Mit dem so genannten "Kampf der Kulturen" ist meist die durch einen regionalen Glauben oder ein Brauchtum oder eine besonderen Sittlichkeit (siehe Sitte) begründete politische Gegnerschaft gemeint, die sich in Kriegen, Terror, Verwüstung oder Demütigung verhalten würde. Doch diese Gegnerschaft hat ihren wesentlichen Grund meist nur durch das Bedrohungsgefühl, das eine politische oder militärische Gewalt verursacht, und das durch die Andersartigkeit einer Kultur erklärt sein soll, die übermächtig wirkt. Es die Behauptung einer Niedertracht durch kulturelle Monsterhaftgkeit, die eine Kultur als Ganzes, als Nation, Volk oder Glaube mit Vernichtung bedroht und deshalb die eigene Bevölkerung selbst in eine Kulturmasse versetzt und eigene Gewaltanwendung populär machen soll (siehe auch Populismus). So ist der "Kampf der Kulturen" erst mal ein Legitimationsmuster für kriegerische Interessen, durch die bestimmte Lebensverhältnisse schon durch ihre Subjektivität als übermächtige Gewalt erscheinen sollen. Im Grunde ist dies aber schon auch die Behauptung einer Abartigkeit, die in die eigene Lebenswelt eindringen will, und ist also schon im Ansatz rassistisch (siehe Rassismus). Mit einem solchen Kampfbegriff wird die Geschichte einer wirklichen Gegnerschaft verschleiert und zu einem übermenschlichen Phänomen verkehrt, gegen das sich die Menschlichkeit schlechthin zu wehren und zu schützen habe. In Wahrheit bleiben hierdurch die kulturellen Grundlagen solcher "Andersartigkeit" völlig gleichgültig, die Auseinandersetzung damit beliebig abweisbar. Denn um eine Kultur kann man nicht kämpfen. "Kampf der Kulturen" ist eigentlich eine widersinnige Formulierung. Um was sollen Kulturen gegeneinander kämpfen? Um Ihre Lebensweise? Um ihre Lebenswerte, ihre Sitten und Gebräuche, oder gar um ihre Musik, ihre Kunst, ihre Religion oder ihre Küche? All dies aber macht sie doch selbst gerade aus und es ist ein vitales Interesse jeder Kultur, dies unangefochten für sich zu haben, sich von fremden Sitten oder Lebenswerten zu unterscheiden und sich durch sie auch zu erneuern, zu vitalisieren und zu bereichern. In der Geschichte waren die unterschiedlichen kulturellen Entwicklungen immer auch schon Impulsgeber eigener Bildung und Entwicklung. Jede Entdeckung anderer Wissenschaften, Ressourcen, Künste oder Vergangenheiten gab jeder eigenen Ansporn und Wissen und beflügelte ihre menschliche Kraft. Seit dem Erscheinen des Buches von Samuel Huntington, der in einem "Kampf der Kulturen" die gegenwärtigen Kriege und Auseinandersetzungen begründet sieht und die "Interventionen" der USA und der NATO begründet sehen wollte, herrscht das Verständis vor, dass es religiöse Auffassungen aus Jahrtausende alten "Heiligen Schriften" und Texten seien, die plötzlich wieder um ihre Weltherrschaft kämpfen würden, dass die Weltkriege dieser Tage durch religiösen Fanatismus entstanden wären und die "Vernunft des Westens" und seiner Glaubenbekenntnisse und "Menschrechte" sich gegen den wirren Terror des Islams zu wenden habe, dass überhaupt Terrorismus eine Eigenschaft des muslimischen Glaubens sei, der nicht von der Epoche der Aufklärung, eben der Vernunft des Westens geläutert worden sei. So erscheinen diese Kriege nur noch durch idiotische Glaubenhaltungen islamistischer Fanatiker begründet, die einen "Kampf der Kulturen" in und durch solche Lebenshaltungen selbst ausgelöst hätten, die "eigentlich friedlichen Beziehungen" des Westens mit den in ihrem Kolonialismus entstandenen Monokulturen des vorderen Asiens und Afrikas plötzlich bedroht worden seien, weil aus den "Konfliktlinien" der Glaubenshaltungen sich diese Kriegen zwangsläufig entwickeln müssten. Und so verstehen auch umgekehrt die Islamisten die Kampfeinsätze des Westens als "Kreuzzüge" - eben auch so, wie es der Oberkrieger des Westens