"Die gesellschaftliche Möglichkeit begreifender Erkenntnis des Wesens bürgerlicher Lebensverhältnisse bedeutet gleichzeitig die Notwendigkeit des Wirklichwerdens einer solchen Erkenntnis als bestimmendes Moment gesellschaftlicher Lebenstätigkeit, weil nur in von begreifender Erkenntnis geleiteter Praxis gesellschaftliche Verhältnisse gemäß dem Allgemeininteresse entwickelt und umgestaltet werden können. Die Wirklichkeit begreifender Erkenntnis, obzwar vom »Reifegrad« der objektiven gesellschaftlichen Bedingungen abhängig, stellt sich aber nicht mit wachsendem Reifegrad automatisch von selber her, sondern muß durch Vermassung der Theorien und Befunde des Wissenschafllichen Sozialismus geschaffen werden. Damit ist das Ziel von Aufklärung i. w. S. unter bürgerlichen Lebensverhältnissen umrissen. Solche Aufklärung kann je nach dem gesellschaftlichen Entwicklungsstand in unterschiedlichen Lebensbereichen als Erziehung, Ausbildung, Beratung, Information, Agitation etc. in Erscheinung treten und findet in der Schulung und Selbstschulung der organisierten Arbeiterklasse ihre höchste Ausprägung. Aller Aufklärung ist gemeinsam, daß sie als Beitrag zur Veränderung utilltaristischer Praxis in Richtung auf bewußt-kritische, von begreifender Erkenntnis geleitete gesellschaftliche Praxis selbst ein Moment der Widerspruchsentwicklung und damit tendenziell der Überwindung kapitalistischer Produktionsverhältnisse ist." (Klaus Holzkamp: Sinnliche Erkenntnis – Historischer Ursprung und gesellschaftliche Funktion der Wahrnehmung”, Athenäum Taschenbücher 1976, S. 362) In diesem Sinn sieht sich die Kritische Psychologie mit einem Marxismus verbunden, der den relativen »Reifegrad« der objektiven gesellschaftlichen Bedingungen durch "begrefiende Erkenntnis" befördern soll, die "je nach dem gesellschaftlichen Entwicklungsstand in unterschiedlichen Lebensbereichen als Erziehung, Ausbildung, Beratung, Information, Agitation etc. in Erscheinung treten" könne. Diese sei als "Beitrag zur Veränderung utilltaristischer Praxis" selbst schon im Begriff der "Überwindung kapitalistischer Produktionsverhältnisse", indem der mündig werdende Mensch die unnützen Bestandteile der Produktionsverhältnisse kritisiert und hierdurch zu einem gesellschaftlichen Subjekt wird. Bei solcher Aufklärung geht es also um die Aufklärung über den Nutzen einer Produktionsweise, die kritikwürdig, also irgendwie unnütz sei und von daher kritische Menschen nötig habe, die durch ihre Kritik selbst erst das hervorbringen kann, was ihnen schon vorausgesetzt ist: gesellschaftliche Subjektivität, wie sie sich in der Tätigkeit der Menschen, in den Widersprüchen der Produktionsverhältnisse längst schon ausdrückt und schon ganz praktisch nach deren Aufhebung verlangt. So wäre dies allerdings nicht unbedingt Gegenstand einer Psychologie, hätte Klaus Holzkamp nicht eine Entwicklung des Bewusstseins aus der Genealogie des Psychischen abgeleitet. So begründet sich solche Psychologie eher wie eine Lerntheorie, wie sie sich ganz im Sinn des Dialektischen Materialismus nach Leontjew aus der menschlichen Evolution verstehen lassen soll. Von daher wird das psychische Geschehen allerdings zu einer Determinanten der "Bewusstwerdung des Menschen", die das "bewusste Sein" im Einzelnen wie auch allgemein in seiner Gesellschaft aus einer überhistorischen Geschichte heraus als Notwendigkeit ihrer persönlich instrumentalisierten Natur zu bestimmen hätte. Damit ist nichts anderes über die "Grundlegung einer Psychologie" gesagt, wie es in der allgemeinen Psychologie als bürgerliche Wissenschaft seit der Aufklärung gängig ist. Das Kunststück