"So wie sich der Mensch ... nur im Menschen erkennen kann, erkennt er sich erst dann im andern Menschen als eigenes Wesen, wenn sein Wesen ihm im andern auch als anderes Wesen gilt. Der Mensch als Wesen der Natur, als natürliches Wesen, hat die Natur seines Wesens in jedem andern Menschen, denn seine eigene Sinnlichkeit ist erst durch den andern Menschen als menschliche Sinnlichkeit für ihn selbst." (MEW 40, S. 544). Kultur ist die Basis einer menschlichen Zivilisation, wie sie im Lauf der Geschichte im Ensemble der gesellschaftlichen Sinnstiftungen über die gesellschaftliche Arbeit, wie sie als unmittelbare Vergegenständlichung menschlicher Sinnbildung entstanden war (siehe historischer Materialismus). Sie bildete sich in der gesellschaftlichen Arbeit der Menschen, in der verstofflichung von Sinn, wie sie sich zwischen den Menschen in ihren Bedürfnissen bewusst oder unbewusst darstellt. Sie existiert in ihrer Gemeinde als Inhalt der Gebrauchswerte, der Sitten und Gebräuche. Sie ist auch schon durch sich als Gegenstand der Wahrnehmung – als bloße Empfinfung für wahr so genommen wie geworden (siehe auch Geschichte) – Sinnbildung in einem bestimmten Raum zu einer bestimmten Zeit. Ihr Material sind ihre zwischenmenschlichen Verhältnisse – die Mittel hierfür sind die zwischenmenschlichen Beziehungen, wie sie auch durch die kulturell notwendigen Institutionen des Staats vermittelt werden. Was in einem bestimmten Raum zu einer bestimmten Zeit übereinstimmt, wird zum Maßstab der kulturellen Entwicklung ihrer Bedürfnisse, die zunächst nichts anderes als die Entwicklung ihrer Lebensbedingungen darstellen können. Aber Kultur ist über das einzelne Begehren hinaus das Ganze, worin die Menschen sich in ihrer Selbstwahrnehmung über die gesellschaftlichen Wahrnehmungen ihrer Lebensäußerungen im Raum und über ihre Zeit hinaus elementar vereinen, wenn und weil sie sich durch ihre Bedürfnisse in der Macht ihrer Sinnbildungen als Naturmacht begreifen können. Darin können sie sich ihrer selbst sinnlich gewiss werden, weil und sofern sie sich darin als Mensch erkennen und verstehen. Denn im Dasein ihrer Kultur erfahren sie sich über ihre Wahrnehmungen in einer Elementarformen ihrer Erkenntnisse, sich selbst so, wie diese für sie wahr und bewährt sind. Kulturbürgerinnen und Kulturbürger sind daher raumgreifend in möglichst kurzer Zeit. Dabei entsprechen sie in ihrer Selbstoptimierung blindwütig der Ausdehnung des Kapitals und sind maßgeblich für seine wirtschaftliche Entwicklung (siehe hierzu Kritik der politischen Ökonomie). So entfaltet sich in der bürgerlichen Kultur eine Kultur des Geldes, die besonders in der Kultur der Kulturbürger als zwischenmenschliches Verhältnis des Kulturkonsums aufgeht. Die Elementarform einer jeden Kultur ist die Wahrnehmung, durch die sich die Menschen ihrer Lebensäußerungen vergewissern, sich für sich bewahren, soweit sie darin die Wahrheit für sich und durch sich finden, ihr Leben empfinden – auch wenn sie es nur außer sich erkennen können (siehe Religion). Doch dies ist nur möglich, wo sie sich der Ohnmacht entsagen und entziehen, sich hiergegen emanzipieren. Macht entsteht wo Ohnmacht herrscht. In der bürgerlichen Kultur herrscht zwischen ihrer naturlichen und ihrer gesellschaftlichen Macht ein Widerspruch, der sich immer wieder nur in ihrer politischen Macht auflösen lässt. Was nötig ist das fügt sich. Aber darüber hinaus gibt es die Freiheit einer Entscheidung für das, was einem Menschen nunter Menschen nötig ist, ohne objektiv notwendig zu sein. Und immer wieder bildet das Eine das Andere, weil lebendige Geschichte sich zwischen Subjekten und Objekten bewegt. Macht an sich ist dabei unnötig. Doch Macht kann durch Ohnmacht erzeugt werden indem die Verhältnisse selbst unwirklich gemacht werden, wo ihre Verwirklichung als ihre Entwirklichung existiert, da ist das Wissen um ihre Ohnmacht das wesentliche Mittel einer menschlichen Emanzipation, die Kritik der politischen Kultur ihr politisches Werkzeug. Und es ist schließlich vor allem die Sprache, die dies vermitteln kann und in der Lage ist, ein gesellschaftliches Bewusstsein hierüber zu bilden. Kultur entsteht im Körpergedächtnis in den Momenten der Auseinandersetzung über den Sinn und Zweck einer Lebensproduktion. Sie bildet sich also im Verhältnis der Bedürfnisse der Menschen (siehe hierzu auch Teilung der Arbeit) und macht den Inhalt ihrer Sitten und Bräuche (siehe auch Gebrauchswert). Sie ist also eine Formation ihres gesellschaftlichen Selbstverständnisses im Verhältnis der Menschen zu ihren Produkten. Wo die Menschen allerdings nurmehr sich selbst als das Material ihrer Verhältnisse gelten (siehe auch Kulturkonsum), wo sie den Wert ihrer Lebensäußerungen durch ihre zwischenmenschlichen Beziehungen als Persönlichkeiten ihrer Selbstverwertung beziehen (siehe Selbstwert), erscheint ihnen ihre Kultur wie eine Objektivität ihrer Selbstwahrnehmungen. Von Natur aus bezieht sich alles im Übergang ihrer Bewegungen: Aus ihren Stoffen haben sich Pflanzen und Tiere entwickelt, aus den Tieren Menschen und aus den Menschen ganze Gesellschaften. In der Wahrheit der Natur (siehe auch Empfindung) ist Alles eins. Doch in der herrschenden Wirklichkeit ist alles außer sich. Es trägt sich zu, indem es sich äußert und sich außer sich vereint, aus seinen subjektiven Gründen (siehe auch Sinnbildung) objektive Zusammenhänge bildet (siehe auch Gesellschaft). "Das praktische Erzeugen einer gegenständlichen Welt, die Bearbeitung der unorganischen Natur ist die Bewährung des Menschen als eines bewußten Gattungswesens, d.h. eines Wesens, das sich zu der Gattung als seinem eigenen Wesen oder zu sich als Gattungswesen verhält. Zwar produziert auch das Tier. Es baut sich ein Nest, Wohnungen, wie die Biene, Biber, Ameise usw. Allein es produziert nur, was es unmittelbar fär sich oder sein Junges bedarf; es produziert einseitig, während der Mensch universell produziert; es produziert nur unter der Herrschaft des unmittelbaren physischen Bedärfnisses, während der Mensch selbst frei vom physischen Bedärfnis produziert und erst wahrhaft produziert in der Freiheit von demselben; es produziert nur sich selbst, während der Mensch die ganze Natur reproduziert; sein Produkt gehört unmittelbar zu seinem physischen Leib, während der Mensch frei seinem Produkt gegenübertritt. Das Tier formiert nur nach dem Maß und dem Bedürfnis der Spezies, der es angehört, während der Mensch nach dem Maß jeder Spezies zu produzieren weiß und äberall das inhärente Maß dem Gegenstand anzulegen weiß; der Mensch formiert daher auch nach den Gesetzen der Schönheit." (MEW 3, Seite 516*f) Manche bezeichnen solche Beziehungen als Dialektik. Friedrich Engels wollte in solchem Verständnis eine "Dialektik der Natur" erkennen. Sie geriet aber sogleich – ganz undialektisch – zum Dogmatismus einer fatale Dialektik Ontologie des Stalinismus hervorgebracht hatte. Doch Natur hinterlässt keine Nichtigkeit. Und deshalb hat Dialektik auch keine Natur. Eine natürliche Dialektik bliebe bloßer Unsinn (siehe hierzu auch Dialektischer Materialismus). Doch die Natur ist das Material ihrer Geschichte (siehe hierzu auch Historischer Materialismus). "Daß der Mensch ein leibliches, naturkräftiges, lebendiges, wirkliches, sinnliches, gegenständliches Wesen ist, heißt, daß er wirkliche, sinnliche Gegenstände zum Gegenstand seines Wesens, seiner Lebensäußerung hat oder daß er nur an wirklichen, sinnlichen Gegenständen sein Leben äußern kann. Gegenständlich, natürlich, sinnlich sein und sowohl Gegenstand, Natur, Sinn außer sich haben, oder selbst Gegenstand, Natur, Sinn für ein Drittes sein, ist identisch." (MEW 40, S. 578). Vor mehr als 3,5 Milliarden Jahren entwickelte sich die Erde, – "unser Planet" (siehe auch Herbert Gruhl, S.Fischer-Verlag 1975, "Ein Planet wird geplündert"). Doch erst seit dem Zeitalter des Pleistozän, also vor etwa zwei Millionen Jahren begann ganz allmählich die Geschichte des pflanzlichen und schließlich tierischen Lebens, die Geschichte des Verhältnisses von Flora und Fauna. Es ist eine Geschichte von Katastrophen, Wucherungen und Vernichtungen. Klimaveränderungen und wechselnde Umwelteinflüsse zwangen den Frühmenschen, sich immer wieder anzupassen. Seit etwa 300.000 Jahren gibt es Menschen - zunächst als Nomaden in Stammeskulturen, die ihr Leben an ihren Naturbedingungen ausrichteten. Mit der Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht wurden sie vor etwa 11.000 Jahren erstmals in Mesopotamien im Zweistromland zwischen den Flußlandschaften von Euphrat uns Tigris sesshaft, indem sie für das Wachstum ihrer Früchte die Bewässerung ihres Anbaus entwickelten und bewirtschafteten. Die Pflege des Bodens - sprich: der Erde - wurde zur wesentlichen Ressource der menschlichen Arbeit und Kultur (lat. cultura = Bearbeitung, Pflege, Bebauung, Anbau, Ausbildung, Veredelung, Verehrung). Kultur stellt die Zivilisation eines bestimmten Lebensraums dar. Sie ist dessen gesellschaftliche Natur, menschliche Sinnbildung, menschliche Geschichte (siehe auch Bewegung) in einem bestimmten Raum zu einer bestimmten Zeit (siehe hierzu historischer Materialismus). Kultur ist der Sinn, den Menschen gesellschaftlich in ihren ökonomischen, sozialen und ästhetischen Produkten äußern und in denen ihr Lebensausdruck, Produktion und Genuss ihres Lebens in ihren Lebensverhältnissen gegenständlich ist (siehe hierzu auch Arbeit). Was sie füreinander sind, das haben sie durch einander auch als ihre Kultur außer sich. Gesellschaft ist immer schon das menschliche Lebenswerk ihrer Zivilisation, das in den Formen der Verhältnisse ihrer bisherigen Geschichte sich auch in ihren Beziehungen und Bedingungen fortbildet. Die Sinnbildung der Menschen ist daher auch selbst immer schon eine gesellschaftliche Bildung, die Bildungsgeschichte ihrer Sinne durch deren Lebensäußerungen, indem sie sich durch die Vergegenständlichung ihrer Arbeit als Subjekt ihrer gesellschaftlichen Sinnbildung verwirklichen, ihre Kultur als menschlichen Subjektivität ihrer Eigenschaften und Fähigkeiten vergegenständlichen, sich äußern und darin zugleich außer sich verwirklichen, zu einer objektiven Lebensform ihrer Natur als ihre Naturmacht gestalten. Durch ihre Arbeit bildet sich ihre gesellschaftliche Subjektivität als ihre gesellschaftliche Lebensäußerung zugleich als eine erneuerte Lebensbedingung objektiv fort, so dass sie hierdurch die Geschichte ihrer Naturmacht entwickelt, als natürliches Subjekt ihre Natur in ihrer Kultur vergegenständlicht sind (siehe hierzu historischer Materialismus). Kultur ist der objektivierte Sinn, den Menschen aus ihren gesellschaftlichen Verhältnissen, aus der Vergegenständlichung ihrer wirklichen Beziehungen entwickeln und teilen (siehe Geschichte). Aber als eine bloß objektive Form verstanden wäre Kultur nur auf eine bestimmten Art des Lebens reduziert, einer Lebensart (siehe hierzu Mode) gleichgesetzt, wie sie in allen gesellschaftlichen Verhältnissen sich durchsetzt und auch durch öffentliche Medien und Bildung veranstaltet wird. Aber Kultur ist vor allem das Gedächtnis der Geschichte, ihre Sprache (siehe Kulturkrtik). Für sich hat Kultur nämlich einen Sinn, der nicht nur strukturell zu begreifen ist, weil er die ganze Sinnbildung einer Gesellschaft darstellt, sondern die Verhältnisse seiner Entstehung, seiner Geschichte in ihren Kulturgütern selbst dokumentiert. Das Grundübel von Kulturtheorie besteht in der Gleichsetzung der politischen Geschichte ihrer Kultur mit den Fortschritten ihrer Wirtschaftskraft, ihrem Wirtschaftswachstum, dem Potenzial ihrer Arbeitsmittel und Arbeitsprodukte. Der Reichtum der gesellschaftlichen Elemente bildet sich aus der Vielfalt ihrer Beziehungen, entwickelt aber in ihrer politischen Verselbständigung die Einseitigkeit einer gesellschaftlichen Vernutzung der Arbeitsmittel und Arbeitskräfte durch die Naturmächtigkeit einer unsinnigen Kultur zu einer allseitigen Entfremdung gesellschaftlicher Wirklichkeit. Die Potenziale der menschlichen Geschichte ermächtigen sich hierbei zum gewaltigen Unsinn einer politischen Kultur, wenn sie sich nicht zugleich aus dem Sinn der Produktivkraft ihrer Arbeit, der gesellschaftlichen Beziehung von Sinn und Nutzen ihrer Geschichte verwirklichen können. Ohne deren Einigkeit zerstört Nutzen Sinn und stellt sich Naturmacht als als Vernutzung menschlicher Zivilisation heraus. In der gegensinnigen Verselbständigung ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse betreibt politische Ökonomie und politische Kultur zwangsläufig den Unsinn der menschlichen Erzeugnisse und die Entwirklichung menschlicher Kultur. Mit der Nichtung ihre wirtschaftlichen und kulturellen Substanzen zerstören sich ihre Bedingungen zugleich mit der Vernichtung ihrer Natur. Wo entstehen die Sinbildungen der Kultur? Wo haben sie ihren Grund? Entstehen sie einfach nur durch die Produkte der Arbeit, wenn und weil sie einem wirtschaftlichen Nutzen haben, wenn und weil sie menschliche Bedürfnisse befriedigen? Ist Kultur das einfache Resultat solcher Bedürfnisse - oder entstehen sie eher aus dem Fortschritt der gesellschaftlichen Arbeit und ihrer Produktivkraft? Folgt die Kultur einfach nur einem objektiven Zweck der Wirtschaft, oder nicht doch eher der gesellschaftlichen Geschichte der Menschen im Verhältnis von Arbeit und Bedürfnis der Menschen, die ihrer Sinnbildung vorausgesetzt wäre? Schon das Tier weiß, was ihm nützlich ist. Es verrichtet zum Teil auch eine Arbeit, die seine Beziehung zur Natur in sich und außer sich verändert. Und auch der Mensch, wie er sich aus der Wildnis heraus entwickelt hatte, wusste sich und sein Leben schon so zu gestalten, dass es ihm genehm und reichhaltiger werden konnte. Es war allerdings eine Arbeit, die zugleich noch den reinen naturbestimmungen des menschlichen Lebens geschuldet war. Aber auch wenn der Nutzen menschlicher Arbeit immer eine Bedingung seiner Wirtschaft ist, so ist er keine unmittelbar menschliche Arbeit und von daher kein konstituierendes Moment des Reichtums der menschlichen Verhältnisse, der menschlichen Gesellschaften. „Was ist „nutzbringende“ Arbeit? Doch nur die Arbeit, die den bezweckten Nutzeffekt hervorbringt. Ein Wilder - und der Mensch ist ein Wilder, nachdem er aufgehört hat, Affe zu sein - der ein Tier mit einem Stein erlegt, der Früchte sammelt etc., verrichtet „nutzbringende“ Arbeit.