"Die Ideologie ist ein Prozess, der zwar mit Bewusstsein vom so genannten Denker vollzogen wird, aber mit einem falschen Bewusstsein. Die eigentlichen Triebkräfte, die ihn bewegen, bleiben ihm unbekannt; sonst wäre es eben kein ideologischer Prozess. Er imaginiert sich also falsche resp. scheinbare Triebkräfte. Weil es ein Denkprozess ist, leitet er seinen Inhalt wie seine Form aus dem reinen Denken ab, entweder seinem eignen oder dem seiner Vorgänger. Er arbeitet mit bloßem Gedankenmaterial, das er unbesehen als durchs Denken erzeugt hinnimmt und sonst nicht weiter auf einen entfernteren, vom Denken unabhängigen Ursprung untersucht, und zwar ist ihm dies selbstverständlich, da ihm alles Handeln, weil durchs Denken vermittelt, auch in letzter Instanz im Denken begründet erscheint." (MEW 39, S. 97) Ideologie ist die Verselbständigung der Idee, einer Gedankenabstraktion aus der psychisch interpretierten Situation einer kleinbürgerlichen Lebenswirklichkeit (siehe auch Realabstraktion). Sie formuliert den Sinn der Rückschlüsse einer Denkmethode aus den Idealen der gefühlten Körperlichkeit ihres Daseins, das aus den daraus verallgemeinerten Stimmungen erschlossen wurde, wie sie auch über die Begrifflchkeiten aus den Institutionen des abstrakten Denkens (siehe auch bürgerliche Wissenschaft) theoretisch gestützt werden (siehe z.B. Idealismus, Phänomenologie, Positivismus, Liberalismus). "Die Produktion der Ideen, Vorstellungen, des Bewusstseins ist zunächst unmittelbar verflochten in die materielle Tätigkeit und den materiellen Verkehr der Menschen, ist Sprache des wirklichen Lebens. Das Vorstellen, Denken, der geistige Verkehr der Menschen erscheinen hier noch als direkter Ausfluss ihres materiellen Verhaltens. Von der geistigen Produktion, wie sie in der Sprache der Politik, der Gesetze, der Moral, der Religion, Metaphysik usw. eines Volkes sich darstellt, gilt dasselbe. Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen, Ideen usw., aber die wirklichen, wirkenden Menschen, wie sie bedingt sind durch eine bestimmte Entwicklung ihrer Produktivkräfte und des denselben entsprechenden Verkehrs bis zu seinen weitesten Formationen hinauf. Das Bewußtsein kann nie etwas Andres sein als das bewußte Sein, und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozeß. Wenn in der ganzen Ideologie die Menschen und ihre Verhältnisse wie in einer Camera obscura auf den Kopf gestellt erscheinen, so geht dies Phänomen ebensosehr aus ihrem historischen Lebensprozeß hervor, wie die Umdrehung der Gegenstände auf der Netzhaut aus ihrem unmittelbar physischen. ... Auch die Nebelbildungen im Gehirn der Menschen sind notwendige Sublimate ihres materiellen, empirisch konstatierbaren und an materielle Voraussetzungen geknüpften Lebensprozesses." (MEW 3, S. 26 f) Praktisch bestimmt Ideologie eine Absicht, welche sich aus einer Position, aus der Logik, aus der Dialektik ihrer Abstraktion als Bild von sich selbst als Philosophie, alsInterpretation ihrer Wirklichkeit gewinnen (siehe auch hermeneutischer Zirkel). Aber erst durch ihre Absichten bestimmen sie darin ihre Bedürfnisse und differenzieren diese, wodurch sie deren objektive Verwirklichung anstreben können. Durch eine darin angelegte philosphische Überhebung gelangen sie zugleich zu einer Befriedigung ihrer Selbstwahrnehmung und fixieren schließlich darin auch eine Wahrnehmungsidentität, durch die sie die Beliebigkeit ihrer Bezogenheiten immer auch theoretisch begründen können. Hierdurch entwickelt sich ein Willen, der politisch (siehe politischer Wille), philosophisch, ideologisch oder ästhetisch begründet (siehe ästhetischer Wille). Eine Logik wird sich aber hieraus nicht beziehen lassen, weil diese nur Reflexion aus ihrem einzelnen individuellen Sein ist. Ideologie setzt ein Verhältnis von Menschen voraus, eine Wirklichkeit, in der sie einen Zusammenhang suchen und interpretieren und verallgemeinern, weil er durch sie selbst nur ungewiss ist, weil er nur zwischen ihnen, aber nicht durch sie einen Sinn macht, dem sie aber dennoch entsprechend handelnd und planend folgen wollen oder müssen. Ideologie ist von daher keine Idee, sondern nur die bloße Logik einer Idealisierung, der sie anhängen mögen, um sich überhaupt in der Abstraktion aus ihrem Dazwischensein verhalten zu können, indem sie darin einen idealen Schnitt aus dem Durchschnitt ihrer Wirklichkeit beziehen. Von daher ist Ideologie keine Idee an sich, sondern die reine und bereinigte Logik einer Idee und hat von daher keine wirkliche Substanz. Dennoch stellen ihre Idealisierungen eine Sehnsucht der Menschen dar, die zwar in der bürgerlichen Gesellschaft zwangsläufig scheitern müssen (siehe Materialismus), aber auch nach ihrer Überwindung verlangen, – z.B. an die Herstellbarkeit von Einigkeit und Recht und Freiheit gegen ihre Wirklichkeit Glauben machen wollen. Insgesamt ist Ideologie daher das Unglück eines sich seiner selbst ungewissen Verstandes, der sich nicht über die Kritik ihrer Ideen (siehe Ideologiekritik) emanzipieren kann, weil er sich über sein materielles Dasein nur erhebt und dessen Analyse zugleich gegen ihren Glauben ausspielt, dessen Not mystifiziert, weil sie aus dem Jenseits ihrer Welt ihr wirkliches Material selbst nicht erkennen kann. Von daher kann ein "unglückliches Bewusstsein nur durch ein wirkliches