der "Kritischen Psychologie" besteht allein aus der Hinzunahme der menschlichen Tätigkeit, die damit allerdings zu einem psychologisierten Lebensgrund der Menschen überhaupt herabgesetzt wird. Und damit ist einerlei, was gesellschaftliche Subjektivität, Objektivität, Bewusstsein und Psyche in Wahrheit ist, weil all dies einem gesellschaftlichen Subjekt zu eigen sein soll, wie es die Produktivität der bürgerlichen Gesellschaft hergibt und wie es als "Subjekttheorie" zugleich eben auch "Subjektkritik" einer "Subjektwissenschaft" sein kann, die allerdings mit dieser geistigen Ausstattung eher eine Fortentwicklung der Evolution bewirken soll, als dass sie einer wirklichen Emanzipation der Menschen über die Formationen ihrer gesellschaftlichen Lebensbedingungen hinaus dienen könnte. Auch schon die einzelnen Denkrichtungen der Psychologie unterscheiden sich in dem, was sie unter Psyche verstehen, also in dem, was sie hierfür als substanzielle Grundlage erkannt haben wollen oder unterstellen (siehe Begriffssubstanz). Nicht so die Kritische Psychologie nach Klaus Holzkamp, der die Psyche selbst nur als Vorform des Bewusstseins ansieht und seine Psychologie daher als Tätigkeit des begreifenden Subjekts versteht, was als "Subjektwissenschaft" in den psychischen Regungen der einzelnen Individuen ein werdendes gesellschaftliches "Subjekt" begriffen sehen will. Ihre philosophischen Grundannahmen sind im Wesentlichen nichts anderes, als die Verabsolutierung des mündigen Bürger, wie ihn Immanuel Kant beschrieben hatte, wodurch die Kritische Psychologie einen durch ihre Hilfreichung kritisch werdenden Menschen zu einem gesellschaftlichen Subjekt befördern will. Die Kritische Psychologie bezieht ihre Methode jedoch nicht so einfach aus dem Kantianismus, sondern - ihrer Gr�ndungszeit entsprechend - aus dem Entwicklungsverst�ndis des Dialektischen Materialismus, durch den sie mit ihrem Entwicklungsverst�ndnis auch im Sinne von Kants kategorischem Imperativ zugleich eine �berwindung der kapitalistischen Gesellschaft behaupten will. Denn nach dessen materialistsiche Erkenntnisgrundlagen und Methoden geschieht jede Entwicklung durch die vereinzelten Keimbildungen einer neuen Qualit�t in den alten Verh�ltnissen (siehe Keimformtheorie), die durch ihr quantitatives Wachstum schlie�lich durch einen "qualitativen Sprung" zu einem Dominanzwechsel f�hrt, der die Verhältnisse quasi von selbst aufheben soll, in denen sie angelegt worden war - nicht als Aufhebung ihrer Formbestimmung in der Bek�mpfung und Veränderung ihrer Verh�ltnisse, sondern als leise Selbstver�nderung der "Subjekte" in den Nischen ihrer Kultur, die mit ihrer Aufmassung schon diese Verh�ltnisse durch ihre persönliche Selbstverwirklichung als Mensch �berwunden k�nnen sollten (siehe hierzu auch solidarische �konomie). Dieser psychologische Gedanke entstammt der Psychologie sowjetischer Pr�gung, einer so genannten T�tigkeitspsychologie nach Wygotski, Lutija und Leontjew, wie sie von Klaus Holzkamp �bernommen wurde. Dabei wurde aus der Ontologie des Dialektischen Materialismus die Psyche aus einem Naturprozess der "Menschwerdung des Affen" (Friedrich Engels) abgeleitet, der sich in "f�nf Schritten" abgespielt haben soll und von daher auch immer wieder in diesen "Schritten" - also als Fortschreiten ihrer Anlage - verlaufen w�rde und mit einer "funktional-historischen Kategorialanalyse" rekonstruierbar sei. Von der Keimform (1) w�rde sich hiernach in der Krise der bestehenden Verh�ltnisse (2) ein Funktionaswechsel durch "schrittweise" Aufhebung ihrer Einzelheit (3) erm�glichen, was zu einem Dominanzwechsel (4) f�hren m�sse, der