“ (Karl Marx, Marx-Engels-Werke 19, Seite 16) Nützliche Arbeit ist sowohl für Tiere als auch für Menschen eine unabhängige Existenzbedingung, eine Naturbestimmung um den Stoffwechsel zwischen ihrem natürlichen Wesen und ihrer äußeren Natur zu vermitteln, der jedem Gebrauch und Gebrauchswert vorausgesetzt ist: "Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit, ist die Arbeit ... eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu vermitteln." (MEW 23, S.57) Wesentlich für den Menschen und seine Gesellschaft ist nicht der einfache Nutzen, sondern die Universalität seiner Produktion, die sein Leben zu immer neuen und verfeinerten Lebensgenuß entwickelt. "Während der Mensch selbst frei vom physischen Bedärfnis produziert" produziert er erst wahrhaft "in der Freiheit von demselben". Seine Vielfältigkeit schafft seinen gesellschaftlichen Reichtum, seine Intelligenz bereichert er mit der Verfeinerung der Naturstoffe und der Bildung neuer Beziehungen ihrer natürlichen Elemente für sich (siehe auch Elementarform) und macht menschliches Leben an sich und durch sich schöner durch die Naturmacht seiner Arbeit, gibt ihm einen Sinn, der über den bornierten Nutzen seiner sinnlichen Tätigkeit hinausgreift: Der Sinn für ein schönes Leben. Von daher ist jede kulturelle Beziehung inhaltsreicher und also auch stärker als ihr Nutzen. Und es verwundert daher auch nicht, wenn Menschen - besonders in gesellschaftlichen Krisenzeiten - darin noch ihren letzten Halt suchen, und gründe der auch nur auf einem Versprechen auf Heilung, einem Heilsversprechen, dem Versprechen einer alles überstehenden Ganzheit der Gesellschaft (siehe auch Heil) und dessen Erlösungsglauben (siehe auch Religion). Kultur ist die gesellschaftliche Subjektivität der Menschen, wie sie als Sinn ihrer Erzeugnisse objektiv gegenwärtig, gesellschaftlich vergegenständlicht ist (siehe Gegenstand). Weil die Menschen ihre eigene Natur verändern können, bilden sie ihre Kultur als Sinnzusammenhang ihrer Naturmächtigkeit, als die Natur ihrer Bedärfnisse und Arbeit, als Gestaltung ihrer Lebensumstände. Kultur bildet den Sinn menschlicher Lebensbedingungen, die die Produkte der Arbeit äber ihren bloß stofflichen Gehalt hinaus zu menschlichen Gegenstände fär die Menschen macht. Sie verarbeitet die Art und Weise der Zubereitung von Naturstoffen für menschliche Bedürfnisse, Wahrnehmung und Tätigkeit im Produkt einer menschlichen Sinnbildung. Deren Befriedigung ist fär den Menschen allerdings nicht nur vom Stoffwechsel, sondern auch von den Lebensumständen seiner Kultur abhängig. Von daher kann er auch an seiner kulturellen Isolation, an einer Deprivation zugrunde gehen (siehe hierzu kulturelle Ausgrendung). Eshaben die Menschen ihre Gesellschaften immer schon aus wirtschaftlichen wie kulturellen Gränden gebildet. Ihre gesellschaftlichen Notwendigkeiten bestehen daher immer schon durch ihre Lebensbedingungen, den gegenständlichen Reichtum ihres Lebens wie auch ihrer Lebensumstände so, wie darauf ihre wirkliche Sinnbildung Geschichte machen kann (siehe politische Kultur).+ "Erst durch den gegenständlich entfalteten Reichtum des menschlichen Wesens wird der Reichtum der subjektiven menschlichen Sinnlichkeit, wird ein musikalisches Ohr, ein Auge fär die Schönheit der Form, kurz, werden erst menschlicher Genässe fähige Sinne, Sinne, welche als menschliche Wesenskräfte sich bestätigen, teils erst ausgebildet, teils erst erzeugt. Denn nicht nur die 5 Sinne, sondern auch die sogenannten geistigen Sinne, die praktischen Sinne (Wille, Liebe etc.), mit einem Wort der menschliche Sinn, die Menschlichkeit der Sinne wird erst durch das Dasein seines Gegenstandes, durch die vermenschlichte Natur. Die Bildung der 5 Sinne ist eine Arbeit der ganzen bisherigen Weltgeschichte." (MEW 40 S. 541f). Durch menschliche Arbeit werden also nicht nur Bedärfnisse "irgendeiner Art" befriedigt, nicht irgendwelche nützlichen Dinge hergesetllt, sondern immer schon Dinge, die für den Menschen Sinn haben und Sin machen. Darin geht ihr ganzes Leben, ihre Natur als Sinn von und fär eich äußern, den sie als Sinn für und Nutzen sich vergegenständlichen, Beeides ist zweierlei, denn nicht jeder Sinn ist n ützlich, nicht jeder Nutzen menschlich. in ihrer Arbeit geht ihre gesellschaftliche Lebensäußerung als Ganzes auf, ihre innere wie äußere Natur, die im Einzelnen wie im Allgemeinen ihre gegenständliche Wirklichkeit ist. So war es z.B. auch die Kunst ihrer Sinnbildung, die menschliches Leben nicht nur darstellte, sondern auch in ihrem urspränglichen Sinn selbst schon gebildet hatte, Subjekt wie Objekt ihrer Sinnesgeschichte wurde. "Kunst kann nicht nützlich sein", sogt Oscar Wilde, und ein Nutzen ist nicht unbedingt sinnvoll, nur weil er wertträchtig ist. Im Wesentlichen äußert die Arbeit der Menschen einen nützlichen Sinn, durch den sie Ihr Leben erleichtern und sich durch ihren Lebensreichtum selbst zum Gegenstand machen, soweit sie sich darin erzeugen und erkennen können, darin ihr Leben als ihre Lebensäußerung erkennen und anerkennen. Die Elemente ihres Lebens machen daher die Substanz ihrer Lebensäußerung als Produkte der menschlichen Arbeit für die Wahrnehmung ihrer Lebenwirlichkiet, worin ihre gesellsvhaftliche Sinnbildung sich gewahr ist, als Elemente ihrer Wahrnehmung mit ihrer Arbeit vereinen (siehe hierzu auch Elementarform) und sich als Wahrheit ihres Lebens erweisen. Die menschliche Sinnbildung beruht auf der Lebenskraft der natürlichen Elemente ihrer Wirklichkeit, ihrer äußeren sowie inneren Natur. Sie begann im Umgang mit dem Feuer und der hieraus entwickeltem Kochkunst, welches die Bedingung war, dass eine hohe Dichte der Eiweißaufnahme aus gekochtem Fleisch ermöglicht wurde, die der Aufnahme aus rohem Fleisch weit überlegen war und durch die sich das menschliche Gehirn in einem Ausmaß vergrößern und differenzieren