche Gnade; nicht wirklich, weil nur durch Gott erfordert. Die Schuld ist total und nur das Bekenntnis zur Versündigung befreit wirklich, und zwar durch das Bekenntnis zur Ordnung: Du must hier und jetzt deine Ordnung herstellen, indem du alles würdigst, was zur Ordnung gehört. Deine Wirklichkeit ist nur ein Phänomen der Unordnung und also für sich nichts. Für Hellinger wird die Selbsteinsichtigkeit zur Notwendigkeit der Selbstunterwerfung unter die Gebote seiner Liebesordnung. Aber nicht nur die Einsicht: Unmittelbares Bekenntnis und Bürde zur eigenen Konsequenz muss sein, und sei es der eigene Tod (Hellinger zum Thema Selbsttötung). Es gibt genügend Zeugnisse dafür, dass ihm schon einige Menschen zum Opfer gefallen sind (vergl. z.B. die TAZ vom 2. 6. 2001 oder: "Niemand kann seinem Schicksal entgehen ..." Alibri-Verlag 2004, S. 17). Die Hellingersche "Therapie" sei "Einsicht in das eigene Schicksal". Aber sie lässt sich nicht erweisen, weil sie sich nicht einmal als therapeutisch wirksam beweisen kann, geschweige denn, als eine in irgendeinem Sinne emanzipatorische Hilfe. Sie dient vor allem dem Prinzip, das hierdurch ungestörter funktioniert und von dieser Seite auch Erleichterung verschafft. Das ist die schlichte Hilfe: Das Bestehende gibt Ruhe, die Familie ist wieder gewonnen, die Schuld regelt die Pflichten. Das ist einfach nur rückwärts gewandt, reaktionär im wahrsten Sinne des Wortes. Das therapeutische Maß sind die Bestätigungen, die sie durch das bekommt, was sie erzeugt: Beliebig assoziierte Gefühle, das "Aha-Erlebnis" der ersten Selbsterfahrung und die Bestätigung der Interpretationen einer Psychologie, die letztlich nur Ahnenkult betreibt. Sie dient aber auch allgemein nicht den Menschen, die Lösungen für wirkliche seelische Notlagen suchen. Sie dient einzig der reaktionären Vorstellungswelt eines allgemein menschlichen Archetypus von Liebe und ihrer Ordnung als archetypischer Dogmatismus, dem ohne Umschweife auch die Menschen geopfert werden, die nicht seiner Art entsprechen wollen oder können. Der durch solche Menschen gekränkte Missionar gemahnt einfach nur an die Rache der Geistesmystiker: Es dränge die Strafe der gebrochenen Ordnung sich selbst wie eine gespenstische Metapher ins Leben solcher Menschen als "psychisches Symptom" oder als ein Verhalten, welches auch selbstzerstörerisch sein kann. "Das kann zum Tod führen", hatte Hellinger jener durch ihre Selbsttötung bekanntgewordenen Mutter und Ärztin in Leipzig gesagt, als sie den Raum verließ, nachdem er ihr die Hoffnung auf ein mögliches Leben zerstört hatte. Das Opfer von Lebenskränkungen wird unter der Hand und offen zum Täter. Solche Menschen geraten nach seiner Auffassung eben nur aus ihrer Verweigerung gegen die Archetypie der Lebensordnung in ihre Probleme, die nichts anderes als ihre "Verstrickung" in ein Leben wider diese Ordnung seien. Alle Wirklichkeit wird verworfen, die wirkliche Analyse und Behandlung von Problemen wird verkehrt zu einem Verhaltensgebot, das sich nur an der "verborgenen Wahrheit" ewiger, ontologischer Ornung orientiert. Es ist die praktizierte Verachtung wirklicher Probleme und Widersprüche, eine leibhafte Allmachtsfantasie eines Heilsprinzips, das sich in der Produktion von "Lösungsbildern" gegen die Probleme der Menschen kehrt, um sie in der Esoterik ihrer Vergangenheit zu vereinen - Psychologie der Endlösung. Aber wahr ist auch, dass solche Auffassungen dort funktionieren, wo sie gesucht werden. Es ist die "andere Emanzipation": Wer sich bindet wird befreit. Wer die Ordnungen der "verborgenen Wahrheit" im Diesseits an sich selbst vollstreckt, wird sich in esoterischer Gemeinschaft mit den Vollstreckern auch selbst genügen.Das ist die Erfahrungssequenz jeder Sekte. Und je schwieriger das ungebundene Leben ist, desto totaler muss diese "Freiheit durch Bindung" sein. Hierin ist Hellinger schließlich auch ganz Schüler von Heidegger, jenem Philosophen, der im Faschismus hohe Konjunktur hatte und der