Massenpsychologie geht davon aus, dass sich eine massenhafte Ansammlung psychischer Absichten aus einer Gefühlsmasse zu einer fanatisierten Gemeinschaftspsyche aufbaut und so auch eine unmittelbare gesellschaftspolitische Bedeutung als Massenpsyche bekommen kann, besonders, wenn sie im Populismus Verwendung findet. Darin werden aus Massengefühlen politisch wirksame Ressentiments gebildet, in der sich die Kultur der zwischenmenschlichen Verhältnisse als politische Kultur einer allgemeinen Zwischenmenschlichkeit durchsetzen lassen. Die Masse ist ein Gemenge abstrakter Beziehungen, deren Sinn sich im Zweck einer körperlichen Verdichtung aufhebt und zu einer leibbhaftgen Abstraktionskraft wird. Darin vereinigt sich die Kraft der Menge im Maß der Dichte ihrer Ungewissheit, der Abwesenheit ihrer wirklichen Bezogenheiten durch die Gegenwärtigkeit bzw. Anwesenheit ihrer abstrakten Elemente, ihrer Begriffssubstanz. Zum Massengefühl wird eine Gefühlsmasse, die in der Vergemeinschaftung (Verallgemeinerung) der Gefühle ihren Sinn für den Einzelnen auflöst. Indem die objektivierten Gefühle einer Masse von Menschen (siehe Massenmensch) als Formation eines entleerten Selbstgefühlls sich unendlich verdoppeln und sich als Masse seiner Selbstbezogenheit abstrakt bestärken, entwickelt sich ein Gemeinsinn, der als objektives Gefühl allgemein verbindlich, weil er einen Sinn für die Masse ohnmächtig gewordener Selbstwahrnehmungen stiftet und dadurch kulturell mächtig wird (siehe auch Gesinnung). Mit der Aufhebung ihrer einzelnen Wirklichkeit wird die Nichtung einer gesellschaftlichen Wahrnehmung betrieben und die Langeweile ihrer Inhaltslosigkeit zur kulturpolitischen Macht einer seelisch verallgemeinerten Sebstwahrnehmung (siehe auch Archetyp). In Massengefühlen wird eine Vergemeinschaftung (Verallgemeinerung) der Selbstgefühle von Menschen durch ihre Kultur betrieben, die ihren Sinn für den Einzelnen auflösen und durch die objektive Gleichgültigkeit ihrer Selbstwahrnehmung in einem abstrakt allgemeinen Selbstgefühl für jeden Einzelnen auch in dem finden lässt, was er für sich nicht mehr empfinden kann (siehe hierzu auch Kult). Das Massengefühl setzt sich zusammen aus aus einem massenhaft ausgeschlosenem Selbstgefühl, das durch seine Dichte (z.B. bei Massenveranstaltungn) sich im Gefühl von einer objektiven Masse auch subjektiv als Masse entfremdeter Regungen auflädt, sich daher durch entsprechenden Idole sic auch leicht erregt und fanatisiern lässt. Im Unterschied zu einer Gefühlsmasse wendet sich ds Massengefühl gegen das Selbstgefühl der Einzelnen, weil es auf die Einheit bzw. Vereinigung seiner erregten Gemeinschaft zielt (siehe hierzu auch symbiotische Selbstbehauptung). Zur Begründung von nationalistischen Massenbewegungen und des Faschismus - besonders des Nationalsozialismus - wurden psychische Phänomene hergenommen und entweder auf Masse verallgemeinert (Nationalsozialismus als "Massenpsychose") oder als Vermassung von in ihren ausschließlichen Selbstgefühlen isolierten Individuen begriffen (z.B. von Erich Fromm und Adorno als "Autoritärer Charakter" und von Wilhelm Reich als sexuelle Unterdrückung). Hierfür wurden bislang vor allem individualpsychologische bzw. psychonalytische Begriffskonstruktionen der psychischen Persönlichkeit zu einem Massenphänomen aufgebaut, das sich ganz im Widerspruch zu einer vernünftigen Bewältigung gesellschaftlicher Krisen entwickelt hätte und sich eine massenhafte Lustempfiundung ausbreiten würde, die zur Überflutung des Realitätsvermögens einer ganzen Gesellschaft führen würde. Das ist ein doppelter Trugschluss: Zum einen wird der gesellschaftlichen Krise eine allzeitig vernünftige Handhabbarkeit zugeordnet, die nur von seelischen Absichten durchbrochen würde, wie dies dem Geschichtsverständnis der Aufklärung entspricht. Zum anderen wird der einzelnen Persönlichkeit jegliche Begründung durch sich und ihre konkreten Lebensverhältnissen abgesprochen und ihr stattdessen ontologische