Bewusstein seines Unglücks" (Hegel & Marx) aufgehoben werden. "Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher geschah es, daß die tätige Seite, im Gegensatz zum Materialismus, vom Idealismus entwickelt wurde - aber nur abstrakt, da der Idealismus natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt." 1. Feuerbachthese, MEW Bd.3, S. 533 bis 535). Weil darin ihre Herkunft verschwunden ist und nur in einer abtrakten Allgemeinheit besteht, kann es keine Rückschlüsse auf einzelne Gründe für ihre Idealisierungen geben, ganz gleich ob diese kulturell, psychisch oder durch irgendeinen Nutzen rein praktisch bewusst sein sein mögen. Es können darin nur Verhältnisse reflektiert sein, die einen idealisierten Grund nötig haben, weil sie selbst abstrakt sind. Ideologie ist lediglich die Verallgemeinerung und Verselbständigung einer Erscheinung in der Verfassung einer Idee von sich, wie sie abstrakten Verhältnissen (siehe auch Realabstraktion) als Gedankenabstraktion zu entnehmen ist, die den notwendigen Schein entfremdeter Verhältnisse subjektiv vereinnahmt und zu einer Tatsache des Bewusstseins macht (siehe z.B. Einigkeit und Recht und Freiheit). Sie besagt, dass sie eine hiervon unabhängige Logik dieser Idee ist (siehe auch Idealismus), dass sie hierdurch von den Verwerfungen der konkreten Wirklichkeit zu befreien wäre und von daher deren Verwirklichung eine andere Welt als diese zur Folge hätte (siehe hierzu auch Warenfetischismus). Kritische Theorie begreift in solcher Idealisierung die Absicht einer Selbsttäuschung über eine abstrakte Wirklichkeit, die deren Abstraktionen durch Veränderungen des Bewusstseins in diesem selbst nur verdoppeln kann, ihr abstraktes Sein mit einem abstrakten Bewusstsein mit der ihm zugehörigen Vernunft verfüllt und verewigt (siehe schlechte Unendlichkeit), Die gesellschaftliche Geschichte der Menschen ist nicht die Verwirklichung von Ideen (siehe hierzu Idealismus) und auch nicht das Sublimat ihrer materiellen Bedingungen und natürlichen Voraussetzungen (siehe hierzu dialektischer Materialismus). Beides, jeweils für sich genommen, hebt sich auf, denn es macht erst im Kampf um ihre Wahrheit den Sinn, den menschliches Leben in seiner gesellschaftlichen Naturmächtigkeit finden, empfinden und erfinden kann (siehe hierzu Historischer Materialismus). Noch gänzlich unverwirklicht herrschen zwischen den Ideen und ihrer Wirklichkeit Ideologien. Im Dazwischensein ihrer idealisierten Bestrebungen können sie nicht wirklich wahr sein (siehe Dialektik), weil sie keinen Sinn durch sich selbst haben und finden, nichts wirklich empfinden können, weil sie Sinn an sich gegen Sinn für sich, weil sie widersinnig sind, ihren Sinn aus sich selbst folgern und zugleich sich hierdurch begründen. Ideologie ist die Logik einer Idealisierung. Sie setzt eine Verselbständigung des Denkens voraus, das sich dem Ideal nähern will, wo es ihm näher steht (siehe auch Standpunkt). Vor der Verwirklichung eines Gedankens steht immer auch seine Idee - und gerade deshalb kann sie nicht ohne Wirklichkeit sein. Ideologie stellt aber eine Selbständigkeit des Gedankens dar und betreibt deshalb die Verkehrung seiner Beziehung zur Wirklichkeit dar. "Die ... Forderung, das Bewußtsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende anders zu interpretieren, d.h. es vermittels einer anderen Interpretation anzuerkennen.“ (MEW 3 S.20) Ideologie will das Bedürfnis nach einer Mystifizierung ihrer wirklichen Verhältnisse befriedigen und sich darin verewigen (siehe hierzu auch Rassismus). Dagegen endet Kritische Theorie in der Analyse des darin idealisierten Daseins., sodass ein Wissen des Seins, ein wirkliches Bewusstsein sich bilden kann. "Sie zeigt, daß die Geschichte nicht damit endigt, sich ins "Selbstbewußtsein" als "Geist vom Geist" aufzulösen, sondern daß in ihr auf jeder Stufe ein materielles Resultat, eine Summe von Produktionskräften, ein historisch geschaffnes Verhältnis zur Natur und der Individuen zueinander sich vorfindet, die jeder Generation von ihrer Vorgängerin überliefert wird, eine Masse von Produktivkräften, Kapitalien und Umständen, die zwar einerseits von der neuen Generation modifiziert wird, ihr aber auch andrerseits ihre eignen Lebensbedingungen vorschreibt und ihr eine bestimmte Entwicklung, einen speziellen Charakter gibt - daß also die Umstände ebensosehr die Menschen, wie die Menschen die Umstände machen." (MEW 3, S. 27 f) Ideologie ist die Logik einer politischen Idee, die ihren Grund wie auch ihre Wirklichkeit leugnet, ihren Grund im Unvermögen ihrer Wirklichkeit hat, die also deren Mängel ideell aufzuheben trachtet und zugleich negativ hiergegen bestimmt ist (siehe schlechte Negation). Bliebe sie nur ideell, so wäre Ideologie nichts anderes als eine Gedankenabstraktionen, eine bloß kraftlose Interpretation der Verhältnisse, die ihnen über das abstrakte Geschichtsverständnis von Idealisierungen (siehe z.B. Freiheit, Gleichheit, Solidarität) einen höheren Sinn verleihen sollen, dessen Abwesenheit sie in der Wirklichkeit einerseits verspürt, zugleich aber durch ihre Gedankenabstraktionen einfordert. Ideologie ist von da her eine Idealisierung im Zweck der Befriedung von Verhältnissen, die an und für sich widersinnig sind. Wenn Ideologie sich aber auf Kultur beziehen kann, wird sie zur Kraft