"Auch die Nebelbildungen im Gehirn der Menschen sind notwendige Sublimate ihres materiellen, empirisch konstatierbaren und an materielle Voraussetzungen geknüpften Lebensprozesses." (MEW 3, S. 26 f) Die Interpretationen des sich selbst ungewissen Bewusstseins lassen viele schöne Ideen sprießen, mit denen man sich leicht identifizieren kann, wenn man sie auf die Vielfalt ihrer Wirklichkeit bezogen nicht zu Ende denkt. So versuchen sich viele Persönlichkeiten der politischen Kultur in unzähligen Identifikationen, die den pluralistischen Pragmatismus irgendwelcher Lebenswerte als Anspruch eines verallgemeinerten Verwertungsinteresses oder Selbstverwertungsinteresses vorstellen. Doch der Anspruch auf eine Identität ist eine Fiktion des bürgerlichen Selbstverständnisses, das der Zumutung seiner Selbstentfremdung zu entkommen sucht, indem er in den zugehörigen Lebensräumen seiner Selbsterfahrung einfach nur eine Nähe zu sich selbst im Vertrauten des alltäglichen Erlebens sucht (siehe Selbsterleben). Und darin vorschnell eine Idee für seine Selbstbezogenheit findet und verallgemeinert wissen will (siehe auch ästhetischer Wille). Der Trost seiner Selbstfindung im Erleben dient zur Illusion eines subjektiven Glücks, das sich seinem objektiven Unglück entgegenstellen lässt. Hierauf gründen die subjektiven wie objektiven Ideologien, die eine Wahrheit jenseits ihrer Wirklichkeit ersuchen und dort finden wo sie psychisch oder rational am besten von ihr abzulenken verstehen (siehe auch Verstand) und einen dem entsprechenden Opportunismus beflügelt. Ideologie ist die Logik einer Idee – und nichts anderes. Menschen mögen eine Vorstellung als Idee haben, was sie heute oder morgen tun wollen und darin ihre Bedürfnisse differenzieren und deren objektive Verwirklichung anstreben, um hierdurch zu einer Befriedigung zu gelangen. Eine Logik wird sich aber hieraus nicht beziehen lassen, weil diese nur Reflexion aus ihrem einzelnen individuellen Sein ist. Ideologie setzt ein Verhältnis von Menschen voraus, eine Wirklichkeit, in der sie einen Zusammenhang suchen und interpretieren und verallgemeinern, weil er durch sie selbst nur ungewiss ist, weil er nur zwischen ihnen, aber nicht durch sie einen Sinn macht, dem sie aber dennoch entsprechend handelnd und planend folgen wollen oder müssen. Ideologie ist von daher keine Idee, sondern nur die bloße Logik einer Idealisierung, der sie anhängen mögen, um sich überhaupt in der Abstraktion aus ihrem Dazwischensein verhalten zu können, indem sie darin einen idealen Schnitt aus dem Durchschnitt ihrer Wirklichkeit beziehen. Von daher ist Ideologie keine Idee an sich, sondern die reine und bereinigte Logik einer Idee und hat von daher keine wirkliche Substanz. Dennoch stellen ihre Idealisierungen eine Sehnsucht der Menschen dar, die zwar in der bürgerlichen Gesellschaft zwangsläufig scheitern müssen (siehe Materialismus), aber auch nach ihrer Überwindung verlangen, – z.B. an die Herstellbarkeit von Einigkeit und Recht und Freiheit gegen ihre Wirklichkeit Glauben machen wollen. Insgesamt ist Ideologie daher das Unglück eines sich seiner selbst ungewissen Verstandes, der sich nicht über die Kritik ihrer Ideen (siehe Ideologiekritik) emanzipieren kann, weil er sich über sein materielles Dasein nur erhebt und dessen Analyse zugleich gegen ihren Glauben ausspielt, dessen Not mystifiziert, weil sie aus dem Jenseits ihrer Welt ihr wirkliches Material selbst nicht erkennen kann. Von daher kann ein "unglückliches Bewusstsein nur durch ein wirkliches Bewusstein seines Unglücks" (Hegel & Marx) aufgehoben werden. "Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus - den Feuerbachschen mit eingerechnet - ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit, nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als menschliche sinnliche Tätigkeit, Praxis, nicht subjektiv. Daher geschah es, daß die tätige Seite, im Gegensatz zum Materialismus, vom Idealismus entwickelt wurde - aber nur abstrakt, da der Idealismus natürlich die wirkliche, sinnliche Tätigkeit als solche nicht kennt." 