konnte, die das tierische weit äbertraf. Erst durch die so entwickelte Fähigkeit des Denkens, komplexe Entwicklungsprozesse nicht nur vorherzusehen, sondern selbst einzuleiten und diese schließlich planvoll (z.B. durch Anbau von Nährpflanzen oder der Tierzucht) zu betreiben, entstanden auch die spezifisch menschlichen Eigenschaften, eigenes Leben durch seine geschichtliche Tat (siehe historischer Materialismus) unterschieden von fremdem wahrzunehmen. Dies erst entwickelte sich dahin, sich selbst in seiner Besonderheit zu erkennen und Wahrheit und Täuschung nicht nur funktional, sondern im Wesen ihrer Tätigkeit, im Verhältnis zu ihrem Gegenstand zu unterscheiden, wodurch erst die Menschen selbst zum Subjekt ihrer Lebenverhältnisse werden konnten. Menschliches Leben ist ohne Kultur nicht möglich, weil es selbst durch Kultur entstanden, aus ihrer Sinnbildung hervorgegangen ist und ihre Selbstwahrnehmung durch ihre Tätigkeit fär ihre gesellschaftliche Wahrnehmung, durch ihren Sinn fär einander gestaltet. Ihre Kultur ist von da her die Natur ihrer gesellschaftlichen Beziehungen. Und die Selbstwahrnehmung der Menschen ist ihre Elemantarform, ganz gleich, ob diese sich im Einzelnen in einer Selbstbeziehung, in zwischenmmenschlichen Verhältnissen oder in einer bärgerlichen Gemeinkultur entwickelt. Die bretonischen Fischer, die peruanischen Bauern, die amerikanischen Industriearbeiter, die afrikanischen Nomaden, die asiatischen Familien und die europäischen Philosophen und Känstler haben vor allem gemein, dass sie ihr Leben unter ihren gesellschaftlichen Bedingungen (siehe auch Lebensraum) äußern und ihren Sinn in ihren Lebensäußerungen als kulturelle Lebenszusammenhänge haben, finden und empfinden, soweit sie sich ihnen gesellschaftlich sowohl national wie international vermitteln - das heißt: mitteilen und beziehen. Kultur stellt immer den gesellschaftlichen Sinnzusammenhang der Menschen dar, den sie in ihrer Lebenswelt bilden und in der Ausbildung ihrer Eigenschaften und Fähigkeiten entwickeln und wodurch sie sich verstehen, verständigen, ergänzen und mit ihrem Leben auseinandersetzen, Gefähl färeinander und zu ihren Sachen finden und die schönen und hässlichen Seiten ihres Lebens auf sich und andere beziehen. Kultur ist die Sinnbeziehung der Menschen in den jeweiligen Umständen und Formen ihrer Gesellschaften. Kultur ist von da her immer zunächst die Subjektivität einer Gesellschaft. Nur dadurch, dass der Mensch sich gesellschaftlich gestaltet, ein Verhältnis zu seiner eigenen Lebensgestaltung in seiner Gesellschaft hat, nur dadurch, dass er in seinen gesellschaftlichen Verhältnissen seine Kultur bildet und wahr hat, ist er zu einem Subjekt der Natur geworden (siehe Naturmacht). Schon an den ersten Zeugnissen seiner gesellschaftlichen Verbundenheit, in den Höhlenmalereien und Begräbnisfunden, in denen sich die frühesten Naturreligionen dargestellt haben, offenbart sich ein über die naturstofflichen Notwendigkeiten und Bedürfnisse weit hinausreichende Fähigkeit zu einer gesellschaftlichen Selbsterkenntnis. Seine Kultur beinhaltet die Anerkentnis seiner Macht über die Natur und seiner Ohnmacht in der Form seiner Furcht, die sich z.B. in den Naturreligionen zeigt und seine Produktivkraft entwickelt hat. Diese Religionen beweisen die genuine Naturfürchtigkeit eines Wesens, das sich aus der Natur zwar herausgesetzt hat, zugleich aber nur durch sie sein kann, eines Wesens, dessen Intelligenz nicht in den bloßen Funktionalitäten der Lebenserhaltung befangen geblieben war, sondern sich in dieser Natur auch um sich selbst wissen und färchten kann und Selbstgewissheit nötig hat, je umgreifender es zu ihrem Subjekt wurde. Es waren diese Religionen das ursprünglichste gesellschaftliche Band der Menschen jenseits ihrer unmittelbatren Tätigkeit als naturbegabte Lebenswesen, die nur durch ihre Lebensgemeinschaften leben konnten. Und sie waren zugleich doch nur die ungewisse und furchtsame Bestätigung ihres Lebenszusammenhangs als gesellschaftliche Kulturwesen, soweit sie sich nur durch ihre Naturgötter bestimmt begreifen konnten. Solche Stammeskulturen formulierten in ihrer Religion immer noch eine nur naturnotwendige Intelligenz (siehe auch natürliche Intelligenz). Mit der gesellschaftlichen Entwickung ihrer Arbeit aber wurde ihre Selbsterzeugung immer gegenständlicher und ließ die zunächst nur naturnotwendigen Kulturverbundenheiten selbst materiell, und somit gesellschaftlich überwindbar werden. In dem Maß, wie ihre Intelligenz in die praktische Entwicklung ihrer Produktionsmittel und deren Produkte einging, den Sachen, wie sie von und für Menschen geschaffen werden, verwirklichte sich ihre Kultur zu einer mächtigen Form ihrer Selbstgestaltung, wie sie in ihren Zivilisationen augenfällig wurde. Die bürgerliche Gesellschaft ist die erste, noch in sich widersprüchliche gesellschaftliche Form, in der die Entwicklung der Produktionsmittel schon gesellschaftliche erzeugt, aber noch privat angeeignet werden. Aber erst mit der Entfaltung einer wirklich naturmächtigen Gesellschaft (siehe hierzu Wirklichkeit) wird der Mensch aus seiner objektiven Naturbestimmtheit selbstbewusst heraustreten und zum Subjekt seiner Kultur werden, das Religion nicht mehr nötig hat. "Die Religion ist das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat." (MEW 1 S. 378f). Kultur ist die gesellschaftliche Natur des Menschen, naturmächtig gewordene Natur, menschliche Sinnbildung, der Sinn, den Menschen gesellschaftlich in ihren ökonomischen, sozialen und kulturellen Produkten äußern und der als ihr Lebensausdruck in ihrem Lebensverhältnis gegenständlich ist (siehe hierzu Kritik der politischen Kultur). Sie ist die menschliche Form der Natur, der gegenständlich existierende Lebenszusammenhang von Geist, Gestaltungskraft, Erfindungsreichtum, Liebe und Sinn, den die Menschen entwickelt und ihren Produkten gegeben haben und geben und als solchen auch pflegen, sich darin verhalten und miteinander umgehen. Sie ist geschichtliche Gegenwart ihrer Arbeit und ihrer Bedürfnisse, welche darin verwirklicht sind und sie ist geschichtliches Resultat aller bisherigen Produktion von Gegenständen für menschliche Bedürfnisse in einem durch sie bestimmten Lebensraum zu einer bestimmten Zeit, wie es als Kulturgut über die Vernutzung der Produkte hinaus als Inhalt des menschlichen Reichtums besteht (siehe hierzu auch Kulturbegriff). Kultur ist das materielle und geistige Sein ihres Stoffwechsels, ihrer Natur als Mensch, menschliche Natur als Naturmacht des menschlichenn Lebens, als gesellschaftliches Befinden natürlicher Menschlichkeit, als Art und Weise einer begeisterten Naturempfindung in der gesellschaftlich verwirklichten Natur der Menschen, Gegenständlichkeit