einer selbständigen Wirklichkeit, die aus den persönlichen Verhältnissen der Menschen zehrt, die diese durch ihre Lebensäußerungen in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen unentwegt bilden und sich darin verhalten (siehe auch Sitte). Erst über ihre kulturelle Substanz wird Ideologie schließlich auch wirklich mächtig (siehe politische Kultur) und formuliert ein selbständiges Ziel (siehe auch Verselbständigung) durch das sie sich ihrem Sein zu entziehen sucht (siehe hierzu auch Religion). Wo Begriffe getrennt von den Lebenszusammenhängen formuliert werden, die sie begriffen haben wollen, bekommen sie leicht die Gewalt eines verselbständigten Denkens (siehe auch identitäres Denken) durch die Vertauschung seiner bloßen Reflexion mit einem rein gedachten, einem idealisierten Wesen (siehe auch Sophismus). Mit dessen Abspaltung in der Trennung von seinem wirklichen Gegenstand verfestigen sich seine Kategorien zu einer positiven Theorie, die durch ihre kategorialen Zusammenhänge selbst schon ihre substanzielle Wahrheit behaupten muss. Aber nicht eine Theorie macht den Begriff (siehe hierzu auch Strukturalismus). Es ist der Begriff, der in seiner und durch seine Beweisführung die Theorie bestimmt und mit der Kritik der Trennung von Wesen und Erscheinung (siehe Wissenschaft) ihre eigene Notwendigkeit beweisen muss (siehe kritische Theorie). Die Beziehung zu einer Analyse ist auf den Kopf gestellt, wenn der hieraus erkannte Begriff sich nicht in seiner Wirklichkeit beweisen muss. "Es ist dies nur eine andere Wendung der alten beliebten, ideologischen, sonst auch aprioristisch genannten Methode, die Eigenschaften eines Gegenstandes nicht aus dem Gegenstand selbst zu erkennen, sondern sie aus dem Begriff des Gegenstandes beweisend abzuleiten. Erst macht man sich aus dem Gegenstand den Begriff des Gegenstandes; dann dreht man den Spieß um und mißt den Gegenstand an seinem Abbild, dem Begriff. Nicht der Begriff soll sich nun nach dem Gegenstand, der Gegenstand soll sich nach dem Begriff richten." (Friedrich Engels, Antidühring, MEW 20, S. 89) Ideologiekritik kann dieses Verhältnis allerdings nur angreifen, wo sie zugleich als Kulturkritik auftritt. Weil Ideologie nicht einfach die Menschen mit falschen Theorien versorgt, sondern vor allem politische Ziele einer bürgerlichen Kultur verfolgt, kann nicht alleine die Wirtschaftsweise ihrer Argumentation Stoff bieten. Von daher muss Ideologiekritik die ganzen Bedingungen ihres Daseins analysieren und als Seinsnotwendigkeit von isolierten Existenzen erklären können, in denen ihre Erklärung aufgehen. Hierfür müssen aus ihren bloßen Gedankenabstraktionen ein Sinnzusammenhang der Realabstraktion und ihrer Formbestimmungen als Grundlage der Ideologie aufgedeckt werden. Wo Ideologiekritik dies nicht leisten kann, bleibt sie selbst Ideologie und ist von daher ein bloß abstraktes Bewusstsein, das allein durch seine Sprache schon Wirklichkeit als eine Idee gedanklich in sich abschließt und in deren Wirkung theoretisch verdoppelt. Was die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse wirklich für die Menschen sind wird durch Gedankenabstraktionen verschlossen, die Einsicht in ihre Gründe ausgeschlossen und durch ihre Ausschließlichkeit gegen Kritik verwehrt. Weil die Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft den Menschen in ihrem allgemeinen Grund schon durch ihre Realabstraktionen fremd sind, weil diese sich in ihrer Wirklichkeit schon gegen sie verkehrt haben, ist Ideologie eine gedankliche Form von Herrschaft, als herrschender Gedanke die geistige Macht einer verkehrten Welt. Durch Idealisierungen soll das Denken seinem Sein enthoben, mystifiziert und durch bloße Glücksversprechen mit Mythologien verfüllt werden, durch die Auswege aus dem Elend widersinniger Existenzen als Glaubensbotschaften und Heilserwartungen geschürt werden. Mit diesen wird jeder Gedanke nicht nur praktisch, sondern auch geistig aufgelöst und zergeht zur Vorstellung einer heilen Welt, zu einer Scheinwelt, deren Unheil die Menschen schließlich nur noch "wie aus heiterem Himmel" überfallen wird. Ideologie zerstört den Begriff von einem Verhältnis und damit auch Sprache überhaupt, indem sie dessen Wirklichkeit durch ihre theoretische Verallgemeinerungen nichtig macht, die Entfremdung der Menschen von sich, von ihrer Gesellschaft und ihrer Sache totalisiert. Ideologie ist die Verselbständigung einer Idealisierung. Sie betreibt die Logik einer Idee, wie sie sich unmittelbar schon der Anschauung entnehmen und verstehen lässt. Es ist ihr sprachlich verselbständigter Verstand, der sich unmittelbar auf die Gegebenheiten so bezieht, wie sie nur isoliert von ihrem wirklichen Zusammenhang allgemein zu verstehen sind, weil sie allgemein in ihrer Abgetrenntheit und Zersplitterung als gegeben erscheinen. Von daher sollte nach Hegel die Vernunft die Einseitigkeit des Verstehens verneinen, sich dem abgetrennten Verstand einer Gedankenabstraktion entgegensetzen. Deren Begrenztheit hebt sich bei ihm allerdings zugleich nur in einer Spekulation auf eine höhere Stufe der Entwicklung zu einer absoluten Vernunft auf, mit der letztlich ein identitäres Denken angelegt ist. "Das Spekulative oder Positiv-Vernünftige fasst die Einheit der Bestimmungen in ihrer Entgegensetzung auf, das Affirmative, das