"Die Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette abwerfe und die lebendige Blume bräche. Die Kritik der Religion enttäuscht den Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter, zu Verstand gekommener Mensch, damit er sich um sich selbst und damit um seine wirkliche Sonne bewege. Die Religion ist nur die illusorische Sonne, die sich um den Menschen bewegt, solang er sich nicht um sich selbst bewegt." (MEW 1, Seite 379) Kulturkonsum ist die Einverleibung gesellschaftlich veräußerter Kulturgüter (z.B. über Bilder, Musik, Kunst, Unterhaltung, Ereignisproduktion) in einer Konsumkultur der sinnlichen Aufhebung von Selbstverlusten in zwischenmenschlichen Verhältnissen (siehe auch Kulturbürger). Dabei entsteht eine Kultur von Monaden, die jegliche gesellschaftliche Beziehung oder Vermittlung durch und mit ihrer Selbstbefriedigung aufgehoben haben (vergl.auch Marcuse "Der eindimensionale Meensch"). In einer Konsumkultur lösen sich die gesellschaftlichen Sinne der Menschen durch die Gegenstände ihres persönlichen Konsums kulturell auf. Durch ihr Konsumverhalten werden sie sich selbst zum ausschließlichen Material ihres Lebens und so verkehren sich ihremateriellen Lebensverhältnisse in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen zu Verhältnisse eines endlosen Dazwischenseins, zur Leere ihrer Erlebnisse, worin sie sich in einem verselbständigten Kulturkonsum (siehe auch politische Kultur) aufheben. Ihre Beiehungen werden hierdurch zur kulturellen Prothese eines zwischenmenschlichen Zusammenhangs, wodurch ihre zwischenmenschlichen Beziehungen sich gegenseitig stützen, sich mit Selbstgefühlen füllen und zugleich in ihrer wechselseitigen Selbstlosigkeit entleeren und im endlosen Kreislauf ihrer Sehnsüchte sich über die Medien der Kultur sich bestärken un ausdehnen. Kulturkonsum verlangt daher unentwegt nach einer Ereignisproduktion für die Selbstwahrnehmung, um die Einverleibung einer Kultur von Gefühlen, durch das erleben oder vorstellen (siehe auch Sehnsucht) über hierfür produzierte Ereignisse. In einer dem entsprechenden Eventkultur werden Lebenszusammenhänge als Kulturprodukte erlebt und über die darauf gründenden zwischenmenschlichen Erlebnissen als objektive Gefühle angeeignet. An diesen können sich Empfindungen treffen und versammeln, die als deren Material in einem allgemeinen Kult verfestigt, zum Status eines gesellschaftlichen Erlebens fixiert werden, um ihre Individualisierung durch dessen Prominenz die Gebrochenheit (siehe Schmerz) ihrer Selbstwahrnehmung an einem gesellschaftlichen Ort aufheben, der zum Kult einer kulturellen Überformung geworden sind. Von daher bietet sich Kulturkonsum als Überlebensmittel in abgetöteten Lebensverhältnissen (siehe tote Arbeit, tote Wahrnehmung) an. Die wichtigsten Instrumente ihrer Vermittlung sind nicht mehr die Veranstaltungen für "Gott und Vaterland" und auch nicht der Zusammenschluss in der Gemeinschaft einer "Kraft durch Freude". Es sind inzwischen die Produktionsmittel einer Kommunikationsindustrie der Selbstwahrnehmung, die Medien und Bildgebungen (siehe Bild), die Objektive der Kameras, die Linsen und Lizenzen einer "künstlichen Intelligenz". Kulturkonsum nimmt von daher das Format einer Ersatzreligion (siehe Religion) durch die gesellschaftlich veröffentlichte Repräsentanz von einem geglückten Leben ein und ist von daher für vereinzelte von einander isolierte Individuen eine allgemein unbewusste Messlatte für ihr individuelles Glücks (siehe hierzu auch Individualismus). Mehr oder weniger unbewusst ist das Erste der Wahrnehmung ihre gesellschaftliche Voraussetzung und Bedingtheit, das objektiv Allgemeine der persönlichen Erfahrung. Durch die Objektivierung lebendiger Beziehungen als Überlebensmittel einer abstrakten Gesellschaftlichkeit geht der Kultur der Sinn ihrer Inhalte verloren und sie wird zum Zauber einer