schlie�lich die ganzen gesellschaftlichen Verh�ltnisse "umstrukturieren" w�rde, so dass die alte Gesellschaft sich von selbst erledigt habe. Dieses Entwicklungsverst�ndnis entspricht weitgehend dem Positivismus und auch dem in der Verhaltenstherapie angelegten Konzept: Durch Hinzuf�gen neuer Erfahrungen werden - wenn sie sich verallgemeinern - neue Verhaltensweisen erschlossen, die weitaus stabiler und effizienter sind, als die Verhaltensst�rungen es waren. Warum hierf�r allerdings ein objektivistisches Konzept aus dem Marxismus-Leninismus zum Gew�hr solcher "Wahrheiten" hergenommen wird, l�sst sich eher einer Mode des Individualismus als einer Erkenntnis von Gesellschaftlichkeit zurechnen, wonach der "Je-Einzelne" schon als gesellschaftliches Subjekt zu verstehen ist. Dadurch gab es f�r Holzkamp auch kein Problem mit der Ph�nomenologie, die er als eine Art der psychoanalytischen Interpretatiion von Ph�nomenen leicht hinzunehmen konnte, weil seine "Kritische Psychologie" eben selbst schon eine aufgeschwemmte Individualpsychologie ist. Sein vorz�glicher Verfechter Stefan Meretz beschreibt dies in seinem Script hierzu folgenderma�en: "Grundlegend f�r die Vorgehensweise ist es gem�� der materialistischen Dialektik, Entwicklung als "Selbstbewegung" zu begreifen, was auch impliziert, dass das Erkenntnissubjekt in die Selbstbewegung einbezogen ist, also keinen fixen Standpunkt au�erhalb des Entwicklungsprozesses einnehmen kann. Im dialektischen Erkenntnisprozess wird das Gegenw�rtige (z.B. das Psychische, eine Emotion, ein Bed�rfnis etc.) in seiner geschichtlichen Gewordenheit und Bewegung gedanklich rekonstruiert und zugleich die in ihm liegenden Entwicklungsm�glichkeiten aufgezeigt." Hierf�r musste der Dialektik allerdings eine ungeheuerliche Gewalt angetan werden. Nicht aus der Negation l�sst sich nach diesem Denken die Bildung einer neuen Qualit�t ihres Wesens erkl�ren (siehe Wesenslogik), sondern aus der Anh�ufung ihrer Positionen, die durch einen "qualitativen Sprung" ihre Dominanz von der minderen Masse zur h�heren Anreicherung wechseln, sich also aus der "Bewegung der Masse" (Friedrich Engels) zu einer Massenbewegung ergeben. Damit werden die Teile einer Menge selbst ver�u�erlicht, zum Objekt einer Entwicklung, die ihnen �u�erlich durch ihre nat�rliche Masse vorbestimmt sein soll, und die zugleich durch eine bewusste Politik zu bewirken ist, der sie zu folgen habe wie einer Heilserwartung auf eine bessere Geschichte. Ihr objektives "Schicksal" wird somit vor allem abh�ngig vom Geschick einer "sozialistischen Politik" begriffen. Dieser geht es dann allerdings nicht mehr um die Aufhebeung einer anachronistisch gewordenen gesellschaftlichen Form (wie es die Auffassung des historischen Materialismus ist), sondern um eine gesellschaftliche Alternative, die das Neue als eigenst�ndige Keimform eines "Postkapitalismus" im Alten entdeckt haben will, das selbst schon zu einen "Dominanzwechsel" aus seiner Nische heraus bestimmt sei und dazu nur der Solidarit�t der Masse mit den Betroffenen (siehe solidarische �konomie) und ihrer Organisation bed�rfe, um eine "neue Gesellschaft" als eine "bessere Welt" herzustellen (siehe hierzu auch die Grundlagen der so genannten Kritischen Psychologie). Das ist allerdings nur die Fantasmorgie eines "sozialistischen" Avantgardismus, der sich aus der unbegriffenen Nische seiner eigenen Abgehobenheit heraus gerne einer hilflosen Menschheit zuneigt, wie sie sich auch im einzelnen Individuum als Beschr�nktheit seiner Selbstverwirklichung zugemutet zutr�gt. Indem dessen Selbstverwirklichung als Verwirklichung einer allgemeinen