1. Feuerbachthese, MEW Bd.3, S. 533 bis 535). Wirklich materiell ist weder eine Heimat, noch eine Staatsbürgerschaft, Hautfarbe, Lebensart, Gewohnheit usw. Dies alles kann im Wesentlichen einem sich selbst fremden Menschen keine Identität vermitteln, noch seiner Seele einen Sinn beschaffen (siehe hierzu auch Religion). Sie verdoppeln lediglich das ihnen Fremde, indem sie damit eine ihnen veräußerlichte Objektivität zu einem mächtigen Subjekt objektivieren, es zu einer subjektiven Objektivität erheben, zu einer Geborgenheit im fremd bestimmten Raum<, zu einem Lebenswert eines entwerteten Lebens ersuchen. Identität ist lediglich ein logischer Begriff, durch den Beziehungen und Verhältisse in der Widersprüchlichkeit ihrer Ideologisierung erkennbar werden können. Doch wenn sie einer Analyse entwunden werden, wenn die Täuschungen in ihrem Widersinn nicht erkennbar gemacht werden, wenn sie das darin Abwesende nicht als das Wesen einer fremden Kraft erklären können, wenn sie dessen ideologische Wirkung im Bewusstsein der Menschen nicht aufgedeckt haben (siehe hierzu Ideologiekritik), so herrscht das abstrakt Allgemeine, der Tod über das Leben. Wenn aber in der Täuschung das Vertauschte erkennbar wird, kann dessen Wahrheit auch in seiner Wirklichkeit begriffen und verändert werden. Ideologie ist die Logik einer politischen Idee, die ihren Grund wie auch ihre Wirklichkeit leugnet, ihren Grund im Unvermögen ihrer Wirklichkeit hat, die also deren Mängel ideell aufzuheben trachtet und zugleich negativ hiergegen bestimmt ist (siehe schlechte Negation). Bliebe sie nur ideell, so wäre Ideologie nichts anderes als eine Gedankenabstraktionen, eine bloß kraftlose Interpretation der Verhältnisse, die ihnen über das abstrakte Geschichtsverständnis von Idealisierungen (siehe z.B. Freiheit, Gleichheit, Solidarität) einen höheren Sinn verleihen sollen, dessen Abwesenheit sie in der Wirklichkeit einerseits verspürt, zugleich aber durch ihre Gedankenabstraktionen einfordert. Ideologie ist von da her eine Idealisisierung im Zweck der Befriedung von Verhältnissen, die an und für sich widersinnig sind. Weil Ideologie schon in ihrer Entstehung eine Logik der Erscheinungsform der Lebensverhältnissen einer Waren produzierenden Gesellschaft ist, kann sie als deren positive Gedankenform nur ein in sich verkehrtes Bewusstsein sein (siehe Warenfetischismus), das sich als deren ideelle Affirmation verhält. So sollte Ideologiekritik zunächst nur deren Absicht, den Sinn ihrer Gedankenabstraktion formulieren und als ihren gedanklichen Zweck, den Grund ihrer gedanklichen Abstraktion herausarbeiten. Sie stellt sich damit idr Unendlichkeit eines abstrakten Denkens entgegen, an sich ein der sich verkehrtes Bewusstsein ist, das die Menschen begeistern kann, weil sie ihrer Wahrnehmung einen eigenständigen Selbstwert verleiht. Die Kritik von Ideologie bemüht sich daher nicht nur um Fiktionen, sondern um ein Bewusstsein, das ihren Grund offenbahrt, mit dem eine Analyse eröffnet wird. Von daher lässt sich Ideologie als solche nicht einfach kriisieren oder abtun, solange sie nicht durch Kulturkritik in der Erkenntnis ihrer wirklichen Lebensbedingungen übergeht. Vor der Verwirklichung eines Gedankens steht seine Idee - und gerade deshalb kann sie nicht ohne Wirklichkeit sein. Ideologie aber besagt, dass es die hiervon unabhängige Logik einer Idee geben kann (siehe auch Idealismus). Kritische Theorie begreift darin das