in ihrer Auflösung und ihrem Übergehen enthalten ist." (G. W. F. Hegel: Enzyklopädie, § 82.) Gerade dieses "Positiv-Vernünftige" ist allerdings die Grundlage einer jeden Ideologie, da es die Gegebenheiten schon durch sich selbst, also an und für sich vernünftig scheinen lässt, sich ihrem notwendigen Schein kritiklos überlässt. Sie will vernünftig sein, indem sie Vorstellungen und Sehnsüchte in Vernunft kleidet. So sind z.B. Freiheit und Gleichheit aller Menschen und deren Solidarität zwar nette Abstraktionen, schöne Vorstellungen und ihre Verwirklichung mag daher auch als das Regulativ ihrer Verhältnisse als vernünftig erscheinen (siehe hierzu auch den Kategorischen Imperativ). Aber eine Freiheit, die nicht als Befreiung, als Notwendigkeit des Lebens herausgestellt ist, eine Gleichheit, die nicht als Kritik des Vergleichens, der Gleichgültigkeit gegen die Konkurrenz begriffen wird, und eine Solidarität, die nicht im Interesse der Verbundenheit eigener Lebenskräfte verstanden wird, entwickelt sich notwendig zu einer bloßen Idee, die der Analyse des wirklichen Seins entgegensteht, das Potenzial der Verwirklichung ihrer Kritik entwirklicht, sich also zum Gegenteil ihrer Wirklichkeit verkehrt, selbst Ideologie ist. Im Grunde vollziehen diese Gedankenabstraktionen die Verdopplung eines idealisierten Widersinns der Verhältnisse, der sich in solchen nur moralisierenden Vorstellungen nur reproduziert. Wir haben gezeigt daß die Verselbständigung der Gedanken & Ideen eine Folge der Verselbständigung der persönlichen Verhältnisse & Beziehungen der Individuen ist. Wir haben gezeigt daß die ausschließliche systematische Beschäftigung mit diesen Gedanken von Seiten der Ideologen & Philosophen & damit die Systematisirung dieser Gedanken eine Folge der Teilung der Arbeit ist, & namentlich die deutsche Philosophie eine Folge der deutschen kleinbürgerlichen Verhältnisse. (MEW 3,504, 32) Man könnte daher - etwas verkürzt - sagen, dass Ideologie nichts anderes als Positivismus schlechthin ist. "Think positiv" und meide das Negative. Suche das für dich förderlich Scheinende, das Ideale aus seinem zufälligen Erscheinen und nicht aus seinen wirklichen Zusammenhängen, nicht das, was damit im Allgemeinen sich wirklich bildet und entwickelt. Deine Isolation in einer nur abstrakt menschlichen Gesellschaft bekommt damit immerhin einen "höheren Sinn und Zweck", den du nicht begreifen musst, weil alles so ist, wie es dir scheint und schon von daher in einem hohen Sinn des Daseins zweckvoll ist. Marx hatte das als Selbstbewusstsein des "reinen Individuums" beschrieben, das immer wieder den Teil eines isolierten Bewusstseins je nach zufälligem Nutzen aufblendet, um in der Teilung der Arbeit zu verharren und ein allgemeines, also gesellschaftliches Bewusstsein hierüber - gewollt oder ungewollt, immer aber irgendwie beabsichtigt - zu verhindern. "Die Individuen gingen immer von sich aus, natürlich aber von sich innerhalb ihrer gegebenen historischen Bedingungen und Verhältnisse, nicht vom "reinen" Individuum im Sinne der Ideologen. Aber im Lauf der historischen Entwicklung und gerade durch die innerhalb der Teilung der Arbeit unvermeidliche Verselbständigung der gesellschaftlichen Verhältnisse tritt ein Unterschied heraus zwischen dem Leben jedes Individuums, soweit es persönlich ist und insofern es unter irgendeinen Zweig der Arbeit und die dazugehörigen Bedingungen subsumiert ist. ... Im Stand (mehr noch im Stamm) ist dies noch verdeckt, z.B. ein Adliger bleibt stets ein Adliger, ein Roturier <Nichtadliger, Bürgerlicher> stets ein Roturier, abgesehn von seinen sonstigen Verhältnissen, eine von seiner Individualität unzertrennliche Qualität. Der Unterschied des persönlichen Individuums gegen das Klassenindividuum, die Zufälligkeit der Lebensbedingungen für das In[dividuum] tritt erst mit dem Auftreten der Klasse [ein], die selbst ein Produkt der Bourgeoisie ist. Die Konkurrenz und der Kampf [der] Individuen untereinander erz[eugt und en]twickelt erst diese Zufälligkeit als solche. In der Vorstellung sind daher die Individuen unter der Bourgeoisieherrschaft freier als früher, weil ihnen ihre Lebensbedingungen zufällig sind; in der Wirklichkeit sind sie natürlich unfreier, weil mehr unter sachliche Gewalt subsumiert." (MEW 3,75f) So ist Ideologie ja auch in der Tat der adäquate Ausdruck verkehrter Verhältnisse, die noch nicht auf ihren Begriff gebracht und von daher für die Menschen in ihrer Unwirklichkeit noch nicht wirklich erkannt sind, also grundlos erscheinen können, auch wenn sie in in der Form ihrer Verhältnissen das Gegenteil ihrer Inhalte bewirken, sich verkehren und als falsch erweisen (siehe Dialektik der Formbestimmung). Im Unterschied zu Religion oder Kultur ist Ideologie von da her ein "notwendig falsches Bewusstsein", ein Wissen ohne wirkliches Sein - doch not-wendig, wo Wissen Not tut und nicht gebildet ist, weil die Erkenntnis der Entfremdung fremd geblieben ist. Ideologie ist so verkehrt, wie es die Verhältnisse sind (siehe Warenfetischismus), die sie ideal versteht, weil sie in einem unmittelbaren Zusammenhang zu ihrem Grund steht, zur Verkehrung der Lebensverhältnisse der Menschen zu einem Schein von Leben, den sie idealisiert (siehe auch Scheinwelt). Sie ist eine positive Philosophie, eine Theorie des Seins, die