Individualität verstanden wird, ist dieses Subjekt im Einzelnen schon allgemein, wie es zugleich in seiner Allgemeinheit relativiert sein muss, eben weil es einzeln ist und darin gesellschaftlich einbegriffen sein soll. Es soll ja als einzelnes "Ich" in der Gemeinschaft vieler "Ichs" gesellschaftlich sein. Es ist daher ein in sich zwar beschränktes und dennoch allgemeines Individualwesen, ein "je-einzelner" Mensch, der sich als einzelner frei und also total verhält und von daher nicht durch die Form seiner Einzelheit in seinen gesellschaftlichen Verhältnissen bestimmt sein soll (siehe Formbestimmung). Es sei ein "intersubjektives Subjekt", das seine Zwischenmenschlichkeit als allgemeiner Mensch bestreitet, eben weil es sie als "Je-Einzelner" auch bestreiten, als Einzelwesen selbst schon allgemein sein kann. In Wahrheit ist es also ein widersinniges Subjekt (siehe bürgerliches Subjekt), das nie ganz wirklich und nie wirklich ganz sein oder werden kann, weil dessen Emanzipation sich an der Vorstellung einer Allgemeinheit bemisst, in der alle Einzelnen so aufgehen können sollen, wie sie es sich im Allgemeinen vorstellen und zugleich niemals allgemein sein können, solange sie sich überhaupt etwas nur vorstellen und sich hiernach zwangsläufig selbst interpretieren müssen. So war es ja auch schon im kategorischen Imperativ von Kant zu vermerken, worin Gesellschaft überhaupt als idealisierte Allgemeinheit begriffen ist, an der gemessen jeder Bürger und jede Bürgerin als an sich selbst relativierter Mensch für sich selbst "mündig" werden soll und von daher im Begriff stünde, eine ideale Gesellschaft zu verwirklichen (siehe hierzu auch Selbstgerechtigkeit). Der Anspruch der Kritischen Psychologie ist daher im Wesentlichen Aufklärung im weitesten Wortsinn, als die Psychologie der Vermittlung einer "begreifenden Erkenntnis" (Klaus Holzkamp). Es geht hier also um eine Einheit von Begriff und Erkenntnis, die sich an der Wahrnehmung der Menschen per Aufklärung vermitteln soll, indem Begreifen selbst als Erkenntnis, analytisches Denken also mit sinnlicher Gewissheit in eins gesetzt wird. Sie wird von ihrem Begründer als "bestimmendes Moment gesellschaftlicher Lebenstätigkeit" verfasst. Doch um die "Kritische Psychologie" nützlich zu machen, soll nicht die Kritik dieser Wirklichkeit hinreichen, sondern eine ganz spezielle Selbstverwirklichung vermittelt werden. Die "Subjekte" hätten eben noch nicht den Entwicklungsstand des Allgemeininteresses einer idealen Gesellschaft erreicht , wozu ihnen aber die Kritische Psychologie behilflich sein könne. Das nämlich läge daran, dass deren Wahrnehmung zu unstrukturiert wäre (siehe hierzu auch Strukturalismus) und die Theorien und Befunde des Wissenschafllichen Sozialismus sie in dieses Allgemeininteresse versetzen könne. Bei solcher Zwecksetzung sei aber auch an der Wahrnehmung selbst zu arbeiten, weil darin die "sinnliche Erkenntnis des Subjekts" verborgen sei. Um "die Subjekte" zu befähigen, eine Kritik des Kapitalismus auch in ihrem Alltagsbewusstsein umzusetzen und zu vermassen seien eben dann die Hilfereichung der Kritischen Psychologie vonnöten, wenn sie sich nicht mehr selbst zu helfen wissen. Mit einer Aufklärung über das Ganze werden sie dann wohl die Aufklärung über sich ersetzen können, denn als Subjekte sind sie wohl auch mit dem Ganzen zu identifizieren - eben dann, wenn sie erst richtig ganz gemacht werden, wenn sie in diesem Sinne eben "heil" sind, wenn sie dessen Begriff "erkannt" haben. Er ist nach dieser Auffassung der Erkenntnis vorausgesetzt, Erkenntnis also zwangsläufig nur theoretisch. Kein Wunder, wenn eine