Alle Geschichte vollzieht sich in Raum und Zeit - ist die Form ihrer wahren Natur. Im Kapitalismus stellen sie dessen lebendes Material als Organismus seiner Gesellschaftsform dar (siehe historischer Materialismus). Das Leben im Kapitalismus wird einerseits über die Verwertung der Zeit bestimmt, wie auch andererseits über die Verwertung seiner Lebensräume. Weil aber der Kapitalismus im Fortschritt der Geschichte mit seiner Verwertungssucht vor allem einen Mangel an Lebenswirklichkeit produziert (siehe hierzu auch Nichtung), kehren sich deren Wirkungen in Bewertungen des Lebens darin um, werden durch deren Wertformen zu einer Gewalt über das Leben (siehe Abstraktionskraft), wodurch jeder Wert die Begierden des Habens, den "Sinn des Habens" (Marx) entzündet. So entwickelten sich darin Zeitbestimmungen über die Lebenstätigkeit der Menschen getrennt von den Ortsbestimmungen ihrer Lebensräume. Lebenszeit wurde zu Geld und Lebensraum zu Existenzformationen des Eigentums, zu Eigentumstitel. Und vor alem aus diesem entstand eine Existenzverwertung entgrenzter Lebensräume - eben so, wie sie der Neoliberalismus seit seiner Gründung mit der Aufkündigung der Wertbindungen (siehe Vertrag von Bretton-Woods) ideologisch begleitet. Reaktionäre Politik geht davon aus, dass ein Lebensraum mit seinen natürlichen Substanzen zu identifizieren sei und von daher als Existenzial des Lebens (Martin Heidegger) zu verteidigen wäre wie eine natürliche Lebensbedingung von "Volk und Raum" (siehe Fundamentalontologie). Doch nicht durch die sinnhaften Beziehungen seiner Natur ist Lebensraum ein Begriff für Lebenszusammenhänge, sondern durch politische Macht und Gewalt, die ihren Einflussbereich darauf abzielt, politische Grenzen durch die Kämpfe und Kriege zu Gunsten ihrer Volkswirtschaft zu bestimmen. Lebensraum ist daher weder ein natürlicher, noch ein wirtschaftlicher Begriff. Er beschreibt einen politisch bestimmten Raum, in welchem die Fombestimmung der Naturaneignung selbst zur Lebensbedingung der Menschen geworden war, in dem sich ihre wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen begründen und fortbestimmen. Durch die Konkurrenzverhältnisse der Nationalstaaten stehen diese immer unter Druck, die Kaufkraft ihrer Währungen sicher zu stelllen Weil der Lebensraum eine poltisch bestimmte Lebensbedingung der Bürger der Nationalstaaten ist, können diese mit ihrer Finanzpolitik und mit ihrem Gewaltmonopol ihre Bürgen dahin bringen, dass sie durch überteuerte Gebühren, reduzierte Renten, Mieten und sonstige Abgaben die Löcher in den Staatskassen stopfen, die Staatssverschuldung finanzieren und durch ihre bloße Existenz als arbeitende und konsumierende Menschen, als Humankapital des globalisierten fiktiven Kapitals, die Geldzirkulation in einem angmessenen "Schwung" halten und die Umsätze der Konjunktur zu beschleunigen. Von daher wird der Lebensraum selbst zu einem entscheidenden Wirtschaftsfaktor, der nicht mehr nur wirtschaftlich, sondern vollständig getrennt hiervon seine Bürger durch seine Rechtshoheit über Eigentumstitel und Geldwertschöpfung (siehe Giralgeldschöpfung) auch politisch ausbeutet. Solange es keine Weltgesellschaft gibt, sind die Lebensverhältnisse der Menschen politisch in Lebensräumen unterschieden, die nicht nur ihre natürlichen Ressourcen eingrenzen, sondern auch die Dichte der Bevölkerung bestimmen, die sich im Existenwert .ihrer Wirtschaft vermittelt. Damit sind die Nationalstaaten nicht nur auf die Reproduktion des Kapitalverhältnisse bezogen, sondern zugleich auch Agenturen einer kapitalistischen Sozialpolitik, die ihre Bevölkerung nach Maßgabe der allgemeinen Verwertungslage eines Landes, einer Region oder einer Kommune so verwaltet, wie sie sich im Geldwert und seiner Kaufkraft und Krisen darstellt. Und weil die