"Ein Wesen, welches seine Natur nicht außer sich hat, ist kein natürliches Wesen, nimmt nicht teil am Wesen der Natur. Ein Wesen, welches keinen Gegenstand außer sich hat, ist kein gegenständliches Wesen. Ein Wesen, welches nicht selbst Gegenstand für ein drittes Wesen ist, hat kein Wesen zu seinem Gegenstand, d.h. verhält sich nicht gegenständlich, sein Sein ist kein gegenständliches. Ein ungegenständliches Wesen ist ein Unwesen." (Karl Marx in Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844) - MEW 40, S. 578) In widersprüchlichen Beziehungen erscheint das abstrakt Allgemeine ihrer Inhalte von einer außerweltlichen Substanz erfüllt (siehe Dialektik), weil sich darin die Gegensätze immer einig sein können (siehe z.B. abstrakt menschliche Arbeit, abstrakt menschlicher Sinn). Es ist lediglich der Begriff einer logischen Abstraktion. Der Begriff einer menschlichen Identität kommt von da her, dass die Menschen in einer rein ästhetischen Kultur, in der ihre Empfindungen durch ihre Gefühle bestimmt sind, sich ihrer Empfindungen nicht gewiss sein können. Es ist der Begriff einer menschlichen Identität kommt daher, dass es Menschen gibt, die sich identitästslos fühlen und sich in diesem Gefühl ideell verallgemeinern, um sich in ihrer Selbstbeziehung als ganzes Wesen positiv zu definieren, um den Verlust ihrer Selbstachtung zu verdrängen. Es ist der ideologische Begriff mit der Idee, dass die Menschen überhaupt als Individuen sich als ein ganzes, wenn auch nur ideell erstandenes Wesen erkennen können, weil sie ein Wesen für sich, für ihren Selbstwert nötig haben, weil ihnen die Wesensnot ihrer Gesellschaft wie das Wirken eines Unwesen begegnet, durch den sie ihre Selbstverwertung aus einer inneren Notwendigkeit zu betreiben hätten. Von daher entspricht diese Vorstellung immerhin dem Trieb ihrer Selbstgefühle, welcher zu einem Menschenbild verklärt ist, das ihnen einen objektiven Selbstwert vorstellt, der ihrem Geltungsstreben einen dem entsprechenden Ausdruck verleiht. Von daher und darin streben sie eine abstrakte Identität, ein abstrakt Allgemeines an, worin sie ihre Selbstachtung in einem objektiven Selbstwert pervertiert finden können, denn gerade in ihrem innersten Mangel wollen sie natürlich zumindest mit sich selbst eins sein, sich als Subjekte ihrer Selbstgefühle wahrhaben. Denn ohne einen Sinn für sich finden oder äußern zu können, werden sie sich nicht wirklich vergegenständlichen können, um wirklich auch gegenständlich zu sein, um sich in ihrem gegenständlichen Leben zu erkennen, sich also in ihren Gegenständen, in den Objekten ihres Lebens auch objektiv anzuerkennen, um für sich zu bleiben, was sie selbst als objektive Gegebenheiten wären, es sich zumindest vorstellen können. Von daher verlangen sie mit der Unterstellung einer hiervon abgetrennten Identität eine aparte Subjektivität, indem sie sich mit etwas identifizieren, was sie nicht sind. Ein Begriff von "menschlicher Identität" besagt also eigentlich nur, dass sich Menschen selbst fremd sind, dass es also Menschen gibt, die für sich nicht wahr haben wollen, dass sie nicht das sein können, als was sie sich erscheinen, dass sie etwas Identisches außer sich haben müssen, das ihnen fremd ist. Und dieses fremde, von dem sie sich zugleich nicht unterscheiden können, es nicht aus sich heraussetzen, es nicht kritisieren können, versetzt sie in eine Selbstentfremdung, die ihnen ein Bedürfnis nach Identität, nach einer eigenen, einer ganz privaten Wahrheit erzeugt. Doch was hat die Macht, sie dahin zu bringen, dass sie keine Kritik zu diesem Etwas, dem unbekannten Gegenstand haben? Es muss eine ihnen äußerliche Substanz sein, die