Begründungen unterstellt (z.B. Trieb, Verdrängung, Verhaltensschemata, Archetypus). Seelische Begründungen bleiben in individualpsychologischen Erklärungsansätzen immer selbst Abstraktion von dem, was sie erklären sollen: Wäre die Masse selbst als Seele denkbar, so könnte nur Religion und deren Erlebensformen ihre Erklärung sein. Wäre die Masse bloß angestiftet, so wäre sie einer Propaganda zum Opfer gefallen. Um die Antriebsmomente einer Massenpsyche zu beschreiben, muss die Abstraktion der Verhältnisse analysiert sein, in der sie sich betreibt. Mit der Behauptung eines fundamentalontologischen Wesens der Masse (siehe auch Massenmensch) wird sie zum Mythos, zu einer Ursprungskategorie, die aus ihr hervorscheint wie ein inneres Drängen, das die Masse an sich zur Gefahr macht. Mit solcher Denkart begibt man sich implizit oder explizit in bedenkliche Nähe zu reaktionärer Denkweise, die an der Beherrschung von Masse interessiert ist und die ein psychologisches Handwerkzeug zur Handhabbarkeit von Massenerscheinungen in Kultur und Psyche z.B. dadurch gewinnt, dass sie mit der Behauptung eines Archetypus als allgemeinmenschliches Wesen die Masse als dessen natürliche Erscheinungsform auffassen und behandeln kann (siehe hierzu auch C.G. Jung und Bert Hellinger). Im Grunde ist jede Verallgemeinerung, welche das Individuum mit einer menschlichen Konstante vermasst und diese Masse als Gesellschaft behauptet, schon völkisch, weil sie ein Volkswesen begriffen haben will, das über den wirklichen menschlichen Verhältnissen steht. Gesellschaft kann es nur in wirklichen menschlichen Verhältnissen geben als Beziehung von wirklichen Individuen in einem wirklichen gesellschaftlichen Grund (z.B. Arbeit, Kultur) mit gesellschaftlicher Gegenständlichkeit (z.B. Reichtum, Fortschritt). Allerdings gibt es in einem ganz anderen Sinn wie von der Massenpsychologie verstanden eine Massenpsyche, die mehr Aufmerksamkeit verdient, als sie in einer auf Individualisierung des Menschen bedachten Gesellschaft hat. Die psychischen Phänomene des Kapitalismus, soweit sie nicht nur die entsprechenden Interessen einer Formation der notwendig egoistischen Bedürfnisse des Privateigentums entsprechen, sondern tatsächlich eine eigenständige Subjektivität der Selbstbezogenheit entfalten, lassen sich nicht unmittelbar aus den Existenzformen einer Waren produzierenden Wirtschaft, aus dem Verhältnis der Waren und dem Fetisch ihrer geselschaftlicihen Erscheinungsform erklären, wie das die so genannte Subjektkritik versucht. Das verlangt nach einer kritische Theorie der politischen Kultur, die aus der Zirkulation des Geldes und seiner Kapitalfiktionen und der hieraus begründeten Ohnmacht der Menschen begründet ist (siehe hierzu Feudalkapitalismus). Dort erst lassen sich psychisch begründete Beziehungen aus dem Entzug der Selbstachtung des bürgerlichen Subjekts und ihre Verkehrung zu einem Geldungsstreben, zu einem Treiben der Selbstwertoptimierung erklären. Weil unter den Bedingungen fiktiver gesellschaftlicher Verhältnisse (siehe fiktives Kapital) diese sich nurmehr in zwischenmenschlichen Beziehungen der Erlebensformen der Wahrnehmung einer durch lebensbestimmende Ereignisse zwischen den Menschen wirkenden Gesellschaftlichkeit darstellen können, treiben sie ihre widersprüchliche Objektivität in die Subjekte dieser gesellschaftlichen Form. Die hat zwar noch den zirkulierenden Geldwert zu ihrer Bedingung, aber nicht mehr die realwirtschaftlichen Verhältnisse zu ihrer Grundlage. Die Menschen machen sich selbst zur Formation ihrer Zwischenmenschlichkeit, zum Material ihrer Lebensbedingungen und betreibn hieraus ihre Selbstbeziehung zu ihrem Gegenstand durch die Ästhetik ihrer Gefühle. Sie gründen somit auf einer anderen Substanz, als jene der wirtschaftlich nur noch fiktiven Geldbeziehungen eines Schuldgeldsystems (siehe hierzu Pfreundschuh, "Die Kultur des Kapitals - Zur Kritik der politischen Kultur"). |
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