Nationalstaaten durch die Konkurrenz um die Stabilität ihres Geldwerts global kämpfen müssen, müssen sie auch die Lebensverhältnisse ihrer Bevölkerung im Verhältnis zur Verschuldung ihrer Haushalte und der daraus bestimmten Negativverwertung (siehe hierzu auch Feudalkapital) verwalten, kontrollieren und kultivieren. Je mächtiger das Schuldgeldsystem des Feudalkapitalismus, die Spekulation mit fiktivem Kapital wird, desto mehr verlagert sich die Ausbeutung von Mensch und Natur auf die Spekulation und Verwertung von bloßen Eigentumstitel (vor allem der Schuldverschribungn des Derivatenhandels und der Grundrente), die realwirtschaftlich längst amortisiert sind oder überhaupt weder einen Produktwert noch Wertwachstum der Produktivität darstellen können. Von daher ist der politische Raum selbst eine Kategorie, die den Lebensstandard als Existenzwert einer Bevölkerung und ihrer Lebensstrukturen (Infrastrukturen) kalkuliert und ihre Staatsverschuldung auch auf die Qualität des Bürgschaftsvermögen der Bevölkerung hin spekuliert. Weil die Bevölkerungsdichte (siehe Dichte) eine kulturpolitische Größe (siehe Begriffsgröße) ist, interessiert sich der Nationalstaat auch für die Verfügung über die kulturellen Entwicklungen in seinem Land (siehe auch politische Kultur). Leben selbst lässt sich weder durch Zeit noch durch Raum bestimmen, weil es überhaupt deren Substanz ist, die in Zeit und Raum.existiert, sich darin formuliert und gestaltet. Weil seine Form natürlich ist, ein natürliches Wesen hat ist sein Lebensraum eine Existenzform, worin Leben zunächst auch seine eingeborenen, seine natürlichen Grenzen hat, wodurch der Umfang seines Stoffwechsels und seiner Bewirtschaftung beschränkt ist. Weil jedes Leben aber vor allem intelligent ist (siehe Evolution) und über die äußeren Bestimmungen seiner Umwelt hinausgreifen kann, kann ein Lebensraum im wesentlichen nur durch ihm äußerliche Bestimmungen verfasst sein, die den Raum seiner Naturform politisch umfassen. Er ist daher nicht wirklich natürlich bestimmt, sondern zugleich durch eine politische Bestimmung formuliert, die sich ihm als äußerliche Form zuwendet und meist durch politische Grenzziehungen, durch wirtschaftliche oder kulturelle Interessen statuiert ist (siehe hierzu auch Staat). Von daher ist der Lebensraum ein politisch bestimmter Raum, der substanziell den Wert eines politischen Verhältnisses darstellt, das sich unmittelbar nicht mehr realwirtschaftlich aus der Lebensproduktion der Menschen bestimmt, sondern einen Grundwert der unterschiedlichen Existenzen in unterschiedlichen Lebensräumen darstellt: Existenzwert. Der politische Raum des Kapitalismus ist durch den Wert seines Grund und Bodens bestimmt, ursprünglich durch den Mehrwert seiner Produktivitätsvorteile, die gegen die Durchschnittsprofitrate über die unmittelbare Verwertung von Grund und Boden entstehen, wird dieser Wert inzwischen auch durch den Grenzwert seiner Währungen, durch die Grenzüberschreitungen des fiktiven Kapitals eingezogen, das sich durch den Wert oder die Verwertung von Eigentumstitel reproduziert und ausweitet. Mit der Globalisierung dieser Kapitalform entstand über die Bewertungen der Nationalstaaten und ihrer politischen Grenzen eine neue Wertform als Existenzwert., die den Grundwert des Lebensstandards eines Landes im Vergleich zu anderen Ländern bestimmt,.durch den Mehrwert sich äußert, durch die unbezahlte Arbeit, die eine Nationalwirtschaft aus den Produkten einer anderen durch eine aktive Handelsbilanz bezieht. Um dieses Machtverhältnis, das oft auch schon zu einem bloßen Gewaltverhältnis geworden ist, wird daher Lebensraum auch gerne zum Begriff einer Täuschung - von einem reaktionären Bewusstsein als natürliche Existenzgrundlage, also als natürlicher Raum des Lebens begriffen. Doch davon kann im