Bedürfnis nach einer Mystifizierung ihrer wirklichen Verhältnisse und endet in der Analyse der darin idealisierten Daseins., sodass ein Wissen des Seins, ein wirkliches Bewusstsein sich bilden kann. "Sie zeigt, daß die Geschichte nicht damit endigt, sich ins "Selbstbewußtsein" als "Geist vom Geist" aufzulösen, sondern daß in ihr auf jeder Stufe ein materielles Resultat, eine Summe von Produktionskräften, ein historisch geschaffnes Verhältnis zur Natur und der Individuen zueinander sich vorfindet, die jeder Generation von ihrer Vorgängerin überliefert wird, eine Masse von Produktivkräften, Kapitalien und Umständen, die zwar einerseits von der neuen Generation modifiziert wird, ihr aber auch andrerseits ihre eignen Lebensbedingungen vorschreibt und ihr eine bestimmte Entwicklung, einen speziellen Charakter gibt - daß also die Umstände ebensosehr die Menschen, wie die Menschen die Umstände machen." (MEW 3, S. 27 f) Von daher kann die Antwort der Ideologiekritik letztlich immer nur die Analyse der wirklichen Verhältnisse sein, denn darin ist die Verkehrung zu beweisen, die sich in der Ideologie vereinseitigt hat und sich ihrer wirklichen Geschichte entzieht, der sie sich ihr entgegenstellt (siehe auch Historischer Materialismus), sich reaktionär verhält. "Ganz im Gegensatz zur deutschen Philosophie, welche vom Himmel auf die Erde herabsteigt, wird hier von der Erde zum Himmel gestiegen. D.h., es wird nicht ausgegangen von dem, was die Menschen sagen, sich einbilden, sich vorstellen, auch nicht von den gesagten, gedachten, eingebildeten, vorgestellten Menschen, um davon aus bei den leibhaftigen Menschen anzukommen; es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozeß auch die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dargestellt. Auch die Nebelbildungen im Gehirn der Menschen sind notwendige Sublimate ihres materiellen, empirisch konstatierbaren und an materielle Voraussetzungen geknüpften Lebensprozesses. Die Moral, Religion, Metaphysik und sonstige Ideologie und die ihnen entsprechenden Bewußtseinsformen behalten hiermit nicht länger den Schein der Selbständigkeit." (MEW 3, S. 26 f) Ideologiekritik ist die Voraussetzung, Bewusstsein zu bilden, weil Bewusstsein nur ohne ideologie wahr sein kann. Es bildet sich aus einer Analyse der Verhältnise heraus, sie bildet sich durch Vorstellungen eines absoluten Zwecks (z.B. Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit), welche es unnötig sein lassen. Idelogiekritik betreibt dagegen den Nachweis einer ideellen Verabsolutierung und ist somit zugleich die Hinterfragung des Absoluten, das eine Idee in der Ideologie hat, um sich gegen Wirklichkeit zu verhalten, um also als Idee über ieine darin verselbständigte und dem Menschen entfremdete Substanz hinweg zu täuschen. Ideologiekritik hat in den postmodernen Diskussionen durch den Einfluss der französichen Dekonstruktivisten eine Tendenz entwickelt durch welche Ideologie wie ein Selbsterzeugungsprozess eines entfremdetes Bewusstsein begriffen werden sollte. So wollte besonders Althusser und Foucault beschreiben, wie jedes Individuum durch die Vermittlung der Ideologie einer pastoral auftretenden Staatsmacht unterworfen wird und sich deshalb der Struktur des Gesamtzusammenhangs freiwillig unterwerfen würde. Damit war eine eigenständige Macht der Ideologie durch die "Anrufung" der Individuen behauptet, die sich alleine im Verhältnis der Individuen zum Staat äußert und der Staat selbst als schlichte Staatsgewalt wahrgenommen wird, der über seine Ideologische Wertevermittlung die Lebensverhältnisse der Menschen durch "westliche Werte" oder dergleichen beherrscht. Politik selbst wird damit absolut genommen, politisierte Individuen zum politischen Kampf gegen den politischen Willen der