solche Theorie die Wahrnehmung nur als Struktur der "begreifenden Erkenntnis" verstehen kann. Nach der Auffassung von Klaus Holzkamp findet die Entwicklung der Subjektivität unmittelbar im Wahrnehmungsprozess statt als „Struktur der unmittelbaren Erfahrung“. Wahrnehmung ist in seiner strukturalistischen Auffassung als eine quasi ontische Grundlage des "Subjektseins" zu verstehen, die im Lauf der Anthropogenese gebildet wurde und sich aus den Bedeutungen, die darin entstanden, zu den Inhalten der Psyche und hieraus weiter zum Bewusstsein der Menschen entwickelt habe. Damit ist die im Anspruch schon verrückte Verkehrung von Begriff und Erkenntnis festgehalten, worauf das ganze Selbstverständnis der Kritischen Psychologie aufsetzt. Begriffe bilden sich nicht in der Erkenntnis aus der Wahrnehmung der Menschen, sondern vermitteln sich in einer "begreifenden Erkenntnis" eines vorhandenen Wissens, das hierdurch zu einem Bewusstsein werde, das dann wohl auch nur begriflich sein kann. Holzkamp begreift Wahrnehmung als Struktur der Erfahrung schlechthin, welche die subjektive Tätigkeit „selbstgesetzter Aufgaben“ enthält. Dies macht seine Auffassung von Subjektivität aus, wie sie von Leontjew formuliert war als „Aneignung der gesellschaftlich-historischen Erfahrung durch den Menschen“. Es sei daher „das Problem der Vermittlung zwischen Ontogenese und der Aneignung in der individuellen Entwicklung einer Klärung“ zuzuführen ( Holzkamp „Sinnliche Erkenntnis, S. 188). Der Psychologe, bzw. die Psychologin steht demnach vor einem Problem der Abweichung der individuellen Entwicklung und der "gesellschaftlich-historischen Erfahrung" der Menschen - in der Verhaltentheorie schlicht als "abweichendes Verhalten" gekennzeichnet -, dem hier allerdings die Fähigkeit zugesprochen wird, zu einem kritischen Subjekt zu werden, indem es die Welt seiner Wahrnehmung sich zu eigen mache, sozusagen im Nachhinein einer fehlerhaften Aneignung zu einer richtigen gelangen könne und damit seine Abweichung aufzuheben wäre. Diese Art Wahrheitsstreben war für Holzkamp die Brücke zum historischen Materialismus, wie er von Marx begründet worden war, den er aber in dieser Sichtweise nicht selbst in seiner Subjektivität aufgreifen konnte, sondern ganz im Sinne des dialektischen Materialismus stalinistischer Prägung verstand: als Theorie einer erzogenen, also herangezogenen Subjektivität, die sich der politischen Gewalt einer Gesellschaftsmacht entgegenstellt, was dazu taugt, sich den Begierden machthungriger Menschen zu widersetzen. Holzkamp glaubt, dass sein Protagonist Leontjew im wesentlichen das marxistische „Aneinungskonzept“ im „Hinblick auf seine psychologische Implikationen entfaltet“ habe, nach dem auch er sich richten wollte. Marx allerdings verstand die Menschen schon immer als Subjekte, die nicht unabhängig von ihrer Objektivität sein können. Es sind vor allem ihr Leben und Eigentum produzierende Wesen und immer in einer bestimmten Geschichte, die keiner ontischen Vorannahmen bedarf, weil sie dadurch gerade geschichtslos begriffen wäre (siehe Ontologie). Er bezog menschlichen Handeln auf seine historische Dimension in einer Gesellschaft von Individuen unterschiedlichster Fähigkeiten und Eigenschaften, die in der bürgerlichen Gesellschaft durch die Teilung der Arbeit selbst wesentlich in ihrem Leben entzweit sind. Er behandelte die gesellschaftliche Totalität ihres Lebens im Verhältnis zu ihren Gegenständen immer in einer historisch inbegriffenen Subjekt-Objekt-Beziehung. Mit dem Begriff der Aneignung reduzierte Leontjew diese auf die Reproduktion der „historisch gebildeten Eigenschaften und