Bezug auf politische Emanzipation nicht die Rede sein. Für menschliche Existenz ist es ein politisch bestimmter Raum (siehe auch Existenzwert), der wie alles im Kapitalismus die Substanzen liefert, die dieser nötig hat um zu funktionieren, der aber niemals eine Politik begründen oder rechtfertigen kann, die diesen Raum besser nutzbar, ausdehnen oder verwalten will. Lebensraum bezeichnet die Ausdehnung einer durch politische Abgrenzung (siehe Isolation) bestimmte Lebensart, also vor allem die Formation einer Kultur als eine in ihren Lebensverhältnissen politisch bestimmte Kultur durch die Lebensbedingungen ihrer Bewirtschaftung in einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Raum (z.B. Familie, Land, Nation). Man kann mit diesem Begriff daher lediglich formell bestimmte Unterschiede beschreiben, aber keinerlei substanzielle Schlussfolgerungen beziehen, ganz gleich, ob die räumliche Begrenzung geografischer, kultureller oder politischer Natur ist. An sich ist ein Lebensraum tatsächlich ein biologisch bestimmter Raum für Leben, wie er in der Biologie bestimmten Tierarten (siehe Rassen) zugesprochen wird, welche der Eigentümlichkeit verschiedener Tierarten entspricht (z.B. Eisbären, Känguruh, Fische, Vögel usw.). Auch Menschen sind von natürlichen Lebensumständen abhängig und unterscheiden ihre Kulturen nach den Möglichkeiten, Klimata und Ressourcen der Natur, wie sie ihnen geografisch zugänglich ist. Aber auf die Menschen bezogen macht dieser Begriff keinen eigenständigen Sinn, da sie biologische Natur nicht als ausschließliche Lebensbedingung erfahren, sondern in ihr wesentlich nur das Material ihrer Kultur, ihrer Subjektivität als Substanz ihrer Natur finden, vermitteln und entwickeln. Weil die Menschen sich durch ihre Naturmacht aus natürlicher Beschränkung heraus entwickelt haben, weil sie aus ihren natürlichen Bestimmungen heraus ihre Kultur geschaffen haben, sind sie weder durch besondere Eigenart oder Rassen biologisch oder geografisch wesentlich zu unterscheiden. Im Gegenteil: Indem sie sich durch die Unterschiede ihrer Kulturen aufeinander beziehen und zueinander verhalten ergänzen sie die Sinnesvielfalt ihrer Geschichte, den Lebensreichtum ihrer gesellschaftlichen Verhältnisse. Sie haben sich aus ontischen Bestimmungen von Raum und Zeit weitgehend durch die Gesellschaftlichkeit ihrer Lebensproduktion emanzipert und darin ihre eigene Lebensverhältnisse gegründet. Diese sind an und für sich grenzenlos und ohne einen bestimmbaren Lebensraum. Von daher ist dieser Begriff auf Menschen bezogen im Grunde ein ideologischer Begriff, der letztlich auch rassistische Wirkung hat. Wenn er überhaupt auf den Menschen bezogen angewandt wird, kann er nur dessen räumliche Beschränktheit formulieren, also einen politisch bestimmten Raum meinen, einen Raum, der z.B. durch die Grenzen einer Nation, eines Landes usw. bestimmt ist. Wo Kultur als Lebensraum verfasst wird, handelt es sich um eine instrumentalisierte Geografie, einer Begrifflichkeit, die ihre politische Kultur als Formation ihrer Selbstwahrnehmung bestimmt sehen will (siehe hierzu auch Ästhetik). Lebensraum wird daher immer wieder gerne als Kategorie reaktionärer Politik verwendet, wie eine objektive Determination der Lebensverhältnisse, die solche Politik naturalisieren soll. Das ist ein Unding. Doch auf den Begriff kann man unter den Bedingungen einer politische Kultur dennoch nicht verzichten. Denn es ist ein politischer Begriff, der sich aus den Begrenzungen eines Wirtschaftsraums je nach den Bedürfnissen ihrer Zeit, also aus einer Grenzziehung nach Maßgabe wirtschaftlicher Beziehungen ergibt. Nicht was ihre Landschaft oder Kultur verbindet, sondern was die Wirtschaftlichkeit der Politik für einen umgrenzten Raum einer hiernach bestimmten Marktwirtschaft (z.B. durch