Staatsgewalt aufgerufen, um deren Macht zu überfordern und damit zu lähmen. Nicht die Lebenswerte einer materiell bestimmten Kultur, sondern die gesellschaftliche Vermittlung einer staatlichen Autorität und deren Interessen an sich sollen politisch bekämpft werden. Dies allerdings hat bisher immer nur zum Gegenteil geführt: Zu einer Vereinfachung und Vereinfältigung der Staatsgewalt in allen Formen der Gewalt, auch der ideologischen als Staatsgesinnung, hinter der sich der erschrockene Bürger zu verstecken sucht, um eben gerade deshalb das Große und Ganze dem Staat schließlich vollständig und freiwillig zu überlassen (siehe hierzu auch Faschismus). Die materielle Enteignung der Menschen durch eine feudalkapitalistische Kultur spielt dann keine Rolle mehr. Durch die von Althusser bezeichnete "Anrufung" der Individuen wird Staatsgewalt zu einem bloßen Mythos, der schon durch den politischen Opportiunismus der politischen Klasse aufgeklärt gelten soll, also keiner Aufklärung über die Zwänge einer politischen Repräsentation eines Verschuldungssystems bedarf, das jeden Staatsbürger in seiner ganzen Lebensperspektive als Humankapital verwerten muss. Durch die Ideologie der Staatsgewalt wird die ideologische Grundlage der gesellschaftlichen Reproduktion nicht nur im materiellen Prozess ihrer Realabstraktion bestärkt, sondern vor allem durch sich selbst auch schon ideologisch begründet und als eine verselbständigte Macht der Ideologie einer pastoral vermittelten Staatsgewalt wird der Staat unmittelbar zu einem absoluten politischen Gegner verabsolutiert. Indem solcher Ideologiekritik die Ausbeutung von Mensch und Natur nur noch als ein politisches Gewaltverhältnis der Staatsmacht substantiviert ist, kann dieser auch in einem rein politischer Kampf gegen den Staat entegen getreten werden. Dieser Kampf erfordert ein ebenso reines Bewusstsein als Gesinnungsmacht, wie er dieses auch in seiner Ideologiekritik angreifen muss und sich schon öfter darin durch seine Sinnlosigkeit zerrieben hat. Ihm wurde allerdings auch schon längst durch eine verselbständigte Philosophie das Sein als entfremdetes Dasein in der Wirklichkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse entzogen (siehe hierzu auch negative Dialektik). Da Ideologie dann kein Sein hat uind kein wirkliches Wissen enthält, kann Ideologiekritik auch nach wie vor immer nur eine Kritik von Gedankenabstraktionen bleiben, die ein bestimmtes Leben legitimieren oder begründen wollen. Zur überwindung der darin verursachten geistgen Fixierung und Lähmung kann immer noch der Nachweis der Gründe einer verabsolutierten Gedankenabstraktion führen, indem sie selbst zu ihrem wirklichem Grund leiten: Zur Realabstraktion, welche das durch Ideologie fixierte Bewusstsein nicht erkennen will. Ganz allgemein muss Ideologiekritik also Philosophiekritik sein, die Kritik einer bestimmten Philosophie, welche real abstrakte Verhältnisse legitimiert (z.B. als Moral) und Entscheidungen und Handeln hierzu beeinflusst (z.B. das Forschen und Handeln der Wissenschaften). Jede Politik, die sich nicht aus Wissen und Bewusstsein begründet, besteht letztlich aus Ideologie. Politische Entscheidungen basieren hierdurch auf Vorstellungen von menschlicher Geschichte und Entwicklung, die sich in ihr als Hoffnung realisieren, nicht als wirklich abgeleitetes Handeln aus den Notwendigkeiten der bestehenden Verhältnisse, die in sich die Möglichkeiten bestimmter Veränderung tragen, die durch ein politisches Bewusstsein vom menschlichen Leben geschichtlich bewegt werden. Im Kern ist Ideologiekritik daher auch immer Kritik von der entscheidungsrelevanten Idee einer Politik (z.B. Fortschrittsglaube, Freiheitsidee) durch ein bestimmtes gesellschaftliches Bewusstsein. |
![]() |
|