des zur Lebensgestalt gewordenen Verlangens des Menschen nach dem Menschen, nach menschlicher Gesellschaft. Diese beruht ja schon auf dem besonderen Verhältnis der Menschen zu ihrer Natur, die ihnen gegenständlich und also Gegenstand ihres Stoffwechsels und ihrer Arbeit, ihrer Sinnbildung und Kultur ist. Bevor der Mensch seine Sachen und Güter produziert, hat er sich schon im menschlichen Dasein, wie es sich als menschliche Gesellschaft in jedweder Form darstellt, in seinem Menschsein unter Menschen erkannt - wenn auch nicht immer als dies schon begriffen. Er ist nicht erst durch seine Produkte, seine gegenständlichen Veräußerungen objektiv, sondern immer schon durch sein gesellschaftliches Dasein. Kultur ist zwar durch die Geschichte der Menschen, durch das Werden ihres Menschseins vermittelt (siehe Kulturbegriff), zugleich immer aber auch der unmittelbare Lebenszusammenhang von Menschen, in welchem sich ihre Bedürfnisse und Tätigkeiten beziehen und in welchem sie miteinander verkehren und sich als Menschen erkennen, anerkennen und erzeugen. Sie ist Resultat und Bedingung menschlicher Lebensäußerung, Inhalt ihres Reichtums, Tätigkeit und Leiden, Dasein menschlicher Leidenschaft und von daher auch dem Inhalt nach ihrer Zeit voraus, wenn und solange diese noch formbestimmt ist, z.B. durch die Wertbildung der Arbeitszeit. Kultivation ist die Vermenschlichung eines Stoffes der Natur (z.B. Land, das zum Acker wird, Stein, der zum Haus wird, eine Farbe oder ein Ton die zu einem Gefühl oder einer Stimmung oder zu einem Kunstwerk werden usw.). Kultur ist menschliche Lebensäußerung und hat ihre Gegenständlichkeit in den Produkten der Menschen. Sie ist identisch mit dem Verhältnis der Menschen zu sich selbst wie der Menschen zueinander; - sie verhalten sich in der Kultur zu sich wie zu anderen, zu anderen wie zu sich. In ihr sind Tätigkeit und Verlangen, Arbeit und Bedürfnis, Werden und Gewordensein eins, - aufgehoben und bewahrt in einem. Gleichgültig, wie sie sich zuträgt, ob mit stofflichem Körper als Sache des alltäglichen Gebrauchs oder als Ereignis (z.B. als Theater, Musik usw.), sie ist immer gegenständliches Produkt von und für Menschen, ist ihr Lebensinhalt als ihre Sache, in welcher Kultur als wirklicher menschlicher Lebenszusammenhang, als Sinn und Genuß, Selbstgewissheit des Menschseins ausgedrückt und formuliert ist. Für das gesellschaftliche Leben der Menschen ist Kultur konstitutiv und hiervon ununterschieden, Inhalt ihrer Bedürfnisse und Arbeit, ihr Reichtum als Produkt und Grundlage ihres Lebens und ihrer Geschichte. Kultur ist immer zugleich Kulturgeschichte einer bestimmten Gesellschaft und ihrer Form. Sie macht in diesem ganzen Prozess die Substanz des gesellschaftlichen Stoffwechsels aus, wie er durch die Wirtschaft vermittelst menschlicher Arbeit und der Entwicklung der Produktivkräfte schließlich besorgt wird. Dort wird in den Produkten des Arbeitsprozesses gegenständlich, was Kultur im Sinn hat. Die objektive Beziehung dieser Lebensgrundlagen aufeinander stellt sich in ihrer gesellschaftlichen Lebenswelt wirtschaftlich im Reichtum der menschlichen Produkte dar, sowohl sachlich wie auch menschlich, als sachliches Verhältnis, wie auch als menschliches Verhältnis. Kultur drückt die Verhältnisse organisch und subjektiv aus, wie sie auch objektiv gesellschaftlich sind. Kulturelle Wirklichkeiten sind zum einen unmittelbar. Darin ist das Leben der Menschen gegenwärtig als Seinsweise und Erscheinung der Lebensproduktion, die in den Lebensmitteln und Ereignissen menschliche Gegenständlichkeit hat. Der Reichtum an den Gütern des Lebens müsste so auch die Reichhaltigkeit an menschlichen Beziehungen enthalten, wie auch die Beschränktheit aller bisherigen Produktion gegenüber den Möglichkeiten der künftigen, welche in der Gegenwart besteht und nach Entfaltung drängt. Doch in der Wirklichkeit erscheint dies alles umgekehrt: In dem Maße, wie der Reichtum zunimmt, verarmt die Beziehung der Menschen. Wo ihre Maschinen immer mehr Freiheit von Naturkraft und Aufwand ermöglichen, nehmen ihre Lebensaufwände zu statt ab; wo sich ihre Kultur und Kommunikation entwickelt, haben sie sich immer weniger zu sagen und zu bedeuten. Es scheint, als ob der Reichtum der Menschen eine gewaltige Kraft (siehe fremde Kraft) gegen sie enthält, so dass sie sich - soweit möglich - auf ihre zwischenmenschlichen Verhältnisse zurückziehen. Die bürgerliche Kultur ist ein Reflex auf diese Entfremdung und wird hiervon im Nachhinein zu ihrer gesellschaftlichen Form wesentlich bestimmt. Dies hat komplexe Gründe, die hier nur gestreift werden können: Ökonomisch drückt sich in der bürgerlichen Gesellschaft Reichtum gesellschaftlich als Wert, und dies konkret in Geld aus, über das die einzelnen Menschen ihre Lebensmittel und -möglichkeiten erstehen und aufeinander beziehen. Geld ist aber nicht wirklich Reichtum. Es reduziert die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen ganz allgemein auf ihr Dasein als Besitzer von Dingen, mit denen sie zwar ihre Lebensmittel erstehen und haben (siehe Ware), durch die sie aber ihr Leben nicht wirklich aufeinander beziehen. Zwar ist die Bedingung, dass sie Dinge tauschen, dass diese auch für irgendeinen Menschen nützlich sein müssen; aber ansonsten bleibt ihre Beziehung gleichgültig hierzu. Ihre Gegenstände sind für sie gesellschaftliche Existenzmittel, also Mittel, deren eigentlicher Zweck ihnen als Existenz wie eine Lebensbestimmung gesetzt, ihnen völlig äußerlich, fremd ist. Ihre eigene Lebenstätigkeit unterwirft sich dem Gebot eines Verhältnisses, in welchem sie leben, ist lebendig und doch durch Sachzwänge bestimmt, die nicht weniger wirkmächtig zu sein scheinen, als es die Naturmächte in älteren Gesellschaftsformen waren. Der Gegensatz von Erscheinung und Wesen des menschlichen Reichtums ist nicht ohne weiteres zu begreifen. Aber er ist grundlegend für alle Verhältnisse der Menschen, sowohl in der Wirtschaft selbst, wie auch in der Kultur, wie auch zwischen Kultur und Wirtschaft. Die Lebensverhältnisse der Menschen selbst haben in der bürgerlichen Gesellschaft ein widersprüchliches Dasein, sind Träger ihrer eigenen Abstraktion von sich, Träger fremder Absichten (siehe Entfremdung). Zunächst zur Seite der Wirtschaft: Hier existiert die gegenständliche Welt vorwiegend aus Dingen, die nur als Gebrauchswerte für einzelne Menschen sind, als Nützlichkeiten des alltäglichen Bedarfs, Lebensmittel. Als gesellschaftliche Dinge haben sie nur allgemeine und abstrakte Existenz auf dem Markt. Dort sind sie Tauschmittel, bestehen also allgemein nur in einem abstrakten Nutzen als Dinge im Tausch für den Tausch, als das, wie sie bewertet werden und was sie schließlich wert sind sowohl als