von Martin Buber als "Hitler des Denkens" bezeichnet wurde. Ähnlich wie C.G. Jung mit seinen Archetypen des Unbewussten in die Sumpflandschaft faschistoider Ursprungssehnsucht passt, bezieht auch Hellinger seine Heilkraft aus völkischer Mythologisierung. Diese überwindet alle wirklichen Entgegensetzungen, ohne auch nur einen Hauch von geschichtlicher Wirklichkeit überhaupt anzusprechen. Wie in der subjektiven Wahrheitslehre bei Heidegger hat auch für Hellinger jedes Ereignis vor allem eine innere Wahrheit, die alles überwindet, was tatsächlich zu bedenken und zu ändern wäre. In seiner Rede an Adolf Hitler Die ganze Lebenswelt wird auf seelische Lebensabfolgen des Familienlebens reduziert, in welchem die Menschen nicht mehr als mit Willen und zur Entscheidung befähigte Wesen, sondern als Figurationen höherer Lebensbestimmungen begriffen werden, als Schicksalsverstrickheiten eines überdimensionierten Familiensystems, das im wahrsten Sinne des Wortes als Fügung und Zusammenfügung einer mythologischen Liebesordnung zu wirken hat. Und so wie es hier vorgestellt ist, so wird es dann auch genommen und verwirklicht eine schauerliche Vorstellung. Wie Hellinger die Welt wahrnimmt, so ist sie ihm auch: Nicht als Welt, sondern als menschliches Wesen. Wie Heidegger versteht er sich als Weltverbesserer, indem er die Menschen verbessert, ihre Oberflächlichkeit, ihre Seinsvergessenheit durchdringt zu dem, was er für die Ursprünglichkeit des Menschseins hält. Hierzu muss lediglich die Wahrnehmung assoziert werden zu einem urtümlichen Typus, zu einem Archetypus, und schon gilt sie als Wahrheit, als absolute Wahrheit, die wie eine Wesenslogik hinterallem wirkt. Daher auch ist Hellingers allgemeinste "Erkenntnis" das Heil der Versöhnung. Darin schließe der Mensch Friede mit seinen Urgründen und darin liege auch der Zugang zu den Ursprüngen seines Unglücks. Ein solcher Friede sei nicht nur das Glück des Einzelnen, sondern auch dies der ganzen Gesellschaft. Versöhnung sei das urmenschliche Interesse schlechthin. Daher sei die Liebe das innerste Gebot der Seele. Die Versöhnung mit den eigenen Urgünden sei die Notwendigkeit jedweder Volksgemeinschaft. Die Krisen und Störungen seien schlichte Unversöhntheit. Hierfür sei Demut nötig. Die Demut vor dem eigenen Ursprung würde die wesentliche Kraft zur Gesundung bei Störungen der Seele in sich tragen, wenn hierdurch die "lebendige Ordnung", bzw. die Ordnungen des Lebens auf ihren Typus gebracht werden. Dies allerdings setzt den Wissenden voraus, der diese Ordnungen kennt, um den Unwissenden durch sein "wissendes Feld" zu führen. Das Volk ist flugs als Gemeinschaft der Seele (siehe Volksseele) eingeführt und wird mit seelischem Wissen bedacht. Fehlt eigentlich nur noch das Wissen über den Körper, dass nämlich auch er im völkischen Gemeinsinn seine Erregungen verliert und seine Gesundung findet, und schon hätten wir mit dem Volkskörper schon den Bürger als real existierenden Faschisten. So einfach geht das, denn das Heilsprinzip ist besonders dadurch allmächtig, dass es sich nicht selbst als wahr erweisen muss, wenn ihm die Wirklichkeit einfach angepasst wird, bzw. der Mythos an ihre Stelle tritt. Hierfür bedarf es lediglich der rechten Ausrichtung - sofern es sich in der Alltagsexistenz durch Geld und persönliche Macht regeln lässt. Hellingers "Wahrheit" ist nicht nur wesenslogisch und allgemeinmenschlich; sie ist genausogut auch phänomenologisch. Als solche besteht sie weniger aus der Ordnung, sondern aus der Wirkung, die etwas hat: Die Wirkmächtigkeit. Beides besteht wie ein Wahnsinnssystem nebeneinander und greift ineinander. Mal geht es um die Ordnung, mal um das "Bedürfnis nach Ausgleich"; - das lässt sich beides im Einzelfall machtvoll nutzen. So wird der Pfarrer schnell auch zum Praktiker der persönlichen Macht. Diese können Menschen haben, wenn sie in der Lage sind, andere Menschen in eine seelische Abhängigkeit zu versetzen. Es gehört dazu vor allem die Inszenierung