"Die Theorie ist fähig, die Massen zu ergreifen, sobald sie ad hominem >am Menschen< demonstriert, und sie demonstriert ad hominem, sobald sie radikal wird. Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst. Der evidente Beweis für den Radikalismus der deutschen Theorie, also für ihre praktische Energie, ist ihr Ausgang von der entschiedenen positiven Aufhebung der Religion. Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist." (Karl Marx, »Deutsch-Französische Jahrbücher«, Paris 1844, MEW 1, Seite 385) Urspr�nglich, d.h. in der Epoche der Naturunterworfenheit und der beginnenden Erhebung des Menschen aus der Natur war die Wortbedeutung f�r Mensch gleich Mann (mhd "man": Mensch; Krieger, Mann). Urbedeutung "Mensch" ist erhalten in "jemand", "niemand", "man". Auch Frauen waren damit in den alten Sprachen gemeint (vergl. engl. "woman"). Ausgangsbedeutung war hierbei m�glicherweise indogermanisch men = denken, geistig erregt sein - oder: men = hervorragen, aufrecht gehendes Wesen (lat. mons, Berg) oder beides in einem. Im Denken vor der Aufkl�rung war der Mensch als ein von Gott abhängiges Wesen begriffen (das germanische "mannus" bedeutete Stammvater und wurde auch nur im Sinne eines g�ttlichen Lebenshintergrundes verwendet). Das Selbstbewusstsein des Menschen als ein eigenst�ndiges Wesen war zwar in der Philosophie schon immer in der Hinterfragung des Geistes angelegt, aber als lebende Evidenz erst durch Descartes erwiesen ("Ich denke, also bin ich"). Erst die Aufkl�rung wandte sich von der g�ttlichen Vernunft ab und einer nat�rlichen Vernunft zu (s.a. Kant), allerdings nicht unbedingt entschlossen, ihr ein metaphysisches Geisteswesen (z.B. als Idee ihrer Entwicklung) als Prinzip einer "h�heren Natur" (s.a. Hegel) abzusprechen. Erst Karl Marx durchbrach mit seiner Kritik der theoretischen Philosophie �berhaupt jede ahistorische Ontologie des Menschseins (Philosophie sei ihrem Wesen nach immer Theologie, wenn sie sich nicht als Interpretation des Menschseins aufgibt). F�r ihn war der Mensch das h�chste Wesen f�r den Menschen und ist als dieses auch in seiner Wesensnot zu begreifen. Der Mensch erkennt sich nur im Menschen und best�tigt sich in dieser Erkenntnis als sich selbst erkennender Mensch. Stofflich ist er ein nat�rliches Wesen, das am Wesen der Natur teilnimmt und sich nat�rlich vergegenst�ndlicht (Gegenstand), indem er Reichtum als sein Eigentum schafft. In der B�rgerlichen Gesellschaft ist der Mensch wesentlich abstrakt verwirklicht, weil die ihm eigent�mlichen Verh�ltnisse (Eigentum) als Besitzverh�ltnisse, als Verh�ltnisse des Privateigentums, sein Reichtum in der Form von Waren existieren. In seiner �konomie, Kultur und seinem Staatswesen ist aber schon wirklich, was in seiner Wesensnot noch keinen wahren Zusammenhang hat, ihn nur aus seiner ihm abstrakt, also fremd gegenüberstehenden Macht in seiner Wirklichkeit erkennen kann als abstrakt menschliche Arbeit, abstrakt menschlicher Sinn und abstrakt menschliche Gesellschaft. Es ist die Welt der toten Arbeit (siehe Mehrwert), die seine Geschichte bestimmt. Aber es kommt drauf an, dass der Tod nicht leben darf, und dies verwirklicht wird, wenn das Leben hiergegen seine Freiheit erkennt und verwirklicht. Das macht den Kern des marxistischen Humanismus aus: "Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition der toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf den Gehirnen der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen. Die soziale Revolution (…) kann ihre Poesie nicht aus der Vergangenheit schöpfen, sondern nur aus der Zukunft. Sie kann nicht mit sich selbst beginnen, bevor sie allen Aberglauben an die Vergangenheit abgestreift hat. Die früheren Revolutionen bedurften der weltgeschichtlichen Rückerinnerung um sich über ihren eigenen Inhalt zu betäuben. Die Revolution (…) muss die Toten begraben lassen, um bei ihrem eigenen Inhalt anzukommen." (MEW 8, Seite 115) Weil die Menschen nur in Gesellschaft leben können und hierin ihre Naturmacht als Subjekte ihrer Natur verwirklichen, stehen sie in einer Logik ihrer Selbstentfremdung, solange sie ihre gesellschaftliche Wesensnot nicht wenden, ihr Leben nicht als Notwendigkeit ihrer Freiheit begreifen und als gesellschaftliche Subjekte verändern. Zu seiner konkreten Wirklichkeit findet der gesellschaftliche Mensch dar�ber, dass er seinen Traum von einem menschlichen Leben und seiner Sache umsetzt, sich aus der Abstraktion vom Menschen zum wirklichen Menschen emanzipiert, als entfremdeter Mensch sich revolutioniert. Es geht dabei einzig um die Verwirklichung der Zusammenh�nge menschlichen Eigentums im gesellschaftlichen Reichtum, die Aneignung und Entfaltung menschlicher Gegenst�ndlichkeit, wirkliche Subjektwerdung des Menschen. "Es wird sich ... zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, daß es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt." (MEW 1, S. 346) | ![]() |