ein Wert, eine Moral oder ein Gott hat, der diesen Menschen ihre eigene Wahrheit nur abstrakt und allgemein vermittelt, sie bewertet und sie also zum Mittel einer solch abstrakten Identität macht, einer Verbundenheit unterwirft, die ihre Wirklichkeit zusammenhalten soll, weil sie für diese unwirklich ist. Wahrheit kann nicht für sich, also in jedem Einzelnen, wirklich sein, weil alles in Wahrheit eins ist, Dasein schlechthin, weil es in Wahrheit nur als das da sein kann, was es ist (siehe Sein), auch wenn es nicht wirklich da ist, sondern in anderer Form erscheint. Menschliche Identität kann es nicht geben, weil es keinen wahren Menschen, wohl aber menschliche Wahrheit geben kann. Substantiviert zu einer "menschlichen Identität" enthält sie immer den Sinn einer abstrakten Rückvermittlung, religio, also Religion. Im Alltagsverstand wie auch in den bürgerlichen Wissenschaften gibt es viele Allgemeinheiten, die als Verallgemeinerung einer Eigenschaft sich identifizieren lassen, wie z.B. auch ein Ausweis Identität durch bestimmte Eigenschaften beschreiben kann. Doch diese kann nicht wirklich einen Sinn haben, auch wenn sie für etwas taugt, das es zwar allgemein gibt, das aber im Allgemeinen nicht wirklich sinnlich sein kann. Aber es ist auf dieser Basis oft schnell mal von einer "menschlichen Identität" die Rede, ohne dass klar ist, was damit gemeint sein könnte, was das Ganze dieser Eigenschaften sein soll. Es ist dann meist doch nur die Vorstellung von einem widerspruchsfreien "Menschsein", einem mit sich selbst einigen menschlichen Wesen. In einer Wesensnot ist Änderung nötig. Doch eine Identät, die Vorstellung von einer Einigkeit mit sich, von einem Anderssein durch eine irgendwie vorstellbare Identität ist das Gegenteil hiervon. Widersprüche können sich nur in der Geschichte auflösen, denn als Logik einer Einheit, kann sie nichts als bloße Tautologie sein, und als Vieles müsste das eine mit sich einige Allgemeinheit vorstellen, eine Wahrheit der Vielen in Ein- und Demselben, also ein Unsinn an sich. Eine solche Identität kann es nicht geben. In Wirklichkeit ist alles in seiner Vielfältigkeit nur darin wahr, dass es in einem ganzen Zusammenhang steht, wesentlich eine Welt ist, also nicht als Welt erscheinen kann. Ob es eine Aussage ist, die mit dem übereinstimmt, was sie besagt, eine Empfindung die sich über ihren Gegenstand klar ist oder ein Widerspruch, der als solcher auch aufgefasst wird, all dies ist dann wahr, wenn die Identifizierung des Unterschiedenen allem entspricht, was ist: dem materiellen, geistigen, sachlichen und menschlichen Organismus, der Organik des Lebens. Darin kann es keine konkrete Identität von eigener Substanz geben, die etwa Naturtatsachen, Archetypen, Existenzialien (siehe Heidegger), aus Lebensräumen (siehe Hellinger) oder Lebensmuster (siehe Mustertheorie) sich selbst vermitteln und der Selbsterklärung einer Identät wie eine Selbstverständlichkeit zuzuordnen wären. Der Begriff einer menschlichen Identität leugnet die menschliche Natur, die sinnliche Basis aller Erkenntnis. Sie kann es also nicht wirklich geben, weil es keine Wahrheit als wahres Sein, als das "wahre Leben" gibt. Es gibt eben doch "ein richtiges Leben im falschen"; es gibt den Widerspruch, der nicht unwahr ist, wenn er wirklich wahr, wenn er erkannt ist. Von daher ist Adornos Hymne auf das Nichtidentische grotesk, die als Kampfansage an das identitäre Denken schon allein durch dessen Umkehrung wahr sein will. Identität kann nur sein, wo die Menschen ihr Leben und ihre Welt wirklich als das ihre identifizieren, auch wenn sie sich selbst nicht damit identifizieren können, weil es immer