ihm eine Idee zugrunde legt, die darin sich verwirklichen solle. Eine solche Theorie lebt von der Bescheidenheit, in allem das Gute zu finden, in dem, als was es allgemein durch seine innere Notwendigkeit erscheinen muss (siehe notwendiger Schein) zugleich ein idealisiertes Wesen für sich zu finden, darin zu empfinden, was der Selbstwahrnehmung die Güte eines besseren Bewusstseins verleihen könnte (siehe auch Selbstveredelung), als wäre sie selbst die Gewissheit eines höheren Wissens, das wie der Geist aus der Flasche der gesellschaftlichen Tugenden hernieder kommt und alles mit ihrer Selbstgerechtigkeit durchdringt. Doch Ideologie ist nicht nur Vorstellung, sondern das Bewusstsein einer Allgemeinheit, die so nicht wahr ist, wie sie idealisiert werden kann, auch wenn darin wahr sein kann, welche Idee darin zu entdecken wäre (vergleiche Freiheit, Gleichheit, Solidarität). Doch Ideen sind keine Wahrheit, sondern Begründungen, die ihren wirklichen Grund verlassen haben, weil sie seiner Verkehrung im Anschein seiner Verhältnisse dienstbar sein sollen, selbst so verdinglicht sind, wie sie sich begründet sehen, sich selbst verobjektivieren, ohne objektives Bewusstsein zu sein. Darin erscheint dann vor allem aufgehoben, was in ihm drängt, der Trieb, der Verhältnisse verwirklichen muss, die notwendig verkehrt erscheinen, weil sie im Grunde unwesentlich sind, aber wesentlich wirklich sein, sich verwesentlichen sollen. Verwesentlichung ist der Prozess der Ideologiebildung, die durch die Vorstellung eines Ideals - durch Idealisierung - die Wahrnehmung beherrscht und die darin enthaltende Erkenntnis bricht, abtötet und verwesen lässt. Verwesentlichung betreibt die Vertauschung (siehe Täuschung) einer Besonderung mit ihrer Allgemeinheit, will die Besonderheit eines Wesens erzeugen, das in Wirklichkeit nichts ist, weil es nichts Besonderes sein kann, ohne schon an seiner wirklichen Allgemeinheit bemessen zu sein. Es wird daher zum notwendigen Produkt einer Nichtung, einem Sein, das nicht sein kann,weil es erst werden muss, wie so sein sollte. In einer Verwesentlichung kommt es nur als vorweggenommene Verwesung dessen vor, was in Wahrheit nicht ist und auch nicht wahr sein kann. Es ist hierdurch der betriebene Verlust seiner Wahrheit, ein Zustand, in welchem sich die Gewissheit, die Gewähr der Erkenntnis und Selbsterkenntnis, auflöst. Ideologie ist ein notwendig falsches Bewusstsein, weil es seinem Grund, der abstrakten Allgemeinheit seiner Verhältnismäßigkeit unmittelbar Folge leistet, ohne die Verkehrung in der Vermittlung seiner Lebensverhältnisse zu erkennen. Sie ist die Ausrichtung ihrer Ideen, die nur weiter verklären können, was Bewusstsein erklären sollte. Sie ist zum einen nur eine unnötige Philosophie, denn wozu sollten Menschen Gedanken benötigen, die nur das bestätigen wollen, was schon ist? Zum anderen ist sie Teleologie, die darüber hinwegtäuschen soll, dass dieses Sein nicht so ist, wie es sich idealisieren lässt. Ideologie täuscht über ein Sein hinweg, das nicht sein kann, was es ist. Sie spendet Trost durch Vertauschung des Seins mit seiner Form, dem Sosein, das Wesen des Seienden mit seiner Erscheinung, durch die es nur durch das sein kann, was es gewesen, bzw. was am Verwesen ist. Die in diesem Widerspruch von Form und Inhalt vollkommendste Ideologie ist die Hegelsche Philosophie, die darin das Prinzip des Lebens und der Geschichte überhaupt entdeckt haben will. Darin ist das Bestreben des Lebens in seiner Negation selbst als Notwendigkeit einer Idee verfasst, die als unvollkommene Wirklichkeit zu verstehen sei, also sich als Interpretation des Lebendigen zugleich darüber hinwegsetzt, dass die Wirklichkeit, die sie unvollkommen sieht, zugleich unwirklich ist, ihren Widerspruch, der in der Wirklichkeit selbst zur Kritik treibt, als Ideologie aber eben die Bestrebung eines immer absoluter werdenden Geistes wahrmachen soll, der zu bewahren versteht, was nicht wirklich wahr sein kann. Von daher kann die Antwort der Ideologiekritik letztlich immer nur die Analyse der wirklichen Verhältnisse sein, denn darin ist die Verkehrung zu beweisen, die sich in der Ideologie lediglich vereinseitigte hat (siehe auch Warenfetischismus). "Ganz im Gegensatz zur deutschen Philosophie, welche vom Himmel auf die Erde herabsteigt, wird hier von der Erde zum Himmel gestiegen. D.h., es wird nicht ausgegangen von dem, was die Menschen sagen, sich einbilden, sich vorstellen, auch nicht von den gesagten, gedachten, eingebildeten, vorgestellten Menschen, um davon aus bei den leibhaftigen Menschen anzukommen; es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozeß auch die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dargestellt. Auch die Nebelbildungen im Gehirn der Menschen sind notwendige Sublimate ihres materiellen, empirisch konstatierbaren und an materielle Voraussetzungen geknüpften Lebensprozesses. Die Moral, Religion, Metaphysik und sonstige Ideologie und die ihnen entsprechenden Bewußtseinsformen behalten hiermit nicht länger den Schein der Selbständigkeit." (MEW 3, S. 26 f) Im Bewusstsein ist die Wahrnehmung als Gewissheit gegenwärtig, die zunächst dem entspricht, was im Sein gewiss sein kann, aber nicht unbedingt dem, was es auch wirklich wahr hat. Eine Ideologie verlangt nach dessen Idealisierung, nach einer Wahrheit für sich, einer Identität, die sein soll, weil sie nicht ist. Und dass der gute Wille der Menschen sie herzustellen habe. Und so verlangt Ideologie als erstes das Verhalten des guten Willens als ein Bewusstsein, das die Verhältnisse sich anzugleichen habe. "Es ist die alte Illusion, dass es nur vom guten Willen der Leute abhängt, die bestehenden Verhältnisse zu ändern ... Die Veränderung des Bewusstseins, abgetrennt von den Verhältnissen, wie sie von den Philosophen als Beruf, d. h. als Geschäft, betrieben wird, ist selbst ein Produkt der bestehenden Verhältnisse und gehört mit zu ihnen.