Produkte menschlicher Arbeit als auch als Dinge des Bedarfs, als dies Zweierlei in einem, als Ware. In dieser ökonomischen Dopplung der Dinge als Mittel des einzelnen Bedürfnisses und als Mittel des Tausches im gesellschaftlichen Verhältnis der Dinge steckt der Widerspruch der bürgerlichen Gesellschaft, die ihn nur in selbständiger Vermittlung, in den Mitteln des Marktes auflösen kann: Im Geld, im Kapital, in allen Mitteln, worin sich Werte beziehen lassen. Denn das Prinzip, das sie zusammenhält, ist der Wert in allen seinen Erscheinungsformen. Er taucht wie eine gesellschaftliche Regel auf, sobald eine Ware zum Tausch bereitsteht, und er verschwindet, sobald sie dem Bedürfnis der Menschen zukommt. Im Wert geht Gesellschaft auf, wie sie darin auch untergeht. Es geht hier mit dem Teufel zu: "So ist denn alles was entsteht, nur wert dass es zugrunde geht" (Goethe, Mephisto in Faust I). Gesellschaft kommt nicht über eine Beziehung der Menschen als Beziehung über ihre Gegenstände zustande, sondern als reines Wertverhältnis, in welchem die Menschen durch ihre Sachen nach Maßgabe ihres Werts bezogen werden. Das ist das Resultat des Allgemeinnutzen von Geld, wenn es die ausschließliche Beziehung der Menschen ausmacht, "gesellschaftliches Faustpfand" (Marx) ist. Kultur reflektiert sich an diesem Sachverhältnis als menschliche Beziehung, die im Nutzen nicht aufgeht, aber auf ihm gründet. Hierdurch ist Kultur äußerlich zwar auch durch Nützlichkeit bestimmt, aber für sich kann sie nicht nützlich sein. Kultur besteht daher zwar auch auf dem Markt, wo sie den Nutzen der Dinge mit Sinn füllt. Sie ist aber zugleich eine davon abgetrennte Sphäre von menschlichen Beziehungen, die sich zwischen Menschen ergibt, wo ihnen die Beziehung über ihre Lebensmittel und <Gegenstände ihres Daseins unnötig wird, wo ihnen der Nutzen der Tauschmittel gleichgültig wird, sobald sie genügend Geld besitzen, um sich in einer selbständigen Sphäre der Zwischenmenschlichkeit wirklich aufeinander so beziehen zu können. wie sie sich als unmittelbar Mensch erscheinen. Dann ist Kultur leibhaftig in ihrer Selbstwahrnehmung als zwischenmenschliches Verhältnis, worin sie ihre Fähigkeiten als Eigenschaften ihrer Persönlichkeit aufeinander so beziehen und also so wahr haben, wie sie Sinn durch einander finden und empfinden. Mittelbar reflektieren sich in der Kultur dann also auch Lebensvorstellungen, die zwar auf den sachlichen Gegebenheiten ihrer Lebensweise gründen, diese aber abstrakt idealisieren, z.B. in den Gebräuchen, Sitten, Religionen, die nicht mehr in der wirklichen Lebensproduktion aufgehen, wiewohl sie da her rühren. Das geistige Band dieser Reflexionen ist als Hochkultur vom konkreten kulturellen Gehalt der menschlichen Beziehungen zu unterscheiden. Es ist eine abstrakt gesellschaftliche Verbundenheit, worin Menschen eine Identität finden, die sich nicht wirklich bestätigt, sondern wie ein unwirklicher Überbau auf Geist und Seele der Menschen wirkt. Dies macht den politischen Gehalt der Kultur aus, ihren abstrakt menschlichen Sinn, der sie gerade in dem zusammenführt, wo sie sich in Wirklichkeit entgegensetzen, in Verhältnissen des Geldbesitzes. In einer Waren produzierenden Gesellschaft wird nicht sonderlich zwischen Kultur und Ökonomie unterschieden. Nutzen und Kultur erscheinen sich hier sowohl in den Wissenschaften, im Alltagsverstand (siehe praktisches Bewusstsein), als auch im Gebrauch selbst identisch. Der Wert bestimmt als Wertwachstum die bürgerliche Selbstverwirklichung und somit auch die Kultur als Form des Besitzstandes an Waren. So geraten gegensinnige Besitzstände auch zu gegensinnigen Kulturen, vor allem zu anderen Kulturen. Der Gegensatz liegt zunächst in der Art des Besitzes: Im Besitz an Produktionsquellen (Arbeitskraft, Bodenschätze, Tierbestand usw.) im Unterschied zum Besitz von Produktionsmittel (Maschinen, Technik, Waffen - siehe Kapital). Der unterschiedliche Nutzen dieser Besitzstände für die gesellschaftliche Entwicklung bestimmt aber immer noch den unterschiedlichen Anteil am Mehrprodukt: Die Besitzer der Produktionsquellen bleiben hierbei praktisch besitzlos, weil sie als Reproduzenten ihrer Existenz, die Besitzer der Produktionsmittel aber als Träger der gesellschaftlichen Kooperation fungieren. Aus dem Besitz ergeben sich Gegensätze in der Verteilung des gesellschaftlichen Mehrprodukts und der ökonomischen Formbestimmung der Lebenserzeugung von besitzlosen und besitzenden Menschen zu Klassen, die sich im Widerspruch zueinander entwickeln: einerseits zu Menschen, die in dieser Gesellschaft alleine ihre Reproduktion erreichen können und damit auskommen müssen, was sie unter gegebenen Arbeitsbedingungen als Anbieter ihrer Arbeitskraft vorfinden (siehe auch Arbeit, Arbeitstag, Arbeitslosigkeit), und andererseits zu Menschen, die über das Mehrprodukt und damit und darüber hinaus über die wirtschaftlichen Potenzen der gesellschaftlichen Entwicklung (Kapital) verfügen können, also auch über Lebensform und Existenz der Besitzlosen, besonders über ihre Lebenszeitanteile an der Produktion des Mehrprodukts. Der Klassengegensatz ist aber nicht nur als ein ökonomischer Gegensatz von ökonomisch bestimmten Klassen wirklich, sondern auch als Gegensatz von Notwendigkeiten im ganzen gesellschaftlichen Verhältnis: Lebensnotwendigkeit nutzbringender Verhältnisse einerseits und den Kulturverhältnissen zwischenmenschlicher Beziehungen anderseits. Diese entfalten sich vor allem in der Freizeit und setzen für ihre Entfaltung voraus, dass sie im Lebenszeitverhältnis zur Arbeitszeit deutliche Anteile haben. Außerhalb der Arbeit sind die Menschen für sich in ihren zwischenmenschlichen Beziehung und in der Arbeit außer sich als Mensch, weil sie dort nicht ihre Geschichte verwirklichen, sondern nur die Geschichte ihrer Existenznotwendigkeiten, ihrer Sachzwänge. Solange die Arbeitslöhne nur zur Reproduktion der Menschen, zur Ernährung und Erholung in der Freizeit ausreichten, entwickelte sich die Freizeitkultur nur auf der Seite der Geld- und Kapitalbesitzer, welche daher das Mehrprodukt alleine als Technologie und Industrie akkumulierten, um zunehmend bestimmender und damit mächtiger in der Produktion und Realisation des Mehrwerts zu werden. Die Epoche dieses Verhältnisses war das das Merkantilsystem bis hin zum Industriezeitalter. Kultur war ebenso Sache der Kapitaleigner, der Bourgoisie, wie die Bestimmung über die Entwicklung der Produktion. Mit der Vervollkommnung der Technologieentwicklung und der Reduktion ihrer Wertanteile auf relativ flüchtige Existenzzeiten der Maschinerie, wurde Kapitalakkumulation in Form von Maschinen und Fabriken obsolet. Das Ende der ursprünglichen Kapitalakkumulation war eigentlich schon im ausgehenden 