zugleich in Anderem ist, sich unentwegt ändert. In der Unterscheidung von Eigenem und Fremdem, in der Kritik, wird Identität dadurch gewonnen, dass sich Menschen auch zu dem menschlich verhalten, was nicht das ihre ist, es als Anderes und doch als ihren Gegenstand erkennen. Erst wenn der Mensch sich menschlich zu seinem Gegenstand verhält, kann er sich auch zu sich als Mensch verhalten. Ohne Gegenstand steht das Leben sich selbst entgegen, trennt sich von sich, wird zum Schmerz seines Unglücks und also unglücklich. In der Trennung von sich selbst besteht der Schmerz als Widerspruch mit sich, als wirkliche Identität des Getrenntseins, als Selbstaufhebung. Darin erfährt der Mensch seine Beziehung zur Welt negativ, d.h. in der Negation seiner Beziehung auf andere. Nicht, weil er wirklich negiert wäre, sondern weil er sich durch sein gesellschaftliches Sein ins bloße Leiden versetzt fühlt, hat er darin seine unglückliche Beziehung zu sich und andere, erfährt sich nurmehr leidend am Zustand seiner Welt, untätig, soweit er sie nur auffassen, nur wahrnehmen und denken kann. Im Denken selbst wird die Trennung von seinem Gegenstand darin wirksam, dass es diese Wirkung nicht begreifen kann und daher im Begriff steht, sich nur selbst zu denken. Die ganze Philosophie, das Kernstück der bürgerlichen Wissenschaften, denkt sich in der Abstraktion von ihrer Wirklichkeit und idealisiert hiermit ihr eigenes Sosein zu einem allgemeinen Dasein, zum Dasein als Gegebenheit, als Dasein eines identitären Menschen, einer Persönlichkeit ihrer Selbstbildung, die in Wirklichkeit nichts anderes ist, als was was ihr gegeben ist und womit sie sich selbst objektiv macht. Von daher kann solche Wissenschaft, welche in der Trennung von ihrem Gegenstand den Verhältnissen der Menschen selbst schon menschliche Identität unterstellt, Wesen und Erscheinung ihres Gegenstands auch nicht unterscheiden und wird schon durch sich selbst unwahr indem sie die Notwendigkeit einer gegenständlichen Analyse durch Ideologie (bzw. durch Ideologiekritik) ersetzt. "Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme - ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit, i. e. Wirklichkeit und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens beweisen." (MEW 3, S. 5) Wo dem Menschen die Tat verwehrt ist, kann er sich nur wehren, wenn er sein Leiden tätig fasst, leidenschaftlich. Es führt dahin, dass ihm die Frage nach seinem menschlichen Wesen als philsophische Frage überwindbar wird, indem sie sich in ihrem Wlillen zur Abstraktion, als Absicht erkennt, als philosophische Interpretation, die ihre Gegenständlichkeit so lange leugnen muss, bis sie in ihrer Selbstkritik sich als Frage an ihren Gegenstand erkennt: "Indem die Philosophie als Wille sich gegen die erscheinende Welt herauskehrt, ist das System zu einer abstrakten Totalität herabgesetzt, d.h. es ist zu einer Seite der Welt geworden, der eine andere gegenübersteht. Sein Verhältnis zur Welt ist ein Reflexionsverhältnis. Begeistet mit dem Trieb, sich zu verwirklichen, tritt es in Spannung gegen anderes ... So ergibt sich die Konsequenz, daß das Philosophisch-Werden der Welt zugleich ein Weltlich-Werden der Philosophie, daß ihre Verwirklichung zugleich ihr Verlust, daß, was sie nach außen bekämpft, ihr eigener innerer Mangel ist, daß gerade im Kampfe sie selbst in die Schäden verfällt, die sie am Gegenteil als Schäden bekämpft, und daß sie diese Schäden erst aufhebt, indem sie in dieselben verfällt. Was ihr entgegentritt und was sie bekämpft, ist immer dasselbe, was sie ist, nur mit.umgekehrten Faktoren." (MEW 40, S. 328). |
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