(K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, S. 363) Umgekehrt ist es aber auch Ideologie, durch eine Veränderung des Bewusstseins den guten Willen in Gang zu setzen, sich die Verhältnisse anzugleichen. Die Forderung das Bewusstsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende anders zu interpretieren, d. h. es vermittelst einer anderen Interpretation anzuerkennen. (K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, S. 20) Bewusstsein kann eben nur Wissen sein, das sich der Idealisierung entledigt hat (siehe Ideologiekritik) und von daher sich nicht selbst widersprechen muss. "Das Bewusstsein kann nie etwas anderes sein als das bewusste Sein, und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozess." (MEW 3, S. 26 f) ist ebenso widersprüchlich, wie sein Gegenstand, hebt sich aber im Unterschied zu diesem auf, wenn es für sich selbst so widersprüchlich bleibt, wie dieser. Der Verstand gerät in Not, wenn er sich nicht erklären kann, was ihm begegnet (siehe hermeneutischer Zirkel). Und wo die Wirklichkeit nicht ist, als was sie erscheint, herrscht eine Notwendigkeit, die nur bewusst wird, wenn der Grund ihrer unwirklichen Wirkungen erkannt und sie hierdurch begriffen werden (siehe Begriff). Das Bewusstsein, das ihren Erscheinungen einfach nur im Nachvollzug folgt ist damit notwendig falsch, weil es kein Bewusstsein ist, sondern lediglich ihrer Vernunft , also ihrer Logik folgt. Dessen einziges Wissen aus in der Gedankenabstraktion, die den Gegebenheiten blind in deren Logik als ihre Idee (Telos, Ziel) für sich versteht und damit sich selbst zu einem "notwendig falschen Bewusstsein" (Marx) idealisiert (siehe auch notwendiger Schein). Die Ideologie ist ein Prozess, der zwar mit Bewusstsein vom so genannten Denker vollzogen wird, aber mit einem falschen Bewusstsein. ... Weil es ein Denkprozess ist, leitet er seinen Inhalt wie seine Form aus dem reinen Denken ab, entweder seinem eignen oder dem seiner Vorgänger. Er arbeitet mit bloßem Gedankenmaterial, das er unbesehen als durchs Denken erzeugt hinnimmt und sonst nicht weiter auf einen entfernteren, vom Denken unabhängigen Ursprung untersucht, und zwar ist ihm dies selbstverständlich, da ihm alles Handeln, weil durchs Denken vermittelt, auch in letzter Instanz im Denken begründet erscheint. (Friedrich Engels, MEW 39, S. 97) Ideologie ist als Logik einer Idee die Theorie eines Ideals, das Befolgung verlangt, um einer Wirklichkeit die Güte zu verleihen und zu bewahren, die sie den Menschen in ihren gewohnten Verhältnissen dienlich erscheinen lässt, indem sie das Denken zur Affirmation dieser Verhältnisse bestimmt. Folgt man aber in seinem Leben einer Theorie, so theoretisiert man das Leben, das deren Voraussetzung ist, lebt man in einem subjektiven Zirkel seiner Erkenntnis (siehe auch Hermeneutischer Zirkel), die sich hierdurch selbst nichtet. Es ist das Geschäft der Ideologie, diesen zu betreiben und zu nähren und sich in Selbstgerechtigkeiten zur Wirkung zu bringen, indem verkehrte Verhältnisse zu positiven Abstraktionen idealisiert und der darin reflektierte Zusammenhang hierdurch entstellt wird. Von da her ist Ideologie nicht nur ein theoretisches Verhalten, sondern auch das Werkzeug zur Legitimation einer Selbstbezogenheit, die sich mit deren Verallgemeinerung durch ihre Logik zur Moral veredelt (siehe auch Populismus) und ihre dem entsprechenden Lebensverhältnisse kulturalisiert. Die Möglichkeiten, einen Verhalt oder Zusammenhang zu entstellen, liegen in der Vermengung gegensinniger Inhalte, die ideell verdichtet werden. So ist schon im Möglichkeitsdenken das Mittel angelegt, eine Gegensinnigkeit zum Subjekt einer Geschichte zu machen. Das gelingt als Ideologie, in welcher deren in Ziel als Grund für ihre Vorstellungen so wirksam gemacht werden, dass sich darin die Wirklichkeit gedanklich, also in einer Gedankenabstraktion auflösen lässt. Diese wirkt darin als ideal, das von seiner Wirklichkeit enthoben ist und hierdurch als Gegenposition gegen sie absolut auftreten kann. So wird z.B. Freiheit von ihren inneren Notwendigkeiten abgetrennt, oder Gleichheit ohne Unterschiedenheit, Solidarität ohne Konkurrenz zu einem Entwicklungsmaßstab, der von den wirklichen Bedingungen absieht, denen durch Idealitäten ihre Wahrheit einfach implizit abgesprochen und selbst zum Inhalt einer Erneuerung gemacht wird. Was in den Bedingungen selbst schon als Verkehrung menschlicher Verhältnisse existiert, wird unumkehrbar, wenn das Bewusstsein solcher Ideologie verfällt. Ganz allgemein ist Mystifikation eine Täuschung, welche sich aus verkehrten Lebensbedingungen ergibt, die als Bedingung der Wahrnehmung geduldet werden (siehe Wahrheit) und damit ihre Erkenntnis