Fähigkeiten des Individuums“, die er als Grundlage der "Entfaltung" der menschlichen Psyche begriffen haben wollte, die Psyche als ein hieraus logisch - weil ontologisch - entstandene "Fähigkeit" des "Subjekts" entwickelt sah, die wesentlich dessen Geist darstelle: „Die geistige, die psychische Entwicklung einzelner Menschen ist demnach das Produkt eines besonderen Prozesses der Aneignung den es beim Tier nicht gibt“ (Leontjew zit. nach Holzkamp) und somit nur objektiv als ontogenetisch unterworfenes Individualwesen begriffen werden kann. Damit ist eine normative Kraft der Geschichte unterstellt, die sich in der sowjetischen Psychologie und Naturwissenschaft in der Formulierung ihres dialektisch materialistischen Erkenntnisinteresses durchzieht. Subjektiv kann dieses Individualwesen also nur in seiner Konfrontation zu einer schlechten Gesellschaft, nicht selbst als gesellschaftliches Wesen begreifbar sein. Was der Selbstwahrnehmung des Kleinbürgers entspricht, wird hier zum Begriff einer dem Menschen äußerlichen Subjektivität, die sich nur gesellschaftliche Macht anzueignen habe, um zu einem wahrhaft geselllschaftlichen Menschen zu werden, um also überhaupt Mensch zu sein. Psychologie wird als Theorie allgemeinmenschlicher Subjektivität im Verhalten gegenständlicher Produktion zu einer Gesellschaftswissenschaft, die zugleich nur zu untersuchen hat, wie sich diese gesellschaftliche Tätigkeit in den Individuen nachvollzieht, sprich: widerspiegelt, um sich als Mensch zu erkennen. Mit einer derart strukturalistischen Sichtweise lässt sich schwerlich Subjektivität darstellen. Um die Vermittlung von Individuum und Gesellschaft als psychischen Akt herzustellen, führt Holzkamp daher die „bedeutungsbezogene Wahrnehmungsweise“ ein, welche durch eine „sachlogische Adäquanz der Tätigkeitsvollzüge“ (Holzkamp, S. 191) im Verhältnis zur Wahrnehmung entsteht (siehe hierzu auch Logik). Hieraus entstünden „funktionale Systeme“ im Wahrnehmungsrozess, die „dispositionelle Voraussetzungen für die in ihrem Entwicklungsprozess immer adäquater werdende Wahrnehmung von gegenständlichen Bedeutungen“ sind. So erreiche der Mensch seine „volle Gesellschaftlichkeit“ durch „ die individualgeschichtliche Reproduktion der historisch gewordenen, in den materiellen Produkten menschlicher Arbeit verkörperten gesellschaftlichen Erkenntnis- und Tätigkeitsmöglichkeiten des Menschen auf einer bestimmten geschichtliche Entwicklungsstufe“. Obwohl auf diese Weise schon zu einem von der Welt begeisteten Gewohnheitstier runtergemacht, wird „der Mensch“ nun schließlich durch die Auswirkungen des Tauschwerts auf seine Wahrnehmung belästigt wohl vor allem deshalb, weil hier eben eine psychologische Kritik als „kritische Psychologie“ entstehen kann. Den „Gegenstandsbedeutungen“ werden nämlich auch noch Generalisierungen der Wahrnehmung zugefügt, die sie mit den „Dimensionen personaler Bedeutungsmomente“ ausstatten, welche „die interpersonale Wahrnehmung bestimmen“ (Holzkamp, S. 197). Da in der „bürgerlichen Gesellschaftsstruktur“ ganz besondere „Gesellungseinheiten“ bestünden, kann man das Ganze nämlich jetzt mal durch die „Marxsche Kritik der politischen Ökonomie“ betrachten (Holzkamp, S. 203). Und wo landen wir dann, wenn wir nach dem Fehler der Wahrnehmung suchen? Natürlich dort, wo alle ihn finden, wenn sie ihn denn schon kennen: Im Warenfetischismus, der als Vorlage beliebigster Interpretationen für Geisteswissenschafter schon länger Gang und Gebe war (Holzkamp, S. 207). Und was lernen wir daraus? Dass die Wahrnehmung durch das Kapitalverhältnis „dimensioniert“ wird (Holzkamp, S. 233f). Der