Scheinwelt, einer unendlichen Vielfalt von Gefühlen, die zur Formation ihrer Selbstgefühl wird, indem sie objektiv geboten und nurmehr in ihren Absichten abstrakt verwirklicht werden. Davon werden die Menschen abhängig, weil sie sich nur hierüber gesellschaftlich einfinden und empfinden können (siehe auch Selbstempfindung). Wie bei jedem Selbstverlust macht die Kultur einer Ereignisproduktion schon durch ihre Veräußerung süchtig, denn sie kann nicht anders, als einer verlorenen Wahrnehmungsidentität abstrakte Verbindlichkeiten zu übereignen, das Tote zu beleben, um durch eine hierdurch verallgemeinerten Selbstlosigkeit gesellschaftliche Macht eines allgemeinen veräußerten und von daher entäußerten Lebens zu erleben. Der "Hunger" nach dem entsprechenden Erlebnissen entspringt der Erfahrung von Sinnentleerung in einem an und für sich unglücklichen Leben, aus Arbeitswelten und zwischenmenschlichen Verhältnissen, deren Selbstgefühle sich durch die Hereinnahme objektiver Gefühle auffrischen, durch die sich die Befriedung einer hintergründigen Lebensangst ereignet. In der "Freiheit" dieser Erfahrung wird der "Frieden" (siehe auch heile Welt) in seinem Unglück erlebt, erneuert und somit die Abtrennung von seiner Wirklichkeit vertieft. In der bürgerlichen Gesellschaft war für ein bestimmte Klasse der Bourgeoisie der Geldbesitz als Medium des Überflusses und Luxus schon immer reizvoll - und umso intensiver, wie das Wertmaß des Geldes auf dem Weltmarkt über die Preise des Weltgeldes, durch dessen Funktion als weltweiter Maßstab der Preise vermittelt wird (siehe Globalisierung). Der internatioale Mehrwert, der weltweite Überfluss an unbezahlter Arbeit wird also zu einem Maß der Existenzen, der durch den Geldbesitz in einer Währung zu einem nationalen Existenzwert wird, der sich über das Weltgeld eines Weltkapitalismus verwertet. Was als bloßer Mehrwert nur tot bliebe, weil dessen Bildungsprozess die Produkte aus unbezahlter, aus toter Arbeit vergemeinschaftet, wird in der Kultur der Geldbesitzer kulturell belebt, indem darin Ereignisse zur Vergnüglichkeit und Lustbarkeit über Dienstsleistungen gegen die Abtötungen in einer Gesellschaft der Verwerfungen und Dekadenzen rückgebunden werden (Rückbindung = re ligio = Religion). Deren Langeweile, der schale Geschmack inhaltsloser Scheinwelten entwickelt sich dabei selbst zu einem Bedürfnis, das keinen wirklichen Gegenstand mehr empfindet, weil es ihn nicht unbedingt nötig hat, sondern sich mit zwischenmenschlichen Erlebnissen aus den Ereignissen und Beziehungen durch die Vergemeinschaftung der in Massen isolierten Selbstgefühle, durch ihre Formverwandlung zu Massengefühlen begnügt und sich in den Selbstwahrnehmungen der Menschen als Kultur ihrer zwischenmenschlichen Verhältnisse fortbildet (siehe auch Kult). Das "unglückliche Bewusstsein" (Hegel) steht in der Kultur eben nicht einfach und unmittelbar vor sich selbst und kann nicht gegen sich selbst kritisch und hierdurch selbstbewusst werden, wie Hegel unterstellt, weil es selbst nur im Verhältnis eines glücklosen Lebens steht und durch seine Kritik nur zum Bewusstsein seines Unglücks werden kann (siehe Marxismus). Kulturkonsum verleiblicht hiergegen seine zwischenmenschliche Erlebnisse in den Ereignissen, die eine Selbstwahrnehmung beflügeln, die über sich hinauswächst, die sich in ihrer Egozentrik veredelt und ihrer Selbstveredelung "Flügel verleiht". Eine Eventkultur ist in der Lage, diesem Leben als Prothese zu dienen und in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen prothetische Beziehungen zu verschaffen. Letztlich wird dadurch allerding ihr Sinn hinfällig, Kultur dekultiviert (siehe auch politische Kultur). Jeder menschliche Sinn ist nicht nur subjektiv, sondern auch gesellschaftlich kultuell gegenwärtig in den objektiven Gefühlen, welche aus den Beziehungen der Menschen in ihren