abgewendet wird. Jede Handlung steht in der Wirklichkeit des praktischen Lebens. Von daher verlangt sie auch deren Erkenntnis, um sie zu begreifen, um so zu handeln, wie sich ein Ziel, der subjektive Wille zur Herstellung eines Produkts oder einer Veränderung realisieren lässt. Besteht dieser Wille allerdings nur daraus, dass etwas sein soll oder sein muss, weil es nicht so sein darf, wie es ist, so kann er nur aus einer Absicht bestehen, dies zu erreichen. Darin tritt die Notwendigkeit des Handelns nicht im Begreifen der mannigfaltigen Beziehungen seiner Zusammenhänge auf, wird nicht aus ihrer Analyse gewonnen, sondern als objektiver Wille fixiert. Für dessen Umsetzung ist es notwendig, von den vielfältigen Bestimmungen und Widersprüchen abzusehen, die mit ihm verbunden sind, davon zu abstrahieren, um das Ziel frei für sich verfolgen zu können. Solche Absichten sind daher notwendig einseitig und suchen die Verwirklichung von etwas Idealem, einer Idee, die ganz für sich genommen ihren Zweck ausmacht, um ihn zu ihrem ausschließlichen Ziel zu erheben. Ihre Grundlage ist eine Behauptung über das Wesen dessen, was nicht sein darf, damit also die Bestimmung seiner Negation als etwas, was ideal sein muss, um besser zu sein. Es ist im Allgemeinen die Seinsbehauptung einer Idealisierung, eine Ontologie. Ideologie ist im engeren Wortsinn das Prinzip (logos = Wort im Sinne von Gesetz) einer Idee, also die Logik einer Idee, der Systemzusammenhang einer Idealisierung. Sie setzt damit eine Gedankenabstraktion voraus, welche einen Verhalt - die Erscheinung eines Verhältnisses - idealisiert und dieses Ideal als Zielbestimmung des Verhaltens durch eine Interpretation betreibt, die sich daraus begründet und also eine schlechte Unendlichkeit vollzieht. Ideologie bestimmt daher die Interpretation eines Verhältnisses zum Verhalten einer Idee, die für sich nichts sein könnte, wäre sie nicht das Ideal eines wirklichen Verhältnisses als vorgestellte Einheit ihrer Gegensätze, in welcher das aufgehoben ist, was sie in Wirklichkeit betreiben. Nicht ihre wirkliche Selbstaufhebung wird damit begriffen, ihre Nichtung, sondern ihre "gute Auflösung" in einer bloße Vorstellung. Sie ist also eine Gedankenform, die das darstellt, was nicht wirklich sein kann, was zwiespältig und also im Zweifel wäre, aber dem Anspruch nach wirklich sein soll (siehe z.B. Freiheit, Gleichheit, Solidarität). Von daher hat diese Form eine ideelle Abstraktion wahr, aber eben nur als die Wahrheit einer Abstraktion, welche ihre Wirklichkeit in sich aufgehoben hat (siehe Realabstraktion), indem sie sich gedanklich gegen diese verhält, also über sie hinweg täuscht. Umgekehrt idealisiert Ideologie aber auch eine Bestimmung der Wirklichkeit und gibt ihr hierdurch eine ideelle Substanz, macht aus dem Ideal ein Substantiv, das von seinen wirklichen Eigenschaften abstrahiert. Aus etwas Gleichem wird die Gleichheit, aus einer Befreiung die Freiheit usw. Dadurch wird ein Handeln begründet und bestärkt wird, das sich seiner konkreten Inhalte entzieht. Weil es durch die Ideologie als Vorstellung positiv gesetzt, aber negativ zu den bestimmten Verhältnissen bestärkt ist, kann es nicht wirklich aufgehen, und so erfordert solche Idealisierung früher oder später Gewalt, um sich als Legitimationsmacht zu erhalten. Deren Zweck ist daher die Sinngebung für ein an und für sich praktisch unsinniges Sein, eine Gedankenabstraktion als Legitimation für ein Lebensverhältnis, dessen Beziehungen abstrakt formalisiert werden - eben weil es auch nur real abstrakt abstrakt vermittelt ist (siehe Realabstraktion). Darin soll der Wirklichkeit dort, wo sie unwirklich ist, ein höherer Sinn als das Prinzip einer Idee vermittelt werden, welche darin als unverwirklicht behauptet wird, also implizit verlangt, dass Wirklichkeit an diesem Ideal gemessen werden soll. Ideologie erzeugt politische Idole des Handelns, die Abstraktionen zu verwirklichen suchen, also wirkliche Zusammenhänge auflösen bzw. in ihrer Abstraktion bestärken. Sie finden sich in den verschiedenen Parteiprogrammen der repräsentativen Demokratie als Grundlage ihrer Ausrichtungen, als Grund ihrer Abgrenzung von anderen Entscheidungs- und Handlungsrichtlinien. So sind z.B. die großen bürgerlichen Ideen Ideale, die einerseits für das Leben in der gegenwärtigen Welt nötig sind, zugleich aber auch Vorstellungen eines bestimmten Geschichtsverständnisses, durch welches sie zu einem besseren Sein, welches sich von den Mängeln der Wirklichkeit abhebt, zu emanzipieren wäre. So stellt z.B. der Liberalismus ein Freiheitsprinzip vor, das sich völlig unbestimmt als Zielvorgabe für jedwede Konfliktlösung eignet, die der Tendenz nach einen Fortschritt darstellen soll, in Wirklichkeit aber nur ein Fortschritt der Märkte und des Kapitalverkehrs sein kann, da nur hierin bestimmungslose Freiheit als Selbstbestimmung möglich ist. Mit der Zielbestimmung einer Ideologie wird das Bewusstsein auf ein Dasein fixiert, welches zwar konfliktreich - weil widersprüchlich - ist, aber in der gedanklichen Absehung (siehe Abstraktion) von den wirklichen Widersprüchen zugleich immer auch in dem höheren Sinn einer vorgestellten Emanzipation hin zur Freiheit an sich anerkannt werden soll. Ideologie will sich durch Idealismus verwirklichen, ist dessen Fixation, die sich