von Ereignissen, deren Resultat schon objektiv vorgegeben ist, das aber doch als Produkt eigenen Verhaltens erscheinen soll. Umgekehrt kann im selben Bewusstsein alles, was wirklich ist, auch auf triviale Assoziationen des Gefühls reduziert werden. Ist die erste Fadenscheinigkeit akzeptiert, so verlangt die letztere auch kein weiteres Begreifen. Psychologen werden leicht, schnell und gern zu Gutmenschen, die sich in einer "vernünftigen" Verkehrsregelung der Seelen bestätigt sehen. Hellinger will mehr sein: Führer des Guten. "Ein guter Führer sieht, was die Leute wollen, und das befielt er" (Gunthard Weber: Zweierlei Glück, S. 212). Das Paradox ist gefällig - und es bindet an die Führung. Nur selten ist ein Psychologe so lebensnah und zugleich brutal: Lebensnah weil im Gefühl der Menschen, das bei ihm zu Metaphern der Ursprünglichkeit abstrahiert wird; brutal, weil die Lösung nur in der Zerstörung des Konflikts, also in unterworfener Eintracht durch abstrakte Würdigung des Überkommenen zu erfolgen hat. Der Trick ist so simpel wie reaktionär: Es wird die ältere Bezogenheit gegen das aktuell Konflikthafte selbst gehalten durch die Behauptung einer höheren Sittlichkeit des Vergangenen. Hierfür gereicht die sittliche Mythologisierung und es ist lediglich eine Frage der Situation und ihrer Herstellung, wie schnell die Unterordnung der konkreten Gegenwart unter die zur Naturordnung abstrahierte Vergangenheit gelingt. Der Führer ist der Helfer, der zu solcher Weisheit eben nur verhilft und sich darin gewiss sein kann, dass die Menschen in seinem "wissenden Feld" schon fühlen werden, was ihnen zur Einsicht nötig ist. Die Blendung ist fast perfekt. Wenn Hellinger seinen Job als den des guten Helfers für natürliche Ordnungen beschreibt, gibt er sich wie ein naturbegnadeter Weissager, ein Fels überkommener Weisheit in der Wildnis konkurrierender Selbstsucht: "Wer die Ordnungen verstanden hat, der sieht die Lösung." ("Ordnungen der Liebe", S. 88) und "Aus Ableitungen findet er die Lösung nie." (ebd.) Und das ist es wohl denn auch, was ihn hervorhebt aus der Reihe der um Wissenschaftlichkeit bemühten Psychologen, die eben nichts besseres zu liefern haben, als nur relative Erkenntnisse (vergl. hierzu Studentischer Sprecherrat LMU "Niemand kann seinem Schicksal entgehen ...", S. 23ff). Das Absolute gibts bei ihm. Für manche Menschen ist dies vielleicht auch das Wichtigste: Die Bestimmtheit, mit der sie erfahren, was gut und was schlecht sein soll, so, als fehle lediglich ein Wegweiser, eine neue Norm für das Zwischenmenschliche, mit der man sich auch mal zufriedengeben kann, "ohne gleich alles verstehen zu müssen". Vielleicht ist dies auch die schlichte Basis seines Massenerfolgs. Wichtiger als jede Bemühung um die Wiedererlangung eigener Identität ist die unkritisierbare Fixation einer Position, die "endlich mal" plausibel scheint. Und so lebt Hellinger denn vor allem hiervon. Und das schöne daran ist: Die Plausibilität bleibt den Gefühlen überlassen. Gelöst werden alle Probleme in einer Familienaufstellung, bei der dich die aufgestellten Personen gut fühlen. Die Übertragung solcher "Lösungsbilder" der Konstellationen in das "wirkliche Leben" wird als Frage nicht mal erörtert. Wie das dort ankommt, beschreibt Elisabeth Reuter sehr gut und ausführlich in ihrem Buch "Gehirnwäsche" (Antipsychiatrieverlag 2004). In den Gefühlen geschieht auch nichts anderes als in den Gedanken. Wo Denken allerdings als fremd erfahren wird, kann das Gefühl ein Ausweg sein - allerdings auch ein Weg in eine neue Art von Fremderfahrung. Und wenn das Gefühl nur auf einer Gestalt von Konstellationen persönlicher Neigungungen beruht, so ist das eine hohe Abstraktion, die für vieles oder auch für nichts stehen kann. Eigentlich kommt es auf eine vermittelnde Erkenntnis dabei an, um überhaupt zu einer Schlußfolgerung für die wirklichen Beziehungen zu kommen. Aber die Lösung findet sich hier nicht in der Erkenntnis der Störung von bestimmten zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern in Hellingers Gespür von Ordnungen, die nicht erfüllt werden. Es ist die Umkehr der Erkenntnis zur Erbsünde. Es ist die Inquisition seines Gefühls für Ordnung, die befolgt werden muss. Und wer gegen dieses Gefühl verstößt, der hat eben die Folgen auch zu tragen. Er ist ja Ursprung wie Resultat solch erfühlter "Ordnung", die wohl ein psychologisches Synonym für den immer wieder in den unterschiedlichsten Zusammenhängen aufgetischten "gesunden Menschenverstand" sein muss. Doch was fühlt Hellinger und seine Anhänger? Im Grunde ist es nur eins: Dass etwas in einer Aufstellung von Bedeutungen, welche durch Personen oder Sachen verkörpert gelten, nicht stimmt und dass von daher eine Verschiebung einzelner Positionen so erfolgen muss, bis es stimmt. Bis was stimmt? Bis die Positionen der Bedeutungen stimmen, bis also die Ordnung erfüllt ist. Welche Ordnung? Natürlich die, welche Hellinger in all seinen Schriften darstellt. Und wenn ich die nicht kenne? Dann hast du auch nichts davon. Wenn du "Glück" hast, kriegst du das aber auch auf die Schnelle durch die Stimmung in einer Gruppe oder Masse mit. Oder du lässt dich aufstellen und übernimmst erst hinterher den ganzen Ordnungszauber. Ohne die Kenntnis der Theorie von Hellinger, die keine sein will, wird das aber wohl kaum zu leben sein. Das Gefühl, welches in Hellingers "wissenden Feldern" wie von selbst entsteht, ist ein Gespür für die Esoterik einer Familie, die sich im Gebot einer mystisch-natürlichen Liebesordnung sieht, die sich als Ahnenfolge der Seele konkret findet und also auch konkret so empfindet. Das funktioniert aber nur, wenn die aktuelle Familie oder das "Umfeld" der Liebesbeziehungen da auch mitmacht und sich im Zielfeld verscheidener Ahnenreihen begreifen will. Aber auch dann muss es eine furchtbare Liebe sein, die sich selbst schon wie ihre eigene Mythologie erlebt und sich wie ein Lebensschicksal in der Dimension der eigenen Ahnenreihe fortschleppt, die also keine Sorge enthält, weil ihr Schicksal wesentlich besorgt ist und nur der Verstoß gegen dieses Schicksal zum Versagen werden kann! Solcher Determinismus wäre bestenfalls in einem kitschigen Heimatfilm vermittelbar, wäre da nicht die Fähigkeit von Hellinger und seinen "Familienaufstellern", alle Erfahrungen im "Hier und Jetzt" darauf zu beziehen. Mit ihrer Hilfe werden die versteinerten Grundbefindlichkeiten im Spannungsfeld wechselseitiger Gemütsverpflichtungen wohl um einiges zulegen. Das ist die Befreiuung nach hinten, Freiheit durch Unterwerfung. Es reicht ihm nicht, ein kultureller Reaktionär zu sein, er will jeden auch mit dem Trick der Nothilfe zum Reaktionären machen. Schließlich wollen ja Menschen, die mit dem Leben nicht fertig werden, auch umsorgt sein. Sie "brauchen" eben die Liebesordnung von dem, der mit solchen Begriffen so locker umgehen kann, weil er von seiner "Liebe" am meisten überzeugt ist. Da merkt dann vielleicht auch wirklich niemand mehr, dass dieser Egomane nur seine Eigenliebe und seinen Eigendünkel ausbreitet und auch noch viel Geld dafür kassiert. Der Aufsteller oder Therapeut gilt in den Gruppen, die sich auf Hellinger berufen, als unabhängiger Interpret eines absoluten Wissens, als Verkünder einer Objektivität natürlicher Ordnung, die lediglich angewandt werden muss, um die Probleme der Menschen zu benennen. Letztlich geht es in allen seelischen Problemen nur um eine "Entgleisung" und eine Wiederherstellung dieser Ordnung, also immer um eine Art Sühne, Buße. Alle Probleme werden daher auf sie wie ein Gleichnis der Hellingerschen Metaphysik reduziert, so dass die schicksalhafte "Verstrickung" der Liebe eines jeden einzelnen Menschen darin zu erkennen sei. Seine Befreiung besteht darin, sein persönliches Schicksal in dieser Ordnung auf sich zu nehmen und dessen Erzeuger zu würdigen. Aber fast unbemerkt wird in der Befolgung des darin begriffenen Schicksals die Ordnung erst erzeugt, an der sich