19. Jahrhundert erreicht. Die Schaffung eines Sozialstaates erbrachte eine neue Art der Kapitalnutzung als Sozialkapital, als Sozialfürsorge für die Arbeitskräfte, welche sie als "Wettbewerber" im gesellschaftlichen Ganzen anerkannte und nutzte. Hierzu gehörte auch ein gewisser Spielraum in der Beteiligung am Lebensstandard der Bourgoisie und ihrer Kultur. Das Kapital konnte erst jetzt wirklich eine Massenproduktion entwickeln, wie sie der Industrie entspricht (siehe Fordismus) und die auf die totale Entwicklung der Technologie setzte. Hierfür war nötig, dass auch die Arbeitskräfte ein größeres Maß an Freizeit zuerkannt wurde, so dass sie in die Konsumtion von Freizeit- und Genussmittel einbezogen werden konnten. Das Mehrprodukt wurde zu bestimmten Anteilen tatsächlich sozialisiert, um auch in seinem Verzehr selbst Mehrwert zu realisieren, der nicht mehr in die Produktion zurückging, sondern in die Werte und Bewertung des Grundeigentums, einer rein politischen Wertrealisation. Diese verlangte weltweite Wert- und Bewertungsverhältnisse von Boden und Rohstoffe, welche die Industriearbeit beförderte und teilweise auch befriedete und kultivierte: Imperialismus. Jetzt gelang es dem Kapital, nicht nur durch den Besitz an Maschinerie sich zu akkumulieren, sondern auch durch deren Veräußerung als Potenzen der industriellen Produktion weltweit Wert zu verwerten und durch den Export von Industrie zugleich die "Dritte Welt" vom Weltmarkt der Produkte abhängig zu machen. Das Wertwachstum vollzog sich nun großenteils im weltweiten Kapitalmarkt, bei dem der Devisenmarkt sich dem industriellen Arbeitsmarkt überstellte. Die Dritte Welt, schon durch Kolonialismus ihrer selbständigen Reproduktion entrissen, war so nun auch wirklich abhängig geworden von den Nützlichkeiten, welche die reichen Länder in ihre Kulturen einbrachten und musste sich "auf Pump" (genannt: Wirtschaftshilfe) in ihrem Sinn entwickeln. Die Weltbank vermittelte dies als Verhältnis von Gläubiger und Schuldner und stellte dies auf dem Devisenmarkt als zunehmende Spreizung von Reichtum und Armut dar. Es war die reale Wirtschaftsbais des bürgerlichen Wohlfahrtstaates. Da zum Kapitalismus nicht nur die private Aneignung des Mehrprodukts durch Fremdnutzung von gesellschaftlicher Arbeitszeit gehört, sondern auch das Problem, die Produkte so abzusetzen, dass sie ihren Mehrwert auch realisieren, entwickelten die reicheren Gesellschaften sich zu Konsumgesellschaften mit hohem Technologie- und Genußmittelbedarf. Weltweite Marktausdehnung (Globalisierung) entwickelte diese über internationale Kapital-, Devisen-, Lohn- und Preisverhältnisse wie selbsttätig zu mehr oder weniger befriedeten Freizeitkulturen, in denen die Menschen am Verzehr des Mehrprodukts und zu bestimmten Anteilen auch am Kapitalmanagement beteiligt sind (siehe Dienstleistungsgesellschaft). Sie durften sich als Kulturgesellschaften verstehen, weil Kultur unter solchen Bedingungen eben hauptsächlich in der Freizeit entwickelt wird. Auf der anderen Seite entwickelte sich das Arbeitsverhältnis zu einem internationalen Produktionsverhältnis vorwiegend multinationaler Konzerne, die Arbeitskräfte und Rohstoffe "vor Ort" weltweit billig erstehen konnten und deren Infrastrukturen, Kulturen und Naturbedingungen de facto zerstörten, und in diesen Gesellschaften vor allem Existenz- und Überlebensfragen erzeugten. Diese Konzerne sind weitaus mächtiger, als es Staaten zu sein Vermögen: Sie bedürfen keiner politischen Gesetzgebung und keiner Achtung und Menschenwürde; sie bestimmen die Ökonomie, nach der sich die Volkswirtschaften zu richten haben. Diese selbst werden zum Moment der Globalisierung und müssen sich - um noch zu funktionieren - den sozialen und kulturellen Anforderungen innerhalb ihrer Staatsgemeinschaft entziehen, um sich den Wirtschaftserfordernissen zu beugen. Somit sind die Nationalstaaten in eine Doppelfunktion geraten, in der die Staatsmänner zugleich wie Betriebswirte auftreten müssen. Die Globalisierung ist vor allem die weltweite Produktion von Armut und Reichtum in einer gegensinnigen Entwicklung von Völker und Nationen zwischen Kultur und Existenz. Die Existenzfrage verläuft in einer brutalen Steigerung der Ausbeutung von Armut auf der einen Seite und wird zu einer bodenlosen Gier nach Kapital als Lebenssicherheit auf der anderen - einer Sucht des Kapitalreichtums auf der Basis gesellschaftlicher Identitätslosigkeit. Dieser Reichtum hat kein reales Vermögen zur Grundlage, sondern ein spekulatives, das sich im Verhältnis von 100 zu 1 auf sachliche Wirklichkeit, auf den realen Gütertransfer bezieht. Das verlangt die idelle Stabilisierung des Kapitals als Weltmacht die sich als Kulturmacht verstehen und darstellen muss, um sich einen hohen Kosumanteil zur Lebens- und Systemerhaltung zu sichern und sich in den Sicherungssystemen zu bestärken. Die Kulturgesellschaften wurden daher zu einem Verbund von Kulturstaaten. Hierin ist zwar Konsum, aber nicht mehr Wohlstand allgemein notwendig, weil dieser für sich keiner Entwicklungsnotwendigkeit auf dem Weltmarkt mehr entspricht. Weil es nur noch geringfügige reale Kapitalakkumulation gibt, muss das Kapital in die Menschen selbst hineingetrieben werden. Aktienkapital und Grundrente werden zum wichtigsten Wertakkumulator, welcher zum Verteilungskampf um ein fiktives Mehrprodukt eingesetzt wird (Anteilswettbewerb an Lebenschancen), um die Menschen an das goldene Kalb zu binden. Mit der Globalisierung ist der Wohlfahrtsstaat nicht nur hinfällig: Sozialdarminismus wird in der Kulturgesellschaft zum Mittel der sozialen Sortierung. Der Neoliberalismus als Ideologie drückt dies sowohl gegenüber der wirtschaftichen Funktion des Staates aus, wie auch gegenüber jeglichem Kulturzusammenhang. Es verhalten sich die Klassengegensätze nicht mehr innerhalb der Ökonomie als Streit um das Mehrprodukt und die Bestimmung der ökonomischen Entwicklung in einer Gesellschaft: Sie verhalten sich als Kampf der Kultur der reichen Gesellschaften gegen die Ökonomie der armen (siehe Kulturkampf). Von Kulturkampf sprechen dabei vor allem die Kulturgesellschaften weil sie sich in ihrer wirtschaftlichen Abschottung gesellschaftlich auch nur noch als hochwertige Kulturgesellschaft (siehe Huntington) verstehen und sich vor der Not der existenzialen Gesellschaften, vor der Armut fürchten müssen. Mit der Globalisierung hat das Kapital den "freien Markt" zur Kulisse eines weltweiten Machtverhältnisses werden lassen, zu einem militärischen Verhältnis der reichen Kulturen gegen die armen Völker. Der "Kulturkampf", der sich inzwischen als "Kampf gegen den Terrorismus" formuliert, lässt sich so auch eingängig als reine Selbstverteidigungsmaßnahme verbrämen. Vor allem die USA hat