namens George W. Bush junior einst verkündet hatte. Es gab und gibt eigentlich keinen wirklichen Grund, warum Kulturen einander bekämpfen sollten oder können, sondern nur den, ihnen dann entgegenzutreten, wenn sie von außen eindringen, um die eigene Kultur und die eigene Auseinandersetzung um ihre Entwicklung zubedrängen oder zu bedrohen. Es waren auch bisher immer nur die Begierden und Notwendigkeiten aus einer wirtschaftlichen und/oder kulturellen Krise heraus, die übergriffig machte. Das zeigt die Geschichte seit über tausend Jahren (siehe hierzu z.B. die Kreuzzüge). Auch die Inkas z.B. hätten selbst keinen Grund gehabt, sich den Fremden zu verschließen. Im Gegenteil, sie boten ihre Kulturgüter als Geschenke, weil sie in ihnen Götter erkennen wollten. Doch es ging den Eroberern nicht um Kultur, sondern um Gold und Rohstoffe, um wirtschaftlichen Gewinn und Ausbeute. So ist das auch heute noch. Nur ist dennoch unübersehbar, dass wegen Symbolen, Schriften und Bildern, die als wesentliche Eigenheiten einer Kultur gelten (z.B. religiöse Symbole) tatsächlich gekämpft wird, nicht um sie, sondern gegen den Umgang mit ihnen durch andere. Es ist ein Kampf um die Selbstachtung. Und die ist meist schon beschädigt, bevor sie mit den Bildern verteidigt wird. Der "Kampf der Kulturen" ist lediglich eine Dämonisierung von Kulturunterschieden. Deren Wahrheit als menschliche Erkenntnisnot bleibt darin auf der Strecke. Und so stehen Positionen in Feindschaft, die sich auch einander erläutern und aneinander entwickeln könnten - z.B. Islamismus und Aufklärung. In ihrem Kampf verklären sie ihre Ohnmacht zur ewigen Wahrheit und und damit zur Unendlichkeit und was jeder zu lernen hätte wird zur Todesspirale eines Unheils, das der Erkenntnis längst entglitten ist (siehe schlechte Unendlichkeit). Das alles weiß man eigentlich schon aus seinen ganz persönlichen Kämpfen. Und niemand würde so einfach vom "Kampf der Seelen" oder der Kulturen reden, wenn um die Verletzung von Selbstachtung gestritten wird, es sei denn, er oder sie will das Geschehen bewerten, um es nicht klären und sich da heraus entwickeln zu müssen. Um dies im Vorhinein zur eigenen Startegie und Politik zu machen, kann man den Kampf auch dadurch anzetteln, dass man schon vor einer Schädigung der Selbstachtung anderer Menschen, ihnen ein kulturkämpferisches Interesse unterstellt. Die Formulierungen zu solchen Kämpfen waren meist schon lange da, bevor überhaupt ein Grund hierfür ersichtlich gewesen wäre - es sei denn, man fühlte sich dadurch bedroht, dass der andere schon erkennen könnte, was man mit ihm anzustellen gedenkt. Von daher enthält er immer auch schon die Behinderung dieser Erkenntnis durch einen Schuldvorwurf gegen die, deren Selbstachtung man fürchten muss. Als solcher Begriff wurde auch der "Kampf der Kulturen" als eine apokalyptische Vorstellung vom "unausweichlichen Kampf" (Nikolai Danilewski) der Kulturen eingebracht, die zum "Untergang des Abendlandes"(Oswald Spengler) führen würde (siehe Untergangstheorie) und durch politische Beherrschung fremder Kulturmächte sollte der Kulturbedrohung entgegnet werden. Schon in den 1920er Jahren wurde versucht diese Vorstellungen in der Volkstumsforschung und in der Volks- und Kulturbodenforschung zu verwissenschaftlichen, was zur "wissenschaftlichen Begründung" der Rassentheorie führte. Diese Wissenschaften verstanden sich dem "Deutschtum" verpflichtet, als "kämpfende Wissenschaft". Mit "Überfremdung" wurden Prozesse der Integration und der Assimilierung als "Gefahr" der "Umvolkung" deutscher "Volksgruppen" beschrieben. Daraus abgeleitet wurde der nationalsozialistische Begriff von Nation, der die politische Institution des Staates in einen Begriff der politischen Kultur (siehe Kulturstaat) wandelte und als Begriff des Volkstums Rassismus zur