zwischenmenschlichen Verhältnissen hervorgehen. Objektiv sind Gefühle, die gegenständlich als Form der Selbstwahrnehmung verkörpert sind, die durch ein Trägermaterial (siehe auch Medien) existieren (z.B. als Persönlichkeiten der Erziehung, als Kunstwerk in Bildern, Töne, Filme, Architektur, Farbmischungen, Kirchen) oder auch als Lebensform (wie z.B. als Wohnraum, als Mode, als Musik, als Literatur, als Liturgie, als Kult usw. oder auch als Gemeinsinn in Vereinen, Gemeinden, Familien usw.). Da sie veräußert sind, haben sie als solche auch eine Wirkung dadurch, dass sie Gegenstand von Empfindungen sind, die durch ihr besonderes Erleben Eindruck machen (siehe auch Eventkultur), die sich von da her auch In vorhandenen Gefühlen in ihrem Geltungsstreben fortbestimmen und diese auch entgegenwärtigen können. Kultur ist der Sinn, den Menschen in ihren Beziehungen vergegenständlichen; Konsum ist der Nutzen, den sie daraus beziehen, sich als Objekte ihrer Kultur zugleich als Subjekte ihrer Selbstbeziehung verhalten können. Alle Gegenstände können einen Nutzen für den darstellen, der sie für seinen Selbstwert und einem dem entsprechenden Geltungsstreben gebrauchen kann. Für ihn haben sie Gebrauchswert. Konsum ist ihr Verbrauch, ihre Vernichtung durch Aufzehrung. Konsum ist die Einverleibung eines vom Subjekt getrennten Objekts in der Form, in der es als ein äußerlicher Gegenstand angeboten wird. Nicht was es ist, sondern was es für den Konsumenten sein soll, was es für sein leibliches Wohl, seinen Leib ist, macht diese Beziehung aus, auch wenn sie selbst nicht nur körperlich sein muss. Sie kann geistig, seelisch, psychisch oder sonst wie in Beziehung für einen Narzissmus sein, der sich überhaupt nicht mehr sinnlich darstellt. Aber ihre Körperlichkeit macht die Substanz der Einverleibung, ihre Sinnlichkeit aus. Konsum macht sich fremden Körper zu eigen. An und für sich ist Kultur nicht zum Verbrauch bestimmt und nicht unbedingt nützlich, also auch nicht wirtschaftlich verwertbar. Doch sie wird es durch ihre Ästhetisierung, wenn sie zur Nutzung angeboten und über den Wert hinaus von dem Aufwand bezahlt wird, der ihre Veranstaltung oder Darbietung kostet - z.B. im Tourismus, auf den Bühnen der Hochkultur, dem Fankult, den Events, der Prostitution usw. Solche Aneignung von Kulturgenuss stellt eine Einverleibung zum privaten Nutzen dar: Kulturkonsum. In der bloßen Form, wie es geboten ist, gilt das als Gegebenheit, die in ihrer Äußerlichkeit durch ihre Eigenschaften nützlich ist zur körperlichen Aneignung, zur sinnlichen Besetzung, zur Inbesitznahme ihrer äußeren Eigenschaften. Und die gerade so wird, wie diese sich hierfür eignen und ereignen, die zu dem werden, was sie hierbei bilden, selbst wenn es nur Einbildungen sind. Kultur wird dabei selbst zu einm Abbild, zur Wirklichkeit eines Bildes, das ein bloßes Ereignis, das Erlebnis einer Belebung bewirkt- zum Event einer Selbstbezogenheit. Sie wird zu einem Ereignis in ihrem Dasein als Sinneszusammenhang, der als Ganzes seiner Kultur so da ist, wie es geboten wird. Und es bleibt daher in ihrer Masse immer noch allgemein vereinzelt und auf diese Weise im Sosein seiner Gesellschaft abgetrennt zu einem veräußerten Ausdruck ihrer selbst. Sie vergegenständlicht sich im Innern ihres Erlebens, also in der Erinnerung, in der ihre äußere Gegenständlichkeit verdichtet wird, - eben in dem Bild, das sich im Gefühl der Masse als Gefühlsmasse zu einem Massengefühl aufheizt und akkumuliert. Seine Vernichtung dient vor allem zur Selbstveredelung von persönlichen Eigenschaften, die sich zur Einbildung einer Selbstvergegenständlichung eignen und einem Geltungsbedürfnis von Nutzen sind. Kulturkonsum ist also weit mehr als nur bloße Befriedigung von kulturellen Bedürfnissen. Es ist zugleich auch Befriedung ihrer Erregungen, welche z.B. auch durch Selbstentfremdung bewirkt sein