längst begriffen, dass sich nur in der Entwicklung der Waffentechnologie und ihres Einsatzes Kapitalismus noch weiterentwickeln kann. Europa wird dem zwangsläufig folgen müssen, wenn sich die Menschen hier nicht eines anderen besinnen. Die Kulturgesellschaft ist weit über den Mangel an Lebensmittel erhaben und weiß nicht mehr wirklich, womit sie es bei den armen Ländern zu tun hat. Sie meint sich vor allem als produktive Gesellschaft zu kennen, wiewohl sie vorwiegend auf Technologie und Maschinenexport beruht, also auf der Nutzung und Veräußerung von Produktions- und Kriegsmittel. Für sich ist sie im Allgemeinen das Verhältnis von Menschen, die sich bei ihrer Reproduktion behilflich sind: Dienstleistungen betreibende Gesellschaft (siehe Dienstleistungsgesellschaft). Darin besteht für diese eine hohe Ebene von Interessensgleichheit und so kann sich hier die bürgerliche Kultur in vollen Zügen und völlig losgelöst von den Notwendigkeiten des Lebens ausbreiten - solange die Lebensquellen sprießen, der Kapitalreichtum auf dem Kapitalmarkt wächst und die Abhängigkeit der Armen vom Nutzen ihrer Lebensmittel stabil bleibt oder sich sogar noch verstärkt. Wenn nicht, wenn die Profitrate nurmehr zur Krise gereicht, dann muss sich eine solche Gesellschaft auch zu einem hohen Potenzial an Gewalt rüsten: Nach innen, weil mit der Krise auch die Reproduktionsräume der Kultur obsolet sind (siehe Sozialstaat), nach außen, weil nur durch Waffengewalt eine Verbesserung der eigenen Lage, also eine Preissenkung der Rohstoffe aus den verarmten Völkern und auch die Preisstabilität selbst gehalten werden kann. Aber auch wo Geld Reichtum bedeutet, bringt es der Kultur Armut. Indem sie sich im Geldbesitz von den Notwendigkeiten der Sachwelt ablöst, wird die kulturelle Substanz der Menschen, ihre wirkliche Sinnlichkeit, ihrer Herkunft aus dem praktischen und also gegenständlichen Leben der Menschen entwendet und in ein Dasein zwischen den Menschen verwiesen (siehe Zwischenmenschlichkeit), die Menschen selbst zu ihrem Mittel, füreinander zum Kulturgut (siehe Kulturbegriff). Das vom Nutzen Abgetrennte - seinem praktischen Sein enthoben - wird zur Erscheinung an den Menschen, wird zu einer Wahrnehmung, die für sich nur aus Selbstwahrnehmung besteht: Ereignis des Wahrnehmens, das seinen Sinn aus sich selbst schöpft, wiewohl es ihn nur darin hat, dass es anderes als Gegenstand hierzu gibt. Diese Reaktion auf die gesellschaftliche Zerstückelung des Menschen erschließt dem Privatsubjekt, dem bürgerlichen Individuum, zwar den untergegangenen gesellschaftlichen Menschen im Kulturkonsum, aber die Selbstwahrnehmung ist eine Beziehung im Gefühl, die vom Aufwand der Sache und von ihrem Nutzen für das eigene Leben nur dann erfährt, wenn sie nicht mehr da ist. Was die Wahrnehmung wahrhat, das empfindet sie nicht. Sie erfährt Wirklichkeit als Lebensschicksal, als Geschick höherer Ordnung (siehe hierzu Esoterik). Das Dasein einer Kulturgesellschaft ist voller Erbauung und Suggestion, aber auch voller Lebensangst und einem Grauen vor der Wirklichkeit dieser Welt, von deren Barbarei nurmehr zu ahnen und zu fühlen ist. Die Kulturgesellschaft entbehrt der Erkenntnis ihrer eigenen Voraussetzung und Bedingung, eben jener Welt, die sie nur als stoffliches Lebensverhältnis wahrhat. Zwar mag der Verstand noch hiervon wissen, aber die alltägliche Erkenntnis, die praktischen Lebensbezeugung schließt dies in sich aus, weil in einer Kulturgesellschaft die Wahrnehmung sich am Schönen und Guten (siehe schön und gut) ausrichtet:zum Schönen (siehe Ästhetik) das Gute findet und sich gut fühlt, wenn sie schön scheint. Sie weiß, was ihr gut tut, aber nicht, was sie alles darin wahr hat. Ihre wirklich sinnliche Lebensbasis, die Gewissheit, gerät selbst in Zweifel und wo keine wirklichen und selbstgewissen Beziehungen der Menschen sind, da ist ihre Wahrheit zwiespältig, die Erkenntnis menschlicher Bezogenheit selbst ein Problem, Wahrnehmung reiner Sinn für sich, der in den Gefühlen haust und sich darin ausbreitet. Eine solche Kultur muss sich ihre Lebensidentitäten auf ihre Art verschaffen. Sie wird zu einer Art Identitätseinrichtung, zu einer Bühne für die Belange der Zwischenmenschlichkeit, auf der vollzogen wird, was für die Menschen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen notwendige Verbundenheit erzeugen muss. Empfindung, welche unmittelbarer Sinn menschlicher Gegenwart ist, wird zugleich zur Identitätsstiftung bestimmt, zu einem Gefühl für sich selbst, das seine Entleibung wendet und sich in einem Trieb nach seelischer Identität kultiviert, zum Lebensraum begeisterter Körperlichkeit (siehe auch Körperfetischismus), in welchem die Vermittlung der geistigen und sinnlichen Gespaltenheit der Menschen als Bewegung ihrer Doppelsinnigkeit in kultivierten Lebensräumen ihre notwendige Entwicklung macht (siehe Logik der Kultur). Die kulturellen Identitätsprobleme und die wirtschaftliche Krise des Kapitals decken sich auf einer hinterhältigen Ebene: Kultur wird zum Austragungsort wirtschaftlicher Kämpfe, die sich nicht mehr wirtschaftlich vollziehen. Das weiß vor allem das Kapital zu nutzen, das in dem absurden Widerspruch steht, nicht hinreichend Arbeit und Löhne zur Wertrealisation bieten zu können, seine Krisen aber durch die Verlängerung der Arbeitszeit und Lohnkürzung zu lösen sucht. Das Kapital löst seine eigene Auflösung, die Selbstverleugnung seiner anachronistischen Interessen, in einem kulturellen Scheingefecht auf, das einen knallharten Boden in der Wirklichkeit hat: Solange der Kampf um die Länge des durchschnittlich notwendigen Arbeitstags nicht geführt werden kann weil die Menschen um ihre Arbeitsplätze, ihre Mindestlöhne und um ihre Teilnahme am Gesellschaftsprozess überhaupt nur fürchten müssen, wird sich nichts am Klassenverhältnis der Menschen ändern: Klassenkampf wird im Kulturkampf lediglich verworfen, die gesellschaftliche Sortierung zur Drohkulisse einer von ihrer Wirklichkeit enthobenen Abstraktion (siehe Fremdenhass, Rassismus). Kulturkampf wendet sich gegen jeden geschichtlichen Fortschritt (siehe Reaktion), weil er immer auf die Restauration desssen zielt, worin er entstanden ist und worin er auch fortbesteht. Er ist die Affirmation der Kapitalmacht auf der absurdesten, weil vollständig identitätslosen Ebene, ist immer Betrug und zugleich Selbstzerfleischung der Ausgebeuteten in einem politischen Vernichtungsverhältnis, das die Grundlegung faschistoider Gesellschaftsstrukturen mit sich bringt (siehe Faschismus). Die Kritik der politischen Kultur steht hiergegen. Sie erfordert ein Bewusstsein über den Zusammenhang von Ökonomie und Kultur und die eindeutige Parteinahme für das ausgebeute Leben auf dem ganzen Erdkreis. | ![]() |
|