das Schicksal der Ahnen erst erahnen lassen soll. Das macht die Folgsamkeit gegenüber der Interpretation einer allgemeingültigen Schicksalhaftigkeit zu einer Heilsbotschaft, die Hellingers Psychologie zur absoluten Psychologie, sein System der Verstrickungen zu einem totalen System der Verstricktheit seiner Klienten. Dieses kennt keine eigene Wirkung, weil es selbst alles bewirkt, weil mit ihm selbst Wirklichkeit gesetzt ist. Die blinde Befürwortung seiner Lösungen ist nichts anderes als die Anerkenntnis seines Absolutismus: Für die Anwesenden sind die Lösungen eben schon deshalb wahr, weil sie sich unter gegebenen Bedingungen wie eine eigene Wirklichkeit ereignen können, wenn sie von den Beteiligten bestätigt werden - und wer sie nicht bestätigt gehört einfach nicht zu diesem Wirkkreis. Das ist, wie bei jeder Erleuchtung: Es entsteht, was schon in der Inszenierung angelegt ist und es erweckt, was seine Erleuchtung eben darin sucht, weil es ansonsten nur in Finsternis verbliebe. Was der Therapeut alleine zu vermitteln hat, ist die Allgemeinheit eines jeden Gefühls, das sich wie ein allgemeines Nachfühlen archaischer Grundgefühle ereignet. Er ist lediglich das inkorporierte Wissen dieses Allgemeingefühls, dieser "Naturseele". Eine Psychologie, die sich selbst als Allgemeingefühl gibt, während sie in der Befolgung ihrer Theorie agiert, die sich subjektiv gibt und dünkt, während sie objektiv tätig ist, die sich vor allem selbst vermittelt, wenn sie in den Problemen von Menschen vermitteln will, macht die Psychologin oder den Psychologen zum Subjekt der Subjektivität, das sich nicht von ihrem vermeintlich objektiven Wissen unterscheidet, nicht selbst darin erfasst ist. Sie verklärt ihre eigene Bedingung, das psychologische Verhältnis, zu einem allgemein menschlichen Verhältnis, das im Grunde nur theoretischer Natur ist, wiewohl es sich ausschließlich praktisch und unmittelbar umsetzt. Darin wird jedes zwischenmenschliche Ereignis in eine Abstraktion des zwischenmenschlichen Lebens gewendet, z.B. in "die Liebe" schlechthin, in "die Würde" u.a., also zur Ideologie eines allgemeinen Subjekts gebracht und in dieser Abstraktion selbst vollständig entleert. Was von allem Konkreten bleibt, ist nur noch das Substantiv dessen, was sein sollte, das Wahrheitskriterium für alles, was alle einzig wollen können sollen. Darin ist schließlich auch alles wirkliche Leben in allgemeiner Gültigkeit, für alles gleich geltend, also gleichgültig aufgehoben. Und in dieser Gleichgültigkeit wird auch mit ihm umgegangen. Solcher Begriff, worin nichts Bestimmtes mehr vorkommt, ist ein Übergriff, der sich durch einen Überbegriff legitimiert: Dem Begriff des Übermenschlichen. Das ist dann der Begriff von dem, was er auch wirklich auflöst. Die übermenschliche Liebesordnung zerstört, was Liebe, wie auch immer geartet, war und wird ihr Ersatz. Sie wird daher auch zum Spielzeug und Werkzeug aller praktischen Abstraktionen, die als Täuschung inszeniert werden müssen. Sie wird eben vor allem zitiert, um allgemeine Verbindlichkeit einzuläuten. Die Täuschung vollstreckt sich - wie bei jedem Betrug - im Vorwurf: Sie behauptet sich, indem sie alles Konkrete als das Gegenteil, als Unangemessenheit an die Allgemeinheit ihrer Begriffe feststellt und sich durch die Schmach der Niederungen ihrer Begrifflichkeit im Leben der Menschen bestärkt. In dem sie das konkrete Leben der Menschen beschuldigt, ihre Nöte nicht offenlegt und zur Veränderung freimacht, sondern ihre Verfinsterung im Sumpf ihrer Begrifflichkeit forttreibt, wird sie zu einem Urteil, in dem sich die Definitionsmacht des Übermenschlichen an der Not des Betroffenen vollstreckt. Dies ist der Vorgang, der Gesinnung erzeugt, welche den so Getroffenen an ein Leben bindet, das es nicht gibt, und ihn hörig macht für jedes Gebot, das Heil verspricht. Das ist geistiger Faschismus, der schon immer gut zum politischen gepasst hat. | ![]() |
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