kann. Im Kulturevent (siehe auch Eventkultur) versammelt sich so vor allem kulturelles Design (siehe auch Mode), das durch seine Ausdrücklichkeit Eindruck macht und auch dazu verhilft, selbst Eindruck zu machen. Kultur aber ist der existierende Lebenszusammenhang von Geist, Gestaltungskraft, Erfindungsreichtum, Liebe und Sinn, den die Menschen entwickelt und ihren Produkten gegeben haben und geben und als solchen Reichtum auch pflegen, sich darin verhalten und miteinander umgehen. Sie ist geschichtliche Gegenwart ihrer Arbeit und ihrer Bedürfnisse, welche darin verwirklicht sind - nicht in ihrer wirtschaftlichen Form einer nützlichen Gegenständlichkeit, sondern in subjektiver Form als sinnlicher Gehalt gegenwärtiger Lebensverhältnisse, als unmittelbare Lebenszusammenhänge der Menschen, wie sie in der bürgerlichen Gesellschaft auch getrennt von aller wirtschaftlichen Beziehungen als zwischenmenschliche Beziehungswelt existieren (siehe auch bürgerliches Subjekt). Der körperliche, stoffliche und geistige Aufwand für die Herstellung von Kulturgütern verwirklicht sich in der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und in der geschichtlichen Entwicklung in der Wahrnehmng ihres Lebensreichtums. Konsum der Wahrnehmungsformationen einer Kultur jenseits ihres sachlichen und geistige Vermögens - ihrer Sitten, Bräuche, Nützlichkeiten und Gewohnheiten - ist Kulturkonsum, also Einverleibung von Kultur, von Geist und Sinn, was nur ihre entäußerte Form bestärkt, einnimmt und bestätigt. Dies hat die Entleibung von Kultur zur Folge, ihre Entwirklichung, Entsinnlichung bis zur Sinnlosigkeit. Kultur wird so als Umstand benutzt und zu einer Nützlichkeit des reinen Ereignisses bestimmt, in welchem Geist und Sinn nur als Bestätigigung des Erlebens dienen und nicht auf den Menschen zurückkommen, sondern in Erregungen verschwindet, denen nichts zu eigen ist. Dies unterstellt, dass zwischenmenschliche Beziehungen und Ereignisse für diesen Konsum produziert (Kulturarbeit) werden (siehe Ereignisproduktion). In diesen Produkten können sich Menschen etwas nehmen und vernutzen, was sie nicht sein müssen, da sie sonst sich in ihrer Selbstwahrnehmung selbst verbrauchen müssten. Kulturkonsum zielt also gerade auf das nicht sein müssen, auf die Entäußerung von Selbstwahrnehmung, auf die Selbstdarstellung, die keinen anderen Sinn hat, als die Vorstellung, das Sein Wollen und Sollen: Die Bühne des Lebens. In der Welt der zwischenmenschlichen Verhältnissen, wie sie in der bürgerlichen Kultur verwirklicht sind, haben sie sich nicht unbedingt so wahr, wie sie sich wahrnehmen, haben sich als Lebensäußerung wahr, die nur dem erleben dient. Wie sie sich wahrnehmen, verbrauchen sie, was sie von einander wahrhaben, was sie für einander sind und voneinander erkennen können. So wird ihre geistige und sinnliche Lebensäußerung vergegenständlicht zu einem seelischen Ereignis, welches zum ausschließlichen Inhalt der Wahrnehmung in zunehmender Äußerlichkeit ist. Durch den Konsum dieser Kultur aber wird diese Wahrnehmung wieder zum Erlebnis, allerdings vom Leben vollständig verselbständigt und abgetrennt von dem, was die Menschen wahrhaben. Kultur wird so also zu etwas, was keinen Sinn hat, also damit zu nichts. Kulturkonsum ist das Verhältnis, worin die Wahrnehmung im Prozess der Nichtung ihrer Erkenntnisse besteht und ihre Gegenstände in ihrem menschlichen, d.h. geistigen und sinnlichen Gehalt (siehe Substanz) für die Selbstwahrnehmung vernichtet (siehe auch Psyche, Seele, Depression), pervertiert (siehe Verkehrung) und in eine allemeine Dekadenz aufhebt. Eine Form, worin dies als Lebensverhältnis abgewendet, also gewendet erscheint, ist die Ästhetik, der Kult einer Heilskultur (siehe auch heile Welt) und die Volksgemeinschaft, also alle Verhältnisse des ästhetischen Willens.
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