Landeswährung) nötig macht, läßt solche Grenzen notwendig für den Geltungsrahmen solcher Politik sein, weil er die Abgrenzung der Bedürfnisse im Verhältnis zur Produktion der Gegenstände ihrer Befriedigung gesellschaftlich darstellt. Für menschliche Verhältnisse wird der Lebensraum zu einer Bestimmung ihres Lebens, wenn und wo er zu ihrer ausschließlichen Lebensbedingung geworden ist, worin sich Lebenspflichtigkeiten begründen und Lebensverhältnisse bestimmen. Dann wird er auch zu einer Formbestimmung ihrer Wahrnehmungen und den Lebensbedingungen ihrer psychischen Entwicklung. Für zwischenmenschliche Verhältnisse wird er oft auch als Raum ihres Wohnens und ihrer Gewohnheiten zu einer Lebensburg, worin sie ihr Leben auch bergen und verbergen können. Henri Lefevre (1901 1991) sieht von daher in dem Begriff Lebensraum eine bürgerliche Ideologie. Diese hat aber auch ihre materielle Entsprechung: die kulturelle Realität der bürgerlichen Gesellschaft. Lebensraum gibt es als Kulturformation, weil und soweit er sich aus der politischen Kultivierung von geografisch unterschiedlich bestimmten Ressourcen ergibt. Von daher ist Lebensraum zwar keine natürliche oder biologische Formbestimmung, wohl aber die Formation einer politisch bestimmten Kultur und ihrer Biopolitik In der bürgerlichen Kultur wird der Lebensraum zum Maß und die Ausdehnung des Raums, worin Kultur abgegrenzt und in ihrer Grenze auch politisch durch die Dichte der Bevölkerung bestimmt ist (siehe Nation). Tatsächlich ist der Lebensraum der Raum eines kulturell abgegrenzten und in der Grenzziehung, also in ihrem Einschluß und Ausschluß bestimmten Lebens schlechthin, das darin für sich unbestimmt sein kann, weil es darin nur die politische Form haben kann, worin sich alle Ereignisse in ihrem bloß räumich bestimmten Dasein sich politische umfassen lassen und ermessen, die Anwesenheit von kulturell bestimmten Menschen quantitativ umfassen. Dies bezieht sich nicht nur auf Länder, sondern auch auf Gruppen und Untergruppen, soweit diese kulturell bestimmt sind und hiernach auch eine politische Form bekommen haben (z.B. Gemeinde, Familie). Der Lebensraum ist die Größe und der Umfang, worin sich die Anwesenheiten von bestimmter Kultur bestimmen, das Quantum, worin ihre Körper ihre abstrakte Identität haben, die Größe abstrakter Sinnlichkeit als die Umfänglichkeit ihrer bestimmten Anwesenheiten, worin diese ohne Selbstbestimmung sind. Obwohl Lebensraum ein politischer Begriff ist, besteht er nur aus kultureller Abgrenzung, ist das kulturelle Diskrimationsmittel, worin die Menschern nach kulturellen Eigensarten unterschieden werden, diese und jene Art Formbestimmtheit erhält, um darin ein bestimmtes Leben zu führen. Durch solche Abstraktion wirkt der Begriff Lebensraum zugleich weitgehend naturalisierend und konkret. Er bezieht sich eigentlich auf einen kulturell bestimmten Raum, wie er sich vor allem aus den kulturellen Abgrenzungen von Leben in der bürgerlichen Kultur aus bestimmten Lebensgewohnheiten ergibt (siehe Lebensburg). Von da her wird der Begriff gerne von reaktionären Theorien verwendet, die aus Lebensräumen Ansprüche (siehe Leitkultur) und auch Expansionsinteressen ableiten. Mit der Notwendigkeit von "Lebensraum für das deutsche Volk" begründete z.B. Adolf Hitler die Besetzung von angeblich menschenleeren Ostgebieten. Aber in der Tat ist solche Naturalisierung schon in der Grundlegung bürgerlicher Kultur angelegt und wird von staatlicher Seite lediglich zu seinem Zweck gewendet und in staatspolitischen Gebrauch genommen. Die Staatskultur eines Kulturstaates ist dadurch vollständig von diesem Quantum ergriffen und darin zugleich mit ökonomischen Entfaltungsinteressen, mit den Interessen des Wertwachstums identisch. |
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