Kollektivismus setzt ein durch seine Selbstisolation verlassenes Inividuum voraus, das darin seinem Selbstverlust entkommen will, indem es im Kollektiv seine Lebensangst zu befrieden sucht. In der Unbestimmteit seiner Isolation kann es sich allerdings nur durch die Dichte fremder Anwesenheit gewinnen und von daher sein Heil, bzw. seine heile Welt in der Menge von Kontakten oder einer überwältigenden Masse der Begegnungen finden (siehe hierzu auch Massengefühl). Allerdings kann dieses im praktischen Verhältnis der Zwischenmenschen in eine Selbstverachtung umkippen, wenn hierbei ein formbestimmtes Gemeinwohl die Selbstentfremdung bestärkt. Im Unterschied zum Individualismus beruht der Kollektivismus auf der Vorstellung von einem System von Werten und Normen, in dem das Wohl des Kollektivs, das Gemeinwohl, die höchste Priorität einnimmt (siehe hierzu auch Systemtheorie). Im Gegensatz zum Individualismus werden hier die Interessen des Individuums an denen der Gemeinschaft bemessen und moralisch ausgelotet und begründet. Kollektivismus ist von da her eine Ideologie, die das vorgestellte Gemeinwesen für sich und unabhängig von den es erzeugenden Individuen konstituieirt, sich also in der Abstraktion von menschlicher Subjektivität, somit auch vom menschlichen Subjekt idealisiert und dessen Reduktion auf einen gesellschaftlich nützlichen Menschen hinwendet, der durch seine Vergemeinschaftung sein Konkurrenzverhalten aufgibt und selbstlos wird. Doch diese Selbstlosigkeit ist eine hochwertige Selbstbeziehung, eine Selbstveredelung, in der jemand seine Existenz nicht auf sich selbst beziehen muss, weil er oder sie vom Geldbesitz auch wirklich leben kann (siehe hierzu Kleinbürger). Doch es gibt auch eine Selbstlosigkeit durch Selbsttäuschung. Das Konkurrenzprinzip wird daher oft gerade von den Menschen verinnerlicht, die nur ihre Arbeitskraft veräußern können und sich in eine Spirale einer Selbstentwertung empfinden. Wo sie ökonomisch unterliegen, suchen sie einen Ausweg durch eine Selbstbewertung, die zwangsläufig in Selbstverwertung mündet, durch die sie um so selbstloser werden, wie sie sich wertlos fühlen. Und wo sie hierüber kein Bewusstsein erlangen, können sie sich hiergegen auch nur noch persönlich als Bürger einer Nation behaupten, durch die sie sich letztlich noch politisch bestimmen (siehe auch Nationalismus) und sich darin selbstlos, sich selbst zum Kollektiv vereinigter Bürger, zum Volk machen. Von daher können sich im Kollektivismus sowohl ohnmächtige wie mächtige Menschen vereinen und von einer gemeinschaftlichen Autorität als Autorität des Gemeinmenschen träumen. Von daher entspricht solche Ideologie auch weitgehend den Bedürfnissen des autoritären Charakters. Unmittelbar wendet sie sich vor allem gegen den Privatnutzen, dem Individualismus, den sie der Willkür der Aneignung als dessen negative gesellschaftliche Konsequenz bezichtigt. Beide Ideologien zusammen sind Gedankenabstraktionen einer abstrakten Gesellschaft, wie sie der Vorstellungswelt des Kleinbürgertums wie auch den Verbürgungen des politischen Gemeinmenschen entsprechen.
|