Warenfetischismus zieht sich wie eine Zauberformel durch alle kritischen Theorien, die ihre Kritik nicht im Verhältnis zu ihrem Gegenstand gefunden haben und sich von daher Anleihen bei einer vorhandenen Kritik der bürgerlichen Gesellschaft überhaupt nehmen, die hierbei allerdings zugleich zu einer psychologisierten Beschreibung bürgerlicher Empirie verkommt. Es scheint, als wüsste niemand mehr, dass die Marx’schen Aussagen zum Warenfetischismus aus der Analyse der Wertform kommen, worin die Geldform als Verkehrung der relativen Wertform reflektiert und in eine bloße Analogie zu bürgerlichem Selbstverständis gebracht wird. Wissenschaft sollte sich aber nicht durch Selbstverständlichkeiten begründen, die zudem noch ihren ontologisierten Voranahmen untergeschoben werden. Gerade wenn sie sich kritisch gibt, sollte sie ihren kritischen Verstand aus der Auseinandersetzung mit ihrem Gegenstand aus dessen innerer Notwendigkeit entwickeln. Und der ist nicht der "menschliche Geist", der zweifelsfrei zu einer solchen Analyse nötig ist, sondern die Psyche von Menschen, die gegen ihr eigenes Leben ohnmächtig sind. „Kritische Praxis“ kann daher nicht in der Psychologisierung der Kritik der politischen Ökonomie entstehen, sondern in der Überführung der inneren Problematik der Menschen in eine äußere, in den Begriff der Verhältnisse, in der sie entsteht, in den Begriff einer zwischenmenschlichen Kultur, die politisch und ökonomisch bestimmt ist. Nicht eine verallgemeinerte Individualpsyche kann Gegenstand der Kritik sein, sondern ein gesellschaftliches Verhältnis, welche die Menschen allgemein in eine Selbstverwertung treibt, in der sich ein Gebilde innerer Absichten notwendig macht, weil sich darin ein Leben verbirgt, das sich nicht wirklich äußern kann und zum Verhängnis seiner Selbstgefühle wird. Mit der Kritik an diesem Lebensverhältnis wird das „unglückliche Bewusstsein zum Bewusstsein eines Unglücks“ (Marx). Das bleibt die Grundlage menschlicher Emanzipation - und daran geht Holzkamp vollkommen vorbei. Er überträgt lediglich eine im Grund systemkonforme Wahrnehmungstheorie in eine bestehende Kritik der politischen Ökonomie, die darin selbst nur zu einer Aufklärung über die ganz objektivistisch gefassten Widersprüche einer bürgerlichen Gesellschaft verkommt, die sich darin nicht stören, nicht mal irritieren lassen wird. Die Kritische Psychologie der Holkampschen Prägung sieht sich als Aufklärung des Subjekts über das Subjekt, die sich als Theorie eines Subjekts äußert, das sich als theoretisches Subjekt vor allem zum Subjekt der Theorie machen kann. Die Grundlagen seiner Subjektivität, die praktischen Lebensverhältnisse, werden somit gerade dadurch ahistorisch, dass Subjektivität schon als objektiv historische Form - und nicht als historisch zu überwindendne Formbestimmung - formuliert ist (siehe Emanzipation). Von daher wird Kritik auch nur als Abweisung verstanden, als das, was sie dem bürgerlichen Subjekt auch tatsächlich ist: Der Eigendünkel eines sich aus sich selbst heraus begründenden und wirkenden Individuums, einer einzelnen ("je einzelnen") Persönlichkeit, die sich gegen die Anforderungen der "Außenwelt" zu wehren versteht, wenn sie ihr nicht behagen. Gerade weil sie historisch normiert ist und sich damit als ewige Seinsweisheit (Ontologie) verhält, formuliert sich in dieser "Kritischen Psychologie" ein objektives Subjekt, dem seine Kritik schon ahistorisch vorgegeben ist. Von daher ist solche Theorie alles andere, als eine kritische Theorie. Tatsächlich reihen sich inzwischen ihre "Resultate" ja auch in die der bürgerlichen Psychologie umstandslos ein. | ![]() |