in der entsprechenden Fixation des Bewusstseins wahr macht. Gemeinhin ist Ideologie eine Lebensvorstellung, der die Wahrnehmung der Wirklichkeit unterordnet wird. Sie entsteht jedoch nicht zufällig, wie es der Vorstellung entspricht, sondern aus einer Notwendigkeit, sich der Welt in der Weise zuzuwenden, wie sie idealiter oder ihrer Idee nach zu verstehen sei, wie sie selbst sich also notwendig erscheint (siehe notwendiger Schein). Philosophisch ist Ideologie eine Seinsvorstellung, die aus der Wirklichkeit als ein ihr zugrunde liegender Gedanke abstrahiert ist und sich als deren notwendiges Prinzip versteht. Sie entspringt von da her einer Anschauung der Welt, die sich in einer Vorstellung oder Idee als ihre wesentliche Interpretation absolut und abstrakt zusammenfasst und sich in ihren Grund stellt. Sie vollzieht sich nicht als Idee, sondern in der Bewertung von Wirklichkeit durch eine implizite Lebensvorstellung, die sich an Begriffen festmacht, unter welchen die Menschen ihr Leben allgemein idealisiert so verstehen können, wie es ihnen allgemein und unmittelbar erscheint. Die bürgerlichen Ideale zeigen darin, für was sie allgemein stehen sollen (z.B. Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit), auch wenn und gerade weil sie im einzelnen unmittelbar keine konkrete Wirklichkeit und Wirkung haben. Die Idee entspringt praktisch einer bestimmten Lebensposition, die sich in der Abstraktion von ihrem Lebenszusammenhang selbst begründet erscheint und sich in der Vorstellung zu sich selbst, also sich zu nichts anderem in Beziehung (relativ) verhält. Hierdurch ist sie Weltanschauung und Lebensauffassung und Lebenspraxis in einem, Eigentlichkeit ohne Sein, im Zweck eines politischen Willens, ihre konkrete Wirklichkeit durch diese Scheinbarkeit aufzuheben, z.B. durch die Ideologie der Freiheit ihre Gebundenheit, durch die Ideologie der Gleichheit ihre ausgeschlossene Besonderheit, durch die Ideologie der Brüderlichkeit die Konkurrenz der Privatsubjekte zu negieren Daher ist Ideologie objektiv, insofern sie Welterfahrung als Wert für sich aufgreift und subjektiv, indem sie eine Interpretation des Lebens als abstrakten Sinn hierfür hat und bestätigt haben will (siehe auch Fetischismus). Sie vermengt beides zu einem Prinzip, das sich Menschen in ihren Entscheidungen zu eigen machen, wenn und solange sie es nicht besser wissen. Praktisch wird sie vor allem in der Politik und in der Anwendung von Wissenschaft. Eine Ideologie wirkt darin als Erklärungsmuster, durch welches Bewertungen nach einem Ideal umgesetzt werden und Handlungen einen eigenen und selbständigen Grund bekommen in einem prinzipiellen Ziel, einem Telos. Das gültige (verifizierte) Ideal ermittelt sich in den modernen Wissenschaften meist in der Durchschnittsbildung von Idealisierungen (siehe auch Statistik). Ideologie entspricht dem allgemeinen Schein der Verhältnisse und vermittelt ihnen ein abstraktes Wesen, macht sie dadurch zu einer Naturerscheinung (siehe auch Warenfetischismus). Darin haben sie den Schein einer Ganzheit, die dem Streben des Idealen inne ist, verklären den notwendigen Schein der Verhältnisse zum absoluten Sinn ihres Sein-Sollens. Für sich hätte dieser Schein keinen Bestand, hätte er nicht durch die Ideologie einen Lebenswert erhalten, eine Größe von etwas, das zum Erhalt der bestehenden Kultur notwendig scheint. Darin werden die disparaten Seinsweisen der bürgerlichen Gesellschaft zu begeisterten Seinsweisen separater Ereignisse, weil ihre Form selbst zu dieser Ganzheit wird, auch wenn sich dabei andere Inhalte einfinden (siehe Begriffssubstanz). Im theoretischen Verhalten, also z.B. in den Wissenschaften, verfolgt Ideologie die Logik einer Idee, welche dem theoretischen Willen Allgemeinheit in ihrem Heil verleiht. In diesem ist die Idee ein allgemeingültiges Gedankenprinzip, das sich in Tätigkeiten zu verwirklichen sucht, die sie sich darin dem Ziel eines Ganzen und zu einer Ganzheit beugen. Dies setzt voraus, dass die Ideologie eine Wirklichkeit hat. Das unterscheidet sie von der Theologie. Sie ist wesentlich praktisch und nutzt Gedanken (z.B. aus der Philosophie), um ihrem Willen Grund zu geben. Der geht als Gedankenabstraktion, welche implizite Forderungen nach Allgemeinheit enthält, in das Denken über die Wirklichkeit ein (z.B. Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit als Forderung auf das Recht und die Pflicht dazu). Soweit ihre Abstraktionen Wirklichkeit haben können, lässt sie sich Ideologie als Handlungsanleitung verwenden und sich bestärken (z.B. als abstrakte Versöhnung in Auseinandersetzungen oder auch zum Zweck der Gleichschaltung). Somit richtet sich Ideologie auch gegen bestimmte Wahrnehmungen von Wirklichkeit, die damit unkenntlich gemacht werden soll (vergleiche die Ideale der bürgerlichen Gesellschaft und ihre Ideologisierung). In diesem Sinn wird sie zur Grundlage von Moral. In der Praxis tritt Ideologie jedoch meist in der wissenschaftlichen Begriffsbildung als ideologische Begriffsbildung auf, als idealisiertes Erkenntnisinteresse. Das hatte den Streit um das richtige Erkennen und die Erkenntnistheorie hervorgebracht, die Frage, was denn an einer Aussage ohne interessierte Voraussetzung wahr sein, also objektive Wahrheit haben kann. |
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