Grundlage hatte. Hiernach wurden auch die Nationalgrenzen und ihre Funktion neu bestimmt. Sie sollten sich nicht nach ihrer historischen Entstehung bilden, sondern nach dem Konzept des Volkstums. Wissenschaftlich und politisch wurden dazu die Ideologisierungen des Rassismus umgesetzt in den Konzeptionen des Völkischen (Volksgruppe, Volksgemeinschaft, Volkskörper, Volkssseele, Kulturraum, Brauchtum, Gesinnung und Gesittung), die jeweils vor "Überfremdung" geschützt werden sollten. Von da her wurden die Grundlagen des Zweiten Weltkriegs geschaffen, der schließlich ein "Volk ohne Raum" zu einem "Großdeutschen Reich" entwickeln sollte. Und diese Dimension wird neuerings von den Neocons der US-Regierung wieder angegangen, deren theoretischer Unterbau dem Deutsch-Amerikaner Leo Strauß (siehe hierzu "Bolschewismus von rechts") entnommen ist. Der "Kampf der Kulturen" ist inzwischen zu einer modernen Version einer Untergangstheorie geworden, in der ein Kulturkampf zunächst als objektiv verständliches Geschehen einer weltweiten Auseinandersetzung eingeführt wird, um nach ausführlicher Beschreibung in liberalem Gestus diesen als Bedrohung des Westens durch östliche Kulturkreise und Religionen herauszustellen (siehe Huntington ). Dabei werden alle Kulturen auf "Kulturkreise" bestimmter Religionen reduziert die nach westlichen Lebenswerten beurteilt und hiernach als konfliktunfähig, somit als Bedrohung des Weltfriedens angesehen werden. Das Christentum gilt unter demselben Gesichtspunkt unter Absehung von aller historischen und politischen Wahrheit als besonders friedensfähig und wird implizit mit Menschenrecht gleichgesetzt, das somit eine 2000jährige Tradition erhält, die heute durch die NATO verteidigt würde. Fremde Religionen werden in dieser Art von Analyse in ihren Grundlagen mit westlich-psychologischen Aggressiontheorien verfälscht und einer Bewertung auf ihre politischen Brauchbarkeit für einen Weltfrieden nach neoliberalen Wertmaßstäben unterzogen ("freie Märkte", Theologisierung und Psychologisierung des Begriffs Menschenrechts u.a.). Zugleich wird die Westkultur zu einem allgemeinen Glücksversprechen überhöht. Hierin allein liege das Potenzial eines "Goldenen Zeitalters": "Der Westen ist, mit einem Wort, eine ,reife' Gesellschaft an der Schwelle dessen geworden, was künftige Generationen einmal als ein ,goldenes Zeitalter' betrachten werden, eine Periode des Friedens, die, laut Quigley resultiert aus ,dem Fehlen rivalisierender Einheiten im Inneren der betreffenden Zivilisation und aus der Entferntheit oder dem Fehlen von Kämpfen mit anderen Gesellschaften außerhalb ihrer'." (Huntington, "Kampf der Kulturen", S. 497) Diese hinterhältige Perspektive zukünftiger Konfliktlosigkeit macht heute die Legitimationsbasis der Neocons in der US-Regierung für das Projekt ihrer Weltordnungskriege angesichts ihrer Wirtschaftskrisen (siehe auch Hitler-Formel). Solche Theorie erweist sich schnell als eine platte Ideologie der Macht, wenn die reale Bedrohlichkeit näher beleuchtet wird. Kriege des Kapitalismus um seine Ressourcen und Machtzentren (Einflussbereiche), die ihm in Krisenzeiten nötig sind, sollen hierin im Licht eines schlecht zitierten Kulturobjektivismusses erscheinen, um dem vermeintlichen Kreuzrittertum fremder Religionen ein eigenes entgegen zu stellen. Natürlich betreibt solche barbarische Verniedlichung von Krieg vor allem das Interesse, die Basis einer kapitalistischen Krisenstrategie durch Kriegsgeschäfte (Aufschwung durch Militärindustrie, dem "militärisch-industriellen Komplex" nach Eisenhower) und die Besatzungspolitik als Kriegsinteresse zu verschleiern, wonach die politische Funktion der Grundrendite eines fremden Landes angeeignet wird, um als westliche Bestimmungsmacht über dessen Ressourcenareal zu herrschen (siehe auch Bodenschätze). |